Zeal & Ardor
"Es ist immer noch ein Spielen, ein Versuchen."

Interview

Ein krasser Song für mich war vor allem „Götterdämmerung“. Das reinste Black-Metal-Rumpelstilzchen trifft auf den souligen Klargesang. Die Kombi hatten ZEAL & ARDOR schon immer, aber hier ist es auf die Spitze getrieben. Es klingt fast, als hättest du versucht, ein Black-Metal-Klischee hinzustellen.

Manuel: Mir ging es da einfach darum, das zu destillieren, was wir machen. Wenn wir schon ins Extrem gehen, dann dürfen wir auch bis zum Ende diesen Korridor verfolgen. Metal generell ist ja so knapp an ulkig vorbei. Und sobald jemand schreit, dass der Kaiser gar keine Kleiner anhat, dann ist er nackt. Das kann man natürlich mit Angst ansehen oder es auch zelebrieren. Und ich hab‘ mich für das Zweite entschieden.

Ich würde dann gerne noch kurz über die EP „Wake Of A Nation“ sprechen, die ihr Ende 2020 veröffentlicht habt. Dort habt ihr eine ganz klare, sehr wichtige Botschaft. Musikalisch hört man, finde ich, schon dort die Entwicklung Richtung „Zeal & Ardor“. Ursprünglich war auch geplant, dass die damals entstandenen Songs später auf einem Album erscheinen sollten, oder?

Manuel: Genau, es war eigentlich als Teil dieses Albums geplant, aber bei dem, was zu der Zeit alles an traurigen Ereignissen geschehen ist, war es dringend, das herauszubringen. Mir war es auch ein Anliegen, aus so einer Situation kein Kapital zu schlagen. Deshalb haben wir uns auch entschieden, keine Presse dazu zu machen oder 18 verschiedene Vinylversionen rauszubringen. Ich mag es lieber, ein bisschen obskur und indirekt zu schreiben, aber habe gemerkt, dass man das mit so arg politischen Sachen vielleicht nicht machen sollte.

Bestätigt hat das jetzt ein Blick auf unsere Kommentarspalte auf Youtube, wo Leute irgendwie überrascht sind, dass wir in solchen Sachen Farbe bekennen. Ich gehe aber mal davon aus, dass das die Ausnahme ist. Trotzdem war es mir wichtig, direkt darüber zu sprechen. Ich hatte auch Panikattacken während dieser Zeit, weil ich mich so um meine Familie in den Staaten gesorgt habe. Man wusste halt nicht, ob das da drüben jetzt tatsächlich kippt und ob die dann OK sind, in dieser Einöde der USA. Deshalb haben wir die EP isoliert und diese Songs in diesem Kontext rausgebracht.

Konzertfoto von Zeal & Ardor - Full Force Festival 2019

Zeal & Ardor – Full Force Festival 2019

Kommen wir noch mal darauf zurück, dass die Fans sich ihre eigene Bedeutung in den Songs suchen sollen. Du bekommst sicher auch viel Feedback von Fans dazu, was ihnen die Musik persönlich bedeutet. Welche krassen oder berührenden Dinge spielen die Fans euch zurück?

Manuel: In den Staaten haben wir zum Beispiel auch sehr viele Schwarze, die unsere Konzerte besuchen. Einerseits sind sie froh, in irgendeiner Form Repräsentation in diesem Genre zu bekommen. Wir sind natürlich nicht die Einzigen, aber das ist eine Komponente. Das andere ist die Inkorporation von unserer Musik, von ihrer Musik in diesem Genre. Dann gibt es auch Geschichten von Leuten, die sagen, ‚ich hatte so eine dunkle Zeit‘ oder bei denen wichtige Menschen gestorben sind und denen die Musik durch die schwere Zeit geholfen hat.

Und das meine ich, wenn ich sage, die Leute sollen ihre eigene Bedeutung suchen. Wenn ich jetzt diktiere, welcher Song welche Bedeutung hat, dann habe ich das Gefühl, dass ich für die das Fenster, Bezug zu einem Song zu bekommen, schließe oder kleiner mache. Denn in dem Moment ist das nicht mein Song, und ich habe ihn auch nicht geschrieben, weil jemand in meinem Umfeld gestorben ist, aber es sollte trotzdem diese Bedeutung haben können.

Was steht als Nächstes bei dir an? Planen ist ja gerade etwas schwierig.

Manuel: Zurzeit schreibe ich an Musik, nicht für ZEAL & ARDOR, sondern für ein anderes Projekt. Aber wir gedenken, mit MESHUGGAH auf Tour zu gehen, im Mai und Juni, und spielen dann auch ein paar Festivals, wie das FULL FORCE. Sofern das über die Bühne gehen sollte, natürlich.

Hast du von deiner Seite noch etwas loszuwerden?

Manuel: Ich hab‘ was. Ich war vorhin auf metal.de und habe eines meiner Lieblingsalben gesucht. Und es war tatsächlich eines mit neun Punkten, und das hat mein Herz erwärmt.

Und welches war das?

Manuel: Es war GOLEM mit „Dreamweaver“.

Dann haben wir ja zumindest schon mal den richtigen Musikgeschmack.

Manuel: Total, das hat es jetzt bewiesen [lacht].

Vielen Dank für das Interview!

Manuel: Vielen Dank!

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Quelle: Manuel Gagneux, Zeal & Ardor
04.02.2022

headbanging herbivore with a camera

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1 Kommentar zu Zeal & Ardor - "Es ist immer noch ein Spielen, ein Versuchen."

  1. GDoe sagt:

    Ein sehr schönes Interview, es macht Spaß, das zu lesen! 🙂