Architects
For Those That Wish To Exist - Tour 2023
Konzertbericht
Dienstag, 10.01.2023, Ludwigsburg, MHP-Arena, vier Tage später. Auch wenn man vorab wohl wissentlich einen großen Bogen um die Setlists gemacht hat, so haben bereits nach dem Tourauftakt in Frankfurt (donnerstags zuvor) Gerüchte über ein zweistündiges Set seitens ARCHITECTS und ein paar Beschwerden hinsichtlich einer der Locations und deren Umgang mit den hiesigen Fotografen ihre Runde gemacht.
SLEEP TOKEN
Doch Opener des Abends sind auch heute SLEEP TOKEN, welche bis auf ihren denkwürdigen Auftritt auf dem Euroblast Festival 2019 bisher nicht auf deutschen Bühnen anzutreffen waren. Dass sich das mit dem anstehenden Festival-Sommer, aber auch im Hinblick auf das schier explosionsartige Wachstum des Bekanntheitsgrades dieser Tour ändert wird, erklärt sich von selbst.
Prinzipiell sind den Schilderungen zum Hamburger Auftritt nicht viel hinzuzufügen: Sound, Lichtshow, Roben und Masken passen perfekt zum angestrebten Ambiente, das Publikum grooved mit Vessel und II-IV und sowohl der Sound als auch die Ausführung mit drei Background-Sänger*innen lassen kein Auge trocken. Die Setlist ist mit ihren sechs Titeln identisch zu Hamburg, 30 Minuten Spielzeit sind zu kurz und das Prädikat „Besser als auf Platte!“ steht im Raum, was nicht zuletzt Vessels Darbietung am Mikro, aber auch klar IIs Leistung an den Drums zuzuschreiben ist. Durch die Masken drängt sich nämlich die Frage auf, ob man dieses Ausnahmetalent bereits kennt, oder ob es sich um einen unbekannten, bisher unterschätzten Musiker handelt.
Wie dem auch sei. Bereits ein paar Tage später lässt sich erahnen, welch glückliche (und sicherlich auch taktische) Fügung sich für SLEEP TOKEN mit Beteiligung an dieser Tour auftut und es ist ein Meme mit folgendem Wortlaut im Umlauf, welches die Situation recht gut beschreibt: „If your goals ever feel impossible or out of reach, just remember that SLEEP TOKEN went from 228.000 monthly listeners on Spotify to over 832.000 in 12 days“ (Credits gehen raus an Metal Shell Media). Spotify-Zahlen und YouTube-Views steigen exponentiell und Reddit läuft heiß, was nicht zuletzt den Konzerten selbst, der Reichweite ARCHITECTS und den zeitlich abermals sehr geschickt platzierten Veröffentlichungen der ersten Singles aus dem anstehenden Album zu verdanken ist.
In Fan-Foren sind schon im Vorfeld die mitgebrachten Longsleeves und Shirts zu sehen, tags zuvor in München ist das Merch zeitweise gänzlich ausverkauft (was kurze Panik bei Anwesenden und Schreibenden zur Folge hatte), aber SLEEP TOKEN mögen zwar Newcomer sein, keinesfalls jedoch unbedachte Anfänger, was sowohl am stimmigen Auftritt, live, wie auch auf Social-Media-Kanälen, als auch an der ausgeklügelten Maschinerie dahinter erkennbar ist. Mark my words: Von SLEEP TOKEN ist noch Großes zu erwarten! Worship! (Dauerwerbesendung Ende.)
Galerie mit 25 Bildern: Sleep Token - For Those That Wish To Exist EU Tour 2023 in LudwigsburgNORTHLANE
Wenn es darum geht, die Band zu nennen, die man auf diesem Roaster eventuell vielleicht ein wenig (okay: viel zu sehr!) unterschätzt, dann handelt es sich in diesem Fall ohne Frage um NORTHLANE. I mean: Wer es schafft bereits beim ersten Song (!) des Sets eine Wall of Death auf die Beine zu stellen, der gehört gewürdigt. Insbesondere wenn man bedenkt, dass der Sound auf einmal hundsmiserabel und bis auf Elektro-Geballer kaum etwas zu hören ist, was sich aber glücklicherweise von Song zu Song verbessert.
Aber mehr noch: Wer sogar drei Wall of Deaths bei neun Songs (Setlist gleich wie Hamburg) hervorruft – und das war nicht mal Absicht, das haben die Leute ganz von allein gemacht – und wer das Publikum dazu bekommt lauter mitzusingen als die Chöre vom Band, der gehört gefeiert!
Tatsächlich weiß man ab dem zweiten Song, einem durchgehenden Pit, nicht ganz genau ob der Innenraum der MHP Arena nicht in Wirklichkeit wegen der vier Australier statt ARCHITECTS so prall gefüllt ist. (Spoiler: Ist er nicht!) Es zeigt sich jedenfalls, dass die Mischung an der Band-Front absolut passt: NORTHLANEs in letzter Zeit eher unkonventionell elektronische Ausrichtung passt gut zu ARCHITECTS‘ aktueller Aufmachung und das spürt man definitiv am Treiben vor Ort.
Es fliegen an diesem Abend vielleicht keine Schlüpper gen blau erleuchteter Bühne mit Mega-Schriftzug, aber es fliegen definitiv Pullis. „Echo Chamber“ ist einfach eine riesige Party und der überambitionierte Drummer Nic Pettersen nutzt zeitweise vorbeihuschende Bandmitglieder als Schlagzeug, muss danach allerdings gefühlt erstmal das gesamte Drumkit austauschen.
