Wolves In The Throne Room
"Den Einfluss der Natur auf unsere Kreativität kann man gar nicht genug betonen."
Interview
Wie müssen wir uns den kreativen Prozess, aus dem ein Song von WOLVES IN THE THRONE ROOM geboren wird, vorstellen?
Eigentlich beginnt alles immer mit einem Gitarrenriff. Sehr selten bilden Synthesizer-Motive, Schlagzeugparts oder Gesangslinien das Fundament eines Songs. Fast immer geschieht es aus der wochen- oder monatelangen Auseinandersetzung mit der Gitarre und dem Ausarbeiten von Melodien, Riffs und Harmonien.
Wenn wir erst eine größere Sammlung von Ideen und Konzepten haben, beginnen wir, die Songs zusammenzustellen. Das ist pure Akribie. Denn für uns sind die Arrangements sehr wichtig. Wir wollen, dass sich die Songs gleichermaßen unendlich, so dass man sich darin verlieren kann, als auch kurzweilig anhören. Wenn es sich anfühlt, als würde die Zeit in unmöglicher Weise gedehnt oder gerafft werden, wissen wir, dass ein Song fertig ist.
Habt ihr in den gesamten vier Jahren seit dem Release von “Thrice Woven” Riffs und Ideen gesammelt oder erst in jüngerer Zeit mit dem Songwriting begonnen?
Wir mussten komplett bei Null beginnen. Eigentlich gibt es immer eine ganze Menge Material vom jeweils vergangenen Album, das übrig bleibt, was normalerweise daran liegt, dass das Zeug einfach nicht gut genug ist, um auf einem Album zu landen, um ehrlich zu sein.
Für mich ist es wichtig, dass die Musik aus den Umständen entsteht, die meinem momentanen Leben entsprechen – wo bin ich gerade in meinem Leben, wie fühle ich mich und so weiter. Deswegen nehmen wir uns – normalerweise im Winter – immer zwei bis drei Monate extra frei, nur um Riffs zu schreiben. Wir nennen das unser “Erz”. Weißt du, das rohe Erz, das aus den Minen kommt. Der Prozess des Schmiedens und Veredelns kommt dann später.
In der Metalwelt ist es fast zum Klischee geworden, über WOLVES IN THE THRONE ROOM als die “autarke Hippie-Gang aus dem Wald” zu sprechen. Da wir alle spirituelle Menschen sind und Black Metal allgemein spirituelle Musik ist, habe ich mich gefragt, bis zu welchem Grade der Begriff Pantheismus deine bzw. Eure Einstellung reflektiert.
Keine Ahnung, eigentlich sind Schubladen und Etiketten in meinem Leben nicht so wichtig. Aber eine pantheistische Sichtweise ist sehr nah dran an dem, wie ich die Welt wahrnehme. Vor allem nun, da ich älter werde und einige der eigenen kulturellen und gesellschaftlichen Prägungen und pathologische Ego-Strukturen dekonstruieren kann. Für mich ist es so, dass ich mich inzwischen auf einer sehr tiefen Ebene mit den Geistern der Erde verbunden fühle.
Und ich meine das sehr konkret. Ich fühle, dass ein bestimmter Baum einen eigenen Geist hat. Eine eigene Seele, eine Persönlichkeit, eine eigene Sprache, eine bestimmte Resonanz. Eine Pflanze kann eine energetische Signatur haben, die mit meinem Körper interagiert, ihn unterstützt. Es ist ziemlich wundervoll, die Möglichkeit zu haben, diese Art von Beziehungen zur Umwelt zu entwickeln. Zu den Pflanzen und Tieren, aber ich würde auch sagen, zu den Steinen, der puren Erde selbst.
Gut, was hast du in den letzten Monaten so gern gelesen?
