Bang Your Head!!!
Bang Your Head!!! - Festivalbericht 2010
Konzertbericht
ANVIL (15:45 – 16:40)
Lange habe ich darauf gewartet, ANVIL live zu sehen und heute ist es endlich so weit! Fast nervös erwarte ich also die Show der Kanadier und suche mir schon während der Umbau-Pause einen guten Platz vor der Bühne. Langsam aber sicher füllt sich der Platz um mich und als ANVIL mit „March Of The Crabs“ ihre Show eröffnen, kann sich das Trio einer ziemlich großen Anzahl Zuschauer gegenüber sehen, auch wenn ich persönlich mit größerem Andrang bei diesem Act gerechnet hätte, schließlich haben ANVIL mit der Veröffentlichung ihres Dokumentarfilms „The Story Of Anvil“ große Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf sich gezogen. Aber sei’s drum, das tut der Show der Kanadier keinen Abbruch, die mit „666“ in die zweite Runde gehen.
Von nun ab gibt es kein Halten mehr und ein Hit jagt den nächsten, mit „School Love“, „Winged Assassins“, „This Is Thirteen“, „Mothra“, „Thumb-Hang“ und „White Rhino“ zeigen ANVIL, was sie drauf haben und leisten sich keinen Moment der Schwäche. Ganz im Gegenteil, das Trio gibt durchgängig Vollgas und das Publikum honoriert diese Leistung nach allen Regeln der Kunst mit kreisenden Schädeln, gen Bühne gereckten Fäusten und Pommesgabeln, sowie nicht enden wollenden „Anvil! Anvil! Anvil!“-Chören zwischen den Songs. Schade zwar, dass Steve „Lips“ Kudlow durchgängig ans Mikro gefesselt ist, sodass die Bühnenshow eher zurückhaltend ausfällt, das macht Lips jedoch durch sein charismatisches Auftreten locker wett. Als zum Schluss das grandiose „Metal On Metal“ angestimmt wird, wird jede Zeile des Stückes wie aus einem Munde vom Publikum mitgesungen, dass es eine wahre Freude ist. ANVIL selbst sind überwältigt von diesen Reaktionen und bedanken sich immer wieder, bis sie die Bühne schließlich räumen müssen. (Katharina.Beck)
JON OLIVA’S PAIN (16:55 – 17:55)
JON OLIVA’S PAIN stehen als nächstes auf dem Plan. Zwar habe ich den „Mountain King“ schon einige Male in Aktion erlebt, aber Shows der Band lohnen sich einfach immer wieder und das beweisen bereits die ersten Stücke „Lies“, „Chance“ und „Jesus Saves“. Angesichts der vielen SAVATAGE-Klassiker, die Jon Oliva zum Besten gibt, hat sich natürlich eine ansehnliche Traube Menschen vor der Bühne versammelt, die die Stücke wie aus einer Kehle mitsingt, so auch die folgenden „Sirens“ und „The Dungeons Are Calling“. Olivas eigenes, neues Material fällt dabei fast schon irgendwie hinten runter, was der kurze Durchhänger der Menge bei „Death Rides A Black Horse“ und der anschließende Aufschwung bei „Edge Of Thorns“ und „Gutter Ballet“ beweisen.
