Vreid
Interview mit Hváll zu "Milorg"

Interview

Anderthalb Jahre nach „I Krig“ veröffentlichen die Norweger VREID mit „Milorg“ ein neues Album. Was sich seitdem geändert hat und was es über Titel und Texte des Albums zu berichten gibt, erklärt uns Hváll, Bassist und Hauptsongwriter des Quartetts.

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Hei Hváll, zunächst würde ich, weil es das erste VREID-Interview für metal.de ist, gerne kurz auf die Bandhistorie zu sprechen kommen. VREID haben sich 2004 kurz nach dem Ende von WINDIR zusammengeschlossen. Was wolltet Ihr mit VREID erreichen und wie ist es zu Eurem Line-Up gekommen?

Nun, nach dem Ende von WINDIR wollte ich mit VREID etwas komplett Neues und Frisches machen. Ich glaube einfach, wenn man eine neue Band ins Leben ruft, sollte man von vorne anfangen und sich von der Vergangenheit lösen. Ich horchte dann bei unseren alten Drummer Steingrimm nach, ob er mitmachen wollte. Er hatte Lust und dann fragten wir Sture, ob er den Posten des Gitarristen und Sängers übernehmen wollte. Dann fehlte uns noch ein zweiter Gitarrist, den wir in Ese gefunden haben. Ese war bereit, mit uns regelmäßig zu proben und auch zu touren. Daher war das die beste Lösung. Und nicht zuletzt wollten wir frisches Blut in unser neues Projekt einfließen lassen.

Seitdem habt Ihr drei Alben veröffentlicht, „Kraft“, „Pitch Black Brigade“ und „I Krig“. Würdest Du sagen, dass Ihr mit diesen Alben schon den definitiven VREID-Sound gefunden habt?

Ich denke, dass wir das erreicht haben, was wir uns vorgenommen haben. Aber ich glaube nicht, dass wir jemals den ultimativen VREID-Sound finden werden. Die Suche wird immer weitergehen, denn wenn sich Zufriedenheit einschleicht, brauchen wir nicht weiterzumachen. Aber auf dem ersten Album und vielleicht noch auf „Pitch Black Brigade“ haben wir eine Menge experimentiert. Wir waren in einer Findungsphase und haben ausprobiert, was mit der Band alles möglich ist. Das haben wir mit „I Krig“ ziemlich weit aufgebaut und nun mit dem neuen Album weiter fortentwickelt.

Stimmt, das neue Album „Milorg“ hört sich ziemlich anders an als „I Krig“…

Ja, das ist einfach wichtig, dass wir neue Herausforderungen annehmen, damit es interessant für uns bleibt. Und nicht zuletzt soll es ja für die Hörer interessant bleiben. Also habe ich diesmal meine Inspirationen aus den Siebzigern ausgegraben. Ich höre sehr viel von den alten Bands, wie ALICE COOPER, IGGY POP, BLACK SABBATH und natürlich MOTÖRHEAD. Ich habe mich gefragt, was diese Klassiker so besonders macht: Welche Elemente verwenden die Bands, welche Atmosphäre erzeugen sie, wie haben sie die Sachen produziert. Wir haben also versucht, bei der Produktion von „Milorg“ den Klang unserer alten Helden mit unserem Sound zu verschmelzen.

Was glaubst Du ist heute das herausragendste Merkmal von VREID? Immer noch das Black’n’Roll-Label oder etwas anderes?

Dieses Black’n’Roll-Label kam ja nicht von uns, sondern hat man uns verpasst. Aber ich denke schon, dass es das ganz gut trifft. Es hat uns dadurch ein wenig von den Standard-Black-Metal-Bands abgegrenzt. Ob wir jetzt noch die Kriterien für Black’n’Roll erfüllen, kann ich gar nicht sagen. Das wichtigste ist doch, dass wir mit VREID etwas Neues ausprobieren und nicht nur Sachen wiederholen. Zur Zeit versuchen ja ziemlich viele Bands, neue Wege zu gehen und sich neu zu verorten. Aber es ist etwas schwer zu sagen, was der exakte VREID-Sound ist. Ein sehr wichtiger Aspekt vom Wesen von VREID ist jedenfalls die Vielseitigkeit.

Um ein wenig konkreter auf das neue Album zu sprechen zu kommen: Warum bist Du mit „Milorg“ zufrieden?

Nun, ein wesentlicher Gesichtspunkt ist der, dass wir die Produktion diesmal komplett selbst in die Hand genommen haben. Das ist wie eine Befreiung, weil wir so lange daran arbeiten konnten, wie wir wollten, und so lange, bis wir zufrieden damit waren. Somit können wir niemandem die Schuld in die Schuhe schieben und andererseits kann niemand die Lorbeeren einheimsen. Aber ich denke, dass diese Herangehensweise unsere Identität gestärkt hat.

Welcher Song repräsentiert Deiner Meinung nach am ehesten das neue Album und warum?

Das ist schwierig zu beantworten, weil das Album recht vielfältig ist. Aber ich denke, dass der Titeltrack „Milorg“ sehr viel davon repräsentiert, wofür VREID stehen: Heaviness, Atmosphäre, Melodien. Ebenso der Opener „Alarm“, der wie ein Hinweis darauf ist, was in den folgenden Songs alles passiert, von den schnelleren über die brutalen bis hin zu den melodischen Passagen.