Mal sehen … um ehrlich zu sein, lese ich inzwischen gar nicht so viele Bücher mehr. Als ich wesentlich jünger war, so im Alter von 7 oder 8, habe ich unersättlich gelesen. Ich war nie ohne Buch unterwegs, meist über Geschichte oder Mythologie oder vielleicht etwas wie “Der Herr der Ringe”. Aber ungefähr im Jahr 2012 habe ich aufgehört zu lesen. Mein Geist hat sich überentwickelt angefühlt, sodass ich mich mehr auf meinen Körper und mein Herz fokussieren wollte. Deswegen habe ich erst kürzlich wieder angefangen zu lesen, meist Lyrik.
Gestern Abend habe ich ein Buch des Westküsten-Dichters und Philosophen Gary Snyder gelesen. Kennst du ihn?
Leider nicht.
Oh Gott! Er ist vielleicht mein größter philosophischer Einfluss. Er ist fantastisch. Er spricht mit der Stimme der Berge in Kalifornien mit solch einer Autorität und Präzision, dass es sehr aufschlussreich für den Geist und das Bewusstsein ist. Er ist ein Magier und ein Meister, er ist ein Mann der Wildnis der mit der Stimme der Wildnis spricht. Also wirklich Lese-Fans: Ihr solltet Gary Snyder auschecken!
Okay, das werde ich nachholen.
Genau, das Buch von dem ich sprach, heißt “Practice Of The Wild”.
Dankeschön für den Tipp. Meine letzte Frage wäre dann, was eure unmittelbaren Zukunftspläne mit WOLVES IN THE THRONE ROOM sind.
Naja, Corona macht die Dinge natürlich erheblich schwieriger. Wir würden sehr gern in Europa auf Tour gehen, aber ich fürchte, wir müssen das noch ein bisschen hinauszögern. Also sind wir gerade darauf konzentriert, das Album am 20. August zu veröffentlichen.
Wir werden im Winter dann zurück ins Studio gehen und eine EP aufnehmen. Also werden wir im Sommer 2022 dann wirklich nach Europa zurückkommen und gleich brandneues Material im Gepäck haben.
Vielen Dank für das angenehme Gespräch, Aaron und ich wünsche dir noch einen schönen Tag.
Danke Johannes, dir auch einen schönen Abend.
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Band | |
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Stile | Ambient Black Metal, Atmospheric Black Metal, Post-Black Metal |
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Schönes Interview, ich finde es allerdings etwas ernüchternd, dass folgende persönliche Aussagen einfach nur mit einem „gut“ bedacht werden. Ich fand das den interessantesn Teil aus dem Interview.
„Und ich meine das sehr konkret. Ich fühle, dass ein bestimmter Baum einen eigenen Geist hat. Eine eigene Seele, eine Persönlichkeit, eine eigene Sprache, eine bestimmte Resonanz. Eine Pflanze kann eine energetische Signatur haben, die mit meinem Körper interagiert, ihn unterstützt. Es ist ziemlich wundervoll, die Möglichkeit zu haben, diese Art von Beziehungen zur Umwelt zu entwickeln. Zu den Pflanzen und Tieren, aber ich würde auch sagen, zu den Steinen, der puren Erde selbst.“
Ich bin mir sicher, wenn ich das geschrieben hätte, wäre ich wieder als Spinner abgestempelt worden. ;))
Macht diese Musiker für mich auf jeden Fall super smypathisch, dass die sich damit so identifizieren können.
Das hat mit Spinnerei wenig zu tun, aber bei Dir hätte es sich vermutlich eher so gelesen: „Der Baum verrät seine Wurzeln, denn erwächst nach oben. Auch hat er viel zu viele Äste, weshalb er keinerlei morbide Glaubhaftigkeit mehr hat. Ein Baum sollte aus einem knorrigen, von Narben überzogenen Stamm bestehen und sich nicht dem Mainstream des Waldes anbiedern. Nuclear Plant schüttet Bäume mit Geld zu und zwingt ihnen dann Wasseraufnahme und die Ausbildung vieler grüner Blätter oder Nadeln auf. Der Baumfreund, der den dürren Stammkrüppeln über Jahre eng verbunden war, fühlt sich da einfach auf den Arm genommen. Das hat nichts mehr mit Black Forrestmetal zu tun. Die echte Szene braucht keine Äste, Blätter und Nadeln. Deshalb werden Metalbäume nie in der Mitte der Gesellschaft ankommen.“
😉
Dein „Humor“ in Ehren, aber dass Du dich so einem Thema nicht mit Würde annähern kannst, ist jetzt keine Überraschung für mich.
