Warbringer
Interview mit John Laux zu "Worlds Torn Asunder"
Interview
Die Welt auseinandergerissen – welch ein Titel für ein Album! Aber einen passenderer Titel hätte es für das mittlerweile dritte Album der amerikanischen Thrasher WARBRINGER eigentlich kaum geben können. Das ist mit der Brutalität des Vorgängers „Waking Into Nightmares“ gesegnet, aber diesmal auch differenzierter und düsterer. Wir sprachen mit Gitarrist John Laux über das neue Album, einen einfachen Lebensstil und die Auswahl von Coversongs.
„World Torn Asunder“ unterscheidet sich in einigen Punkten vom Vorgänger „Waking Into Nightmares“. Habt Ihr diesmal beim Songwriting oder der Produktion etwas anders gemacht?
Ja, es gab einige Unterschiede. Der größte ist wohl die Zeit, die uns zur Verfügung gestanden hat. Bei „Waking Into Nightmares“ hatten wir nach einer Tour gerade mal zwei Monate Zeit für das Schreiben der Songs und zwölf Tage im Studio, um die Songs aufzunehmen. Diesmal haben wir uns aber ernsthaft Zeit für das Album genommen. Wir haben uns auf die Musik konzentriert und konnten sogar eine kleine Vorproduktion machen. Aber bei der Philosophie des Songwritings hat sich seit dem ersten Album nicht viel geändert. Wir sind viel getourt und dadurch bessere Musiker geworden, und unser Ziel ist es, nicht nur kurze, knackige Metal-Songs zu schreiben, sondern verschiedene Dynamiken und Handlungen in die Songs einzubauen. Uns ist das wichtig, damit es live spannend bleibt und sich die Sachen nicht zu sehr ähneln.
Ihr habt aber diesmal auch Einflüsse aus anderen Stilen in Eure Musik integriert…
Das haben wir eigentlich immer versucht, ob es jetzt Death Metal war, Black Metal oder sogar ein wenig Hardcore. Wir versuchen, Musik zu erschaffen, die spannend und interessant bleibt. Und wir möchten als Musiker und als Persönlichkeiten weiter wachsen. Es ist eine sich ständig verändernde Erfahrung für uns.
Diesmal habt Ihr mit Produzent Steve Evetts zusammengearbeitet. Warum habt Ihr ihn ausgewählt, und wie verlief die Zusammenarbeit?
Wir wollten, dass sich das Album roh, old-school und in gewisser Weise auch retro anhört. Dafür wollten wir mit jemand zusammenarbeiten, der Erfahrung mit Metalbands hat, und Steve bringt diese Erfahrungen mit: Er hat mit INCANTATION, M.O.D. oder DEMOLITION HAMMER gearbeitet, aber auch mit großen Rockgruppen. Uns war es wichtig, dass sich der Sound natürlich und organisch anhört. Auf der anderen Seite wollten wir ein Album haben, das groß, modern und ehrgeizig erscheint.
Wir haben also mit Steve telefoniert, und er hat die perfekte Balance für uns gefunden. Wir wollten beispielsweise die Drums nicht triggern… (lacht) weswegen er unseren Drummer hart rannehmen musste. Außerdem haben wir die Gitarren nicht per Copy & Paste zusammengefügt, und das war bei vier Gitarrenspuren eine Menge Arbeit. Wir sind auf das Ergebnis sehr stolz, weil wir viel Arbeit reingesteckt haben. Ich halte das Ergebnis für perfekt, weil sich alle Takes noch genauso anhören wie bei den Aufnahmen, ohne Re-amping, ohne Delay, sondern genauso wie bei der Performance. Steve Evett hat uns beim Einspielen zu Höchstleistungen angestachelt. Insofern war es großartig, mit ihm zusammenzuarbeiten.
Wovon handeln die Texte auf „World Torn Asunder“?
Auf unserem ersten Album handelten alle Texte von den Schrecken des Krieges. Aber irgendwann kam der Punkt, wo ich dachte, dass wir immer ehrgeiziger in der Musik werden und diese Art von Texten nicht mehr dazu passt. Wir haben uns von persönlichen Erlebnissen inspirieren lassen. Natürlich ist das alles Metal, die Musik ist extrem, die Texte ein wenig absurd und übertrieben. Der Kern der Texte entspringt aber unserer persönlichen Erfahrung.
