Waldgeflüster
Interview mit Winterherz zu Herbstklagen
Interview
WALDGEFLÜSTER haben mit „Herbstklagen“ ein Debüt vorgelegt, dessen Klasse mich äußerst positiv überrascht hat. Da mussten natürlich gleich ein paar Fragen an Quasi-Alleinunterhalter Winterherz raus, um genauer zu ergründen, wie ein Projekt mit „Pagan“ im Stil und „Wald“ im Namen so gute Musik hinbekommt. Denn, und das ist empirisch belegt, ganz alltäglich ist derlei ganz und gar nicht.
Interviews sind Promoarbeit. Also promote mal kräftig!
Grüß Dich. Die Tage, um genau zu sein am 27.2.09 (Also heute! -Ed.), wird das Debütalbum „Herbstklagen“ von WALDGEFLÜSTER veröffentlicht. Hörproben dazu findet man auf meiner Homepage www.waldgefluester-blackmetal.de.vu oder auf www.myspace.com/blackwaldgefluester. Außerdem findet am 28.2. die Release Party zum Album im Underground in St. Pölten statt, unterstützt werden wir hierbei von DEATHCON1942 und SCHWARZKRISTALL. Ich hoffe, damit ist der Promotion Genüge getan.
Was bringt einen eigentlich im Jahre 2005 dazu, ein zu allem Überfluss „heidnisches“ BM-Projekt ins Leben zu rufen, wenn man bereits eine (wenn auch nicht gerade berauschende) BM-Combo am Start hat?
Was bringt einen dazu, seine Meinung zu Alben in Magazinen und Blogs kundzutun, obwohl es diese ebenfalls im Überfluss gibt? Wohl weil man der Ansicht ist, dass man es besser kann, bzw. weil man sich ebenfalls verwirklichen möchte. Aber auf was Du wahrscheinlich hinaus wolltest, ist der folgende Grund: SCARCROSS wurde von allen Mitgliedern nie wirklich als BM-Band gesehen, sondern eher als Band, in der wir versucht haben, mit unterschiedlichsten Einflüssen neue und vor allem anspruchsvolle Musik zu schaffen. Aber im Gegensatz zu den meisten anderen Mitgliedern von SCARCROSS war ich dem Black Metal immer etwas mehr zugeneigt. Und da ich viele Ideen hatte, die wir zusammen nicht verwirklichen konnten, beschloss ich, ein neues Projekt zu starten, in dem ich mich voll und ganz auf Black Metal konzentrieren konnte. Und heidnisch wurde das Ganze einfach durch mein persönliches Interesse und die Einstellung, die ich zu diesem Thema habe. Auch diesen Aspekt von WALDGEFLÜSTER konnte bzw. wollte ich bei SCARCROSS nicht wirklich ausleben, da die anderen Mitglieder einfach nichts mit dieser Thematik am Hut haben und ich ihnen das nicht aufdrängen wollte. Ganz abgesehen davon ist der Fokus bei WALDGEFLÜSTER lange nicht so stark auf den heidnischen Aspekt gerichtet, wie es Deine Frage impliziert. Auf „Herbstklagen“ befinden sich nur zwei Stücke, die sich wirklich explizit mit Heidentum beschäftigen, ansonsten ist es mehr eine allgemeine Grundstimmung, die sich mit der Naturverbundenheit durch das Schaffen von WALDGEFLÜSTER zieht.
Ich muss gestehen, dass ich in Sachen WALDGEFLÜSTER sehr, sehr skeptisch war. Der Bandname und auch der SCARCROSS-Hintergrund haben mich nicht gerade euhporisiert. Trotzdem ist „Herbstklagen“ ein ziemlich gutes Album geworden, eigenwillig und emotional. Wie hast Du das angestellt?
