Vomitory
Vomitory
Interview
"Primal Massacre" – besser hätte der Titel für die neue Vomitory-Scheibe nicht gewählt werden können. Passend dazu haben die vier Schweden auch ein ebensolches live im Zuge der diesjährigen No Mercy Festivals entfacht. Dementsprechend setzten sich nach einem erfolgreichen Gig in der Münsteraner Live Arena zwei frisch geduschte Gitarristen namens Urban Gustafsson und Ulf Dahlegren mit einem Bierchen bewaffnet mit mir zusammen, um gut gelaunt los zu plaudern, was im Hause der Death Metal-Institution momentan so abgeht, während im Hintergrund Kataklysm für die musikalische Brachialuntermalung sorgten.
Hi Jungs! Wie läuft die Tour bisher?
Urban: Wirklich gut. Die Reaktionen sind großartig. Wir sind sehr zufrieden. Vielleicht ist dies die beste Tour, die wir bisher gefahren sind.
Ulf: Ja, wir spielen als dritte Band, was vielleicht der der beste Platz im ganzen Billing ist. Exhumed bringen vor uns die Menge richtig auf Touren. Das macht die Sache für uns wesentlich einfacher.
Wie reagieren denn die Fans auf das bisher noch unveröffentlichte Material? (Anm.: Das Interview wurde vor der VÖ von „Primal Massacre“ geführt.)
Urban: Wir spielen nur zwei neue Stücke, weil die CD eben noch nicht auf dem Markt ist, und zwar den Titeltrack und „Autopsy Extravaganza“. Aber die Leute mögen die Songs sehr und gehen genauso ab wie zu unserem alten Material. Dass den Fans das Zeug gefällt, haben sie uns schon in diversen Gesprächen auf der Tour bestätigt.
Wirklich große Unterschiede gibt es aber zwischen „Blood Rapture“ und „Primal Massacre“ auch nicht zu vermelden.
Urban: Ich persönlich finde schon, dass beide Alben sehr verschieden ausgefallen sind. Natürlich sind die Songs im Vomitory-Stil gehalten, den wir seit dem „Redemption“-Album spielen. Den wollen wir auch nicht umkrempeln. Trotzdem glaube ich aber, dass es einige Unterschiede gibt. Die Produktion aus dem Studio Kuling, das nur wenige Kilometer von unserem Wohnsitz entfernt ist, kommt exzellent rüber. Dort haben noch nicht viele Metal-Bands aufgenommen. Bisher war es eher für Pop und Rock Musik bekannt.
Ist nach der VÖ der neuen Platte noch eine Tour geplant?
Urban: Keine Europatour. Bis jetzt sind nur ein paar Festivals im Sommer bestätigt. Zwischen dem Party.San und dem Summer Breeze wird es aber noch ein paar kleinere Clubshows zusammen mit Gorerotted geben.
Stimmt es, dass Eric von nun an seine Tätigkeit nur noch auf den Bass beschränken und die Vocals sein lassen will?
Urban: Ja, in erster Linie ist er Bassist und so fühlt er sich auch. Als unser letzter Sänger rausgeschmissen worden ist, hatten wir keine große Lust, auf einen Wechsel im Line-up. Also hat sich Eric um die Vocals gekümmert. Das war von Anfang nur als vorübergehende Lösung geplant gewesen, die jedoch hervorragend geklappt hat. Das muss ich zugeben. Er ist ein exzellenter Death Metal-Sänger. Aber er fühlte sich in dieser Rolle nie richtig wohl. Er möchte nur bangen und den Bass spielen. Für diese Tour haben wir leider keinen Ersatz für ihn gefunden, weswegen er nochmals hinters Mikro musste.
Und ein Ersatz ist auch jetzt noch nicht in Aussicht?
Urban: Wenn wir von dieser Tour zurückkommen, werden wir einige Leute austesten. Ein paar Bewerbungen haben wir schon bekommen.
Das wäre euer erster Besetzungswechsel seit drei Alben. Was ist das Geheimnis eurer Stabilität?
Urban: Wir verstehen uns einfach super. Im Bus hängen wir manchmal bis zu sechs Wochen ohne Pause aufeinander, aber das macht uns nichts aus. Wenn man in einer Band spielt, muss man ein Mannschaftsspieler sein und die Fähigkeit haben, sich mit dem Team zu arrangieren. Das können wir alle, zumal wir auch in unserer Freizeit zusammen abhängen oder auf Konzerte gehen. Das war übrigens auch der Grund, warum wir nach dem Rauswurf unseres alten Sängers niemand Neuen in der Band haben wollten.
„Blood Rapture“ war euer bisher erfolgreichstes Album. Hat dies die Herangehensweise an den Nachfolger irgendwie verändert?
Urban: Eigentlich nicht, denn wir fühlen immer einen gewissen Druck, wenn es an das Schreiben von neuem Material geht. Aber dieser Druck kommt nicht von außen, sprich von der Plattenfirma, den Fans oder den Medien. Wir legen ihn uns selbst auf. Wir wollen uns stetig steigern.
Was ist das „Primal Massacre“? Ist dieser Titel rein auf eure Musik bezogen, was ja durchaus passen würde, oder steht ein anderes Konzept dahinter?
Ulf: Man sollte es nicht ein übergeordnetes Konzept oder Thema nennen. Es dreht sich um den ultimativen Krieg, das endgültige Abschlachten der menschlichen Rasse.
Ihr habt früher mal gesagt, dass euch Texte nicht so wichtig sind und es hauptsächlich um die Musik gehe. Hat sich diese Sichtweise geändert?