Beispielsweise habe ich den Text zu „Shattered Like Glass“ geschrieben, als ich eine Überanstrengung meines Handgelenks hatte, weil ich beim Songwriting zu viel Gitarre gespielt hatte. Es geht darum, wie verletzlich der menschliche Körper und überhaupt die Existenz ist. Auch wenn der Song extrem ist, entspringt doch der Kern der Aussage aus der eigenen Erfahrung.
„Future Ages Gone“ ist ein bisschen mehr beobachtend. Der Text basiert auf einem Artikel, den ich im „Time“ Magazin gelesen habe. Darin ging es um technologische Singularität (der Ausdruck steht für die Theorie bzw. den Zeitpunkt, ab dem Maschinen sich durch künstliche Intelligenz selbst verbessern können; Anm. Red.), was ein wenig nach Terminator klingt, aber ein heiß diskutiertes und sehr aktuelles Thema ist. Wir haben eben versucht, zu jedem Song ein eigenes Thema zu finden.
Schreibt Ihr denn zuerst die Musik oder die Texte?
Meistens schreibe ich erst die Musik, habe dabei aber schon im Sinn, was dazu passen könnte und gebe das dann weiter an Kevill (John Kevill, Sänger; Anm. Red.). Kevill schreibt einen Großteil der Lyrics, aber wir ergänzen uns wirklich gut.
Was hat es mit dem Titel „World Torn Asunder“ auf sich?
Dazu muss ich sagen, dass der Titel erst entstand, nachdem wir das Coverartwork in Auftrag gegeben hatten. Wir gaben Dan Seagrave unsere Ideen und hatten etwas wie Atlas, der die Welt stützt, im Sinn. Und daraus ist dann so etwas wie eine göttliche Macht geworden, die die Welt auseinanderbricht. Dan Seagrave gab uns ein paar Skizzen, und Carlos kam dann mit dem Titel „World Torn Asunder“. Es ist definitiv kein übergeordnetes Konzept für das ganze Album, aber es passt sehr gut zur Musik und zur Band.
Am Ende des Albums steht mit dem Instrumental „Behind The Veils Of Night“ ein ungewöhnlicher Track, fast schon mit flamencoartigen Gitarren. Wie ist dieser Track entstanden?
Wir jammen im Proberaum sehr viel und arbeiten so die Songs aus. Das Instrumental hatten wir ziemlich schnell beisammen: Adam spielte Klavier und Carlos Gitarre. Das hörte sich schnell ziemlich gut an, so dass wir es mit auf das Album packen wollten.
Carlos hat sich also ohne Umschweife am Songwriting beteiligt?
Ja, ohne Zweifel. (lacht)
Auf der Digipak-Version des Albums gibt es zwei Bonustracks, „Sacrifice“ von BATHORY und „Execute Them All“ von UNLEASHED – warum habt Ihr gerade diese beiden Songs ausgewählt?
Bei „Execute Them All“ wurden wir mehr oder weniger von unserem Label gezwungen, es zu covern. Century Media hatte gerade sein zwanzigjähriges Jubiläum, und deshalb gab es einen Jubiläumssampler, wo neue Bands ältere Bands covern. Wir haben ihnen gesagt, dass wir gerade auf Tour wären und keine Zeit hätten, ins Studio zu gehen. Dann waren wir aber für ein, zwei Tage bei ihnen im Büro, und sie kamen dann mit zwei CDs von UNLEASHED an und sagten zu uns: „Die könnt Ihr Euch anhören, und morgen geht Ihr dann ins Studio und nehmt einen Song auf!“ (lacht) Und das haben wir dann gemacht.
„Sacrifice“ von BATHORY haben wir ausgewählt, weil es ein großartiger Song ist, auch wenn das Album (das Debütalbum „Bathory“ von 1984; Anm. Red.) mies produziert war. Und dann haben wir für unsere Single „Living Weapon“ noch „(We Are) The Road Crew“ von MOTÖRHEAD gecovert… Der Titel hat mich einfach berührt, als wir von einer unserer Tours nach Hause kamen. (lacht)
Seit „Waking Into Nightmares“ habt Ihr zwei Bandmitglieder ausgetauscht, Dein Bruder Andy ist wieder zurück in die Band gekehrt, und Carlos Cruz hat Nic Ritter an den Drums ersetzt. Wie kam es dazu?