Indem ich einfach die Musik und Gefühle, die aus mir heraus wollten, aufgenommen habe. Das habe ich immer so gehandhabt. Aber wahrscheinlich bin ich einfach durch die Erfahrungen, die ich über die Jahre gesammelt habe, als Schreiber gewachsen. Man lernt ja durch jedes Lied, das man schreibt, auch etwas dazu, und jetzt war die Zeit wohl reif für mich. Aber danke, dass Du dem Album eine Chance gegeben hast. Ich hoffe, dass das mehr Menschen machen werden und sich nicht immer durch solche nebensächlichen Informationen abhalten lassen, die Musik zu genießen.
Dein Demo ist bereits 2006 erschienen, hast Du seitdem ständig am Debüt gearbeitet, oder hast Du auf Vorrat komponiert und wirst uns jetzt à la XASTHUR alle zwei Monate mit einer neuen Scheibe beglücken?
Eigentlich habe ich seit dem Demo für WALDGEFLÜSTER nur „Herbstklagen“ geschrieben. Ich bin ein äußerst langsamer Komponist, manchmal liegen Monate zwischen zwei Stücken. Allerdings war das Debut eigentlich schon im Sommer 2007 fertig geschrieben. Die Lieder, ihre Reihenfolge und der Albumname standen seitdem fest. Es hat es sich dann einfach Ewigkeiten hingezogen, bis ich das aufgenommene Demomaterial in ein passendes Klanggewand kleiden konnte, also bis ich die Gitarren nochmal neu recorden konnte, und auch Andi von HELFAHRT Zeit hatte, um mir die Drums einzuspielen. Fertig gemischt war das Ganze dann im Sommer 08, und dann ging es erstmal auf Labelsuche usw. Alles in allem hatte ich also seit knapp anderthalb Jahren kein Stück mehr für WALDGEFLÜSTER geschrieben. Erst vor knapp drei Monaten habe ich mit neuem Material begonnen. Aber keine Sorge, bis ein weiteres Album von WALDGEFLÜSTER erscheint, wird noch einige Zeit ins Land ziehen. Trotzdem war ich in der ganzen Zeit auch nicht vollkommen untätig, einerseits wurden ein oder zwei Songs für SCARCROSS geschrieben, andererseits erste Grundsteine für ein neues Akustik/Ambient-Projekt gelegt, welches der Basser von SCARCROSS und ich gerade aufbauen.
Was macht einen typischen WALDGEFLÜSTER-Song aus? Auf welche Elemente legst Du besonders wert? Welche Kriterien muss ein Stück erfüllen, um unter dem Namen WALDGEFLÜSTER veröffentlicht zu werden? Schmeißt Du schlechte Ideen eher weg oder versuchst Du mit Gewalt, aus jedem Ansatz ein akzeptables Lied zu basteln?
Ich hoffe doch, dass ich die schlechten Ideen wegwerfe. Zumindest in meinen Augen tue ich das, das ist vielleicht auch der Grund, warum ich so lange zum Schreiben brauche. Was einen typischen WALDGEFLÜSTER-Song ausmacht, kann ich nicht so genau sagen. Natürlich gibt es gewisse Akkorde, die ich bevorzugt verwende. Zum Beispiel benutze ich kaum die typischen Powerchords, sondern setze eher auf Terzgriffe, oder Melodieläufe auf der D-Saite, während die A-Saite einen Grundton spielt. Dazu kommt dann die zweite Gitarre, die oft einfach nur die Terz zur Melodie der Ersten spielt, oder eine simple Melodie. Diese Technik vermittelt ein ganz bestimmtes Gefühl, das ich für WALDGEFLÜSTER als typisch empfinde. Beim Tempo bleibe ich dann einfach immer bei 120 Bpm hängen. Ich weiß nicht wieso, und es gibt natürlich Ausbrüche nach oben oder unten, aber irgendwie ist das das typische WALDGEFLÜSTER-Tempo.
