Amon Amarth
Deceiver Of The Gods Tour 2013
Konzertbericht
AMON AMARTH sind ja dieser Tage ein ziemliches Phänomen. Sie kriegen problemlos jede noch so große Halle voll und auf Festivals nahezu alle Besucher vor die Bühne. Solcher Erfolg kommt trotz Hymnen auf nordische Gottheiten nicht vom Himmel gefallen, die Jungs touren unermüdlich – ab Mitte Januar beehren sie die USA und Lateinamerika zusammen mit ENSLAVED -, und sie haben mit „Deceiver Of The Gods“ im vergangenen Juni ihr bereits neuntes Studioalbum rausgehauen. Und damit sie während der langen Stunden im Tourbus in guter Gesellschaft sind, haben sie diesen November/Dezember noch zwei Kapellen auf die „Deceiver Of The Gods“-Runde durch halb Europa mitgenommen: Allsda wären HELL aus Großbrittanien und ihre schon fast totgeglaubten, aber wie sich zeigen soll immer noch quicklebendigen Landsmänner von CARCASS. Die recht neue Arena in Ludwigsburg stellt sich an diesem Abend als passende Location heraus, ist sie doch recht gut gefüllt, aber nicht zu voll, so dass man sowohl vor der Bühne als auch auf den Rängen immer noch einen guten Platz findet.
HELL
Recht pünktlich um halb acht an diesem kalten und regnerischen Novemberabend entern HELL aus Nottingham die mit düsterem Rot ausgeleuchtete und mit Teufelsfratzen auf Bannern dekorierte Arena-Bühne und eröffnen den Reigen vor noch etwas spärlich besetzter Halle. Mit Gehrock und einer Dornenkrone aus Metall ausgestattet schreitet Fronter David Bower vor sein Publikum, welches er problemlos von der ersten Minute an in den Griff bekommt. HELL gibt es ja schon eine halbe Ewigkeit, – seit 1982, um genau zu sein -, und nach ersten eher dramatischen Jahren und einer langen Pause dazwischen ist die Band nun mit größtenteils neuer Besetzung seit Ende des letzten Jahrzehnts wieder aktiv; besonders 2011 erwies sich als ein Volltreffer in Sachen Erfolg für die Briten. Das Ende letzten Jahres veröffentlichte Studioalbum „Curse And Chapter“ sowie die Tour mit AMON AMARTH und CARCASS künden unmissverständlich davon, dass HELL auch dieser Tage immer noch sehr lebendig sind.
Galerie mit 26 Bildern: Hell - Deceiver Of The Gods Tour 2013Auf der Bühne bietet sich ein entsprechendes Bild, und der dort zündende Funke überträgt sich nach und nach auf das immer zahlreicher vor die Bühne pilgernde Publikum. Bower ist eindeutiger Mittelpunkt des Geschehens, seine Posen und seine Mimik haben etwas sehr Theatralisches, er heizt sein Publikum an, wirbelt über die Bühne, und sucht sogar die unmittelbare Fannähe im Photograben. Unterstützt durch die meist in Rot gehaltene Beleuchtung entfaltet der progressive, verschiedene Genres streifende Heavy Metal der Formation seine ganz eigene Wirkung. Und noch mehr Theater, als der Fronter plötzlich mit nacktem Oberkörper und einer Peitsche aufkreuzt und damit beginnt, sich zu geißeln. Hell sind sicher nicht jedermann Sache, aber ihren Job liefern sie an diesem Abend tadellos ab.
CARCASS
Nun naht das erste Highlight des Abends. CARCASS, von denen lange Zeit niemand mehr erwartet hatte, sie je wieder zusammen und live auf der Bühne zu sehen, sind tatsächlich wieder zurück. Eine gewisse erwartungsvolle Vorfreude läßt sich da absolut nicht abstreiten, wenn auch gemischt mit in solchen Momenten ja gern mal aufkommenden Befürchtungen, dass es doch eher enttäuschend wird. Im Hintergrund der Arena-Bühne prangt das Cover ihres aktuellen, im vergangenen September über Nuclear Blast veröffentlichten „Surgical Steel“-Langspielers – eine hübsch säuberlich arrangierte Ansammlung von chirurgischen Instrumenten, die die Truppe zusammen mit dem was sie anzurichten vermögen ganz gerne mal sehr bildhaft in ihren Texten schildert. Und da stehen sie dann leibhaftig und geniessen den stürmischen Empfang der Fans, ein schon etwas älter gewordener Jeff Walker hinter dem Mikro, und Bill Steer als einzig verbliebenes Gründungsmitglied, der irgendwie immer noch so aussieht wie vor zwanzig Jahren.
