Alcest
live im Haus 11, Stuttgart und in der Werkstatt Köln
Konzertbericht
ALCEST, Stuttgart
Die Umbaupause für ALCEST zog sich etwas in die Länge, so dass der ohnehin schon geplatzte Zeitplan weiter in Verzug geriet. Statt um 23.00 Uhr betraten die Franzosen mit 40 Minuten Verspätung die Bühne, aber wen störte das schon, schließlich war Freitagabend. Leider hatten doch schon einige Leute das Haus 11 verlassen, hatten wohl noch was anderes vor, elendige Ignoranten!
Es fällt mir tatsächlich recht schwer, das in Worte zu fassen, was ich nun erleben durfte. ALCEST bauten faszinierend intensive, mystisch geheimnisvolle Klanglandschaften auf, welche in erster Linie von den famosen Gitarrenläufen leben. Die Franzosen besitzen auch Live ein Gespür für feine, zerbrechliche, wahnsinnig tiefgehende Melodien, so dass es nicht schwer fällt, vollends in die atmosphärischen, schwelgerischen Prog/Post-Black-Metal-Sphären einzutauchen. Die in schummrigen Blau ausgeleuchtete Bühne bot den passenden visuellen Rahmen, die Band um Multiinstrumentalist Neige konzentrierte sich vollends auf ein präzises, detailgetreues Spielen der Stücke, keine Ablenkung also von der besinnlichen, fast schon meditativ dargebotenen Musik. Die Franzosen schafften es perfekt, die melancholischen Emotionen und Stimmungen ihrer überlangen Lieder auf die Bühne zu transportieren. Ein betörend verzaubernder Trip, nach dem letzten Stück fühlte ich mich wie von einem reinigenden Traum erwacht. Grandios! (Markus Endres)
ALCEST, Köln
Mit ALCEST und ihrem Shoegaze-beeinflussten Post Black Metal folgte dann der heimliche Headliner des Abends, denn so brechend voll wie bei den Franzosen sollte es später nicht mehr werden. Auch die Gespräche, die man aufschnappte, zeigten, dass viele gekommen waren, um die Band aus Bagnols-sur-Cèze zu erleben. Sänger und Gitarrist Neige war mit seiner Pfauenfederkette der Blickfang einer beinahe schüchtern wirkenden, zumindest wenig mit dem Publikum kommunizierenden Band, die bis auf „Percées De Lumière“ ausschließlich auf ihre ruhigen – das meint hier ohne schwarzmetallischen Kreischgesang auskommenden – Stücke setze und dabei eine intensive Atmosphäre erschaffte. Nichtsdestotrotz hätte ein weiteres härteres Stück bei gut einer Stunde Spielzeit sicherlich nicht geschadet.
Mit „Summer’s Glory“ präsentierten ALCEST übrigens auch ein ganz neues Stück von bereits aufgenommenen kommenden Album, das dem ersten Eindruck nach nahtlos am umjubelten Zweitwerk „Écailles De Lune“ aus dem letzten Jahr anschließt. (Christoph Meul)
Setlist ALCEST:
- Printemps Émeraude
- Les Iris
- Summer’s Glory
- Écailles De Lune (Part I)
- Le Secret
- Solar Song
- Percées De Lumière
- Souvenirs D’un Autre Monde
DORNENREICH, Köln
Als mit DORNENREICH der nominelle Headliner des Abends die Bühne betrat, hatte sich die Werkstatt bereits deutlich geleert, war jetzt vielleicht noch gut halbvoll. Mit Gitarre, Violine und Schlagzeug intonierte das Trio um Jochen „Eviga“ Stock auch ältere Stücke wie „Leben lechzend Herzgeflüster“ vom Zweitwerk „Bitter ist’s dem Tod zu dienen“ oder „Schwarz schaut tiefsten Lichterglanz“ vom Nachfolger „Her von welken Nächten“. Mit die positivsten Resonanzen hatte jedoch die „Die Jagd“ vom akustischen 2008er Album „In Luft geritzt“ in der metallischen Version zu verzeichnen. Schade, dass die Österreicher nicht mal ein gutes, altes Stück wie „Hasses Freigang“ ausgepackt haben.
Für die meisten Freunde des atmosphärischen, auch mal über den Tellerrand hinausschauenden Black Metal wird sich das Viererpaket gelohnt haben: FARSOT waren ein guter, engagierter Opener, während die Publikumslieblinge URFAUST und ALCEST – die Franzosen waren mit ihrer sehr stimmungsvollen Darbietung die sehenswerteste der vier Bands – deutlich mehr Zuspruch als der eigentliche Headliner bekamen. Doch auch die von vielen Besuchern verschmähten DORNENREICH boten keinesfalls einen schlechten Auftritt. Bleibt nur zu hoffen, dass der Trend hin zu immer vollgequetschteren Lokalitäten demnächst einmal ein Ende hat. (Christoph Meul)
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