Whitesnake
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Interview

Anlässlich der Veröffentlichung des neuen WHITESNAKE-Albums “Good To Be Bad“, dem ersten nach zehn Jahren, gewährte Mr. Coverdale uns Audienz. Zeit, Notwendigkeit der Veränderung, Evolution und US-Präsidenten- im metal.de-Interview gab David Coverdale sich philosophisch. Zwischenzeitlich ging’s auch um Musik.

WhitesnakeHello, Mr. Coverdale.

Hello, Christian!

Mr. Coverdale, sie haben-

Christian?

Ja?

Sag‘ doch David.

Okay.

Danke, haha.

Bitte. Also, David… du hast kürzlich nach zehnjähriger Pause ein neues WHITESNAKE-Album veröffentlicht. Wie fühlt es sich an, nach dieser langen Zeit wieder unter dem alten Namen und mit neuem Material unterwegs zu sein?

Unglaublich! Es ist einfach unglaublich! Ein unbeschreibliches Gefühl. 2006 haben wir eine Tour gespielt und ein Livealbum und eine DVD veröffentlicht. Die Leute sind völlig ausgerastet, wir haben nur in ausverkauften Häusern gespielt. Also gab es für uns fast keine andere Wahl als ein neues Album nachzuschieben. Es ist allein schon cool, nach so vielen Jahren wieder neues Material am Start zu haben. Ich fühle mich wie zu Anfang der 1980er, das kannst du glauben. Früher, als wir alle zwei bis drei Jahre auf Tour waren, klangen unsere älteren Songs irgendwie noch nicht so richtig verbraucht. Seit wir aber fast jedes Jahr unterwegs sind macht es mir nicht mehr so viel Spaß, jeden Abend die gleichen alten Schoten zu singen-

Ach ja?

Hähä… ja. Und nein. Ich sage dir nicht, welche. Na, jedenfalls war es daher unumgänglich, ein neues Album zu schreiben. Wir haben das also durchaus auch für uns selbst getan.

Manche Leute sagen dass WHITESNAKE irgendwann zu Mitte der 1980er gestorben sind. Viele alte Fans hassten John Sykes‘ Rockergitarre, “1987“ war ihnen einfach zu hart, zu sehr Heavy Metal. Und “Restless Heart“ wurde als das letzte Zucken betrachtet…

“Gehasst“ und “gestorben“… Das hast du aber nicht nett formuliert, ich würde nicht so weit gehen. Es stimmt schon, mit “1987“ sind wir für WHITESNAKE-Verhältnisse sehr hart geworden. Wenn du allerdings schaust, was sonst zu dieser Zeit veröffentlich wurde, waren wir härtemäßig höchstens Mittelmaß. Aber so war einfach unser nächster Schritt nach “Slide it In“. Wir kamen vom bluesigen Rock und haben uns eben mal im Heavy Metal versucht. Wir sind weiter gegangen. Für mich sind Fortschritt und Veränderung sehr wichtig. Niemand kann sich dauerhaft und glaubhaft dagegen sperren. Veränderung und Evolution sind die Grundlage unserer gesamten Existenz. Fortschritt entsteht nicht wenn man alte Geschichten immer wieder erzählt und alte Lieder immer wieder singt. Niemand zieht ständig seine gleichen alten Klamotten an… ich könnte noch eine Menge Beispiele nennen, die alle darauf abzielen, dass wir uns entwickeln und verändern. Ganz egal ob wir das wollen oder nicht oder ob wir es überhaupt bemerken. Manche Menschen haben Angst vor Veränderung. Sie möchten alles lassen wie es ist, selbst wenn unzufrieden sind. So bin ich eben nicht. Lass es mich so sagen: das Haus WHITESNAKE ist das gleiche geblieben, aber wir haben es umdekoriert. Neu gestrichen, den Müll rausgebracht. Klar, zuerst muss es mir persönlich gefallen.

