Whitechapel
"Es ist so lange her, dass sich die Dinge auch nur annähernd normal angefühlt haben, dass man sich fragen muss, ob dieses "normal" jemals zurückkehren wird."
Interview
Musikalische Veränderung – Fluch oder Segen?
Die natürliche Entwicklung auf der einen, alteingesessene Fans auf der anderen Seite. Wie jeder weiß ein Spagat, den viele Bands wagen und im Sinne der Weiterentwicklung auch wagen müssen, der sich aber gerade hinsichtlich „Früher war alles besser“-Anhänger doch oft als schwer erweist. Insbesondere in diesem Genre haben derartige Beispiele der Weiterentwicklung in jüngster Vergangenheit doch oft zu Unverständnis bis hin zu Abwendung der Fans gesorgt. WHITECHAPEL haben dabei bisher zwar scheinbar unbeeindruckt ihr Ding durchgezogen, aber ihre langjährige Vergangenheit von Erfahrung bringen dieses Selbstbewusstsein sicherlich auch natürlichwerweise mit sich. Dennoch ist „Kin“ durch vermehrt eingesetzten Clean Gesang und Balladen gerade in dieser Hinsicht angreifbar, weil zugänglicher, was den Vorwurf des „selling out“ aufbringt. „Was ich für unfair halte. Aber ich verstehe es auch: Wenn man ausschließlich wegen der brutaleren Sachen an die Band gekommen ist, wird man dieses neue Medium nicht erwarten – zumindest nicht von uns. Aber das ist ohnehin so eine Sache: Viele Bands haben Clean Gesang und gelten trotzdem nicht als „Super-Mainstream“, es ist nur der Kontext den die Leute durcheinander zu bekommen scheinen.“
Man richtet sich an dieser Stelle auch seitens der Reaktionen zu „The Valley“ in positiver Erwartung an die Fans, denn die Gesamtreaktion – sowohl zu der Scheibe, als auch zu den dadurch erweiterten Live-Auftritten – war überwältigend positiv. „Ich schreibe das hauptsächlich der Tatsache zu, dass es auf geschmackvolle Weise stattfindet, insbesondere was den Gesang betrifft. Phil hat ehrlich gesagt eine unglaublich bemerkenswerte Stimme. Es wäre eine andere Geschichte, wenn wir das das aus der falschen Vorstellung heraus, um nämlich mehr Erfolg zu haben, erzwingen würden, aber das ist bei Weitem nicht der Fall und ich denke seine stimmliche Ausführung spricht für sich selbst.“ Eine Art „Catch-22-Situation“ also: Es beschweren sich immer Leute über Veränderung, andererseits ist es auch nicht damit getan immer wieder stilistisch gleiche Alben zu veröffentlichen. „Du kannst es also nie allen recht machen und das ist in Ordnung. (…) Die Leute scheinen die natürliche Entwicklung des Sounds der Band zu mögen und auch wirklich zu schätzen.“
Zu schätzen weiß die Band selbst neben der positiven Resonanz auch die Aufmachung des neuen Silberlings: Das Cover – ganz in zwei Schwarz-, zwei Blautönen und Weiß – gehalten, entstammt Jillian Savages Hand, welche nicht nur Bens Frau ist, sondern „Kin“ durch ihr zeit- und arbeitsintensives Pointillismus-Werk eine weitere sehr familiäre Facette zu diesem doch sehr persönlichen Album beigetragen hat.
Und wie geht es nun weiter?
Fehlt WHITECHAPEL das Touren und die Nähe zu den Fans? „Wir wissen die zusätzliche Zeit zu schätzen, die uns die Pandemie für unseren kreativen Prozess geschaffen hat, aber wir sind mehr als bereit, unser ’normales‘ Leben wieder aufzunehmen. Ich setze ’normal‘ absichtlich in Anführungszeichen, weil… nun, es ist schon sehr lange her, dass sich die Dinge auch nur annähernd normal angefühlt haben und man frägt sich doch, ob dieses ’normal‘ jemals zurückkehren wird.“ Wer die letzten Tage mal wieder in einer größeren Menschenmenge stand, weiß wovon Alex da spricht. Seltsam ist es inzwischen irgendwie doch und es bleibt abzuwarten, was da noch kommt und was sich letztendlich und hoffentlich langfristig ändern wird. Trotzdem: „Es wird sicherlich ein Prozess sein, aber wir sind bereit, diesen Prozess in Gang zu setzen und die Arbeit wieder aufzunehmen. Also ja: Wir freuen uns alle darauf und sind sehr gespannt, wie es weitergeht!“ Wie wir alle.
WHITECHAPELs neues Album „Kin“ wird übrigens kommenden Freitag, 29.10.2021 veröffentlicht und unsere Rezension verlinkt, sobald vorhanden. Bis dahin ein kleiner Vorgeschmack (& Kostümtipp) zu passend zu Halloween:
Galerie mit 17 Bildern: Whitechapel - MTV Headbangers Ball 2019 in BerlinMehr zu Whitechapel
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Stile | Death Metal, Deathcore |
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