Wenn ein Song das ausdrückt, was mir auf der Seele lag, und ich damit zufrieden bin, kann er auch veröffentlicht werden. Um ehrlich zu sein, habe ich noch nie ein Stück geschrieben und danach gedacht, es wäre es nicht wert auf einem Tonträger zu erscheinen. Wenn ich mit einem Lied fertig bin, höre ich es meistens rauf und runter, weil es meine augenblicklichen Gefühle widerspiegelt. Ich bringe die Lieder immer nur dann zu Ende, wenn ich wirklich überzeugt bin, dass das Material gut ist.
Das Demo wurde seinerzeit bei Irminsul Records (heute Black Devastation) veröffentlicht. Für das Album zeichnet jetzt Black Blood Records verantwortlich. Worum der Wechsel? Größere Firma? Mit Einheit Productions bessere Anbindung an die heidnische Kundschaft? Oder ist Dir schlicht aufgefallen, dass bei Black Devastation jede Menge Müll rausgebracht wird?
Ich würde das Ganze nicht wirklich als Wechsel bezeichnen. Irminsul Records gab es irgendwann auf einmal nicht mehr, wir hatten auch nie einen Vertrag oder ähnliches. Also musste ich mich zwangsläufig nach einem neuen Label umsehen. Am Schluss hatte ich zwei Angebote, und das von Black Blood Records war einen Ticken besser, außerdem wurde mir Björn von Bekannten als zuverlässig und sehr umgänglich geschildert. Und ja, wenn man es so sehen will, das Argument „größere Firma“ ist natürlich nicht ganz von der Hand zu weisen. Versteh mich nicht falsch, es liegt mir und auch Black Blood und Einheit fern, den großen Reibach zu machen, bzw. ist das ja gar nicht möglich. Aber wenn meine Platte bestmöglich promotet wird, und ich dadurch auch noch die Chance bekomme, auch weiterhin Musik zu produzieren, sage ich sicher nicht nein. Dass Einheit für mich eine bessere Anbindung zur heidnischen Kundschaft bietet, wage ich allerdings zu bezweifeln. Das Material, welches Einheit veröffentlicht, zumindest das, was ich kenne, unterscheidet sich von meiner Musik doch erheblich. Ich glaube also nicht, dass die „Einheit-Kundschaft“ mit meinem Album allzu warm werden wird, lasse mich aber gerne vom Gegenteil überzeugen. Und nein, mir ist nicht aufgefallen, dass Black Devastation jede Menge Müll rausbringt, hehe. Irgendwie habe ich das Material bis auf SALVATION666 nicht wirklich verfolgt, keine Ahnung wieso.
Deine Plattenfirma spricht im Zusammenhang mit WALDGEFLÜSTER von einem „heidnischen Lebensgefühl“. Was genau muss man sich darunter vorstellen? Bzw. was bedeutet dieses Lebensgefühl für Dich? Und wie wirkt es sich auf Deine Musik aus? Wie unangenehm wird der Heidenstempel durch den nicht enden wollenden „Pagan“-„Metal“-Trend?
Ja, ab und zu ist der Heidenstempel schon etwas unangenehm. Man muss sich teilweise wirklich schämen, was für Idioten in dieser „Szene“ rumlaufen. Und dieses „Humpen-rumschwingende-Odin-grölende-sogenannte-Heiden-Volk“ ist mir eigentlich zuwider. Die haben meiner Meinung nach nichts begriffen. Für mich bedeutet Heidentum die Achtung vor der Natur, bzw. dass sich die Natur als einziges über mich stellen darf. Die heidnischen Geschichten der Edda sind für mich nichts weiter als Metaphern, und jeder, der daran glaubt, dass Wotan in Walhalla sitzt und auf die gefallenen „Finntroll-Krieger“ wartet, ist für mich nicht „freier“ als jeder Christ.
