Vola
"Ich war neugierig zu sehen, ob wir unser letztes Album toppen können."
Interview
Da ist es wieder einmal, das harte Los, wenn man selbst die Messlatte mit einem Album richtig hoch gesetzt hat. Bei VOLA aus Dänemark war das mit ihrer dritten Platte „Witness“ definitiv der Fall, daher schnappten wir uns zum Release des Nachfolgers „Friend Of A Phantom“ Gitarrist und Sänger Asger Mygind um zu klären, wie das eigentlich funktioniert, wenn man an so einen Gassenhauer anknüpfen möchte. (Bandfoto: Heli Andrea)
Hey Asger. Lass uns am Anfang nochmal ein kleines bisschen zurück schauen. Für mich schien es so, als ob „Witness“ für VOLA ein großer Schritt nach vorne war und einen ziemlichen Meilenstein in der Bandgeschichte markierte. Ich persönliche halte es für Euer stärkstes Album bis zu diesem Zeitpunkt. Wie macht man weiter, wenn man selbst die Messlatte so hoch gelegt hat? Habt Ihr Euch deshalb unter Druck gesetzt gefühlt?
Ja, es war etwas schwierig herauszufinden, was wir nach „Witness“ tun sollten. Für mich hat dieses Album viele Träume erfüllt, wenn es darum geht wie ein Album klingen kann und wie stark die Songs sein können. Also mussten wir einen neuen Zugang für dieses Album finden, damit es sich nicht so anfühlt, als ob wir in einem Wettbewerb mit „Witness“ stehen. Das war am Ende einfach die besten Songs zu schreiben, die wir können und nicht zu stark darüber nachzudenken in welcher Beziehung sie zu „Witness“ stehen könnten. Am Anfang versuchten wir zu stark zu experimentieren, denke ich und endeten ein paar mal in Sackgassen, da wir zu eifrig versuchten, etwas ganz anderes daraus zu machen. Als wir sahen, dass das nicht funktioniert, kehrten wir mehr oder weniger einfach dahin zurück, das zu schreiben was uns reizt. Ich denke das entwickelte sich dann zu einem breiteren musikalischen Spektrum im Vergleich zu dem, was wir auf „Witness“ gemacht haben. Aber ja, das war schon etwas worüber ich nachgedacht habe und das ich während des Schreibprozesses im Hinterkopf hatte. Ich war neugierig zu sehen, ob wir unser letztes Album toppen können.
Ich weiß ja, dass Bands auch nie dasselbe Album zwei mal schreiben wollen. Denkst Du, dass Euch das auf die ein oder andere Weise blockiert hat, wenn Du das ständig im Hinterkopf hattest?
Ja, am Anfang war das vielleicht so etwas wie eine Hürde, aber wir haben viele verschiedene Inspirationen in dieser Band und wir sind okay damit, wenn Songs von Track zu Track sehr unterschiedlich klingen, so lange sie irgend eine Art von Markenzeichen in sich tragen, so dass man hören kann, dass es VOLA ist. Es fühlte sich in Ordnung an, einfach zu entscheiden: Okay, wir können schreiben was auch immer wir wollen und wenn das Songwriting stark genug ist, ist es nicht wirklich wichtig wie es klingt, was das Genre angeht. Vielleicht hat das ein wenig den Druck von uns genommen, einfach diese Möglichkeit zu tun, was immer wir tun wollten.
„Friend Of A Phantom“ hat wieder die typischen Markenzeichen von VOLA, wirkt aber etwas düsterer als seine Vorgänger. Was denkst Du könnte der Grund dafür sein? Spielt die aktuelle Situation der Welt hier eine Rolle, obwohl Du normalerweise über menschliche Beziehungen und ihre Probleme singst?
I denke es klingt ein kleines bisschen trauriger oder pessimistischer als „Witness“. „Witness“ ist auch düster, hat aber insgesamt vielleicht eine etwas optimistischere Stimmung. Ja, ich denke die Pandemie und die Kriege auf der Welt, die wir heutzutage durchgehend im Fernsehen sehen, haben irgendeine Art von Einfluss. Das ist aber schwer genau zu sagen, da mich melancholische Musik immer anzieht, so lange zumindest ein kleiner Funken Hoffnung enthalten ist. Ich mag nicht unbedingt Musik die finster im Sinne von purem Grauen ist, ich mag es wenn sie zumindest ein klein wenig Wärme enthält. Ich denke auf diesem Album haben wir, im Vergleich zum letzten, den Knopf in Sachen Düsternis einen Schritt auf der Skala weiter gedreht, das war aber keine Absicht.
Wahrscheinlich müsste ich das eher Martin (Werner, Keyboards, Anmerk. d. Verf.) fragen, aber in „Break My Lying Tongue“ habt Ihr einen Synth-Sound benutzt, der unter Euren Fans durchaus diskutiert wurde, sogar in den YouTube-Kommentaren unter dem Video. Er ist definitiv ungewöhnlich und auch recht prominent aufgestellt im Mix. Kannst Du mir etwas darüber erzählen, wie er entstanden ist und ob Ihr erwartet habt, dass er polarisiert?
(Lacht) Ja, ich habe mir schon vorgestellt, dass er bis zu einem gewissen Ausmaß polarisieren könnte. Es ist ein Sound, der schon seit der frühen Demophase da war. Nicolai (Mogensen, Bass, Anmerk. d. Verf.) hat das allererste Demo erstellt, auf dem wir den Song aufbauten und er hatte diesen spezifischen Sound in seinem Demo. So wurde dieser Sound schon sehr früh quasi zu einem Markenzeichen des Songs. Ich weiß, dass Martin andere Sounds ausprobiert hat, als er an den Keys arbeitete, aber ich denke er hat es nicht geschafft, ihn so ikonisch klingen zu lassen wie diesen ersten Sound mit dem Nicolai damals ankam. Also haben wir diesen am Ende benutzt. Ich mag Sounds, die ein bisschen widerlich sind. Ich habe lieber etwas, worüber Du Dir eine Meinung bildest, als etwas, dass einfach nur vage klingt.
