Alice In Chains
Live in Hamburg 2019
Konzertbericht
Wirklich nur zwei Mal? In ganzen 32 Jahren? Will man setlist.fm Glauben schenken, haben es ALICE IN CHAINS tatsächlich nur 1993 und 2009 im Rahmen einer Tour nach Hamburg geschafft. Der Besuch bei den Nordlichtern am 04.06.2019 ist also längst mehr als überfällig und der Auftritt auf der Freilichtbühne am Stadtpark neben den Festivalgigs am ROCK AM RING und ROCK IM PARK als exklusives Einzelkonzert in Deutschland gedacht. Ein “Sei der Star, mach dich rar”-Umstand, die stimmungsvolle Amphitheater-Atmosphäre der Location, sonniges Biertrinkwetter bei schwülwarmen Temperaturen, dazu das hochgelobte aktuelle Album “Rainier Fog” im Gepäck – eigentlich perfekte Voraussetzungen für entspanntes Schwelgen in nostalgischen Grunge-Gefilden,…
Text: Peter Mildner
Fotos: Toni B. Gunner (Mondkringel Photography)
Lärmschutz lässt BRMC zu Hintergrundmusik verkommen
Galerie mit 9 Bildern: Black Rebel Motorcycle Club - Live in Hamburg 2019…wenn da nicht der Klotz am Bein wäre, mit dem jede lauter gepolte Band am Stadtpark klar kommen muss. Lärmschutzbestimmungen lassen an SPINAL TAP-artiges “These go to 11” nicht einmal im Entferntesten denken, was schon BLACK REBEL MOTORCYCLE CLUB schmerzhaft zu spüren bekommen. Als wären der um 15 Minuten verfrühte Beginn (und der bis dahin nicht mal halbvolle Bühnenvorplatz) für eine Vorband nicht schon Strafe genug, sind die Kalifornier über die gesamte Spielzeit kaum vernehmbar. Was umso schwerer wiegt, als dass sie musikalisch eh schon ein paar Härtestufen unter ALICE IN CHAINS angesiedelt sind. Statt als Anheizer Stimmung zu entfachen, werden BLACK REBEL MOTORCYCLE CLUB als seeehr seichte Hintergrundmusik zur akustischen Akklimatisierung quasi verheizt – die langsam aber sicher zur endgültigen Größe anschwellende Besuchermenge labt sich eher an Bier und Gespräch statt dem Treiben auf der Bühne Gehör zu schenken.
Setlist BLACK REBEL MOTORCYCLE CLUB:
Red Eyes And Tears
King Of Bones
Ain’t No Easy Way
Beat The Devil’s Tattoo
Berlin
Shade Of Blue
In Like The Rose
Shuffle Your Feet
Stop
Spread Your Love
ALICE IN CHAINS leise aber mitreißend wie eh und je
Galerie mit 16 Bildern: Alice In Chains - Live in Hamburg 2019ALICE IN CHAINS genießen dagegen natürlich die volle Aufmerksamkeit, weswegen es auch nicht mal bis zum dritten Song dauert, da das Publikum “Lauter”-Sprechchöre gen FOH fleht. Fronter William DuVall sieht sich gar genötigt, mit “It doesn’t get any louder” Worte der Entschuldigung und schulterzuckende Gesten der Verständnis ans Publikum ob der zwar nicht mauen aber auch nicht überwältigenden Reaktionen zu richten, gleichzeitig augenzwinkernd mit der Aufforderung kandiert, dies hier sei ja “kein Rock’n’Roll-Picknick”, auch wenn es auf Gras stattfindet. Leider sind all diese Beschwörungen der Jungs und Mädels am FOH zumindest in der ersten Konzerthälfte vergebliche Liebesmüh und die Songs so dermaßen in dulligen Wattesound gepackt, dass vornehmlich die jüngere Generation die Action im Pit übernehmen muss (kudos an dieser Stelle an den Camouflage-bekleideten Jung-Metaller, dessen Nacken so gar nicht stillstehen will).
Was nicht heissen soll, dass das vornehmlich sich in der zweiten Lebenshälfte befindliche Publikum gar keinen Spaß hat. Den wabernden Düften nach zu urteilen katapultieren sich wohl so einige mit Kräuterunterstützung zurück in die 90er, als noch Layne Staley unvergleichlich “Down In A Hole” raunte und Jerry Cantrell das schwarz-rote Flanellhemd kaufte, das er heute auf der Bühne trägt. Jenes Schwelgen in Erinnerungen hat auch seinen guten Grund, denn dass die Chose nicht zu einem Tanztee für Gehörlose mutiert, liegt, nun ja, an ALICE IN CHAINS selbst. Staley wäre wohl stolz auf die Reinkarnation seiner Band, die mit DuVall als Fronter auch live den schwermütigen, melodischen, metallischen Grunge hervorragend transportieren, über dem der Harmoniegesang zwischen DuVall und Cantrell wie ein riesiges Vermächtnis Staleys schwebt. Sofern vernehmbar, bringen ALICE IN CHAINS heute ihre ganze 30-jährige Erfahrung auf die Bühne und geben tatsächlich Songs aus der gesamten Studiodiskographie zum Besten. Mit sechs Stücken kommt “Dirt” natürlich der Löwenanteil zu und auch wenn das unvermeidliche “Would?” überraschenderweise mit einem viel zu präsenten Basssound in den Sand gesetzt wird, sind es doch diese Hymnen des ersten Albums, die immer noch am stärksten resonieren und den Wunsch nach einer überdachten ALICE IN CHAINS-Show in Hamburg nähren. Im besten Fall nicht erst wieder nach knapp zehn Jahren.
Setlist ALICE IN CHAINS:
Bleed The Freak
Check My Brain
Again
Never Fade
Them Bones
Dam That River
Hollow
Your Decision
Rainier Fog
Down In A Hole
No Excuses
Stone
Sludge Factory
We Die Young
Nutshell
Angry Chair
Man In The Box
Zugabe:
The One You Know
Got Me Wrong
Would?
Rooster
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