Area 53 Festival 2021
Der große Festivalbericht
Konzertbericht
Samstag, 17.07.2021
Wo gestern noch die Sonne über das Festivalgelände des Area 53 strahlte, geht nun ein Dauerregen über die Landschaft hinweg. Aus den Bergen umher steigen dichte Nebelschwaden auf, sodass man gar nicht weiß, wo der Bühnennebel aufhört und der echte Nebel anfängt. Es ist das Wochenende, an dem schwere Überflutungen in Deutschland Menschenleben im dreistelligen Bereich fordern, doch diese Neuigkeiten kommen hier nur langsam an. Von Unwettern wird das Area 53 glücklicherweise verschont, und einzig der tiefer und flüssiger werdende Schlamm sowie die stetige Berieselung von oben machen den Besucher:innen zu schaffen. Spätestens jetzt fühlt es sich wirklich wie Festival an.
FEARANCY (11:30 Uhr)
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Zu ihrem frühen Set haben die österreichischen Deather FEARANCY auch noch den Regen dazubekommen. Bock haben sie aber trotzdem, und auch die Zuschauer:innen, die sich schon vor der Bühne versammelt haben, sind hart im Nehmen und noch härter im Moshen. So bildet sich bereits bei der ersten Band ein kleiner, aber feiner Circle Pit. Auch der Sound spielt bereits mit, sodass der Auftritt von FEARANCY, der seitens der Band souverän und tight durchgezogen wird, als sehr erfolgreicher Auftakt des zweiten Festivaltages verbucht werden kann.
APIS (12:15 Uhr)
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Das anfängliche Nieseln verwandelt sich in Dauerregen, als APIS an der Reihe sind. Die Hardrocker sind quasi vom eigenen Bett auf die Bühne gefallen, denn sie sind waschechte Leobener und daher hier zu Hause. Ihr Lokalstatus dürfte ihnen auch geholfen haben, trotz des Wetters vergleichsweise viele eingefleischte Fans vor die Bühne zu bewegen. Nach dem Death Metal des Openers wirkt ihr Hardrock mit Heavy Metal-Einsprengseln aber wenig energetisch. Dafür punktet er mit Melodik. Die Stimmung vor der Bühne ist gut, doch abseits dessen plätschern APIS eher nebenbei vor sich hin und vermögen nicht wirklich die volle Aufmerksamkeit der Besucher:innen auf sich zu ziehen. Kein schlechter Auftritt, der im Vergleich aber ein wenig verpufft.
MISSION IN BLACK (13:00 Uhr)
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Deutlich mehr Gas geben dagegen MISSION IN BLACK. Sie steigen direkt rasant ein und bringen das ponchobehangene Area 53-Publikum in Bewegung. Einige dürften die schwäbische Truppe daher kennen, dass ihre Fronterin Steffi Stuber bei The Voice of Germany einen Song von LAMB OF GOD zum Besten gegeben hat. Meist deathig, auch mal thrashig, dabei durchgehend mit einer gehörigen Portion gitarrenbasierter Melodik und der kraftvollen und variablen Stimme ihrer Sängerin treiben MISSION IN BLACK das Publikum durch ihr Set. Ein Highlight bildet dabei das Stück „Oceans Of Blood“, das sich mit der Ausbeutung der Meere befasst und zu dem Steffi Stuber passenderweise eine Flagge von Sea Shepherd schwingt. Wie eigentlich alle Bands sind auch MISSION IN BLACK überwältigt, endlich wieder auf einer richtigen Bühne stehen zu können und bedanken sich am Ende ausgiebig bei allen Beteiligten des Area 53 Festivals.
SILENZER (13:50 Uhr)
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Nach einem Intro aus Piano und Streichern hätte man eigentlich nicht die sehr corig aussehenden Jungs von SILENZER erwartet, die alsbald die Bühne einnehmen. Modern geht es nicht nur bei den Outfits zu, sondern auch musikalisch. Sehr rockig, dabei etwas poppig und mit einer gehörigen Portion Core-Elementen, ist die von der Band selbst gewählte Klassifizierung „Rockcore“ sehr gut getroffen. Ihre deutschen Texte machen ihre Musik zudem sehr leicht zugänglich und versprühen ein gewisses Ohrwurmpotenzial. Ihre eigenen Fans haben die Österreicher allemal am Start, denn größere Teile des Publikums sind textsicher und haben sich in den edlen Zwirn der Band gekleidet. Mit harten Breakdowns, sehr melodischen Strophen und treibenden Gitarren bieten SILENZER ein abwechslungsreiches Programm. Ihrem Aufruf zu einem Circle Pit sowie zu einer Wall of Death wird ohne Umschweife nachgekommen. Letztere verursacht sogar ein Gruppenkullern, dass eine der bereitstehenden Sanitäterinnen einen Moment schockiert in die Menge blicken lässt.
