Bang Your Head!!!
Bang Your Head !!! 2003
Konzertbericht
Samstag, 28.6.
Nach einer wie immer kurzen Nacht im Zelt wurde dann morgens leider festgestellt, dass sich unsere Grill- und Getränkevorräte verschärft dem Ende zuneigten. Zum Glück ist aber in Balingen fünf Minuten zu Fuß vom Messegelände weg ein Real zu finden, der an diesem Wochenende wohl das ungewöhnlichste, aber auch gleichzeitig das beste Geschäft des Jahres machte. Wann sonst gehen schon mal 30.000 schwarzgewandete, langhaarige Menschen an drei Tagen hauptsächlich Bier und Grillfutter kaufen? Einige vereinzelte komische Blicke wurden von den „normalen“ Einwohnern durchaus mal abgegeben, wenn es sich morgens um zehn irgendeine, um diese Uhrzeit schon betrunkene Person in einem der Einkaufswagen gemütlich gemacht hatte. Aber im Großen und Ganzen scheint sich Balingen vollkommen an die jährliche Metallerinvasion gewöhnt zu haben. Manchmal schlenderte sogar das ein oder andere Rentnerpärchen über den Zeltplatz, um sich das muntere Treiben anzuschauen oder ein kleines Schwätzchen mit den „Conquerors of Balingen“ (getreu dem Festivalmotto) zu halten. Aber zurück zum Kern der Sache: Wegen des Einkaufs war es mir leider nicht möglich, den ersten drei Samstagbands (HIRAX, ANGEL WITCH, MASTERPLAN) beizuwohnen.
Brainstorm (12.25 – 13.10 Uhr)
Erst zu BRAINSTORM fand ich mich wieder vor der Bühne ein und muss sagen: Zum Glück hat der Real-Aufenthalt keine Minute länger gedauert, denn die fünf Süddeutschen haben genau das gezeigt, was ich am Abend zuvor bei Hammerfall vermisst habe: Frische, sichtlichen Spass an der Sache, Motivation bis in die Haarspitzen und absolut ehrliche Fannähe. So warf z.B. der charismatische Sänger und 100%ige Sympathiebolzen Andy B. Franck fast den ganzen Gig über Shirts und Longsleeves ins Publikum. Als hätten Brainstorm ihre Fans mit ihrem geilen Auftritt nicht schon genug voll bedient! Der Schwerpunkt lag bei einem einmal mehr absolut killermäßigen Sound mit Songs wie „Blind Suffering“, „Hollow Hideaway“ oder „Shadowland“ auf ihrem letzten Output „Metus Mortis“. Aber auch einige Teaser zum neuen Werk „Soul Temptation“ wurden zum Besten gegeben. Hierbei wusste „Shiva’s Tears“, das mit ein paar Hindutänzerinnen auf der Bühne sogar stilecht umgesetzt worden war, am meisten zu gefallen. Trotz dieser extravaganten Einlage weilten die Augen der Betrachter aber meist auf Shouter Andy, der, unermüdlich über die Bühne, ab in den Fotograben und wieder zurück auf die Bretter hastend, der große Aktivposten war und sich als geübter Stimmungsmacher zu erkennen gab. Qualitätssteigernd kam noch dazu, dass Brainstorm seit jeher schon für Power Metal stehen, der sich weitab vom Einheitsbrei bewegt und deswegen zu keiner Sekunde langweilt. Die Band war am Ende selbst fast sprachlos ob der beinahe schon euphorischen Reaktionen des Publikums. Das Quintett hatte sich aber mit einem der besten Gigs dieses Festivals auch nichts anderes verdient. Hoffentlich wird dieser sympathischen Band bald mal die Aufmerksamkeit zuteil, mit der solche Leistungen entlohnt werden sollten.
