Bang Your Head!!!
Bang Your Head!!! - Festivalbericht 2007
Konzertbericht
EDGUY
Die Aufregung, die im Vorfeld um den Headliner-Status der Hessen EDGUY entstand, kann ich beim besten Willen nicht nachvollziehen. Natürlich polarisiert Frohnatur Tobias Sammet, der sich mit seinem eigenwilligen Humor selbst überhaupt nicht ernstzunehmen scheint. Meiner Meinung nach können wir jedoch gerade in der von Klischees und übertriebener Ernsthaftigkeit durchsetzten Metal-Szene gar nicht genügend derartige Frontkasper haben, die betont bösartigen Black-Metal-Pandabären oder albernen Ich-Würde-Für-Den-Metal-Sterben-Joeys zeigen, worum es im Metal wirklich geht: um die Musik. Und so lange EDGUY uns astreine Hits wie „Vain Glory Opera“ oder „Tears Of A Mandrake“ um die Ohren hauen, dürfen auch Gute-Laune-Spaßnummern wie „Trinidad“ oder „Fucking With Fire“ auf ihren Alben für Auflockerung sorgen. Live bleiben die beiden letztgenannten Stücke zwar heute außen vor, dafür hat man mit „Lavatory Love Machine“ allerdings trotzdem die erwartete textliche Nonsense-Nummer im Programm. Das Bühnenbild ist mit einem stilsicheren Alien-Comic-Backdrop stimmungsvoll, aber nicht überladen gestaltet. Die Pyros scheinen zudem bereits alle bei HAMMERFALL verballert worden zu sein, so dass EDGUY gänzlich ohne explosive Einlagen auskommen. Statt dessen setzt die überragend eingesetzte Lichtshow auf der großen Festivalbühne Glanzlichter und mitten in der Show entrollen sich natürlich auch die unter der Decke baumelnden Party-Alien-Transparente. Heimlicher Star jeder EDGUY-Show ist mittlerweile aber der gewaltige Gargoyle, der gegen Ende hinter dem Drum-Raiser auftaucht und seine Flügel ausbreiten darf. Zu diesem bonbonbunten Effekt-Feuerwerk passen dann auch Tobi Sammets wie immer ausgesprochen geschmackssichere Bühnenoutfit die Ansagen, in denen der bekennende „Bayern München“-Fan die Band als „die Typen“ outet, „die nie einen abkriegen“ (wir warten noch auf die offizielle Änderung des Bandnamen in EDGAY…) oder zum wiederholten Male augenzwinkernde (und nach dem Gewinn der Meisterschale ausnahmsweise einmal völlig unberechtigte) Seitenhiebe in Richtung des „VfB Stuttgart“ austeilt. Ernsthaft böse kann dem ewigjungen Lausbuben aber niemand sein, der den Fotografen wie üblich die Arbeit erschwert, indem er wie ein Derwisch von einem Ende der Bühne zum anderen fegt und dabei dennoch eine Gesangsleistung hinlegt, die sich vor der des großen Ronnie James Dio vom Vortag nicht zu verstecken braucht. Dabei tritt die EDGUY-Instrumentalfraktion allzu leicht und völlig unverdientermaßen in den Hintergrund. Mit viel Spaß in den Backen spielen die Gitarristen Dirk Sauer und Jens Ludwig geschickt ihre Solo-Riffs hin und her. Bassist Tobias Exxel überzeugt nicht nur als Grimassenmeister, sondern reiht sich in die unverzichtbare Drei-Axt-Hüftschwung-Poser-Action seiner Kollegen ein und sorgt ganz nebenbei mit Drummer Felix Bohnke zusammen für ein solide groovendes Rhythmus-Fundament. Letztgenannter verschafft Tobi Sammet bei seinem Drum-Solo eine kurze Verschnaufpause und baut dabei gekonnt den von jedem „Star Wars“-Fan heiß umjubelten „Imperial March“ mit ein, hat jedoch diesmal leider die „Darth Vader“-Maske von der letzten Deutschland-Tour nicht mit im Gepäck. Die gute Stimmung kann dieser kleine Schönheitsfehler indes nicht trüben, zumal die Setlist mit Hits gespickt ist und dennoch mit einigen Überraschungen aufwarten kann. Neben todsicheren Stimmungsmachern wie „Superheroes“, „Mysteria“ oder „Sacrifice“ wird auch der epische Mid-Tempo-Stampfer „The Piper Never Dies“ berücksichtigt. Gegen Ende legt die Band einen ruhigen Balladen-Teil mit „Scarlet Rose“ und der „Anti-Schamhaar-Nummer“ (Zitat Tobi Sammet) „S(h)ave Me“ ein. Echte Überraschungen sind allerdings die selten gespielten Klassiker „Wake Up The King“ und „Out Of Control“. Alle vorab geäußerten Bedenken, ob EDGUY der Headliner-Rolle gerecht werden können, sind zerstreut und ehrlich berührt bedankt sich Tobi Sammet bei den Fans für die Unterstützung, um noch einmal daran zu erinnern, dass man bereits beim ersten BYH-Auftritt anno 2000 ankündigte, dass man beim nächsten Mal als Headliner in Balingen auf der Bühne stehen würde – und man hat Wort gehalten. Vor dem großen Showdown verschindet die Band noch einmal kurz von der Bühne und wartet auf die obligatorischen „Zugabe!“-Rufe, bevor mit „Avantasia“ der nicht minder obligatorische Titelsong von Tobi Sammets erster Solo-CD begeistert abgefeiert wird. Den krönenden Abschluss bildet schließlich das brilliante „King Of Fools“, das textlich genau die Scheißegal-Attitüde zum Ausdruck bringt, die EDGUY in der deutschen Metal-Landschaft so wichtig werden lässt. Diese Jungs geben nichts auf das Geschwätz von Nörglern und Kritikern, sie ziehen ihr eigenes Ding durch und machen das so verdammt gut, dass auch künftig kein Weg an ihnen vorbeiführen wird. [Xeledon]
Wie immer endet das „Bang Your Head!!!“ für Festival-Verhältnisse ungewohnt früh mit einem schönen Feuerwerk um 23 Uhr. Die zentrale Lage in Balingen bedingt eben ein rigoroses Curfew, doch die eigentliche Party wird eben auf die Camping-Plätze verlagert, wo noch bis in die frühen Morgenstunden wild gefeiert wird. Auch wenn hier die Zahl der Bands vergleichsweise gering ist, hat sich der Besuch auch in diesem Jahr wieder absolut gelohnt. Immerhin zählen fast alle der zum Tanz aufspielenden Bands zu den besten der gesamten Metal-Szene. Und durch die Beschränkung auf eine einzige Bühne bleibt das „Bang Your Head!!!“ eines der wenigen größeren Festivals, bei dem man wirklich die Chance hat, alle Bands spielen zu sehen und nicht aufgrund von Überschneidungen oder für die körperliche Regeneration unerlässlicher Pausen bestenfalls die Hälfte der Bands wirklich wahrnimmt. Und wenn das Billing nächstes Jahr ähnlich stark ausfällt, werden wir uns ganz bestimmmt auch 2008 auf dem „Bang Your Head!!!“ wiedersehen. [Xeledon]
Ein dickes Dankeschön geht an Rouven Dorn, Caroline Traitler und das Team von Powermetal.de für die Zurverfügungstellung von Texten und Fotos!
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