Fronter Marcus Bridge bringt bis zur letzten Minute Bestleistung und Bewegung an den Start und das Highlight der NORTHLANE-Show ist auf jeden Fall „Clockwork“. Spätestens jetzt die Erkenntnis: „Mist! Welches Merch kauf‘ ich denn jetzt?!?“
Galerie mit 25 Bildern: Northlane - For Those That Wish To Exist EU Tour 2023 in LudwigsburgARCHITECTS
Nun zu ARCHITECTS – der Moment, auf den wir lange gewartet haben. Als die Tour vergangenes Jahr angekündigt wurde, waren ARCHITECTS bereits drei Jahre nicht mehr hierzulande unterwegs. Was soll man denn aber auch noch sagen, was nicht schon gesagt wurde?! Es war ein zweistündiges Set. Z w e i Stunden! Im Vorfeld noch ein bisschen spöttisches „Das kann doch nicht deren Ernst sein?!“ wird zum „Krass, wie schnell zwei Stunden vorbeigehen können!“. Auch die Ankündigung, dass das Set insbesondere viele ältere Raritäten mit sich bringt, macht gespannt auf die Stimmung vor Ort.
Und ARCHITECTS lassen sich nicht lumpen: Schon während die ersten Töne von „Do You Dream Of Armageddon?“ zu vernehmen sind, zeigt sich das schiere Ausmaß des Bühnen-Aufbaus um den musikalischen Auftritt der fünf Briten. Die Lichttechnik schöpft aus den Vollen, der Hintergrund ist durch die Bank ein cineastisches und teilweise düsteres bis dystopisches Erlebnis, welches die 25 (fünfundzwanzig!) Tracks, ein Potpurri der insgesamt 17 Jahre Bandgeschichte ARCHITECTS‘, bewegend untermalt und noch lebendiger werden lässt.
Natürlich geben alle Musiker auf der Bühne alles, aber was Carter da abliefert, ist einfach unglaublich. Was allein die vergangenen Termine mit eben diesem Set der Stimme abverlangen, kann man sich nur ausmalen, zu Beginn hört man das allerdings auch bzw. wundert sich über das verhaltene Nutzen des Publikums für bestimmte Passagen. Aber er wird schnell warm und ihm wird schnell warm. Zu Beginn noch hochgeschlossen ganz in weiß gekleidet, wird zum dritten Song „Modern Misery“ schon das Hemd gelüftet und dann auch ziemlich schnell abgelegt. So wie offensichtlich auch die Nervosität, die Sänger samt restlicher Besatzung laut eigenen Aussagen noch bei jedem einzelnen Konzert mit auf die Bühne tragen.
Carter zeigt sich äußerst redselig, sehr selbstkritisch und erzählt viel über die Vergangenheit, seine Ängste und den Problemen mit mentaler Gesundheit und Einsamkeit. Einsam ist an diesem Abend hoffentlich niemand, zumindest sorgt der Aufruf, sich kurz mal mit unbekannten Menschen zu unterhalten zuerst für ein Bisschen Fremdschämen, lässt nach erfolgreicher Ausführung allerdings ein Lächeln zurück, denn es fühlt sich wirklich kurz an, als wären alle gemeinsam da.
Doch zurück zur Show: „Deep Fake“ startet in und mit roter Beleuchtung, der Saal bebt und man merkt, dass der Sound nochmal um Längen besser als bei SLEEP TOKEN ist. „Meteor“ ist dank Video im Hintergrund ein visuelles Highlight und als dann nach dem zwölften Song eine weitere kleine Ansprache ansteht und der Typ, der ohnehin schon in jeder „Pause“ was dazwischen schreit, wieder laut rumgröhlt, ist dann auch bei Carter mal vorbei und es kommt ein direktes Halt-mal-endlich-die-Fresse von der Bühne, welches lautstark bejubelt wird. Dies alles und ein paar Songs mehr, bevor Deutschland als bestes Land (also für Auftritte!) betitelt wird und „Broken Cross“ in die Vollen geht.
Auch zehn Songs später (ja irgendwie ist es krass, so etwas zu schreiben) ist Carter entweder am Singen oder am Reden, oder er beschwert sich über den immer noch schreienden Typen im Publikum. Ein besonderes Zitat des Abends bleibt allerdings auch hängen: „Everything will be okay in the end. If it’s not okay, it’s not the end.“ Wir geben John Lennon und auch Sam Recht. Das Ganze war definitiv mehr als okay!
Galerie mit 25 Bildern: Architects - For Those That Wish To Exist EU Tour 2023 in LudwigsburgBilder aus Ludwigsburg: Stephanie Lauber, Bericht aus Ludwigsburg: Tamara Deibler
An dieser Stelle sei zuletzt noch angemerkt, dass intern diskutiert wurde – wie auch an anderer Stelle beim METALLICA-Fanlager, als die neue Single herauskam – unsere Begeisterung ein wenig in Zaum zu halten, um nicht den Eindruck zu erwecken eine Person oder die ganze metal.de-Redaktion sei „gekauft“, bestochen oder sonstwie positiv beeinflusst worden.
Aber ganz ehrlich: Wir sind einfach wirklich Fans, okay?! Diese Tour war vielleicht eine der Besten von 2023 (ja, es ist erst Januar…) und das wirklich verdient! Großartige Leistung!
Checkt deshalb auch unbedingt noch die Galerien unserer Kollegin Andrea Friedrich aus Berlin!
SLEEP TOKEN
Galerie mit 30 Bildern: Sleep Token - For Those That Wish To Exist Tour 2023 in BerlinNORTHLANE
Galerie mit 29 Bildern: Northlane - For Those That Wish To Exist Tour 2023 in BerlinARCHITECTS
Galerie mit 38 Bildern: Architects - For Those That Wish To Exist Tour 2023 in BerlinInteressante Alben finden
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