CHAOS MESSERSCHMITT (14:50 Uhr)
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Weiter geht es mit Deutschrock. Allgemein ist dieser zweite Festivaltag stilistisch bunter durchgemischt als der erste. CHAOS MESSERSCHMITT halten ihre Stücke kurz und vor allem musikalisch sowie inhaltlich simpel, was aber Methode hat und beim Publikum nicht schlecht ankommt. Ob man die Coverversion von „Ich geh mit meiner Laterne“ mit dem Text ‚dort oben saufen die Sterne und unten saufen wir […] das Bier ist aus, wir geh’n nach Haus‘ nun gebraucht hätte, ist dem/r Einzelnen überlassen. So konnte man neben dem Metalfestival aber (gefühlt) auch gleich noch das Dorffest der freiwilligen Feuerwehr mitnehmen und hat zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen.
NAILED TO OBSCURITY (16:00 Uhr)
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Nicht nur mit den Stimmungen geht es auf und ab, sondern auch mit dem Wetter. Von Partystimmung und Saufliedern zum melancholischen und äußerst melodischen Death-Doom der Nordlichter NAILED TO OBSCURITY und von einem leichten Nieseln zurück zu Dauerregen und nebelumwaberten Bergen. Wenigstens passt das trübe Wetter aber bestens zur Düsternis der musikalischen Untermalung. Los geht es mit dem Titeltrack des aktuellen Albums „Black Frost“. Der Track baut sich langsam mit Schlagzeug und Bass auf, wobei Basser Carsten Schorn seinen neuen Fünfsaiter einweiht. Die Gitarren werden zunächst sparsam eingesetzt, und Fronter Raimund Ennenga umschmeichelt das Ohr mit seinem ruhigen Klargesang, bevor der Track eine härtere Wendung nimmt und das Set beginnt, die Nackenmuskulatur in Anspruch zu nehmen.
Doch obwohl ein gewisses Headbangpotenzial definitiv gegeben ist, eignen sich NAILED TO OBSCURITY am besten zum Schwelgen und Suhlen in düster-mitreißenden Melodien und Gefühlen der willkommenen Verzweiflung. Mit einer guten Mischung aus ihren bisherigen vier Alben haben NAILED TO OBSCRUTIY ein starkes Set am Start, das jedoch ein jähes Ende nimmt. Gerade ist das instrumentale Finale des letzten Tracks „Desolate Ruin“ angebrochen, da ist mit einem Knall plötzlich der gesamte Bühnenstrom weg. Ein zweiter Anlauf liefert das gleiche Ergebnis. So müssen die Ostfriesen leider vorzeitig einpacken, können aber wenigstens von sich sagen, die Band zu sein, die die Technik kaputtgerockt hat.
KISSIN‘ DYNAMITE (17:15 Uhr)
Galerie mit 21 Bildern: Kissin' Dynamite - Area 53 Festival 2021
Hätte das Set von NAILED TO OBSCURITY nicht durch den plötzlichen Stromausfall geendet und hätten die Jungs ihn nicht mit so viel Humor genommen, wäre der Kontrast der vom Doom zum Glam/Hard Rock steigenden Stimmung noch krasser. Ansagerin Jen Majura leistet einen ersten Beitrag, das Area 53-Publikum auf Partymetal-Niveau zu bringen, die Jungs von KISSIN‘ DYNAMITE tun ihr Übriges und bringen die Zuschauer:innen auf volle Betriebstemperatur. Mit „I’ve Got The Fire“ und „Somebody’s Gotta Do It“ startet das Set gleich mit zwei Tracks, die zwar vom aktuellen Album „Ecstasy“ stammen, sich aber schon längst zu echten Live-Klassikern entwickelt haben.
