Yendri
Yendri

Interview

Eine zu Energieträgern verkommene Menschheit in einer von Computern dominierten Welt – so gestaltet sich grob die futuristische Vision, die Yendri auch auf dem neuen Album, mit dem wenig beschönigenden Titel, "Breakdown of reality" thematisiert. Die Elektronik war auch in diesem Fall Mittel der Kommunikation, um über das weltweite Datennetz elektronische Post nach Hamburg zu senden.

Yendri„Breakdown of reality“ ist der Titel des neuen Albums. Wie stellt sich denn für Dich die Realität dar ? Wie kann man denn feststellen, was überhaupt real ist und ob wir nicht einer Illusion unterliegen ?

Realität und Illusion sind oft so eng beisammen, dass der Unterschied manchmal nur schwer auszumachen ist. Jeder, der mal einen „verschachtelten Traum“ hatte und etwa 5 mal aufwachen musste, um „wirklich“ wach zu werden, weiß das. Filme wie „The Matrix“ oder „Brasil“ schaffen es wunderbar, die Realität in Frage zu stellen. Wenn man sich aber diesen Planeten mit all den Verrücktheiten so aus der Distanz betrachtet, kann man generell an jeglicher Realität zweifeln…

Welchen Ursprung hat der Name Yendri ?

Den Namen hab ich mir ausgedacht, eine reine Wortschöpfung.

Ein Spiel auf Deiner Homepage, namens SaYas zu finden, fand ich ungewöhnlich. Wie kamst es zu dieser Idee ?

Eine ähnliche Variante habe ich vorher auf einem Unix-System gesehen, und nachdem ich sehr schnell süchtig danach war, habe beschlossen, das Spiel selber in Javascript nachzuprogrammieren, ganz einfach weil ich es auch unter nicht-Unix Systemen selber spielen wollte. Dann habe ich noch einige Features eingebaut, wie Highscores, etc… und es auf meine Homepage gesetzt, damit auch meine Homepagebesucher ihren Spaß an dem Spiel haben können.

Du scheinst Dich künstlerisch nicht nur auf dem musikalischen Sektor zu bewegen, sondern Fotografierst und malst Bilder. Worin liegen für Dich die Unterschiede, Vorteile der einzelnen Ausdrucksformen ?

Für mich selber ist es immer etwas schwierig, die Unterschiede so genau zu erkennen, ich mache es einfach. Sicher sind alles Mittel, um Stimmungen zu erzeugen, Botschaften zu vermitteln, etc… Mit den Photos ist es so, dass ich in meiner Umwelt oft Dinge sehe – eigentlich aber noch etwas anderes „in“ ihnen sehe, das mir etwas bedeutet – und photographiere sie so, dass ich versuche das zu betonen, was ich darin gesehen habe. So ähnlich ist das mit der Musik und der Malerei, nur das es in dem Fall Dinge aus meiner Gedankenwelt sind, die in einer bestimmten Weise eine besondere Bedeutung haben und entsprechend umgesetzt werden. Ich brauche für mich eigentlich alle Ausdrucksarten, und alle gehören auch irgendwie zusammen.

Auf Deiner Homepage war folgender Satz zu finden : „Maybe there will be a relaunch in some weeks … but who the hell cares ?! … or I’ll shut it down, I don’t know …“. Hilfen Dir die Malerei und das Komponieren von Musik emotionale Schwankungen besser zu verarbeiten ?

Ja, schon. Für mich sind Musik und Malerei so essentiell wie essen und trinken, da ist das kein Wunder. Der Satz drückt eher meine Unlust auf den statischen Zustand meiner Homepage aus, ich habe oft neue Ideen für eine Neugestaltung, habe aber bisher nicht die Zeit gefunden, diese Ideen umzusetzen. Ich habe immer das Bedürfnis, dass sich dort öfter etwas tut, daher der etwas frustrierte Unterton.

Kann Dir denn die „Schwarze Szene“ im Fall eines emotionalen Tiefs Rückhalt bieten ? Fühlst Du Dich dort geborgen ?

Ich habe einige gute Freunde, die mehr oder weniger in der Szene sind, bei denen ich mich geborgen fühle, auch wenn ich mich selber nicht als Szenegänger beschreiben würde, irgendwie bin ich da meine eigene Szene. Oft ziehe ich mich aber auch zurück und bin alleine, wenn es mir emotional schlecht geht.

Könntest Du bitte das Konzept einer computerbeherrschten Welt, das Deinen Texten zugrunde liegt, ein wenig erläutern ?

