Vomitory
Interview mit Tobias Gustafsson zu "Carnage Euphoria"
Interview
20 Jahre VOMITORY, 20 Jahre Schweden-Death vom Feinsten, oder ganz nach deren Formulierung: „Dead And Drunk For 20 Years“. Der Meinung, dass dieses Ereignis nicht unbesprochen an uns vorbeirauschen sollte, sind sowohl wir als auch die Band selber, die zum Jubiläum ihr siebtes Langeisen „Carnage Euphoria“ herausbringt. Bezüglich dessen sowie einiger weiterer Themen, stand Drummer und Bandleader Tobias Gustafsson Rede und Antwort.
Moin Tobias! Alles fit bei dir?
Hallo! Ja, alles voll in Ordnung hier. Endlich ist es Frühling und wir können etwas entspannter arbeiten, egal in welcher Hinsicht.. Wir sind ebenfalls mit allem komplett durch, was unser neues Album angeht – das fühlt sich schon mal extrem gut an. Somit erwarten wir erstmal die kommende Interview-Flut und proben bereits ordentlich für die anstehenden Sommerfestivals.
20 Jahre VOMITORY, spürst du immer noch genug Energie in dir derart schädelspaltenden Death Metal rauszupowern, wie es auf vergangenen Alben von euch der Fall war?
Hör’ dir einfach unser neues Album “Carnage Euphoria” an und du bekommst eine verdammt noch mal klare Antwort auf diese Frage! Früher waren wir allen voran jünger (natürlich), aber auch mehr auf Fehler bedacht und zögerlicher. Mittlerweile sind wir erfahrener und wissen genau, was wir tun – dennoch haben wir noch immer genauso viel Spaß wie früher.
Eure neue Platte “Carnage Euphoria” erscheint am zwanzigsten Geburtstag von VOMITORY. Welche Aspekte machen das Teil zu einer gebührenden Jubiläumsscheibe?
Jawohl, 2009 markiert ein Jubliäumsjahr für VOMITORY und da gibt es einige Dinge, die dieses Event zelebrieren. Das neue Album wird auch als Limited Edition erscheinen, bei der eine komplette DVD mit dem Titel “Dead And Drunk For 20 Years“ enthalten sein wird. Diese DVD beinhaltet Clips von unserer ersten Show im April 1990, einige Clips von diversen Gigs aus den Neunzigern, aus dem Studio, dem Tourbus und ein paar Songs von einer Show aus den Niederlanden mit dem aktuellen Line-Up. Das meiste Material ist dahingehend von uns selber gefilmt worden, was die Exklusivität dessen garantiert. Ich bin sicher, die Fans werden es zu schätzen wissen! Wir werden im Jahr 2009 ebenfalls ein paar Konzerte spielen, bei denen wir unsere ehemaligen Sänger Jussi Linna und Ronnie Olson mal wieder ans Mikro bitten werden. Das erste wird im Mai in Karlstad (Schweden) sein, im Zuge einer Releaseparty für “Carnage Euphoria”, das zweite wird auf dem Death Feast Open Air in Hünxe von statten gehen.
Wenn du die vergangenen 20 Jahre umfassen solltest, welche wichtigen Ereignisse wären da für euch als Band zu nennen? Wie habt ihr euch als Personen, als Musiker, als Band entwickelt? Was würdest du ändern, wenn du nochmals eingreifen könntest?