Das heidnische Lebensgefühl wirkt sich auf die Musik von WALDGEFLÜSTER hauptsächlich durch die Texte aus. Auch wenn sich nur zwei Lieder wirklich mit heidnischer Thematik beschäftigen, so ist es wohl der Naturbezug, der sich wie ein roter Faden durch die Lyrics zieht, der dieses Lebensgefühl vermittelt. Sie drücken wie gesagt meine Achtung vor der Natur aus und lassen diese heidnische Grundstimmung aufkommen, da ich immer versuche, persönliche Gefühle und Emotionen in Naturbilder einzubetten. Dazu kommen dann noch die wenigen Texte, die sich wirklich intensiver mit dem Thema Heidentum beschäftigen. So zum Beispiel „Wolfsgeheul“, in dem ich die wertfreie Frage stelle, ob es dem Menschen heute ohne die Mythen und mystischen Plätze alter Kulturen wirklich besser geht. Oder ob er dadurch nicht einen Teil seiner Spiritualität eingebüßt hat, die man an gewissen Plätzen wie zum Beispiel in dunklen Wäldern auch empfinden kann, wenn man nicht an personalisierte, hammerschwingende Götter glaubt.
Die Musik von WALDGEFLÜSTER ist bei aller Aggression eher introvertiert und von tiefer Melancholie durchzogen. Trotzdem würde ich unterm Strich von einer durchaus positiven Grundstimmung sprechen wollen, die die Scheibe vermittelt. Wie bewusst bist Du Dir dieser scheinbaren Widersprüche? Sind das wohl kalkulierte Stilmittel oder schlicht eine Reflexion Deiner Persönlichkeit bzw. Deines Gefühlslebens während der kreativen Phase?
Um ehrlich zu sein, ich sehe die positive Grundstimmung die Du ansprichst nicht wirklich. Aber vielleicht meinst Du damit die Schönheit in der Melancholie, die ich dabei empfinde (Etwas in der Richtung, ja. -Ed.). Also bin ich mir dieses Widerspruchs wohl nicht bewusst. Ich liebe halt Melodien, die melancholisch, doch zugleich „schön“ sind. Aber was ich sicher sagen kann, ist, dass nichts bei WALDGEFLÜSTER wirklich kalkuliert ist. Ich schreibe alles so, wie es kommt. Natürlich sortiere ich die Riffs zu den Texten, zu denen sie am besten passen, aber von Kalkulation würde ich dabei nicht gerade sprechen. Ich kann Dir aber Recht geben, dass die Platte wohl nicht ganz so negativ ist wie bei vielen anderen BM-Bands. Zwar bin ich selbst kein sehr positiv denkender Mensch, doch habe ich immer noch einen Funken Hoffnung auf Besserung in mir, das kommt, denke ich mal, auf dem Album auch rüber. Zumindest in „Wintermorgen“ spreche ich diese Hoffnung direkt aus, denn es folgt auf jede Herbstklage auch ein Wintermorgen. Aber ob wir das Ganze nun positive Grundstimmung, Schönheit der Melancholie oder Hoffnung nennen: Jedes Stück ist eine Reflexion meiner Selbst während des Schreibprozesses. Für mich ist das Schreiben ein Auseinandersetzen mit mir selbst, und ich löse dadurch innere Konflikte, um danach befreit in den Morgen blicken zu können.
Wo siehst Du die wichtigsten musikalischen Einflüsse für WALDGEFLÜSTER? Wo die textlichen? Wie sind die wenigen thrashigen Abschnitte aufs Album geraten? Kennst Du eigentlich DEPRESSIVE AGE?