Urban: Natürlich ist die Musik das Wichtigste. Deswegen darf man aber die Lyrics keinesfalls vernachlässigen. Sie müssen mit der Musik zusammenpassen und dasselbe Ziel verfolgen. Nur so kann ein starker Song entstehen. Ist ein Stück schon musikalisch nicht so gut, wird es umso schwerer, einen Text dafür zu verfassen. Deswegen halte ich die Musik für wichtiger als die Texte, die sich wie immer um die gebräuchlichen Themen drehen. Diesmal haben wir sie erneut in andere Worthülsen gepackt, aber das wird auch immer schwerer, weil viele Bands über diese Gore-Thematik schreiben. Dabei etwas Neues zu kreieren, ist fast unmöglich. Wir legen aber trotzdem Wert auf eine hohe Qualität der Texte.
Du hast eben schon den Studiowechsel vom Berno ins Kuling angesprochen. Hat dies auch eure Arbeitsweise verändert?
Urban: Wir haben nur das Studio gewechselt, nicht aber den Produzenten. Deswegen haben wir den größten Teil der Arbeitsabläufe beibehalten, da selbige sich schon seit drei Alben eingespielt haben. Aber natürlich mussten wir uns erstmal auf die neuen Gegebenheiten im Studio Kuling einstellen, mussten den passenden Drumsound und Gitarrensound finden, etc..
Ich habe gelesen, dass es kleinere Probleme mit dem Equipment gab. Was war da los?
Urban: Ja, unser Produzent hat einige Pre-Amps angemietet, die aber nie geliefert worden sind. Dadurch haben wir zwei Tage verloren und mussten mit den technischen Möglichkeiten vor Ort zurecht kommen. Davon war am meisten das Aufnehmen der Drums betroffen, weswegen der Sound des Schlagzeugs einer der größten Unterschiede zum Vorgängeralbum ist.
Ihr habt ein weiteres Mal den Coverkünstler gewechselt. Wart ihr mit dem Cover von „Blood Rapture“ nicht zufrieden?
Ulf: Doch, hundertprozentig. Aber wir wollen nicht stagnieren, sondern immer wieder Neues ausprobieren. So sind wir auf einen spanischen Vomitory-Fan namens Juan gestoßen, der sich brutalen Artworks verschrieben hat. Seine Arbeit passt gut zum Titel und er hat sich riesig gefreut, das für uns erledigen zu dürfen.
Ihr seid jetzt fast 15 Jahre im Geschäft. Am Anfang hat man immer Einflüsse, die einen zu der Musik bringen, die man letztendlich spielt. Haben sich diese in den letzten Jahren verändert?
Ulf: Vielleicht ein wenig. Ich persönlich bin momentan stark von neueren Bands beeinflusst, aber den älteren Kram wird man nie vergessen. Dafür sind Sodom, Slayer und Konsorten einfach zu wichtig.
Was hat sich in den letzten Jahren in der Death Metal-Szene verändert?
Urban: Die starke schwedische Szene von Anfang der 90er ist ziemlich zusammen geschrumpft. Die amerikanischen Bands haben uns den Rang abgelaufen. Und das melodische Zeugs von Dark Tranquillity oder In Flames ist nicht der Schweden Death alter Schule.
Ulf: In Schweden ist mittlerweile Rock viel populärer. Das haben wir Bands wie den Hellacopters zu verdanken.
Ihr seid jetzt zum zweiten Mal bei den No Mercy Festivals dabei. Im Prinzip ist dies doch die perfekte Tour für euch, oder?
Urban: Ja, es ist eines der besten Packages, bei denen man mitfahren kann. Viele gute Bands, die viele Fans mitbringen. Man kann sich richtig bekannt machen. Noch dazu ist die Organisation wesentlich besser als auf normalen Gastspielreisen.
Aber ihr könnt auch froh sein, noch nicht einen Headliner-Status inne zu haben. Am Ende ist die Menge doch ausgepowert.
Urban: Ja, stimmt. Ich persönlich denke, dass sieben oder acht Bands viel zu viel sind. Fünf oder sechs würden auch genügen und die Leute würden nicht irgendwann müde werden und früher nach Hause gehen. Noch dazu treten bei den No Mercys immer Bands auf, von denen die meisten schnelle Knüppelmusik spielen. Das hält selbst der härteste Deather keinen ganzen Abend lang durch.
Zu guter Letzt: Was hat es mit der Phrase „Swedish Beer Metal“ auf sich, die dick und fett auf einem Vomitory-Wallpaper verewigt wurde?
(Beide lachen sich einen Ast ab)
Urban: das entstand, als wir mit den Jungs von Gehenna und einigen anderen aus unserer Gegend in einer Disco feuchtfröhlich feierten. Swedisch Beer Metal bedeutet eigentlich nur, dass wir jedes Wochenende feiern, saufen und Spaß haben.
Was sagt ihr trinkerprobten Schweden dann zu unserem deutschen Bier?
Urban: Deutsches Bier ist großartig. Auf Tour lernt man immer so verdammt viele neue Marken kennen, dass man sie sich gar nicht merken kann. Manchmal ist auch eins dabei, dass richtig scheiße schmeckt, aber die meisten gehen in Ordnung, so wie das hier. (hält irgendeine Weizenbiersorte hoch, deren Namen ich nicht lesen konnte, Anm. d. Verf.)
Dann seid mal froh, dass ihr hier in der Frankfurter Gegend kein Henninger oder Binding bekommen habt. Prost!
Beide: Prost!
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