;))
Wärst Du nicht wie immer nur in Deiner Wahrnehmungswelt gefangen, dann hättest Du den Einstieg in meinen Text kapiert, der sich sehr ernsthaft auf die Aussage aus dem Interview bezieht und von der Du annimmst sie würde als Spinnerei angesehen werden.
Genau das ist es eben nicht. Spinnerei wird sowas erst dann, wenn es formuliert wird, wie Du es für gewöhnlich machst und genau diesen Spiegel habe ich DIR vorgehalten.
Die Aussage des Interviews bleibt davon völlig unberührt und ist weit von Spinnerei entfernt.
Meine Fresse, genau deshalb kann man Dir nur noch mit Humor begegnen.
„Genau das ist es eben nicht. Spinnerei wird sowas erst dann, wenn es formuliert wird, wie Du es für gewöhnlich machst und genau diesen Spiegel habe ich DIR vorgehalten.“
Nein, das mache ich nicht immer, ich habe es auch anders versucht. Aber ich fange jetzt nicht wieder eine Diskussion mit Dir an, das war zu diesem Posting mein letzter Beitrag.
>Ich fühle, dass ein bestimmter Baum einen eigenen Geist hat.<
Fühlen.. okay, damit weiß ich alles, was ich wissen muss, um das einzuordnen. Da kann man auch nicht drüber diskutieren, wenn man anhand von Gefühlen argumentiert.
Ich bin auch sehr großer Fantasy-Fan, aber es ist eben Fantasy. Das ist mein Standpunkt. Es kostet mich zwar etwas Mühe, mich darüber nicht lustig zu machen, aber das lasse ich jetzt mal.
Wissenschaftlich lerne ich daraus, dass der Mensch wohl irgendwo den Drang nach Spiritualität verspürt und wir noch nicht weit genug entwickelt sind, um das ganz abzulegen. Nahezu JEDER hat irgendeinen Aberglauben, auch wenn er es nicht erkennt oder so nennen würde.
Der eine Jesus, der andere Buddha, also warum nicht Bäume, mal lapidar gesagt.. oder Aliens, whatever. Hat mit der Suche nach dem Sinn des Lebens zu tun und da wir diesen nicht kennen, sind der Phantasie keine Grenzen gesetzt.
@nili
Das Pflanzen, auch Bäume, darauf reagieren, wenn andere Pflanzen/Bäume in ihrer Nähe verletzt/gefällt werden oder krank sind, ist inzwischen wissenschaftlich nachgewiesen.
Ob das nun tatsächlich als Emotion oder Empfindung ausgelegt werden kann, steht auf einem anderen Blatt. Kompletter Nonsens oder gar lächerlich ist es jedenfalls nicht, wenn man Pflanzen als Lebewesen und nicht als geistlose Dinge betrachtet.
>Ob das nun tatsächlich als Emotion oder Empfindung ausgelegt werden kann, steht auf einem anderen Blatt<
Darauf wollte ich hinaus. Dass die "irgendwie" reagieren, biologisch gesehen, ist klar und natürlich sind das Lebewesen, denen ich dennoch, nach meiner derzeitigen Erkenntnis, keinen Geist, kein Bewußtsein zuschreiben würde. Da Aaron ja aber sogar Steine mit in's Spiel bringt, ist klar wohin die Hippie-Reise geht..
Es gibt über die Zusammenhänge in der Natur bestimmt noch einiges zu entdecken, aber bei Spekulationen esoterischer Natur bin ich doch eher zurückhaltend.