Oh Mann, da gibt es viele Dinge zu sagen. Wenn du meinst, was uns so lange als Band zusammen gehalten hat, dann ist es die Tatsache, dass ich immer mein Ding gemacht habe und vor allem Spaß an der Sache hatte – Trends interessieren nicht. Nie. Ebenfalls noch von wesentlicher Bedeutung ist, dass wir niemals zu große Erwartungen hatten – wir haben unsere Ziele nicht zu hoch gesteckt – aus diesem Grund sind wir eigentlich auch nie echt enttäuscht worden. Klar, es gab über all die Jahre sicherlich viele Rückschläge, doch solche, die uns vom Weitermachen als Band abgehalten hätten, blieben stets aus – wir wurden in dem Sinn nur stärker. Es ist verdammt schwer für mich zu sagen, wie ich mich als Person während der Jahre verändert habe, denn ich habe mein gesamtes Leben als Erwachsener mit VOMITORY verbracht. Als ich zur Band kam, war ich gerade mal 15 Jahre alt. Aber ganz sicher hat mir die Band viel Freude und Spaß gegeben. Damit habe ich auch einen Teil meiner Kindheitsträume realisiert, als Drummer in einer Band zu spielen, Alben zu veröffentlichen und vor einer verrückten Menge zu spielen. Ich habe in nahezu allen Ländern innerhalb Europas gespielt, ich habe in den USA gespielt (Na gut, nur eine Show bisher, haha), ich habe eine Menge cooler Leute getroffen, ich habe gelernt, dass ich alles, was Leute behaupten, erst glauben kann, wenn sie es beweisen und ich habe zu schätzen gelernt, einfach zu Hause zu hocken und nichts zu tun. Um ehrlich zu sein, hätte ich mich als Musiker sicher in einer anderen Band mehr entwickelt, in der ich nicht die meisten Songs geschrieben und als Bandleader fungiert hätte, sondern einfach ”nur“ der Drummer wäre. Allerdings bereue ich im Hinblick darauf wirklich gar nichts. Was wir mit VOMITORY erreicht haben, ist definitiv mehr, als wir uns im Startjahr 1989 jemals hätten erträumen können. Als Band hätten wir uns garantiert auch noch mehr entwickeln können, aber uns war es wichtig, immer nach unserem eigenen Sinn zu handeln und aus diesem Grund die Dinge niemals zu schnell anzugehen. Das ist übrigens bestimmt auch ein Grund, warum die Band solange durchgehalten hat. Wenn wir den Dingen – und uns selber – in den ersten Jahren mehr Druck gemacht hätten, so bin ich mir hundertprozentig sicher, dass wir jetzt nicht dieses Interview führen würden. Die Band wäre schon längst in ihre Einzelteile zerfallen. Dennoch, wenn ich die Möglichkeit hätte, alles nochmals zu erleben, so würde ich in den ersten zehn Jahren versuchen, etwas härter zu arbeiten, um zu schauen, was dann aus uns geworden wäre. Musikalisch hätte ich keine Änderung vorgenommen.
Ist “Carnage Euphoria“ in deinen Augen die logische Entwicklung von “Terrorize, Brutalize, Sodomize“ oder fährt es eher eine andere Schiene?
Es ist vollkommen und total die logische Entwicklung von “Terrorize, Brutalize, Sodomize” – wie immer, wenn wir ein neues Album herausbringen. Wir erwarten keinerlei wesentliche musikalische Richtungswechsel von Platte zu Platte. Wir verändern und entwickeln uns zwar mit jedem neuen Album, allerdings läuft das alles Schritt für Schritt. Demnach ist “Carnage Euphoria” logischerweise der nächste Schritt nach “TBS”. Es ist variabler, dynamischer, hat klarere Gitarrenlinien und eine noch bessere Produktion.
Kannst du uns etwas über den Songwriting- und Aufnahme-Prozess von “Carnage Euphoria“ berichten? Gab es irgendwelche Schwierigkeiten, Probleme oder lief alles wie geplant?