Ich musste schmunzeln, als ich diese Frage gelesen habe, da ich beim besten Willen keinen einzigen thrashigen Abschnitt auf dem Album erkennen kann (Im zweiten Lied, ungefähr zur Halbzeit. -Ed.). Eigentlich höre ich Thrash Metal nicht mal im Geringsten. Vielleicht mal abgesehen von den Thrash-Einflüssen bei THE CROWN, und einmal im Jahr RAISE HELLs „Soulcollector“. Aber DEPRESSIVE AGE sagt mir rein gar nichts, und nachdem ich mich jetzt mal informiert habe, was das ist, glaube ich auch nicht, dass mir die zusagen. Aber ich schätze mal, Du sprichst damit die paar abgestoppten Parts auf dem Album an. Die habe ich zur Auflockerung und Abwechslung eingebaut, damit die Gitarren nicht 60 Minuten lang denselben Rhythmus spielen. Ich denke, das macht die Songs interessanter, und bringt etwas „Feuer“ in die Geschichte. Bei den musikalischen Einflüssen kann ich nur sagen, dass ich glaube, einen ziemlich breit gefächerten Musikgeschmack zu haben. Von Akustikalben wie EMPYRIUMs „Weiland“, über Death Metal à la OPETH bis zu BM ist alles dabei. Im Augenblick liegt das Hauptaugenmerk allerdings auf BM, wobei ich dabei eher auf den getragenen und traurigen Black Metal stehe, die absolute Raserei ist nicht wirklich mein Fall. Diese Genres haben, glaube ich, den größten Einfluss auf meine Musik. Einzelne Bands kann ich jetzt nicht aufzählen. Im Moment laufen bei mir die EP von WITTR, FEN und FURIA sowie die letzten beiden KATATONIA-Alben, die haben es mir gerade angetan. Textlich greife ich nicht wirklich auf direkte Einflüsse zurück, denke ich zumindest. Ich lese einigermaßen viel, taste mich auch immer mal wieder an „Klassiker“ ran, und das wird sicher unterbewusst meinen Stil beeinflussen. Wenn man von Liedtexten ausgeht, gehören für mich NOCTE OBDUCTA noch immer zu den Speerspitzen, das sind für mich so ziemlich die besten Texte, die ich kenne. Die Lyrik der GRABNEBELFÜRSTEN ist meiner Meinung nach ebenfalls nicht zu verachten, auch wenn das ein komplett anderer Stil ist.
Wenn ich das richtig sehe, hast Du sogar ein Line-Up für Liveauftritte. Gehört so introvertierte Musik auf die Bühne vor ein versoffenes Metallerpublikum? Verändert sich der Charakter der Musik, wenn Ihr live spielt? Legt ihr dann mehr Wert auf Aggression? Kurz: wie muss ich mir WALDGEFLÜSTER live vorstellen?
Ich liebe es, live zu spielen, und damit meine ich nicht nur die aktive Zeit auf der Bühne, sondern auch das dazugehörige Geschehen dahinter. Deshalb gehört WALDGEFLÜSTER für mich eindeutig auf die Bühne. Mehr noch, ich glaube sogar, dass ich die Songs selten so intensiv erleben kann wie in diesen Momenten. Und da ich selbst auch gern mal einen über den Durst trinke, darf ich mich nicht über das versoffene Metalpublikum beschweren. Natürlich wäre mir ein ausgewähltes und interessiertes Publikum lieber, aber man muss dann halt versuchen, auch die Zweifler zu überzeugen, und wenn das nicht funktioniert, sie zu ignorieren. Ich spiele dann immer einfach für mich und gehe in den Songs auf, was die Leute denken ist mir egal. Außerdem muss ich sagen, dass wir bis jetzt noch nicht wirklich Pech mit dem Publikum hatten, mal abgesehen davon, dass es immer sehr wenige Leute waren.
Wahrscheinlich ändert sich der Charakter der Musik wirklich ein bisschen. Zum einen spielen wir die Songs immer etwas schneller als auf dem Album, zum anderen haben wir zum Beispiel auch ein Gitarrensolo eingebaut, welches dem betroffenen Stück eine „rockigere“ Note gibt. Aber wie Du Dir das vorstellen kannst, kann ich Dir wirklich nicht beantworten, wir versuchen einfach immer, die Musik zu fühlen. Am besten schaust Du mal bei einem der kommenden Konzerte vorbei und machst Dir selbst ein Bild.
