Audrey Horne
Audrey Horne, Malrun - Live im Treibsand, Lübeck
Konzertbericht
Letztes Jahr fanden AUDREY HORNE lediglich drei Mal den Weg auf deutsche Bühnen, dieses Jahr steigern sie sich um mehr als hundert Prozent: Lübeck ist am 15.04. der fünfte von sieben Stopps in hiesigen Landen, den die Norweger im Zuge ihrer Tour mit den Dänen MALRUN als Support absolvieren. Ort des Geschehens ist das „Treibsand“, eine kleines uriges Vereinsheim nicht fern der Trave, das aussen eher nach abgehalfterter Punkerkaschemme aussieht, innen aber den urigen Charme einer Seemansspelunke ausstrahlt. Um Punkt 22 Uhr heisst es Bühne frei für MALRUN…
…die sich jedoch über die ersten 15 Minuten ihres Auftritts mit einer merkwürdigen Situation herumschlagen müssen. Man male sich folgendes Bild im Kopf: etwa vier Meter vor der Bühne stehen auf jeder Seite zwei tragende Säulen, der natürliche Aktionsraumraum für den körperbetont engagierten Konzertgänger ist also bereits optisch abgesteckt. Das Problem: niemand aus der mit 70 Köpfen ohnehin schon spärlich bemessenen Menge setzt auch nur einen Fuß hinter die Markierung. Stell dir vor, es ist Moshpit und keiner geht hin. MALRUN agieren mit ihrem modernen, leicht progressiv beflissenen Metal aber nur so lange etwas hilflos auf der für solch einen kleinen Club recht üppig dimensionierten Bühne, bis Sänger Jacob Løbner’s Bettelei endlich Gehör findet und sich eine Handvoll Köpfe entschließt, das Vakuum zwischen Band und Besucher langsam zu schließen. Keineswegs ist die lange Anlaufphase einer schlechten Qualität des Quintetts geschuldet: die Instrumentenfraktion gibt sich punktgenau auf die letzte Note, der Mischer zaubert der Vorband einen glasklaren Sound und die teils vielschichtigen Songs zeugen von kompositorischer Finesse. Einzig Løbner’s Organ will nicht so recht zum Gesamtsound passen: die Growls verschwinden kraftlos im Hintergrund und sein Klargesang, so präzise er Ihn auch setzt, rückt MALRUN in eine viel zu poppige Ecke. Mit dem RAGE AGAINST THE MACHINE-Cover „Killing In The Name“ haben MALRUN zum Abschluss noch eine Überraschung im Gepäck und beweisen, dass ausser ILLDISPOSED und HATESPHERE noch einiges an Potential in Aarhus schlummert.
Bei AUDREY HORNE sollte man meinen, dass der Headliner weitaus weniger Schwierigkeiten haben sollte, das Publikum von Anfang an für sich zu gewinnen. Doch weit gefehlt: von den ursprünglich Anwesenden haben es noch etwa 50 in den Saal geschafft, als die Norweger nach dem Intro „These Vultures“ mit „Charon, dem Opener ihres aktuellen, selbstbetitelten Albums, loslegen. Und auch die müssen erst einmal überzeugt werden, die nordische Zurückhaltung abzulegen. Doch die routinierten und mit reichlich Bühnenerfahrung gesegneten (die Gitarristen Ice Dale und Thomas Tofthagen sind bei ENSLAVED respektive SAHG aktiv) AUDREY HORNE locken das Publikum schnell aus der Reserve, bereits beim dritten Song „Last Call“ fruchten die Aufforderungen des charismatischen Fronters Toschi nach mehr Mitgeh-Faktor. Während die Sechsaiter sich bei den Doppel-Leads den Schweiß aus der Seele posen, wird es Toschi auf der Bühne nur allzu schnell langweilig. Immer wieder verlässt er das Podest, um unter den Fans für mehr Stimmung zu sorgen und verweilt auch schon mal einen gesamten Song auf dem Boden der Tatsachen. Klar, dass soviel Einsatz Durst macht: sein Ruf nach Schnaps wird prompt von einem eifrigen Fan beantwortet – mit einem ganzen Tablett voller Kurzer für die gesamte Band. Dem unverhofften Getränkelieferdienst danken AUDREY HORNE mit einer energetischen Performance von „Circus“, „Pitchblack“, „Threshold“ sowie den Highlights „Sail Away“, scherhaft als Powerballde angekündigt, und „Firehose“. Bei all den hochlobenden Reviews der Rockpresse für die drei Alben AUDREY HORNEs verwundert es nur allzusehr, dass sie immer noch nicht den Weg auf größere Bühnen gefunden haben. Zeit wird’s.
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