WITTR waren mir immer dann ganz besonders wichtig, und das von Beginn an ihres Bestehens, wenn ich alleine ihre Musik hören konnte, ohne allzu viel über ihre sonstigen Gedanken, ihr Tun und/oder Lassen in Erfahrung zu bringen, mir reichte sehr lange das Wissen um ihre abgeschiedene Wohnsituation in der Natur.
Das sie als Band diesen Status erreichen konnten den sie heute besitzen, hat ausschliesslich mit ihrer Musik zu tun, so sehe ich es, und ich bin mir sicher, das Interviews wie dieses hier, die es im übrigen auch vor Jahren schon gab, aber immerhin sehr sehr selten, der Band nicht zum Vorteil gereichen. Auch wenn es für mich nichts gibt, das sie besser nicht hätten sagen sollen.
Aber letztlich wird die Band dadurch aufbereitet, präsentiert, sie wird greifbar, auch entmystifiziert, das ganz persönliche Kopfkino eines jeden Hörers damit manipuliert, ich mag auch die aktuellen Videos nicht in denen sie sich zeigen, das braucht es für mich nicht, alleine ihre Musik ist mir genug.
Alles in allem wird WITTR wachsen, und das zu recht, aber sie unterschätzen mMn die Magie die aus ihrer Musik kommt, die man sich, wenn wieder möglich, unbedingt einmal live geben sollte, ich kann das nur sehr empfehlen.
All den Rummel drumherum braucht es nicht, nicht bei dieser geballten Ladung an Atmosphäre die WITTR zu schaffen in der Lage sind, immer noch….
Ach, das sorgt nicht dafür, dass ich die nicht mehr hören würde, das die Musik schmälert. Wenn man so pingelig wäre, dann dürfte man ja überhaupt nichts hören, was irgendwie mit Black Metal zu tun hat. Es ging nur um diesen Punkt, den Watutinki aufgegriffen hat, was aber auch nichts Schlimmes ist. 😉
@Holgi: Dann bin ich voll bei Dir, prinzipiell lese ich auch kaum noch Interviews, die demystifizieren die Kunst eigntlich i.d.R. nur. Ich glaube, dass WITTR beides vereinen, den Waldschrat, der die einsame Natur liebt, ohne aber als introvertierte Nerds dahinzuvegetieren. Die Frage ist, wie lange Sie diese Balanze noch auftrecht erhalten können. Viele ehemalieg BM Bands haben in den 90ern auch mal so angefangen. Mit dem neue Album haben Sie sich jedenfalls schon einen großen Schritt aus dem Wald herausbegeben.
Ob Aaron nun tatsächlich eine spirituelle Ebene zu „Bäumen und Steinen“ aufbauen kann oder nicht, ist mir eigentlich egal. Sobald man den Wald betritt, spürt man, dass einen etwas Besonderes umgibt, dass man sich geborgen fühlt und alles um einen herum lebt und atmet. Wie intensiv man das nun auslebt, was Einbildung ist und was nicht, ist eigentlich egal. Religion hat etwas mit Glauben zu tun, aber von der Natur wissen wir, dass wir eng damit verbunden sind, das ist kein Hopkuspokus, das ist real. Wir haben uns als Stadtkinder nur schon viel zu sehr davon entfernt und WITTR geben uns das Gefühl, wieder ein wenig dorthin zurückzufinden zu können, weil sie es persönlich ausleben und daher auch musikalisch vermitteln können.
>Sobald man den Wald betritt, spürt man, dass einen etwas Besonderes umgibt, dass man sich geborgen fühlt und alles um einen herum lebt und atmet.<
Wenn man einen Waldspaziergang macht, mit anschließender Kaffee & Kuchen-Einkehr im Gasthaus, dann vielleicht. Wenn man dort lebt, mit den Jahrezeiten, die auch den Winter usw. beinhalten, mag das etwas anders aussehen. Außerdem gibt's im Wald fette Spinnen anstatt niedlicher, kleiner Feen und Perverse, Spanner und so.. 😀