WALDGEFLÜSTER ist ein recht junges Projekt (oder doch eher eine Band?). Hast Du Dir schon mal Gedanken darüber gemacht, was genau Du mit WALDGEFLÜSTER erreichen willst? Einen Vertrag bei Century Media? Headliner auf dem Ragnarök-Festival? Unterwäsche mit dem Bandlogo?
WALDGEFLÜSTER ist im Augenblick ein Projekt, und wird dies auch vorerst bleiben, sprich ich werde die alleinige Entscheidungsgewalt und das Schreibrecht erstmal nicht aus der Hand geben. Trotzdem hat es manchmal den Charakter einer Band, da wir regelmäßig proben und auch außerhalb der Musik relativ viel Zeit miteinander verbringen. Ich bin meinen drei Mitmusikern Alex, Gleb und Noctar auch unheimlich dankbar für die Unterstützung und Zeit, die sie für die Bühnenumsetzung investieren, sowas ist nicht selbstverständlich! Was ich mit WALDGEFLÜSTER erreichen will, ist einfach: Ich möchte weiterhin die Möglichkeit haben, Musik zu schreiben, aufzunehmen und live zu spielen. Weder ein Vertrag bei Century Media noch die Headlinerposition auf dem Ragnarök sind für mich wichtig, derlei steht gar nicht zur Debatte. Aber ich würde gerne einmal im Monat oder alle zwei Monate einen Gig haben, eine kleine, einwöchige Tour wäre sowieso mein Traum. Und dann wäre es schön, wenn ich durch meine Alben und durch das Label die Aufnahmen in einem guten Studio finanzieren könnte. Ich würde mir gerne mal ein oder zwei Wochen in professioneller Umgebung Zeit für eine Aufnahme lassen, und nicht hetzen oder improvisieren müssen. Zwar macht das auch oftmals den Charme einer Platte aus, aber so habe ich jetzt oft genug gearbeitet, ich hätte es gerne mal anders. Dorthin würde ich gerne kommen, ohne mich dafür verkaufen zu müssen. Aber mal sehen, was die Zeit bringt.
Da ich mich vorhin über den Namen WALDGEFLÜSTER mokiert habe, will ich Dir kurz vor Schluss Gelegenheit geben, mir und dem Rest der Welt zu erklären, warum es unbedingt dieser Name sein musste. Wofür steht er, und welche Aspekte Deiner Musik soll er unterstreichen?
Als ich mit dem Schreiben für die erste Demo begonnen hatte, bin ich ziemlich zu Beginn an den Punkt gekommen, wo ich entscheiden musste, welches Konzept ich mit dem Ganzen verfolgen will. Einerseits wollte ich ein heidnisch angehauchtes Projekt starten, welches hauptsächlich mit Naturbildern arbeitet, andererseits sollte es sich trotzdem um meine Emotionen und Gedanken drehen. Da war es natürlich naheliegend, dass der Bandname etwas mit Natur zu tun haben sollte, aber trotzdem weiter reicht. Und so wurde das Waldgeflüster geboren, ein Gedankenkonstrukt, das das tiefste Innere meiner selbst widerspiegeln soll. Das Waldgeflüster steht dabei selbst für dieses Innere, das in meinen Texten und der Musik immer neue Formen annehmen kann ? einmal flüstern die Wälder von tiefer Melancholie, dann schreien sie wieder vor tiefer Abscheu und Hass. Ich mochte dieses Bild, dass die Wälder personalisiert werden, sie tauchen in meinen Texten oft als „handelnd“ bzw. singend, flüsternd oder rufend auf, und dass ihre „Stimme“ sozusagen die Stimme meiner tiefsten und eigenen Gefühle ist, die so mit mir als Komponisten kommunizieren, und mir die Bedeutung mancher Emotionen, die ich empfinde, erst klar machen. Und wie gesagt, nimmt das Waldgeflüster so immer andere Formen an, ich habe damals versucht, dies in dem Text „Waldgeflüster“ vom „Stimmen im Wind“-Demo zu verdeutlichen. Im Endeffekt geht es in dem Text nur darum, was ich mit meiner Musik ausdrücken möchte ? Trauer, heidnische Gedanken, Hass und Naturverehrung. Mir ist inzwischen klar, dass der Name auf manche Leute abschreckend wirkt, aber ehrlich gesagt verstehe ich meistens nicht, woher diese Kritik rührt, und eigentlich ist es mir auch egal. Ich stehe zu diesem Namen, für mich ist er in den letzten drei, vier Jahren ein Teil von mir geworden, mit dem ich so viel verbinde. Wer das nicht nachvollziehen kann oder will, soll der Musik entweder eine Chance geben oder es halt lassen, mir ist das schnuppe. Aber ich hoffe, ich konnte hiermit endlich mal klar machen, dass es mir bei der Namensgebung um mehr ging, als das nächsten evil-true oder „mystische“ Wort zu finden, sondern dass mir WALDGEFLÜSTER wirklich etwas bedeutet.