Hypocrisy (14.30 – 15.30 Uhr)
HYPOCRISY entwickeln sich mittlerweile zu einem Livedauergast der Marke Vader oder Marduk, weswegen Mister ‚Workaholic‘ Tägtgren aufpassen sollte, dass die geneigten Hörer seiner Band nicht bald überdrüssig werden. Sei es, wie es sei…so wurde wenigstens die Death Metal-Fahne auf dem BYH!!! 2003 ein weiteres Mal hoch gehalten. Wer Hypocrisy kennt, weiß, dass sie live eine sehr zuverlässige Bank sind, was heuer wiederum bestätigt worden ist. Durch einen zweiten Klampfer an der Riffront verstärkt, enterten Drum-Sumo Lars Szöke, Bassist Mikael Hedlund und Gitarrist/Brüllwürfel/Mainman Peter pünktlich unter dem wie immer Gänsehaut erzeugenden Intro von „Fractured Millenium“ die Bühne und lieferten ab dann – welch Wunder! – den härtesten Gig dieser zwei Tage ab. Dabei erstaunte es mich schon, dass man nicht mehr auf die gemäßigteren Stücke der Bandhistorie wert legte, sondern mit „Pleasure Of Molestation“, „Killing Art“, „Left To Rot“ oder „Public Puppet“ verschärft auf die Tube drückte. Kleinere Verschnaufpausen waren natürlich mit „Apocalypse“, „Until The End“, „Destroyed“ oder „The Final Chapter“ auch vertreten. Eigentlich war alles wie immer bei einem Hypocrisy Gig, wäre da nicht Peters „heimliche Liebe“ Schmier, seines Zeichens Bassist und Schreihals bei Destruction, als Gast auf dem BYH!!! zugegen gewesen (am Vortag sind beide schon reichlich angeschwippst über das Gelände flaniert. Läuft da was? 🙂 ). So ergab es sich nämlich, dass alle Zeuge einer selten vorkommenden Überraschung bei einem Auftritt der schwedischen Todesblei-Institution werden sollten. Kurz vor Ende stapfte die blondgelockte Thrash-Ikone nämlich auf die Bühne, um zusammen mit Hypocrisy eine fiese Version des Destruction-Krachers „Total Desaster“ runter zu prügeln. Cool! So ging mit dem unverzichtbaren „Roswell 47“ eine gute Stunde zu Ende, die gezeigt hat, dass viele True/Power Metaller dem Death Metal gegenüber gar nicht mal so abgeneigt sind.
Overkill (17.00 – 18.00 Uhr)
Nachdem OVERKILL im letzten Jahr an gleicher Stelle leider nicht die Bühne betreten konnten, weil sich Sänger Bobby „Blitz“ Ellsworth von einem Schlaganfall erholte, waren die Erwartungen aller Fans, zu denen ich mich zähle, entsprechend hoch. Und tatsächlich enterte um 16 Uhr ein wie neugeboren agierender „Blitz“ die Bühne, dem man seine gesundheitlichen Probleme nicht mehr so recht abnehmen mochte. Umso enttäuschender empfand ich dann trotz des tighten Gigs doch die Songauswahl. Bei einer Band wie Overkill, deren Schaffen nun schon weit mehr als eine Dekade abdeckt und deren Stil sich im Laufe dieser Zeit doch nicht nur unerheblich geändert hat, ist man als Fan der Frühwerke natürlich immer ein wenig unglücklich, wenn zu viele Songs der Gründertage bei einem Auftritt fehlen. Im Fall von Overkill stieß mir dies ganz übel auf, weil mit „In Union We Stand“ gerade mal ein einziger Klassiker der Anfangszeit unter die ausgehungerte Meute gebracht wurde. Man muss aber festhalten, dass diese meiner Ansicht nach bedauerliche „Aktualität“ der Band den meisten Anwesenden nicht viel Kopfzerbrechen zu bereiten schien, und sie Songs wie „Necroshine“ oder „Bastard Nation“ dementsprechend begeistert abfeierten. (DanDevil)
U.D.O. (18.20 – 19.25)
Der erbarmungslos brennenden Sonne, dem heute ausbleibenden Gewitter und diversen Bierchen sei Dank, konnte es schon vorkommen, dass man zu dieser frühen Abendstunde bereits ganz gut einen im Tee hatte (muss ich mir jetzt auch an die eigene Nase fassen? :-)). Was kann es da besseres geben, als zu ein paar Klassikern von Accept oder gute Laune machenden Metalkalibern der Marke „Man Or Machine“ einfach nur abzufeiern? Richtig, U.D.O. steht mit seiner Band selbst auf der Bühne und besorgt einem diesen Partyschub live. Und obwohl die Falten im Gesicht des kleinen Mannes mit der unverwechselbaren Reibeisenstimme immer tiefer werden, versteht er es immer noch blendend, die Stimmung einer von der Sonne schon ziemlich abgekochten Masse noch einmal richtig anzuheizen. Beinahe jeder fasste sich an sein „Metal Heart“, fuhr imaginär auf dem „Midnight Highway“, suchte seine „Princess Of The Dawn“ und gröhlte lauthals in Form von „Living For Tonight“ das Motto dieses Tages hinaus. „Balls To The Wall“ setzte dem ganzen dann die Krone auf, bevor als Zugaben „Holy“, „I’m A Rebel“ und „Fast As A Shark“ (mit wie immer lustigem Heidi-Heido-Heida-Intro) diese gelungene Party beendeten. Vor dem Gig hätte ich nicht gedacht, dass Herr Dirkschneider Balingen dermaßen zum Brennen bringen würde. Umso schöner ist die große Überraschung hinterher.
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