Nichtsdestotrotz zieht die Band absolut souverän und professionell ihre Show durch, Oliva selbst zeigt sich sogar weitaus agiler als sonst und verbringt nicht den kompletten Auftritt sitzend an seinem Klavier, sondern läuft umher, performt emotional und sucht den Kontakt zum Publikum, das ihm diesen Einsatz dankt und auch „Believe“ bis zum geht nicht mehr abfeiert. Nach dem weiteren eigenen Stück „Festival“ vom aktuellen Album kommen wir aber zum gewaltigen Abschluss dieser Show. Mit einer unglaublich emotionalen, Gänsehaut-garantierenden Interpretation von „Rainbow In The Dark“ zollt der Mountain King dem verstorbenen Ronnie James Dio seinen Tribut und beschließt die einstündige Show dann mit dem unangefochtenen Klassiker „Hall Of The Mountain King“, bei dem es wohl nicht nur mir ein paar Tränchen in die Augen treibt. Wahnsinns-Show! (Katharina.Beck)
DORO (18:10 – 19:20)
Obwohl die Rock-Röhre DORO langsam aber sicher wirklich in ihre Jahre kommt, (vielleicht auch gerade deswegen?) versteht sie sich immer noch bestens darauf, vor großem Publikum zu spielen und viele Menschen zu begeistern. Somit ist es kein Wunder, dass es Frau Pesch auch heute schafft, schon binnen der ersten Songs „You’re My Family“, „I Rule The Ruins“ und „Earthshaker Rock“ ordentlich gute Laune zu verbreiten und die Zuschauer auf ihre Seite zu ziehen. Mit „Running From The Devil“, „Burning The Witches“ und „Egypt (The Chains Are On)“ geht es weiter und die Stimmung steigt kontinuierlich, DORO geht auf das Publikum ein, lässt in keinem Moment den Kontakt abbrechen und hält die Menschen somit ständig am Ball. Auch stimmlich ist die Sängerin wieder topfit, erst vor einer Woche beim Rock Harz Festival hatte DORO nämlich mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen und konnte so nicht auf voller Linie überzeugen.
Als nun die ersten Töne von „Für Immer“ aus den Boxen schallen, ist kein Halten mehr. Wie aus einem Munde singt das komplette Publikum mit, bevor Frau Pesch bei „Burn It Up“, „Celebrate“ und „Metal Racer“ nochmal ordentlich aufs Gas tritt. Der letzte Song-Block, bestehend aus „Always Live To Win“, dem JUDAS PRIEST-Cover „Breaking The Law“ und „All We Are“, haut dann noch ein letztes Mal richtig rein, DORO wird nach allen regeln der Kunst abgefeiert, erntet jede Menge anerkennenden Applaus und weitere Zugabe-Rufe, bis sie die Bühne schließlich verlässt. Eine sehr souveräne und routinierte Show, mit der DORO das breite Publikum wie immer überzeugen konnte. Für meinen Geschmack allerdings etwas zu routiniert, so sind einzelne DORO-Shows immer sehr gut, die Gigs im Vergleich zueinander bieten jedoch recht wenig Variabilität, sodass mich Frau Pesch mittlerweile nicht mehr wirklich vom Hocker reißen kann. (Katharina.Beck)
DARKANE (19:20 – 20:20, Halle)
Erstmalig beim diesjährigen Bang Your Head-Festival finden auch Shows während des Festivals selbst und nicht nur für die Warm Up-Party in der Halle auf dem Gelände statt. Den Anfang machen heute die schwedischen Melodic-Death/Thrasher von DARKANE, die die Bühne in der Halle eine volle Stunde für sich beanspruchen können. Auf die Fünf aus Helsingborg bin ich besonders gespannt, denn DARKANE sind nicht gerade häufig gesehener Gast auf deutschen Festival-Bühnen, weshalb ich die Band noch nie zuvor live gesehen habe. Ihre Scheiben allerdings drehen regelmäßig ihre Runden durch meine Anlage.
Und auch live enttäuschen mich die Schweden zum Glück nicht. Kompromisslos, technisch auf höchstem Niveau und unglaublich präzise zocken sich die Schweden durch ihr Set, bestehend aus Songs sämtlicher Schaffensphasen runter und können die Zuschauer so ziemlich schnell auf ihre Seite ziehen und auch problemlos am Ball halten. Gitarrist Klas Ideberg zaubert dabei ein Killerriff nach dem anderen aus dem Ärmel und beeindruckt ganz besonders. Trotz der verhältnismäßig langen Spielzeit wird es keinen Moment langweilig und die folgende Stunde vergeht wie im Fluge, nach der DARKANE unter tosendem Applaus die Bretter der Halle verlassen. (Katharina.Beck)
KROKUS (19:40 – 20:50)
Den Herren von KROKUS sieht man deutlich an, dass sie bereits mehrere Jahrzehnte im Rock’n’Roll-Business auf dem Buckel haben. Nun hat sich die Altherrentruppe im klassischen Line-Up reformiert und einen hervorragenden Slot auf dem diesjährigen „Bang Your Head!!!“-Billing ergattert. Doch Kultfaktor hin oder her, so lange AC/DC noch aktiv sind, stellt sich die Frage, was man von diesen offensichtlichen Nachahmern aus der Schweiz zu halten hat. Doch sei’s drum, so lange die Musik von Herzen kommt und für gute Stimmung sorgt, kann man über diesen Mangel an Originalität getrost hinwegsehen. Und so gesehen macht die Band eigentlich alles richtig und wird – vor allem von den Zuschauern gesetzteren Alters – mit ordentlichem Szenenapplaus bedacht.