Es läuft niemals so, wie du es planst, haha! Am Anfang des gesamten Prozesses lief alles recht locker, doch, so wie es meistens ist, je näher wir dem letztendlichen Release kamen, desto härter mussten wir arbeiten, um alles rechtzeitig fertig zu bekommen. Das ist allerdings eine wirklich lohnenswerte Sache für uns. Wir brauchen einfach eine Deadline, um irgendwann endlich mal den Arschtritt zu bekommen, um nun wirklich maximal produktiv zu arbeiten! Die Texte zu beenden, hat uns vor das größte Problem gestellt (schon wieder!). Die letzten Lyrics haben wir erst zu der Zeit geschrieben, als die Musik bereits komplett aufgenommen und auch bereits die Hälfte der Vocal-Tracks im Kasten war. Am Ende ging aber alles gut. Wir sind es gewohnt, auf diese Art und Weise zu arbeiten, demnach wissen wir, dass wir nicht aufgeben und heulend zu Boden gehen dürfen, sondern das Ganze schlicht zu Ende bringen müssen. Der aktuelle Aufnahmeprozess für “Carnage Euphoria” verlief anfangs ziemlich gut, aber im Gegensatz zu “Terrorize, Brutalize, Sodomize”, was durchgehend locker von der Hand ging, bekamen wir diesmal einige Schwierigkeiten. Zum Beispiel hatten wir am ersten Tag das Problem, dass die Software für die Gitarrenaufnahmen abgestürzt und die Festplatte dabei kaputt gegangen ist! Somit musste Peter die Tracks für etwa fünf Songs zunächst verwerfen! Also war dabei ein Tag voller Arbeit für die Katz’! Am nächsten Tag arbeitete Peter aber umso härter an den Songs, sodass sie sich nochmals besser angehört haben. Genauso brauchten wir diesmal auch mehr Zeit, den Gitarren den richtigen Sound zu verpassen. Eine ganze Menge kleinerer Probleme, die sich zu einem widerlichen Haufen Scheiße zusammenformten, machten die Aufnahmen zu “Carnage Euphoria“ weitaus arbeitsintensiver, als es bei den meisten älteren Platten der Fall war. Wenn wir aber heute in das Album reinhören, dann war es das verdammt noch mal wert, denn wir sind hochzufrieden mit dem Ergebnis.
Mit Rikard Löfgren als Produzent scheint ihr ja im Hinblick auf “Terrorize, Brutalize, Sodomize” recht zufrieden gewesen zu sein, oder wo liegen die wesentlichen Gründe, weshalb ihr ihn auch für “Carnage Euphoria“ wieder engagiert habt?
Es war haargenau der genannte Grund. Er hat mit “TBS“ einen unheimlich guten Job abgeliefert, und daher sahen wir keinen Anlass, uns bezüglich “Carnage Euphoria” um einen anderen Produzenten zu kümmern. Wir wussten, dass es beim nächsten Mal höchstens noch besser werden würde. Das Leon Music Studio befindet sich sehr nahe an unserer Heimat, was ebenso eine große Rolle spielt. Es ist insgesamt sehr günstig, ein Studio in deiner Nähe zu nutzen – das bringt einige Vorteile!
Wie die gesamte Entwicklung von VOMITORY zeigt, seid ihr offensichtlich keine großen Freunde von großen Stilwandlungen. Was ist dahingehend euer Konzept, die Fans immer wieder bei der Stange zu halten?
Wir wussten immer, was wir mit VOMITORY für eine Art Musik spielen wollen – Death Metal. Wenn wir das Bedürfnis verspüren, etwas anderes zu spielen, dann entweder unter einem anderen Namen oder in diversen Seitenprojekten. Aber sicher nicht in VOMITORY. Wir haben unseren Stil gefunden, warum also nicht darauf besinnen, was wir am besten können? VOMITORY war schon immer Death Metal und wird es auch sicher immer bleiben. Ich denke, unser Sound besteht aus grundsätzlichen Dingen, die Leute mit Death Metal assoziieren, aber wir verbinden diese Stücke auf eine recht eigene, innovative Art und Weise, obgleich wir auch immer ein Auge auf unsere Anfänge haben. Das ist der Grund, warum die Fans immer noch darauf stehen. Sie wissen, dass wir immer dieselbe Band bleiben, mit jedem Album etwas verbessert, aber nicht verändert.
Im Gegensatz zu vielen anderen Bands, die bereits derart lange existieren, hattet ihr bisher mit vergleichsweise wenigen Line-Up-Problemen zu kämpfen. Profitieren eure Musik und euer Songwriting von einer offensichtlich so guten Team-Atmosphäre?
