Wiegedood
"Wir drei wissen, was dahintersteht, das reicht."

Interview

WIEGEDOOD haben in Fleißarbeit nicht nur in drei Jahren die Trilogie „De Doden Hebbe Het Goed“ vollendet, sondern bringen sie bis zur Jahresmitte auch vielerorts an den Mensch. Das nahm Kollegin Kostudis zum fadenscheinigen Anlass, Sänger und Gitarrist Levy Seynaeve schriftlich ein paar Einsichten abzuringen.

Hee, vielen Dank, dass du dir die Zeit nimmst. Ich empfinde die Musik aus dem Church-Of-Ra-Kollektiv als sehr intensiv und oft physisch spürbar. Daher interessieren mich vor allem ihr Ursprung und die Grenzen dessen, was man überhaupt ausdrücken kann.
„De Doden Hebbe Het Goed“ als Trilogie – was steht dahinter, der Musik diese Form zu geben? War es von grundauf so angelegt oder hat es sich später ergeben?

Vom ersten Tag an war es als Trilogie angelegt. Als etwas, das uns drei (neben Levy noch Gilles Demolder, Gitarre, und Wim Coppers, Schlagzeug, Anmerkung der Redakteurin) und unsere Ursprünge widerspiegelt. Wir kannten uns schon Jahre vor WIEGEDOOD, aber es ist die erste Band, in der wir gemeinsam Musik machen, und wir wollten die Trilogie mit uns persönlich verknüpfen. Nach dem ersten Teil war es uns wichtig, dass ihm die anderen beiden Teile ebenbürtig sind. Spannend zu beobachten, wie gut das funktioniert hat. Zu „De Doden Hebben Het Goed“ gibt es nichts hinzuzufügen.

Was gibt den Ausschlag, ein neues Projekt anzufangen?

Bei mir entstand der Wunsch nach einer Band immer aus der Wertschätzung der anderen gegenüber, glaub ich. Nie aus einer Band heraus, in der ich schon spiele. Hier wird das umgesetzt, was geplant war. Wenn ich dann Musik abseits davon höre, wächst die Idee, wie es wäre, etwas derartiges zu machen. Natürlich überschneiden wir uns in unseren Vorlieben, daher ist es naheliegend, dass man mit den Leuten zusammenkommt, mit denen man bereits gut zusammenarbeitet. Ich denke, wir sind jetzt an einem Punkt, an dem wir einfach eine Zeit ohne Tour oder Aufnahmen verstreichen lassen, bevor es mit einem neuen Projekt weiter geht. Ich weiß, dass jeder von uns schon etwas im Auge hat, aber die Zeit ist knapp.

Ändert sich eure Beziehung  zur Musik oder zu einem Album während des Schreibens, Produktion, Veröffentlichung und des Tourens? Und vor allem während einer längeren Tour?

Auf jeden Fall. Unsere Leben unterscheiden sich zum Zeitpunkt des Schreibens und der Aufnahmen sehr stark davon, wenn wir dann auf Tour sind. Du tust etwas unter vielen Einflüssen, und mit denen muss sich auch deine Haltung dazu ändern. Konzerte zu spielen ist zu so einem grundlegenden Bestandteil unserer Leben geworden, dass wir immer irgendwie im Tour-Modus sind. Vor allem, wenn es um AMENRA und OATHBREAKER geht. Längere Touren sind hart, klar, aber sie sind auch unglaublich schnell wieder vorbei.

Gibt es die absolute Zufriedenheit mit einem Album? Oder gibt es, in welchem Umfang auch immer, das Gefühl, die Intention dahinter nicht voll und ganz erfasst zu haben?

Es gibt sie, bei jedem aufgenommenen Album. Sonst würde ich es nie veröffentlichen.

Wie angreifbar macht sich ein Künstler, indem er viel seines Inneren in das Projekt fließen lässt? Inwiefern beeinflussen euch die Reaktionen auf WIEGEDOOD? Und ist das Zurückhalten der Texte vielleicht eine Begrenzung dessen, was man preisgeben will?

Das spielt überhaupt keine Rolle. Ich meine, dass die Leute ohnehin alles mit ihren eigenen Augen und vor dem Hintergrund ihres eigenen Lebens sehen. Das kann ganz anders oder sogar das Gegenteil von dem sein, was unsere Intention war. Die Texte sind nicht veröffentlicht, weil ich das so wollte. Sie sind nicht geheim, aber auch nicht gar nicht so wichtig. Auf jeden Fall will ich mir damit detaillierte Fragen dazu ersparen. Ich versuche, den Reaktionen auf unsere Musik nicht allzu große Beachtung zu schenken. Wir drei wissen, was dahintersteht, das reicht.

In einem früheren Interview meinte Wim, dass es ein Kampf zwischen Körper und Geist sei, derart schnelle Musik zu spielen. Kann physischer Schmerz während des Spielens ein (vielleicht sogar notwendiger) Teil des künstlerischen Ausdrucks sein?

Ich würde es nicht künstlerischen Ausdruck nennen, aber während eines Konzertes gehen wir physisch an unsere Grenzen. Zu den Zuhörern ist WIEGEDOOD gnadenlos, aber ebenso unerbittlich ist es, solche Songs zu spielen. Das ist ziemlich fordernd – und auch Sauerstoff zehrend, wenn man gleichzeitig noch singt. Ich kann nur ahnen, was Wim da durchmacht.

Der Tour-Plan von WIEGEDOOD ist verdammt dick, Hut ab. Wie stark zehrt bei euch das Tour-Leben an Körper und Geist?

Wir sind, OATHBREAKER und AMENRA eingeschlossen, viel auf größeren Touren unterwegs. Ich glaube, es hängt wirklich von jedem individuell ab, wie man damit zurechtkommt. Von uns gehen die einen besser damit um, ständig unterwegs zu sein, als andere. Auf Tour verbringen wir Wochen und Monate immer auf engstem Raum miteinander. Es ist schwierig, wenn man danach allein nach Hause kommt. Bis man sich daran gewöhnt hat, geht es schon wieder los zur nächsten Tour. So ist das gerade, und wird auch noch einige Zeit so bleiben.

Hand aufs Herz: Interviews und Promotion – notwendiges Beiwerk oder willkommene Abwechslung und die Möglichkeit, sich als Künstler verständlich zu machen? Gibt es eine besonders nervtötende Frage?

Für mich ist es vor allem notwendiges Beiwerk. Ich bin nicht sehr gesellig, und muss mich daher oft zu Interviews und Promo-Zeug überwinden. Ich bin froh, dass Wim manchmal bei Interviews einspringt. Ob ich mich dabei selbst besser erklären kann, hängt dann von den gestellten Fragen ab.
Es gibt nicht wirklich die nervige Frage, aber ich sag mal so: Es ist ein schlechtes Zeichen, wenn man den Interviewer verbessern muss. Oder auch, wenn ich manchmal Fragen bekomme, die sich per Google schnell beantworten ließen.

Vielen Dank und alles Gute!

Quelle: Interview mit Levy Seynaeve, 17.04.2018
21.04.2018
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