Doch auch echte Klassiker wie das 2010er „Love Me Hate me“, bei dessen Veröffentlichung KISSIN‘ DYNAMITE noch richtig grün hinter den Ohren waren, statt nur so zu tun, darf auf einer Festival-Setlist natürlich nicht fehlen. Das ebenfalls schon lange etablierte „I Will Be King“ ist ein weiteres Highlight, für das Fronter Johannes Braun seinen Königsumhang auspackt und bei dem die Stimmung auch wegen des mittlerweile wieder trockenen Wetters noch ein bisschen weiter steigt. So wird auch der neue Drummer Sebastian Berg, der seit diesem Jahr den ausgestiegenen Andreas Schnitzer ersetzt, gebührend vom Area 53-Publikum willkommen geheißen.
HÄMATOM (18:35 Uhr)
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Nach einem kurzen, Verwirrung stiftenden Einspieler von EMINEM’s „Without Me“ folgt doch das ‚richtige‘ HÄMATOM-Intro, zu dem die Jungs aus Bayern schließlich die Bühne einnehmen. Trotz weggefallener Maskenpflicht verzichten Gitarrist Ost und Bassist West natürlich nicht auf ihre volle Montur und erscheinen stilecht mit Gesichtsbedeckung. Deutschrock haben wir heute auf dem Area 53 ja bereits gehört, und HÄMATOM ergänzen diesen nun noch mit NDH und dem Potpourri an Stilen, die man ihnen sonst noch gerne so nachsagt. In Kombination mit ihren plakativen Texten, bei denen sich wirklich niemand Sorgen um mögliche Fehlinterpretationen machen muss, bieten sie eingängige und leicht verdauliche Kost, die den Zuschauer:innen sichtlich Spaß macht.
Bereits „Anti Alles“ führt zu durchaus energetischer Publikumspartizipation, die sich noch steigert, nachdem Fronter Nord die rhetorische Frage „könnt ihr euch bewegen?“ stellt und die Menge dazu auffordert, mit dem Arsch zu wackeln. Mit „#FCK CRN“ springt die Band auf den Corona-Train auf und schreit das in die Welt, was sich ohnehin schon alle die letzten eineinhalb Jahre gedacht haben. Dass dies auf fruchtbaren Boden fällt, überrascht daher nicht weiter. Kurz vor Ende gibt es dann noch einen Shoutout für die folgenden Bands SUBWAY TO SALLY und EISBRECHER, bevor HÄMATOM mit „Wir sind Gott“ den letzten Track des Sets raushauen und unter Jubel verabschiedet werden.
SUBWAY TO SALLY (20:05 Uhr)
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Für einen Hingucker zu Beginn ihres Sets sorgen SUBWAY TO SALLY. Diese haben sich nämlich besonders hübsch gemacht und kommen mit reichlich Bling Bling in gold-glitzernden Outfits auf die Bühne. Diese tragen sie jedoch nur zum Opener „Messias“ und legen sie bereits zum nächsten Track „Island“ wieder ab. Schade eigentlich. In ihren regulären Bühnenoutfits geben die Potsdamer:innen aber ein sehr viel vertrauteres Bild ab, auf das das Publikum lang genug hat warten müssen. Für die Band ist es das erste richtige Konzert in 18 Monaten, wie Fronter Eric Fish sichtlich bewegt erzählt. Natürlich müssen da erst recht die Klassiker und größten Hits auf die Bretter gebracht werden. Hierzu gehört ganz klar „Kleid aus Rosen“, bei dem das Publikum a cappella den Refrain alleine singen darf. ‚Whoo, Gänsehaut!‘ kommentiert Eric Fish.
Die Stimmbänder sind aufgewärmt, aber SUBWAY TO SALLY vertreten ein ganzheitlicheres Fitnesskonzept. So wird mit „Falscher Heiland“ ‚einer dieser sogenannten Hüpfsongs‘ angekündigt, und bald darauf wird das Publikum zu „Besser du rennst“ – natürlich – zum Rennen aufgefordert. Und wie rennt man vor der Bühne besser als im Kreis? So läuft bald ein Circle Pit. Gegen Ende gibt es mit „Sieben“ einen weiteren Publikumsliebling. Im Anschluss können sich alle noch mal richtig bei „Tanz auf dem Vulkan“ und dem obligatorischen „Veitstanz“ verausgaben. Dann scheint der Auftritt von SUBWAY TO SALLY ein plötzliches Ende zu nehmen, denn sie verbeugen und verabschieden sich. Das Area 53 hat jedoch Glück, denn mit „Julia und die Räuber“ gibt es noch eine Zugabe obendrauf.