Wir sind ja immer recht lange auf Tour, und das ist für jeden von uns echt stressig. Das ist wahrscheinlich der Grund dafür, dass wir relativ häufig Bandmitglieder austauschen. Bei Andy war es so, dass er die Schule fertigmachen wollte und Ben Bennett einfach nur als temporärer Ersatz in die Band gekommen war. Bei Nic waren es ein paar persönliche Sachen, mit denen er nicht so glücklich war. Dass er dann gehen würde, war eine einvernehmliche Entscheidung. Carlos kennen wir schon lange, und deshalb war es keine schwere Entscheidung, ihn im Januar in die Band zu holen. Die Chemie zwischen uns stimmt, und in der Band ist eine so gute Stimmung wie schon lange nicht mehr.
Ich habe gelesen, dass Ihr ungefähr 300 Tage im Jahr auf Tour seid – kaum zu glauben, stimmt das?
Oh yeah, absolut! (lacht)
Was macht das Leben auf Tour für Dich so reizvoll?
Es ist mir langsam ans Herz gewachsen, aber es hat ungefähr ein Jahr gedauert. Wir haben als Band gelernt, gemeinsam abzuhängen und zu entspannen, wenn wir zusammen im Tourbus oder im Van unterwegs sind. Wenn ich auf einer anständig organisierten Tour bin und vom Venue ein Bett gestellt bekomme, kann ich ohne einen Pfennig in der Tasche auskommen. Auf Tour kann ich Leute treffen – ich habe Freunde auf der ganzen Welt – ich liebe Musik, und ich liebe das Herumreisen, auch wenn das einen sehr einfachen Lebensstil bedeutet.
Aber Du empfindest das Leben auf Tour auch als anstrengend?
Oh ja, es ist sehr anstrengend und ermüdend. Auf der anderen Seite ist es aber auch sehr lohnend, weil wir all die Bands kennenlernen dürfen, die für uns als Jugendliche schon eine große Inspiration gewesen sind. Beispielsweise KREATOR, die wir verehren, mit denen wir aber mittlerweile nch einer gemeinsamen Tour befreundet sind. Es ist eine außergewöhnliche Erfahrung, mit ihnen zusammen abzuhängen, ein paar Bierchen zu trinken und gleichzeitig nicht abzudrehen.
Kannst Du Dir vorstellen, neben WARBRINGER noch einen Brotjob zu haben?
Ehrlich gesagt nicht. Niemand würde mich anstellen, wenn ich ihnen sage, dass ich nach einem Monat wieder auf Tour gehen muss. Und ehrlich gesagt wird es jetzt auch wieder Zeit auf Tour zu gehen – nach ein paar Monaten zu Hause wird es ein bisschen langweilig. (lacht)
Letztes Jahr auf dem Summer Breeze hattet Ihr bei uns am Stand eine Autogrammstunde gegeben, und beeindruckend war, dass Euer Sänger John sich vor dem Stand hingestellt und jeden Fan per Handschlag begrüßt hat. Warum ist Euch der direkte Kontakt zu den Fans so wichtig?
Wir sind da sehr ehrlich in dem, was wir tun. Wir behandeln unsere Fans nicht wie Fremde, sondern eher wie gute Freunde. Ich denke, wir sind sehr zugänglich und locker, und wenn uns jemand eine Frage stellt, haben wir keine Probleme damit zu antworten. Aber das ist keine Sache, über die wir groß nachdenken, auch wenn es natürlich die Fans sind, die uns das alles ermöglichen. Darüber sind wir sehr dankbar.
Ihr fühlt Euch aber nicht privilegiert oder wie Stars?
Nein, absolut nicht. Und wenn uns die Leute sehen, wie wir aus unserem Van krabbeln, möchte auch niemand mit uns tauschen! (lacht)
Im Dezember kommt Ihr nach Deutschland auf Tour, zusammen mit ARCH ENEMY und CHTHONIC. Worauf freust Du Dich am meisten?
Na ja, die Musiker von ARCH ENEMY haben bei MERCYFUL FATE, WITCHERY und CARCASS gespielt… das sagt wahrscheinlich schon alles. Von CHTHONIC habe ich noch nicht so viel gehört, aber EVILE haben uns nur Gutes von ihnen erzählt. Ich bin da sehr gespannt!
Alles klar, dann sehen wir uns im Dezember auf Tour. Danke für das Interview!