Dass die Bewegungen von Sänger Marc Storace an den Ausdruckstanz eines leicht eingerosteten Waldorfschulen-Kunstlehrers erinnert, ist da ebenso verzeihbar wie die eher mäßig in den Set eingeflochtene Cover-Version von STEPPENWOLFs Klischee-Titel „Born To Be Wild“. Und wenn man australische Jungspunde wie AIRBOURNE für ihre gelungene Neuinterpretation des AC/DC-Sounds abfeiern darf, warum dann auch nicht ein paar alternde Schweizer in ihrem (mindestens) dritten Frühling? Wirklich Co-Headliner-würdig mag die Show zwar nicht unbedingt sein, gute Unterhaltung ist aber dennoch garantiert. (Xeledon)
ARTILLERY (20:50 – 22:00, Halle)
Die zweite Band, die in der Halle ihr Können unter Beweis stellen darf, ist ARTILLERY. Und den Dänen werden dafür ganze 70 Minuten Spielzeit zugesprochen, die sie natürlich nur zu gern nutzen und das Gaspedal von Beginn an mit „When Death Comes“, „Upon My Cross I Crawl“ und „By Inheritance“ voll durchtreten. Auch wenn ich die Dänen in diesem Jahr schon zum dritten Mal live sehe, wird die Band doch einfach nie langweilig, denn sie haben besonders live die Möglichkeit, aus einem großen Fundus von Klassikern zu wählen, als auch richtig gutes neues Material in ihr Set einfließen zu lassen, so dass ARTILLERY immer ein perfektes Maß an Abwechslung bieten. „The Challenge“, „Eternal War“ und „10000 Devils“ folgen auf dem Fuße und die Dänen sind wie immer in Höchstform.
Bestens gelaunt posen sich die Fünf einen ab, unterhalten das Publikum und spielen sich ganz nebenbei technisch einwandfrei durch ihr Set. Besser geht’s einfach nicht! Mit „Bombfood“, „Into The Universe“ und „Rise Above It All“ neigt sich die Show dann jedoch langsam dem Ende zu, mit „Khomaniac“ und dem BLACK SABBATH-Tribut „Computer God“ bricht schließlich der letzte Song-Block an bis ARTILLERY ihren Auftritt mit „Terror Squad“ würdig beschließen. Gerechtfertigt können die Dänen jede Menge anerkennenden Applaus für ihre Show einheimsen und ich freue mich schon wieder auf das nächste Mal! (Katharina.Beck)
HAMMERFALL (21:20 – 23:00)
Über die Headliner-Würdigkeit von HAMMERFALL wurde vorab im „Bang Your Head!!!“-Internetforum viel diskutiert. Unter dem Strich handelte es sich hier aber letztlich nur um eine Menge heiße Luft, denn die Schweden zählen nicht nur zu den stets gefeierten Stammgästen in Balingen und sind beim Publikum genauso beliebt wie bei den Veranstaltern, sie beweisen heute auch wieder einmal, dass sie mühelos in der Lage sind, eine höchst unterhaltsame Headliner-Show auf die Bühne zu legen. Dabei sieht es zu Beginn noch überhaupt nicht danach aus, der Opener „Punished & Enslaved“ droht zum Fiasko zu werden. Doch nicht weil das Stück zu neu wäre und gegen die großen Bandklassiker nur abstinken kann – technische Probleme eliminieren Joacim Cans Gesang aus dem Gesamtsound und es bedarf mehrerer Mikrofon-Wechsel und Frustattacken gegen den im Grunde vollkommen unschuldigen Mikro-Ständer, bevor der Frontmann seinem Publikum die Lead-Gesang-Rolle wieder abnehmen kann.
