Arch Enemy & Behemoth
The European Siege 2022 - Bericht 2
Konzertbericht
BEHEMOTH entfesseln ihr inneres Ungeheuer
Mit einem in doppeltem Sinne wahnsinnigen Intro zu „Post-God Nirvana“ vor weißer Leinwand beginnt das Set von BEHEMOTH, welches sich danach in „Ora Pro Nobis Lucifer“ und „The Deathless Sun“ entlädt. Der Band im Allgemeinen und Nergal im Speziellen wird ja immer wieder zu viel Tamtam und Brimborium vorgeworfen, aber es passt zur opulenten Musik des polnischen Ausnahmeacts einfach. Außerdem mussten sich schon DIMMU BORGIR mit solchen Argumenten rumschlagen und auch da haben die Konzerte immer alles abgerissen.
BEHEMOTH leben auch auf der „European Siege“-Tour von der Theatralik, den verschiedenen Bühnenoutfits und Requisiten, aber in erster Linie vom besten Sound des heutigen Abends und dem großartigen Songmaterial. Klar, auch wenn die Headliner 70 Minuten zur Verfügung gestellt bekommen haben, wer solch eine reichhaltige Diskografie vorweisen kann, der muss Abstriche machen. „Opvs Contra Natvram“ bekommt drei Auftritte spendiert, „The Satanist“ ist zwei Mal vertreten aber auch älteres Material hat sich in die Setlist geschlichen.
Eines der Highlights im Set ist sicherlich „Conquer All“ vom „Demigod“-Album, welches frenetisch abgefeiert wird. Doch auch „No Sympathy For Fools“ und das abschließende „Chant For Eschaton 2000“ werden komplett abgefeiert. Sympathisch sind auch Nergals Ansagen, die erfrischend untrue daher kommen und zeigen, dass trotz der ganzen Schminke und Masken dahinter immer noch sympathische Musiker stecken.
BEHEMOTH müssen sich an diesem Abend nichts anhören, die Show ist nahezu perfekt. Persönliche Makel wären noch die etwas geringe Berücksichtigung von „I Loved You At Your Darkest“, da hätte ruhig noch „Wolves Ov Siberia“ oder „God = Dog“ kommen dürfen, alternativ dazu ein schöner alter Klassiker wie „As Above So Below“ oder „Christians To The Lions“. Dass „Slaves Shall Serve“ fehlte, macht nichts, der Song wurde nun wirklich oft genug dargeboten.
Galerie mit 16 Bildern: Behemoth - European Siege Tour 2022 in DüsseldorfARCH ENEMY gehen im Anschluss reduzierter zu Werke
Im Gegensatz zu BEHEMOTH lassen ARCH ENEMY nach dem stimmungsvollen Intro hauptsächlich die Musik sprechen. Vor einem passenden „Deceivers“-Backdrop zeigt die Band um Michael Amott und Frontfrau Alissa White-Gluz ihr ganzes Können. Die Setlist fokussiert sich hier am stärksten auf das neue Album, ganze sechs von 14 Songs stammen daraus. Das bedeutet natürlich, dass einige ältere Alben (alles vor „Wages Of Sin“, „Rise Of The Tyrant“ und „Khaos Legions“) gar nicht zum Zuge kommen, aber alles Wichtige wird natürlich präsentiert, von „We Will Rise“, das eigentlich ein Muss ist, mal abgesehen.
In Anbetracht der Tatsache, dass beide Bands Headlinerstatus haben, wäre es vielleicht aber angebracht, die Positionen zu tauschen. ARCH ENEMY sind qualitativ sicherlich genau so gut wie BEHEMOTH, auch wenn der Sound etwas weniger gut ist als bei ihren Vorgängern, aber nach solch einer umwerfenden Show, wie sie die Polen geliefert haben, wirkt die Performance der Erzfeinde etwas zu routiniert, failsafe und angepasst.
Ja, White-Gluz springt und schreit sich immer noch die Seele aus dem Leibe, Jeff Loomis und seine Kollegen spielen diverse göttliche Soli, gerade vor und nach dem Rausschmeißer „Nemesis“, die musikalische Qualität an dem Abend ist generell überdurchschnittlich, aber der letzte Funke, den BEHEMOTH entzündet haben, der will bei ARCH ENEMY nur noch bedingt überspringen. Trotzdem spielt die Melodic-Death-Metal-Band an diesem Abend vieles in seinem Bereich gegen die Wand und zeigt, warum sie so hoch angesehen ist. Das spiegelt sich auch im Publikum wieder, der Shirt-Anteil bei den Fans ist bei ARCH ENEMY eindeutig der höchste.
Punkt 23 Uhr verabschiedet sich die Band dann von ihren Fans und diese können nach guten fünf Stunden feinstem Musikgenuss mehr als befriedigt in die Nacht gelassen werden. Die einzige Anmerkung ist, dass eine Band weniger und dafür 85 Minuten statt 70 bei den beiden Headlinern vielleicht noch besser angekommen wären.
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