Ein Dankeschön an das Team
Bevor mit EISBRECHER die letzte Band des Area 53 die Bühne betritt, ist es Zeit, den Organisator:innen und der Crew ausgiebig zu danken. Jen Majura bittet zunächst die Initiatoren auf die Bühne, die mit Recht ausgiebig gefeiert werden. Diese holen schließlich ihr Team dazu, das noch mal so viel Applaus erntet. Das gibt es zwar auf so ziemlich jedem Festival, doch so viel wie in diesem Jahr hat es wahrscheinlich bisher noch nie bedeutet. Auch EISBRECHER-Fronter Alexander ‚Alexx‘ Wesselsky wird das Area 53 im Laufe des Abends noch als das einzige Festival in diesem Jahr bezeichnen, dass den Titel verdient hat.
EISBRECHER (21:35 Uhr)
Galerie mit 25 Bildern: Eisbrecher - Area 53 Festival 2021
Es ist also auch ein bisschen traurig, als EISBRECHER dann schließlich ihr Headlinerset starten, denn mit ihrem letzten Song wird auch der letzte Klang des Area 53 verklingen. Dieser Gedanke wird aber erst mal verdrängt, als die Jungs druckvoll in „Verrückt“ starten. Alexx haut sich selbst auf den Hintern und kokettiert mit dem Publikum. Mit seiner Frage „wo sind die Verrückten?“ erntet er tobendes Geschrei. Weiter geht es mit „Phosphor“ und „Antikörper“. Mit Letzterem kennen wir uns ja jetzt alle aus, meint Alexx. Allgemein sind seine Ansagen fast genauso unterhaltsam wie die musikalische Darbietung, denn das Entertainertum hat er schon lange gemeistert. So kündigt er mit einem Seitenhieb auf seine Vorgänger:innen SUBWAY TO SALLY „Kleid aus Rosen“ an und entschuldigt sich umgehend für seinen Fauxpas, denn „Fehler machen Leute“. Auch seinen österreichischen Akzent nimmt man ihm fast ab, aber da könnte auch seine oberbayrische Herkunft behilflich gewesen sein.
Musikalisch stampfen sich EISBRECHER durch ihr Set und ziehen dabei auch jene mit, die mit NDH sonst vielleicht eher weniger anfangen können. Gegen Ende packen sie ihre bekanntesten Stücke aus. Für „Eiszeit“ ziehen sie sich warm an, denn sie haben an ihre Winterjacken gedacht. Zu „Sturmfahrt“ verspricht Alexx: ‚Es ist schnell, es ist hart, es ist laut!‘ Ein Versprechen, das gehalten wird. Bei „Himmel, Arsch und Zwirn“ schreit die Menge der Band den Refrain entgegen, „This Is Deutsch“ mischt auf selbstironische Weise NDH mit NDW, und das obligatorische „Miststück“ ist natürlich auch vertreten. Als letzte kleine Comedy-Einlage macht Alexx den Falco, dann folgt als letztes Stück die Ballade „Herzdieb“. Bei der anschließenden Verabschiedung, die unter rasendem Jubel vonstattengeht, können sich einige Fans dann noch über ein EISBRECHER-Eisbärenstofftier freuen, denn die Jungs zeigen sich spendabel und werfen gleich rund zehn davon in die Menge.
Area 53 – wahrhaft ein Fest(ival)
So geht das erste Festival seit Langem zu Ende, das sich tatsächlich wie ein Festival angefühlt hat. Vor allem den Bands war die Erleichterung anzusehen, wieder vor einem echten Publikum stehen zu können, doch auch die Besucher:innen genossen das Stückchen Normalität in vollen Zügen. Wir freuen uns schon jetzt auf die nächste Runde, denn das Line-up des Area 53 2022 sieht bereits ausgezeichnet aus:
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