Es ist teilweise die Welt, in der wir sowieso schon leben. Wir alle sind fest in einem computerisiertem System integriert und registriert und nutzen es täglich, selbst wenn wir es nicht mitbekommen. Andererseits habe ich viele Visionen, wie sich diese Welt in Zukunft entwickeln könnte. Negative, aber auch positive. Die Negative Vision ist hauptsächlich dadurch bestimmt, dass die Monopolisierung und Industrialisierung dermaßen aus dem Gleichgewicht gerät, dass Großkonzerne die Regierungsmacht übernehmen und die Menschen noch viel gezielter mit ihren modernen Mitteln kontrollieren und steuern. Die Menschenrechte werden unwichtig und es zählt wirklich nur noch Geld und nichts anderes. Das man sich mit Geld kein Glück kaufen kann, wissen schon heute nicht mehr viele. Die Zukunft könnte sich aber auch ins Positive ändern: Wir nutzen die Technologie um die Industrie umweltfreundlicher zu gestalten, entspr. Fortbewegungsmittel zu bauen, vielleicht bewahren uns die Maschinen ja eines Tages davor, uns selbst zu zerstören. Ich bin dennoch sehr gespannt, ob die Welt eines Tages wirklich so aussehen wird, wie in Science-Fiction Filmen wie „Blade Runner“ oder „Das 5. Element“

Findet Deine Vision, einer zu Energieträgern verkommenen Menschheit, in einem Film wie „Matrix“ eine Entsprechung, Ergänzung oder Weiterführung ?

Als ich den Film gesehen habe, war ich total positiv überrascht, weil dort viele Ideen, die auch mir im Kopf herumgeisterten, umgesetzt wurden, aber auf eine dermaßen beeindruckenden Art und Weise, wie ich es selber kaum zu träumen gewagt hätte – es war mehr eine Weiterführung als eine Entsprechung.

Einige Stücke, wie zum Beispiel „life is sad“, „when it’s all over“ oder „shinas“, beleuchten stärker ( Deine ? ) Gefühle als die andern Stücke, die sich stärker auf das menschliche Schicksal in einer elektrisch dominierten Welt beziehen. Gefühle der Fremdheit gegenüber dieser Welt, diesem Leben werden angedeutet. Welche Konflikte liegen diesem Gefühl zugrunde ?

Oft habe ich das Gefühl, Außenseiter zu sein. Ich glaube, das bin ich auch, denn es bestätigt sich immer wieder. Ich komme zwar generell gut mit Menschen zurecht (wenn ich sie einigermaßen kenne), aber Fremden gegenüber bin ich sehr misstrauisch. Ich sehe auch nicht ein, warum ich mich komplett in das „normale System“ der „normalen Leute“ eingliedern sollte und wie ein Roboter ein von vorne bis hinten mit festen Regeln belegtes,

durchgeplantes Leben führen sollte.

Einsamkeit kommt in Deinen Texten häufig zur Sprache. Fühlst Du Dich unverstanden und somit seelisch isoliert ?

Ja, manchmal schon, das ist aber zum Glück nicht die Regel.

“ I return to the world, the place where I come from, where I‘ am no alien anymore, where all my pain is gone“ ist ein Auszug auf dem Stück „Shinas“. Wie gestaltet sich für Dich eine Welt, in der Du Dich nicht mehr fremd fühlen würdest ?

Wahrscheinlich wäre das so etwas wie ein Märchen, in dem ich ein Wesen bin, dass dort hin gehören würde, ohne sich für Lebensweise, Handeln und die eigene Meinung rechtfertigen zu müssen.

Siehst Du in einer Zunahme der Informationstechnologien und der Elektronik im Allgemeinen, eine „Gefahr“ für den Menschen ?

Beides. Die Gefahr, dass der Mensch sich zu sehr abhängig macht und Sklave der Globalisierung wird, andererseits den Vorteil, dass Menschen aus der ganzen Welt virtuell zusammenkommen können um sich besser zu verstehen, Technologien entwickeln um Krankheiten zu behandeln, etc… Die Vorteile und Nachteile heben sich am Ende wahrscheinlich gegenseitig auf.

Glaubst Du es wird irgendwann soweit kommen, dass eine künstliche Intelligenz autark existieren kann und somit nicht mehr auf den Menschen angewiesen ist ?

Das ist theoretisch durchaus möglich und gar nicht mal so weit hergeholt. Richtig gruselig wird es erst dann, wenn diese Intelligenz ein Bewusstsein entwickelt.

(Link)

25.03.2002

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