Danach gerät die Show zum Triumphzug. Die Setlist wechselt neueres Material gekonnt mit alten Klassikern ab, darunter auch „The Dragon Lies Bleeding“ als besonderes Schmankerl für alle Fans der ersten Stunde. Zwischendurch wird für meinen Geschmack zwar etwas viel Zeit für Ansagen und die Vorstellung der Bandmitglieder verplempert, da Joacim Cans dabei aber stets sympathisch und bodenständig auftritt, trübt dies den positiven Gesamteindruck nicht merklich. Nach „Riders Of The Storm“ verschwinden HAMMERFALL zum ersten Mal von der Bühne, es folgen im ersten Zugabenblock „Secrets“ und „Let The Hammer Fall“, bevor der zweite Zugabenblock mit einem absoluten Highlight aufwartet: Um die große Last eines Dio-Tribut-Songs nicht alleine schultern zu müssen, bittet Joacim Cans mit Mikael Stanne (DARK TRANQUILLITY) seinen Vorgänger am HAMMERFALL-Mikro zu sich auf die Bühne, mit dem die Band gemeinsam eine starke Cover-Version von „Man On The Silver Mountain“ spielt. Kein Wunder, dass da das abschließende (und mittlerweile auch bereits reichlich abgenudelte) „Hearts On Fire“ zum puren Rausschmeißer verkommt. (Xeledon)
DARK TRANQUILLITY (23:00 – 00:30, Halle)
Wie kurz zuvor bereits DARK TRANQUILLITY-Sänger Mikael Stanne machen sich nun auch die meisten Fans auf den Weg zur Halle – nur dass diese nicht auf den einigermaßen freien Pfaden hinter der Bühne wandeln dürfen, sondern sich einen Weg durch dichtes Gedränge am viel zu engen Halleneingang bahnen dürfen. Doch aus Sicherheitsgründen sind hier nur 2200 Besucher gestattet, so dass am Ein- und Ausgang fleißíg gezählt wird. Offensichtlich nimmt man es hier mit den Sicherheitsbestimmungen etwas genauer als bei gewissen Techno-Veranstaltungen, was man dem Veranstalter – trotz kleinerer Wartezeiten – durchaus positiv anrechnen sollte.
Drinnen liefern die Miterfinder des typischen Göteborger Melodic-Death-Metal-Sounds eine Wahnsinnsshow ab. Über anderthalb Stunden hinweg halten DARK TRANQUILLITY ihr extrem hohes Energie-Level und sind damit verantwortlich für die erste nennenswerte Crowdsurfing-Action des Tages. Auch der amtliche Moshpit vor der Bühne kann sich sehen lassen und man beginnt sich zu fragen, warum die Band nie so recht an die kommerziellen Erfolge von IN FLAMES oder SOILWORK anknüpfen konnten. Vielleicht liegt es daran, dass DARK TRANQUILLITY wesentlich melancholischer und düsterer daherkommen, selbst die fröhlicheren Momente wirken bewusst aufgesetzt.
Das wahre Antlitz von DARK TRANQUILLITY ist düster, morbide und psychotisch – eine Stimmung, die die Band hervorragend mit der visuellen Untermalung durch eine coole Beamer-Show unterstreicht. Von Video-Einsprengseln bis hin zu atmosphärischen Kamerafahrten über vielschichtige Gemäldelandschaften hinweg. Um hier einzutauchen und sich berauschen zu lassen, bedarf es nicht einmal irgendwelcher bewusstseinserweiternden Substanzen. Das Highlight sind aber die sich im Wechsel aus schwarzen und weißen Übermalungen stets verändernden skizzierten Dämonenschädel, deren eingehendere Betrachtung heftige Beklemmungen auszulösen vermag. Zu später Stunde können dieses extreme Intensitätslevel längst nicht alle Fans über die komplette Auftrittsdauer hinweg mitgehen, so dass sich nicht wenige bereits vorzeitig aus der heißen, stickigen Halle verabschieden, um sich draußen vom einsetzendem Nieselregen überraschen zu lassen, an den sie sich nun besser schon einmal gewöhnen sollten. (Xeledon)
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