Schnell noch zu Gemecker, Teil II: Wie geht es eigentlich SCARCROSS? Ist da noch irgendwann einmal mit irgendwas zu rechnen? Wie findest Du Euer Album eigentlich aus heutiger Sicht?
Mit SCARCROSS kommt auf alle Fälle noch was. Wir haben seit ziemlich genau einem Jahr ein fertiges Album auf der Festplatte rumliegen, bei dem nur noch die Drums fehlen. Aber durch diverse Wechsel im Line-up sowie durch den Umstand, dass der Gitarrist und ich inzwischen 300km vom Ursprungsort der Band entfernt wohnen, sind wir in letzter Zeit einfach nicht wirklich vorwärts gekommen. Allerdings werden wir bis spätestens Sommer endlich das Schlagzeug für das Album aufnehmen und dann auf Labelsuche gehen. Ich glaube, dass wir mit diesem Album endlich unseren Sound gefunden haben, und die Leute, die die Songs schon mal hören durften, waren auf jeden Fall angetan. Es wird wieder ein schwieriges Album werden, für das man sich Zeit nehmen muss, aber ich denke, dass wir einige Jugendsünden des letzen Albums ausmerzen konnten. Und so sehe ich „Jahr der Katharsis“ auch aus heutiger Sicht: Ich finde immer noch, dass das Album gute Ansätze hat, und meiner Meinung nach auch viele gute Riffs. Aber im Ganzen wirkt es einfach nicht rund genug, die Strukturen passen nicht immer und der Klang ist zu matschig. Ehrlich gesagt habe ich die Platte jetzt schon mindestens seit einem Jahr nicht mehr gehört. Trotz allem, ich bin immer noch stolz darauf, wir haben damals viel Arbeit und Herzblut in „Katharsis“ gesteckt, und ich finde es immer noch gut. Aber das ist ja immer Ansichtssache, und es gab damals auch ebenso viele positive Stimmen wie negative. Wobei ich die Kritik, die einige damals angemeldet haben, heute besser nachvollziehen kann, was vielleicht auch ein Grund für mein „Wachsen“ als Musiker ist. Aber sollte das neue Album irgendwann mal tatsächlich rauskommen, kannst Du Dir ja vielleicht ein neues Bild über unsere Musik machen.
Und jetzt ist wirklich Schluss. Danke für Deine Zeit. Die letzten Worte gehören natürlich Dir.
Ich danke Dir für dieses wirklich interessante, aber auch provokante Interview! Zum Schluss noch ein kleiner Aufruf an alle Veranstalter und Schlagzeuger: Wir suchen im Moment nach neuen Auftrittsmöglichkeiten, sowie nach einem Ersatz für unseren jetzigen, zeitlich leider zu eingespannten Drummer. Interessenten wenden sich bitte an winterherz[at]gmx.at.
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