Wolves In The Throne Room
"Den Einfluss der Natur auf unsere Kreativität kann man gar nicht genug betonen."

Interview

Wir Fans und Pressemenschen lieben es ja, Dinge miteinander zu vergleichen. Müsste ich “Primordial Arcana” mit seinem Vorgänger “Thrice Woven” vergleichen, würde ich sagen, dass das neue Album einen viel größeren Fokus auf starke Melodien und Strukturen legt.
Die meisten Melodien sind einprägsam, geradezu “catchy”, aber sie vermeiden es gekonnt, trivial zu sein. Verstehst du, was ich meine?

Absolut. Ich nenne sie einfach “Hooks”. Wir lieben einfach große Melodien und Hooks. Weißt du, gestern habe ich mir vom Studio einen Tag frei genommen, um mit meiner Familie einen Ausflug zu machen. Wir fuhren Richtung der Strände bei Aberdeen (Washington). Während wir da so durchfuhren, haben wir ein paar Alben von NIRVANA angehört. Dabei habe ich gemerkt, wie wichtig sie für mich als jungen, musikbegeisterten Menschen waren – genau wegen ihres Gespürs für Melodien und Hooks, die, wie du sagtest, einprägsam, aber nicht trivial sind.

Es ist Magie, wenn eine starke Melodie den Song aufwertet und sich mit deinen Empfindungen, deinem Herzen verbinden kann, im Gegensatz zu den ganzen Candy-Pop-Melodien da draußen.

Ich finde “Primordial Arcana” auch etwas dunkler, etwas melancholischer als zuvor.

Wirklich? Hm … ich denke, es ist ein bisschen einsamer. Es fühlt sich isolierter an. Dieses Album wurde besonders von hohen Bergspitzen beeinflusst, Orten von immenser Einsamkeit. Orte, an dem uns unsere Bedeutungslosigkeit um Spiel mit den Naturkräften und den Gesetzen des Kosmos bewusst wird. Das ist aber natürlich ein Gefühl, das mit vielen anderen verwoben sein kann: Melancholie, Herzschmerz, aber auch Hochgefühle haben dort Platz.

„Man kann eigentlich nicht genug betonen, wie wichtig die Natur für unsere Kreativität ist.“

Ihr macht das also buchstäblich so: raus in den Wald oder die Natur gehen und sich dort bewusst inspirieren lassen oder gleich Musik schreiben?

Absolut. Man kann eigentlich nicht genug betonen, wie wichtig die Natur für unsere Kreativität ist. Offensichtlich waren wir viel im Gebirge wandern und klettern, aber unser neues Studio liegt auch direkt an einem riesigen Wald. Es ist etwas besonderes, weil es eigentlich ein etwa tausend Morgen großes Naturschutzgebiet ist, das vor etwa 120 Jahren, als die ersten weißen Siedler hierherkamen, abgeholzt wurde. Seitdem konnte der Wald aber auf natürliche Weise zurückwachsen. Seit fünf Jahren oder so ist es offiziell ein junger, aber gereifter “Cascadian Rainforest”. Dort im Wald gibt es all die Tiere und Pflanzen, die das Totem dieser Region darstellen und frische, unberührte Wasserquellen. Wir sind also sehr mit dieser majestätischen und eindrucksvollen Landschaft verbunden und sie wird sich immer in unserer Musik wiederfinden.

(Es ist übrigens bemerkenswert, dass sich Aaron noch ein gutes Stück hingebungsvoller und enthusiastischer anhört, wenn er über die Natur spricht, als wenn es “nur” um seine Musik geht. – Anm. d. Red.)

Gibt es andere Dinge, die ihr für ein ideales kreatives Setting braucht? Eine bestimmte Atmosphäre oder bestimmte Dinge mit denen ihr euch umgeben müsst, während ihr Musik schreibt oder aufnehmt?

Ja, solche Dinge gibt es. Unser gesamtes Studio ist in gewisser Weise ein Tempel, weil es kein Studio ist, in das andere Leute einfach so kommen. Es ist nur für unsere eigene Arbeit und vielleicht einige wenige ganz enge Freunde. Es ist voller Dinge, die für uns speziell oder irgendwie magisch sind.