Nur dir?

das klingt jetzt egoistisch, oder? Ist das egoistisch? Ich finde nicht. Schließlich zwingen wir niemanden, sich unsere bzw. meine Musik anzuhören. Abgesehen davon: ich habe WHITESNAKE gegründet und bin so gesehen seit 30 Jahren Vorsitzender eines sehr erfolgreichen Unternehmens, haha! In dieser Zeit habe ich ein recht gutes Gefühl dafür entwickelt, was WHITESNAKE ist, wie WHITESNAKE klingen soll und wie ich WHITESNAKE darstellen möchte. Es gab Höhen und Tiefen, aber auch das liegt in der Natur der Dinge. Im Moment sind wir ganz oben auf einer Welle und da gefällt’s mir sehr gut. Allein die Aussicht ist enorm, haha!

Ein neues WHITESNAKE-Album als reguläres Produkt der Evolution also?

Äh… ja. Die Zeit war reif. Nicht nur ich brauchte neuen Input, auch die Fans brauchten ihn. Der WHITESNAKE-Chor möchte schließlich auch mal was Neues singen, haha! Als wir 2003 auf Tour gingen wünschten viele Leute sich Nachschub von uns. Damals haben wir auf unserer Homepage einen Poll abgehalten und die Leute gefragt, was sie sich am meisten von WHITESNAKE und David Coverdale wünschen. An erster Stelle: eine Live-DVD. Haben wir gemacht. Zweiter Platz: ein Greatest Hits-Livealbum. Wurde erledigt, Ende 2006. Tja, und auf Platz drei eine neues Studioalbum. Voilà! Alles abgearbeitet, keine weiteren Wünsche, hoffe ich… zumindest vorerst! Eigentlich hätten wir uns jetzt einen Urlaub verdient, meinst du nicht auch?

Nee, bei euch Rockstars ist doch das ganze Leben Urlaub, Party, Rock’n’Roll – wenigstens dieses Interview musst du noch zu Ende bringen!

Sei doch nicht so streng…

Bringt der Job mit sich, ich bedaure es auch, haha! Erklär‘ mir bitte den Albumtitel, „Good To Be Bad“.

Dahinter steckt kein verborgener Sinn, das ist nichts zum Verstehen… du musst es fühlen. Und vor allem tun. Was Unanständiges, Schmutziges… das fühlt sich immer gut an, haha. Frech sein, unartig sein – das ist auch in meinem reifen, gesetzten Alter noch immer ’ne feine Sache, wenn du verstehst was ich meine. Verstehst du, was ich meine?

Kein Kommentar, haha. Hey, ich war sehr neugierig, dich nach all dieser Zeit mal wieder singen zu hören. Und du kannst es immer noch! Ich bin, ich muss es ehrlich sagen, begeistert –

Danke, Mann!

– bitte, Mann! Was tust du für deine Stimme? Milch und Honig gurgeln? Tagelang schweigen?

Aber nein! Als Sänger musst du gerade auf Milch verzichten. Oder nur ganz wenig trinken. Milchprodukte bilden Sedimente in Stirn- und Nasenhöhle. Das ist ganz schlecht für die Resonanz. Irgendwann klingt das als würdest du durch die Nase singen. Erfahrungswerte, junger Mann! Ansonsten musst du natürlich Übungen machen. Komische Geräusche machen, die mehr nach Bauernhof als nach Gesang klingen. So trainierst die Stimmbänder. Wie jeder Teil des Körpers brauchen auch die Stimmbänder eine Aufwärmphase. Üben ist ganz wichtig. Immer wieder üben!

Die neuen Leute bei WHITESNAKE –

Ach ja, und auch ganz wichtig: wenig Alkohol trinken! Das habe ich nicht von Anfang an gemacht. Viel Wasser trinken, nicht Rauchen, Daumen drücken und – ja, so mache ich das. Was ist mit den neuen Leuten bei WHITESNAKE?

Die sind gut.

Finde ich auch, danke.

Doug Aldrich ist neben dir der bekannteste und ehrlich gesagt der einzige, der mir bekannt ist. Kannst Du kurz was zum Rest der Band sagen?

