Atrocity
Zillo Open Air 1998
Konzertbericht
Die Besucher: Das Zillo Open Air ist konzipiert um alle jene, die eigentlich nicht so recht zueinander finden wollen, zusammen zu führen. Die Bands könnten kaum unterschiedlicher sein, das Publikum war selten so bunt gemischt. Natürlich war die schwarze Masse mit am deutlichsten verteten, trug sie doch wieder ihr „sehen und gesehen werden“ Spielchen zur Schau. Selbst auf einem staubigen und versifften Open Air trug man seine schönsten und teuersten Kleider, nur um sich den fragenden „wo-hat-sie-das-nur-her“ Blicken sicher zu sein. Auf dem ganzen Gelände herrschte ausdrückliche Fotoerlaubnis, da das Zillo einen Fotowettbewerb ausgeschrieben hatte, sehr zur Freude der „Hach, was bin ich so photogen“ Fraktion. Nicht die Bühne oder die darauf agierenden Künstler waren wichtig, sonder die sich selbst abfeiernden Pseudoschöhnheiten. Nicht ein Bild konnte man machen, ohne nicht einen eben solchen fragende Blick oder gar ein „Wie, warum machst du kein Bild von MIR?“ zu ernten. Dabei erhielten die überschminkten, mit Kostümen ausgestatten und oft recht fettleibigen Damen genug Aufmerksamkeit von Freaktouristen, die diese Bilder zu Hause sicher stolz präsentieren werden und dabei ein gekonntes „Tja, SO laufen die da rum“ in den staunen Freundeskreis zu schmettern. Auch die Vampirfraktion versucht durch spitze Zähne, Sado-maso Anspielungen oder gar nur spärlich vorhandener Kleidung aufzufallen, hatte aber nur wenig Chancen gegen den Kostümwahn, der bei Einigen ausgebrochen war. Es ist ja nichts zu sagen
gegen ein schönes Kleid, aber wenn man dann in die arroganten, dickgeschminkten und meist nicht einmal schönen Gesichter der Trägerinnen blickte und darin
nur die pure Arroganz saht, so fragte man sich doch, an welchen Punkt die schwarze Szene angelangt ist. Und schlagartig waren einem die recht gut gelaunten Punks, Metaller, Hippies und was sich sonst noch so auf dem Festivalgelände rumtrieb, viel sympathischer. Oftmals wurde man als zu klein geratener Fotograph gefragt, ob man denn nicht ein Foto für einen schiessen soll oder man hatte schnell ein freundliches Gespäch über Wetter, Verkehr, Organisation oder Bands bei der Hand. Berührungsängste gab es kaum und so hatten die Orginsatoren vielleicht doch etwas geschafft, was noch den alten Geist der schwarzen Szene atmet: Keine Grenzen, keine Intoleranz, man kann sich mit jedem unterhalten, egal was er sonst so treibt. Die Organisation: Auf einem solch großen Festival kommt es immer zu organisatorischen Glanzleistungen und deren Folgen. Dabei hatten sich die Veranstalter diesmal alle Mühe gegeben die schlimmsten Klippen sicher zu umfahren – was ihnen auch meist gelang. Zwar war der Zeitplan der Bands sehr straff und teilweise auch ungerecht, dafür gab es aber meist erst bei den letzten Bands unvermeidliche Überschneidungen, sodaß der gewillte Gast sich stest alle Bands zu Gemüte führen konnte. Auch die Anfangs- und Endzeiten stimmten fast immer, sieht man von ein paar Ausnahmen ab. Mit den üblichen Staus konnte man leben, auch wenn man sich auf einmal mitten auf einem riesigen Acker voller Autos befand und nicht mehr wusste wohin, da alle Parkplätze bis zum Bersten gefüllt waren. Der etwas ratlose Ordner war aber stets freundlich und so ließ sich das Problem nach einer Stunde des Wartens regeln, ohne grössere Schlägereien provoziert zu haben. Auch der Zeltplatz war überfüllt und so sah man vereinzelt auf den total zugestaubten Parkplätze Zelte stehen, deren Einwohner sich noch in späteren Jahren über den Dreck in allen nur erdenklichen Körperöffnungen freuen werden. Der Umtausch „Karte gegen Bändchen“ ging recht langsam voran, allerdings war auch hier mit nichts anderem zu rechnen gewesen und, wie bereits erwähnt, waren die Order stets freundlich und zuvorkommend, selbst bei etwas ungeduldigeren Zeitgenossen. Das Gelände an sich sah sehr eng und klein aus, ersparte aber somit weite Laufstrecken, Bühne eins und zwei lagen fast direkt nebeneinander. Die Organsiation war somit durchaus in Odnung, das große Chaos blieb aus. Die Bands: So viele verschiedene Geschmäcker werden selbst in den größten Kaufhäusern nicht bedient: Von Elektro über EBM, von Gothic bis Metal, von Alternativ Rock bis hin zu Punkrock – jeder fand hier mindestens eine Band, die seinem Gusto entsprach. Alle Bands hier zu besprechen ist mir nicht möglich . Ich habe nicht alle gesehen,
mich haben auch nicht alle interessiert. Die Bands, die ich gesehen habe waren folgende…
Das Ich – Am frühen Nachmittag mußten die Innovatoren der EBM Szene auf die Bretter, was diese wohl weniger störte, waren sie doch von der gerade beendigten
Mexikotournee etwas höhere Temparaturen durchaus gewöhnt. Die Lightshow konnte man somit getrost vergessen, aber das tat der mitreißenden Performance der Vier keinen Abbruch. Die zwei Keyboarder waren mit ihren beweglichen, da an einer Art Kran mit Schwenkarm befestigten, Instrumenten ständig in Bewegung und feuerten das Publikum an, besonders Bruno Kramm hob sich hier wohltuend von dem üblichen „böser Musiker der nur in der Ecke steht“ Klischee ab.
Das Männchen, Stefan Ackermann, wieder einmal ganz braun geschminkt, zappelte und verrenkte sich wie ein Wahnsinniger, spielte perfekt den Gestörten und transportierte den Geist der Musik durch seine Stimme. Ein gelungener Auftritt, der sich leider auf nur fast neues Material, bis auf die obligatorischen „Kain und Abel“ und „Gottes Tod“, konzentrierte.
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