Tatsächlich sind der Altar mit dem Wolfsschädel und all die anderen Sachen, die du auf dem Cover von “Primordial Arcana” siehst, Dinge, die zum Inventar unseres Studios gehören. Wir wollten damit das Albumcover ein bisschen wie unser Studio aussehen lassen, weil es die Quelle unserer Musik ist, weil unsere gesamte persönliche Arbeit dort stattfindet.

Wolves In The Throne Room - Primordial Arcana Cover Artwork

Sehr gut, ich wollte sowieso über das Cover sprechen. Es ist wunderschön. Es ist eine Art Stillleben und sieht dadurch ganz anders aus als die meisten eurer bisherigen Artworks. Abgesehen davon wird man es im Plattenladen sofort erkennen und das ist natürlich auch eine coole Sache.

Das war eine Kollaboration. Wir wussten, wir wollten eine Art Stillleben haben, das an die Alten Meister aus den Niederlanden oder ältere, mittelalterliche Arbeiten erinnert. Wir haben also all diese Dinge gesammelt, aus unserem Studio, aber auch aus unseren eigenen Besitztümern, aus den Hinterlassenschaften unserer Vorfahren, aus dem Wald und der Umgebung. Wir haben mit dem Fotografen Amjad Faur zusammengearbeitet, der Metalhead ist, ein Fand der Band und Freund von uns.

Es war eine tolle Zusammenarbeit. Wir haben einen Tag bei ihm im Studio verbracht, alle Gegenstände arrangiert, aber es ab einem gewissen Punkt auch ihm überlassen. Denn er beherrscht die Fotografie von Stillleben meisterhaft. Also war die Idee unsere, die Ausführung lag bei Faur.

Galerie mit 10 Bildern: Wolves In The Throne Room - Fortress Festival 2024

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Quelle: Aaron Weaver via Zoom
13.08.2021

Redakteur | Koordination Themenplanung & Interviews

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12 Kommentare zu Wolves In The Throne Room - "Den Einfluss der Natur auf unsere Kreativität kann man gar nicht genug betonen."

  1. Watutinki sagt:

    Schönes Interview, ich finde es allerdings etwas ernüchternd, dass folgende persönliche Aussagen einfach nur mit einem „gut“ bedacht werden. Ich fand das den interessantesn Teil aus dem Interview.

    „Und ich meine das sehr konkret. Ich fühle, dass ein bestimmter Baum einen eigenen Geist hat. Eine eigene Seele, eine Persönlichkeit, eine eigene Sprache, eine bestimmte Resonanz. Eine Pflanze kann eine energetische Signatur haben, die mit meinem Körper interagiert, ihn unterstützt. Es ist ziemlich wundervoll, die Möglichkeit zu haben, diese Art von Beziehungen zur Umwelt zu entwickeln. Zu den Pflanzen und Tieren, aber ich würde auch sagen, zu den Steinen, der puren Erde selbst.“

    Ich bin mir sicher, wenn ich das geschrieben hätte, wäre ich wieder als Spinner abgestempelt worden. ;))
    Macht diese Musiker für mich auf jeden Fall super smypathisch, dass die sich damit so identifizieren können.

  2. Stormy sagt:

    Das hat mit Spinnerei wenig zu tun, aber bei Dir hätte es sich vermutlich eher so gelesen: „Der Baum verrät seine Wurzeln, denn erwächst nach oben. Auch hat er viel zu viele Äste, weshalb er keinerlei morbide Glaubhaftigkeit mehr hat. Ein Baum sollte aus einem knorrigen, von Narben überzogenen Stamm bestehen und sich nicht dem Mainstream des Waldes anbiedern. Nuclear Plant schüttet Bäume mit Geld zu und zwingt ihnen dann Wasseraufnahme und die Ausbildung vieler grüner Blätter oder Nadeln auf. Der Baumfreund, der den dürren Stammkrüppeln über Jahre eng verbunden war, fühlt sich da einfach auf den Arm genommen. Das hat nichts mehr mit Black Forrestmetal zu tun. Die echte Szene braucht keine Äste, Blätter und Nadeln. Deshalb werden Metalbäume nie in der Mitte der Gesellschaft ankommen.“

    😉

  3. Watutinki sagt:

    Dein „Humor“ in Ehren, aber dass Du dich so einem Thema nicht mit Würde annähern kannst, ist jetzt keine Überraschung für mich.