Um zu den Texte zu kommen. Gibt es diesmal wieder ein geschlossenes Konzept hinter allen Texten?

Absolut. Das Wort „Milorg“ ist eine Zusammenfassung des Ausdrucks „militær organisasjon“. Das war die Bezeichnung der norwegischen Widerstandsbewegung im Zweiten Weltkrieg, also diejenigen, die gegen die Besatzer in Norwegen gekämpft haben. Dieses Album erzählt viele verschiedene Geschichten: Es geht um Geschichten aus dem Alltag und um Schlachten im Zweiten Weltkrieg. Das Hauptaugenmerk liegt aber auf der „Milorg“. Es war so, dass Norwegen zur Zeit der Besatzung 1940 keinen militärischen Widerstand leisten konnte. Und so haben sich im Untergrund Leute zusammengeschlossen, zumeist Männer zwischen 18 und 25 Jahren alt, um auf ihre Weise ihre eigene Militärorganisation aufzubauen. Sie wurden dabei von den Alliierten unterstützt und waren ein nicht zu unterschätzender Faktor, die Freiheit Norwegens wiederzuerlangen. Insofern ist das Album ein Tribut an ihr Handeln.

Also ein anderer Ansatz als bei „I Krig“, wo Ihr ausschließlich Gedichte vom norwegischen Autor Gunnar Reiss-Anderssen verwendet habt…

Ja, diesmal habe ich alle Texte geschrieben, weswegen sie mehr auf realen Ereignissen basieren und weniger die subjektive Wahrnehmung oder Gefühle widerspiegeln.

Gut, Du hast erklärt, was die „Milorg“ war. Seid Ihr eigentlich dadurch auf Eure Selbstbezeichnung „Pitch Black Brigade“ gekommen?

Das hat nichts miteinander zu tun. Pitch Black Brigade steht für eine starke Einheit, die für dieselbe Sache kämpft. Das haben wir uns ausgedacht, als wir die Band aufgebaut haben. Es drückt aus, dass als starke Einheit einer für den anderen kämpft. Und das illustriert ziemlich deutlich, wofür VREID stehen: Ich sehe uns einfach als Pechschwarze Brigade.

Ganz generell: Ist die Besatzung Norwegens immer noch ein großes Thema in der norwegischen Öffentlichkeit?

Auf jeden Fall. Erst kürzlich gab es in Norwegen den Kinofilm „Max Manus“. Das war die größte norwegische Filmproduktion und der größte Kinoerfolg in Norwegen überhaupt. Darin geht es um den Zweiten Weltkrieg in Norwegen und die Milorg-Gruppen aus der Perspektive des Widerstandskämpfers Max Manus, der tatsächlich gelebt hat. Der Widerstand ist einfach ein wichtiger Faktor in der norwegischen Geschichte, über den beispielsweise in der Schule unterrichtet wird. Es besteht immer noch ein sehr großes Interesse daran, weil Norwegen seit dem Zweiten Weltkrieg in keinen Krieg mehr verwickelt war. Es war das letzte brutale Ereignis in der Geschichte von Norwegen, weswegen sich die Leute daran natürlich stark erinnern.

Zu etwas ganz anderem: Metal ist in Norwegen ein Thema für die ganz normalen Tageszeitungen, was zumindest in Deutschland weitgehend undenkbar ist. Welche Reaktionen habt Ihr von der Presse und den Medien in Norwegen bekommen?

Das stimmt. Hier in Norwegen erscheint unser Album am 5. Januar, und ich hatte deswegen vor kurzem ein Interview mit der Aftenposten, welche eine der größten Zeitungen hier in Norwegen ist. Sie bringen eine zweiseitige Story über unser neues Album mit einer Review und einem langen Artikel. Generell hat sich das in den letzten Jahren gut entwickelt. Von vielen Leuten höre ich immer wieder, dass das in anderen Ländern undenkbar ist. Aber ich glaube, das liegt daran, dass der norwegische Metal auch außerhalb von Norwegen bekannt ist, andererseits Norwegen in anderen Musikgenres nicht allzu viel hervorgebracht hat. Das hat sich in den letzten 15 Jahren so entwickelt und es hat vielen Leuten die Augen geöffnet, dass aus Norwegen eine ganze Reihe wichtiger Bands kommen.

Auf jeden Fall! Was sind Eure nächsten Pläne mit VREID?

Im Februar werden wir eine Headliner-Tour zusammen mit KAMPFAR und ISKALD machen. Ab Mitte März werden wir auf einigen Festivals auftreten. Und darüber hinaus versuchen wir, nochmal durch Europa zu touren, und vielleicht klappt sogar eine US-Tour.

Vielen Dank für das Interview! Irgendwelche Worte zum Ende des Interviews?

Ich hoffe einfach, dass Ihr die Gelegenheit bekommt, das Album richtig zu hören. Am besten über anständige Boxen oder gute Kopfhörer. Es gibt heutzutage einfach zu viele Hörer, die sich MP3-Dateien irgendwo aus dem Internet ziehen, sich zwei Minuten damit beschäftigen und dann zur nächsten Band übergehen. Ich glaube einfach, dass man sich länger mit dem Album beschäftigen sollte, als es nur ein einziges Mal zu hören. Und ansonsten hoffe ich einfach, dass wir uns auf Tour sehen!

Galerie mit 21 Bildern: Vreid - Tons Of Rock 2019
08.01.2009

- Dreaming in Red -

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