Galerie mit 30 Bildern: Carcass - Deceiver Of The Gods Tour 2013Mit „Buried Dreams“ wird eröffnet, und vom ersten Moment an wird klar, dass jegliche Befürchtungen unnötig waren, denn CARCASS haben es immer noch drauf. Ein Song nach dem anderen werden derart energiegeladen runtergezockt dass es eine wahre Freude ist. Die Bühnenshow kommt bodenständig und ohne Schickschnack daher, aber den brauchen die Jungs auch gar nicht, denn ihr Death/Grind haut schön ordentlich in die Magengrube und lockt auch die letzten Versprengten noch vor die Bühne. Erwartungsgemäß verlässt sich die Formation eher auf altes Material, was natürlich auf die angenommene Begeisterung stößt; an aktuellen Stücken kommen nur das eher melodische „Unfit For Human Consumption“ und „Cadaver Pouch Conveyor System“ zu Gehör. Erfreulicherweise greift die Band ganz tief in der Bandhistorie zurück und erntet mit „Genital Grinder“, dem wunderbar heftigen „Exhume To Consume“ und „Corporal Jigsore Quandary“ aus weniger glattgebügelten Zeiten jede Menge Zuspruch. Beendet wird das äußert gelungene Set mit dem schnell dahingallopierenden „Captive Bolt Pistol“ sowie „Heartwork“, und auch wenn die neuen Sachen von CARCASS sicher nicht jeden altgedienten Fan begeistern, so sind die Liverpooler mit ihrem alten Material im Gepäck live doch immer noch eine sehr sichere Bank. Bleibt zu hoffen, dass sie noch ein Weilchen von den Toten auferstanden bleiben.
AMON AMARTH
Das Publikum ist bestens angeheizt, die Arena ist inzwischen gut gefüllt, wenn auch nicht randvoll, und eine enorme Menge an AMON AMARTH-T-Shirts kündigt den Höhepunkt des Abends an. Im Bühnenhintergrund das übergroße, wieder einmal von Thom Thiel entworfene Cover des aktuellen, seit vergangenem Juni in den Läden stehenden Albums. Und dann stürmen sie auf die Bühne, Johan Hegg und seine Band stecken einmal mehr auch noch den letzten Zuschauer in der Arena mit ihrer unglaublich gut gelaunten Energie an – und das ab den ersten Minuten ihres Auftritts. Der Tanz beginnt mit dem neuen Stück „Father Of The Wolf“, zu dem demnächst, genauer gesagt zum US-Tour-Start, ein aufwendig produziertes Video veröffentlicht werden soll. Wie nicht anders zu erwarten, hat der sympathische Fronter die Meute vor der Bühne sofort im Griff, und jeder Song, ob neu oder schon altbekannt, wird gnadenlos abgefeiert.
Galerie mit 27 Bildern: Amon Amarth - Deceiver Of The Gods Tour 2013Im Gegensatz zu CARCASS schöpfen die Schweden einen guten Teil ihres Sets aus dem brandneuen Material, neben dem Titeltrack „Deceiver Of The Gods“, der gleich an zweiter Stelle zu Gehör kommt, gibt es noch „As Loke Falls“, „We Shall Destroy“ sowie „Warriors Of The North“. Dazwischen mit „Runes To My Memory“, und vor allem zum Ende des Sets hin, verläßt man sich dann aber zur Freude von so manch eingefleischten Fans doch auf Altbewährtes, und „War Of the Gods“ beendet das reguläre Set. AMON AMARTH geizen ja bekanntlich nicht mit opulenten Bühnenshows, diesmal gibt es nebst fettem Aufbau im Hintergrund der Bühne auch noch amtliche Dampf-/Rauchfontänen, die die Death-Hymnen der Nordmänner an passender Stelle unterstreichen. Hat man schon Bombastischeres gesehen, aber was soll’s, die Truppe hat zu keinem Zeitpunkt das Problem, das Feuer am Laufen zu halten. Das großartige Bühnenlicht und ein erträglicher Sound tun ihr Übriges, so dass die Zugabe aus dem unvermeidlichen „Twilight Of The Thunder God“ und „The Pursuit Of The Vikings“ einen Hammerauftritt abrunden, dem man gerne noch ein Weilchen länger beigewohnt hätte.
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