Anthelion
Live in Nanjing
Konzertbericht
Als es nach der Schminkpause gegen neun Uhr losgeht, haben sich ungefähr 40 zahlende Gäste in die Castle Bar verirrt. Bei acht Millionen Einwohnern ein beredtes Zeugnis für den Status metallischer Töne in China. Finanziell lohnen kann sich der Spass für ANTHELION jedenfalls kaum, auch wenn Reisen hierzulande nicht besonders teuer ist. Nun ja, vielleicht wollten die Jungs nur mal die alte Hauptstadt ihres Landes besuchen. Wie dem auch sei, sowohl Band als auch (das ziemlich „unmetallisch“ aussehende) Publikum sind von Beginn an gut dabei. Ohne große Aufwärmphase werden in der ersten Reihe (von den Damen beherrscht!) munter die Köpfe geschwungen. ANTHELION erweisen sich als absolut tighte Liveformation, und auch ihre Musik ist nicht so schlimm, wie die Sympho-BM-Schublade befürchten lässt. Massive Keyboardwände bietet man eher weniger, stattdessen gibt es kammermusikalischen Zuckerguss auf einem relativ ansprechenden Fundament aus Thrash, MeloDeath und sogar ein bisschen Black Metal. Fast möchte ich der Band nahelegen, sich von ihren COF-Fesseln zu lösen. Zumindest mir würde das Ganze in puristischerer Form besser munden, liesse dies doch der ziemlich kompetenten Gitarre mehr Raum. Aber egal, die Band spielt, was sie will, und auch mit den Extrazutaten sind ANTHELION gar nicht so übel.
Nach nur 50 Minuten ist bereits Feierabend, und angesichts jeder Menge Alberei auf der Bühne muss sich das Publikum mit ca. 35-40 Minuten Musik zufrieden geben. Daran hat sich aber (außer mir) niemand gestört, also muss man wohl davon ausgehen, dass das hier so Usus ist. Normal ist wohl auch, dass die Band bald nach dem Gig für Fotos mit ihren Fans posiert und CDs signiert. Immerhin passt das dazu, dass die Truppe während des Auftritts das Publikum zu Mitbrüllen animieren wollte, und zwar die ganze Band, das Mikrofon wurde rumgereicht, so dass jeder mal anfeuern konnte. Ist das Rockstargehabe? Oder gehört das hier mit zur Show, selbst bei eher dürftigen Besucherzahlen? Nun ja, Publikumsnähe und gute Laune sind ja eigentlich Tugenden und sollten vor allen Dingen nicht davon abhängen, ob 20 oder 200 Leute gekommen sind.
Unterm Strich ein musikalisch ganz passabler Abend, als Einführung in die chinesische Metalkultur aber ungleich interessanter.
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