Naja, so viel hat sich da seit 2003 nicht verändert, wir haben ein echt stabiles Lineup. Reb Beach, unser zweiter Gitarrist dürfte von WINGER bekannt sein, für Timothy Drury, unseren Mann am Keyboard sind WHITESNAKE der erste große Job. Und den macht er wirklich klasse. Und unser Schlagzeuger Chris Frazier ist seit 2007 an Bord. Er hat vorher mit Steve Vai gespielt. Eddie Van Halen hat uns einander vorgestellt. Wir kennen uns schon eine ganze Weile. Abgesehen von Tommy Aldridges Weggang und Chris‘ Hinzukommen ist unsere aktuelle Besetzung ist diejenige, die bisher am längsten besteht.

Wie verlief die Zusammenarbeit mit Doug?

Doug und ich sind erst gute Freunde, dann sehr gute Songwritingkollegen geworden. Er findet sich sehr gut mit dem Stil älterer WHITESNAKE-Alben zurecht, was ich bei ihm als Amerikaner sehr erfreulich finde. Die meisten kennen uns erst ab “Slide It In“ (also 1984, d. Verf.); es ist also sehr angenehm und inspirierend mit ihm zu arbeiten. Wir mussten nicht viel diskutieren, die Zusammenarbeit verlief sehr reibungslos und wir hatten eine Menge Spaß.

A propos Amerikaner. Was sagst Du zur anstehenden Präsidentenwahl, wer ist dein Favorit? Oder interessierst du dich nicht für Politik?

O doch, sehr sogar. Ich schreibe nur keine Songs darüber. Um ehrlich zu sein, die gegenwärtige US-Regierung ist mir zutiefst zuwider. Ich hasse diese Typen, das kannst du glauben. Ich kann auch den Tag kaum erwarten, an dem die ihr Bündel packen und abhauen. Die haben in ihrer grenzenlosen Arroganz wirklich alles getan um den Ruf der USA in der restlichen Welt zu ruinieren. Keine Ahnung ob es das war, was sie wollten. Aber irgendwie scheint es mir fast so. Die schießen ganze Herden von Böcken und verstehen einfach nicht, wie sehr sie ihrem Volk damit schaden. Oder sie wollen es nicht verstehen. Ich weiß nicht was letztendlich schlimmer ist. Der angerichtete Schaden ist jedenfalls kaum wieder gutzumachen.
Wie auch immer, für mich sind die Demokraten bzw. ist Barack Obama ein echter Lichtblick in finsteren Tagen. Meine Frau und ich haben ihn in Nevada gewählt und ’ne Menge Geld für seinen Wahlkampf gespendet. Für mich ist er der beste Kandidat.

In den Medien wird das ja gern aufgebauscht, entweder ein farbiger Kandidat oder eine Frau.

O ja, für manche Leute dürfte das ’ne echt schwierige Entscheidung werden.

Wie stehst Du zu Hillary?

Oh, ich fände es nicht schlecht, wenn mal eine Frau das Präsidentenamt übernähme. Aber ich bin froh, dass sie es diesmal nicht wird. Bush-Clinton-Bush-Clinton – der Präsidentenjob sollte nicht zwischen zwei Familien hin- und her gereicht werden, oder?

Sehe ich auch so, ja. Ihr seid im Sommer auf großer Tour, spielt auf diversen Festivals. Wie sieht der Plan darüber hinaus aus? Oder gibt es noch keine Details?

Eigentlich nicht, nö. Wir werden weiterhin das Evangelium der weißen Schlange predigen und der Welt die Liebe bringen, Baby!

A propos Liebe: stimmt’s, dass der Bandname WHITESNAKE eine Anspielung auf deinen Pimmel ist?

Ja.

Echt jetzt?

Ja. Was denkst du wie ich die Band genannt hätte wenn ich aus Afrika stammen würde, haha?

Oh Mann! David, vielen Dank für deine Zeit!

Immer gern.

Galerie mit 41 Bildern: Whitesnake auf dem Wacken Open Air 2016
20.06.2008

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