    ;))

  4. Stormy sagt:

    Wärst Du nicht wie immer nur in Deiner Wahrnehmungswelt gefangen, dann hättest Du den Einstieg in meinen Text kapiert, der sich sehr ernsthaft auf die Aussage aus dem Interview bezieht und von der Du annimmst sie würde als Spinnerei angesehen werden.
    Genau das ist es eben nicht. Spinnerei wird sowas erst dann, wenn es formuliert wird, wie Du es für gewöhnlich machst und genau diesen Spiegel habe ich DIR vorgehalten.
    Die Aussage des Interviews bleibt davon völlig unberührt und ist weit von Spinnerei entfernt.

    Meine Fresse, genau deshalb kann man Dir nur noch mit Humor begegnen.

  5. Watutinki sagt:

    „Genau das ist es eben nicht. Spinnerei wird sowas erst dann, wenn es formuliert wird, wie Du es für gewöhnlich machst und genau diesen Spiegel habe ich DIR vorgehalten.“

    Nein, das mache ich nicht immer, ich habe es auch anders versucht. Aber ich fange jetzt nicht wieder eine Diskussion mit Dir an, das war zu diesem Posting mein letzter Beitrag.

  6. nili68 sagt:

    >Ich fühle, dass ein bestimmter Baum einen eigenen Geist hat.<

    Fühlen.. okay, damit weiß ich alles, was ich wissen muss, um das einzuordnen. Da kann man auch nicht drüber diskutieren, wenn man anhand von Gefühlen argumentiert.
    Ich bin auch sehr großer Fantasy-Fan, aber es ist eben Fantasy. Das ist mein Standpunkt. Es kostet mich zwar etwas Mühe, mich darüber nicht lustig zu machen, aber das lasse ich jetzt mal.
    Wissenschaftlich lerne ich daraus, dass der Mensch wohl irgendwo den Drang nach Spiritualität verspürt und wir noch nicht weit genug entwickelt sind, um das ganz abzulegen. Nahezu JEDER hat irgendeinen Aberglauben, auch wenn er es nicht erkennt oder so nennen würde.
    Der eine Jesus, der andere Buddha, also warum nicht Bäume, mal lapidar gesagt.. oder Aliens, whatever. Hat mit der Suche nach dem Sinn des Lebens zu tun und da wir diesen nicht kennen, sind der Phantasie keine Grenzen gesetzt.

  7. Stormy sagt:

    @nili
    Das Pflanzen, auch Bäume, darauf reagieren, wenn andere Pflanzen/Bäume in ihrer Nähe verletzt/gefällt werden oder krank sind, ist inzwischen wissenschaftlich nachgewiesen.
    Ob das nun tatsächlich als Emotion oder Empfindung ausgelegt werden kann, steht auf einem anderen Blatt. Kompletter Nonsens oder gar lächerlich ist es jedenfalls nicht, wenn man Pflanzen als Lebewesen und nicht als geistlose Dinge betrachtet.

  8. nili68 sagt:

    >Ob das nun tatsächlich als Emotion oder Empfindung ausgelegt werden kann, steht auf einem anderen Blatt<

    Darauf wollte ich hinaus. Dass die "irgendwie" reagieren, biologisch gesehen, ist klar und natürlich sind das Lebewesen, denen ich dennoch, nach meiner derzeitigen Erkenntnis, keinen Geist, kein Bewußtsein zuschreiben würde. Da Aaron ja aber sogar Steine mit in's Spiel bringt, ist klar wohin die Hippie-Reise geht..
    Es gibt über die Zusammenhänge in der Natur bestimmt noch einiges zu entdecken, aber bei Spekulationen esoterischer Natur bin ich doch eher zurückhaltend.