Die letzten zehn Jahre waren in der Tat sehr ruhig, wenn es um Line-Up-Wechsel geht. Es gab nur einen Wechsel vor zweieinhalb Jahren, als Peter Östlund die Gitarre übernahm, nachdem sich Ulf Dalegrens von uns getrennt hatte. Ich denke zwar schon, dass Musik und Songwriting in gewisser Weise von einem solchen Zustand profitieren, aber in vielen Fällen sind solche Wechsel allerdings dringend notwendig, um neue Kreativität und Energie ins Bandgeschehen zu bringen. Dies war auch bei unseren Wechseln der Fall. Einen neuen Killer-Gitarristen in den eigenen Reihen zu halten, hat für uns neue Tore geöffnet, sodass wir unsere Musik nochmals aufwerten konnten. Ebenso hat das unseren alten Mitgliedern neue Energie und Motivation verschafft und ich bin mir sicher, du kannst das auf unserem letzten Release mit diesem Line-Up “Terrorize, Brutalize, Sodomize“ eindeutig heraushören.
In diesem Sommer wird VOMITORY endlich wieder einige Festival-Bühnen entern, freust du dich schon? Magst du eigentlich die großen Open-Air-Bühnen lieber oder stehst du eher auf die kleinen Clubs?
Oh ja, wir freuen uns definitiv auf die kommenden Sommerfestivals! Das wird auf jeden Fall einen fetten Blast geben! Im letzten Jahr haben wir an keinen Festivals teilgenommen, deshalb fühlt es sich echt gut an, mit neuem Album im Gepäck dieses Jahr wieder starten zu können. Wahrscheinlich mag ich Festivals mehr, da du dort meistens vor einem deutlich größeren Publikum spielst, die Organisation ist dazu ebenfalls fast immer viel besser. Ein weiterer Vorteil ist, dass wir abrocken und coole andere Bands sehen können – und das am selben Wochenende. Kleine Clubs können natürlich auch verdammt cool sein, sofern die Voraussetzungen stimmig sind – gute Location, eine geile Meute und vernünftige lokale Promoter. Dort kommst du den Fans einfach näher, was sicherlich auch eine tolle Sache ist.
Da du dich schon über 20 Jahre in der Szene befindest, was hat sich im Vergleich zu euren Anfängen geändert? Schwedischer Death Metal beginnt wieder ziemlich populär zu werden und eine Menge junger Bands sprießen aus dem Underground. Sind diese Truppen generell positiv zu sehen oder repräsentieren sie nicht den Grundgedanken des ursprünglichen Schweden-Tod?
Es gibt viel mehr Pseudoschrott im Vergleich zu früher. Mehr Gepose aufgrund irgendwelcher Instrumental-Fähigkeiten, wegen diesem oder jenem. Jeder denkt, er sei ein Rockstar, auch wenn man gerade mal eine lausige Demo auf dem Markt hat. Dazu sage ich: “Mach deine Hausaufgaben, Punk!” Irgendwie war es früher relaxter. Das Gefühl, in einer großen Familie zu sein, in der sich jeder respektiert und hilft, war seinerzeit viel substanzieller als es heute der Fall ist – wenn ein solches überhaupt noch existent ist. Die Musik ist allerdings noch immer generell von hoher Qualität, was wohl das Wichtigste ist. Schweden scheint nie zu scheitern, wenn es darum geht, neue, interessante Bands hervorzubringen – Jahr für Jahr. ENTOMBED, AT THE GATES, DISMEMBER, OPETH, AMON AMARTH, THE HAUNTED, NASUM, DISSECTION, ARCH ENEMY, DARK FUNERAL, IN FLAMES… die Liste geht noch ewig so weiter. Junge Truppen sollten einfach das ausprobieren, was sie mögen und am besten können. Das ist der Zeitpunkt, wo die Bandmagie auftreten kann. Wenn es dann noch Schweden-Death ist – cool!
Das wars! Danke für das Beantworten meiner Fragen! Wir sehen uns im Sommer auf diversen Festivals! Zu guter Letzt, darfst du natürlich beenden!
Danke fürs supporten von VOMITORY! Vergesst nicht, unser neues Album “Carnage Euphoria” abzuchecken, wenn es dann Anfang Mai draußen ist! Schaut ebenfalls mal auf unserer MySpace-Seite rein, um ständig Updates bezüglich Festival- und Tourdaten zu erhalten (http://www.myspace.com/vomitoryswe). Cheers!
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