  9. der holgi sagt:

    WITTR waren mir immer dann ganz besonders wichtig, und das von Beginn an ihres Bestehens, wenn ich alleine ihre Musik hören konnte, ohne allzu viel über ihre sonstigen Gedanken, ihr Tun und/oder Lassen in Erfahrung zu bringen, mir reichte sehr lange das Wissen um ihre abgeschiedene Wohnsituation in der Natur.

    Das sie als Band diesen Status erreichen konnten den sie heute besitzen, hat ausschliesslich mit ihrer Musik zu tun, so sehe ich es, und ich bin mir sicher, das Interviews wie dieses hier, die es im übrigen auch vor Jahren schon gab, aber immerhin sehr sehr selten, der Band nicht zum Vorteil gereichen. Auch wenn es für mich nichts gibt, das sie besser nicht hätten sagen sollen.

    Aber letztlich wird die Band dadurch aufbereitet, präsentiert, sie wird greifbar, auch entmystifiziert, das ganz persönliche Kopfkino eines jeden Hörers damit manipuliert, ich mag auch die aktuellen Videos nicht in denen sie sich zeigen, das braucht es für mich nicht, alleine ihre Musik ist mir genug.

    Alles in allem wird WITTR wachsen, und das zu recht, aber sie unterschätzen mMn die Magie die aus ihrer Musik kommt, die man sich, wenn wieder möglich, unbedingt einmal live geben sollte, ich kann das nur sehr empfehlen.
    All den Rummel drumherum braucht es nicht, nicht bei dieser geballten Ladung an Atmosphäre die WITTR zu schaffen in der Lage sind, immer noch….

  10. nili68 sagt:

    Ach, das sorgt nicht dafür, dass ich die nicht mehr hören würde, das die Musik schmälert. Wenn man so pingelig wäre, dann dürfte man ja überhaupt nichts hören, was irgendwie mit Black Metal zu tun hat. Es ging nur um diesen Punkt, den Watutinki aufgegriffen hat, was aber auch nichts Schlimmes ist. 😉

  11. Watutinki sagt:

    @Holgi: Dann bin ich voll bei Dir, prinzipiell lese ich auch kaum noch Interviews, die demystifizieren die Kunst eigntlich i.d.R. nur. Ich glaube, dass WITTR beides vereinen, den Waldschrat, der die einsame Natur liebt, ohne aber als introvertierte Nerds dahinzuvegetieren. Die Frage ist, wie lange Sie diese Balanze noch auftrecht erhalten können. Viele ehemalieg BM Bands haben in den 90ern auch mal so angefangen. Mit dem neue Album haben Sie sich jedenfalls schon einen großen Schritt aus dem Wald herausbegeben.

    Ob Aaron nun tatsächlich eine spirituelle Ebene zu „Bäumen und Steinen“ aufbauen kann oder nicht, ist mir eigentlich egal. Sobald man den Wald betritt, spürt man, dass einen etwas Besonderes umgibt, dass man sich geborgen fühlt und alles um einen herum lebt und atmet. Wie intensiv man das nun auslebt, was Einbildung ist und was nicht, ist eigentlich egal. Religion hat etwas mit Glauben zu tun, aber von der Natur wissen wir, dass wir eng damit verbunden sind, das ist kein Hopkuspokus, das ist real. Wir haben uns als Stadtkinder nur schon viel zu sehr davon entfernt und WITTR geben uns das Gefühl, wieder ein wenig dorthin zurückzufinden zu können, weil sie es persönlich ausleben und daher auch musikalisch vermitteln können.

  12. nili68 sagt:

    >Sobald man den Wald betritt, spürt man, dass einen etwas Besonderes umgibt, dass man sich geborgen fühlt und alles um einen herum lebt und atmet.<

    Wenn man einen Waldspaziergang macht, mit anschließender Kaffee & Kuchen-Einkehr im Gasthaus, dann vielleicht. Wenn man dort lebt, mit den Jahrezeiten, die auch den Winter usw. beinhalten, mag das etwas anders aussehen. Außerdem gibt's im Wald fette Spinnen anstatt niedlicher, kleiner Feen und Perverse, Spanner und so.. 😀