Ihr habt „Paper Wolf“ bereits vor über einem Jahr herausgebracht. War das auch der erste Song den Ihr für das neue Album geschrieben habt, oder war die Platte damals eigentlich schon fertig?
Wir hatten davor auch schon einige Songs geschrieben, aber da der Albumzyklus zu „Witness“ wegen Covid so zerstückelt war und sich irgendwie hin zog, haben wir entschieden, dass wir frühzeitig eine Single für dieses Album veröffentlichen wollen um das Momentum zu erhalten, weil wir wussten, dass es eine Weile dauern würde eine komplette Platte zu veröffentlichen, die Songs dafür fertig zu bekommen. Das bedeutete auch, dass wir zwei Mal ins Studio gegangen sind, um die Drums aufzunehmen. Er fühlte sich einfach nach dem interessantesten aus dieser ersten Charge Songs an, um ihn als Single zu veröffentlichen. Deshalb haben wir ihn ausgesucht.
War es dann schwierig ihn in den Fluss des Albums zu integrieren, als später alle Songs fertiggestellt waren?
Das ist eine gute Frage. Wir haben einige Zeit damit verbracht, über die Reihenfolge der Songs zu diskutieren. Aber als wir die perfekte Stelle dafür gefunden hatten, fühlte es sich an als ob er dort ganz selbstverständlich hingehört, zusammen mit den anderen Songs. Aber ja, es hat ein wenig Diskussion gebraucht, um ihn einzubauen.
Auf „Friend Of A Phantom“ verwendet Ihr mehr harsche Vocals als jemals zuvor – die von Anders (Fridén, IN FLAMES, Anmerk. d. Verf.), aber auch Deine eigenen. War das nur ein Zufall oder warum fandet Ihr, dass einige Songs sie brauchen?
Ich denke es ist einfach gut, diese Option zu haben in einen anderen Gang zu schalten, wenn der Gang, in dem Du gerade bist nicht genug ist. Man könnte zum Beispiel auch den Sound einer Explosion hinzufügen oder die Verzerrung der Gitarren aufdrehen. Über die Jahre fühle ich mich sicherer auch harsche Vocals zu verwenden, in Sachen Vocals einen Gang hochzuschalten ist also eine wirklich gute Option geworden. Es ergab sich einfach, dass es auf diesem Album ein paar Stellen gab, an denen es passte, in diese Richtung zu gehen. Außerdem ist es einfach eine interessante Sache zum Ausprobieren, was die Vocals angeht. Ich habe in unserer Karriere bislang zu 99% clean gesungen, es fühlt sich daher frisch und interessant an, auch mal etwas neues auszuprobieren.
Hast Du schon davon gehört, dass einige Metal-Fans sich im Internet über ein neues Genre unterhalten, dass sie „Blue Metal“ nennen? Sie ordnen dem Genre einige ziemlich unterschiedliche Bands zu, wie SLEEP TOKEN, SPIRITBOX und eben auch VOLA. Was denkst Du darüber?
Es ist „Blue Metal“? Ich denke das „blau“ kommt von der melancholischen Seite, könnte ich mir zumindest vorstellen. Ich kann schon verstehen, warum das Sinn macht. Es ist definitiv so, dass die anderen Künstler, die Du genannt hast, sich auch stark auf Emotionen konzentrieren. Ich habe nichts dagegen mit ihnen in einer Gruppe zu sein (lacht). Außerdem, wenn es das einfacher für potentielle Hörer macht uns zu finden, weil wir zu solch einem Genre gehören, bin ich damit absolut fein. Also, ich genehmige das (lacht).
In der Beschreibung unter dem Video zu „Cannibal“ erwähnst Du, dass IN FLAMES zu Euren wichtigsten Einflüssen zählen. Wenn man sich Eure Musik anhört, scheinen da aber sehr viele sehr unterschiedliche Einflüsse zusammen zu kommen. Wen würdest Du, neben IN FLAMES noch zu der Liste hinzufügen?
Naja, PORCUPINE TREE sind schon ein großer Einfluss. Ich mag die Diversität in ihrer Musik und das Auge fürs Detail in den Produktionen. Jedes Mal, wenn Du sie Dir anhörst entdeckst Du etwas neues. Die Emotionen und die Gesangsspuren von Steven Wilson sind etwas, dass ich seit vielen Jahren versuche zu (lacht) kopieren, da ich diese Wall Of Sound einfach liebe. Also ja, PORCUPINE TREE, aber auch die Solo-Sachen von STEVEN WILSON. MESHUGGAH bedeutet mir viel. Als ich damals, ich glaube 2004, „Nothing“ entdeckte, hat mich das einfach komplett umgehauen, sowohl bezüglich der tiefer gestimmten Gitarren, aber auch aufgrund der Art, wie sie Riffs schreiben. Dieser polymetrische Ansatz, bei dem das Schlagzeug im 4/4-Takt spielt und dann darauf ungerade Taktarten gespielt werden hat mich einfach sofort gepackt und ich denke das wurde mein Standardweg um Riffs zu schreiben, seit ich es hörte, weil es sich so zufriedenstellend anfühlt. SOILWORK wäre eine weitere Band, auch wenn sie ein wenig in die gleiche Kategorie wie IN FLAMES passt. Diese großartigen Refrains und die Verwendung von Streichern mittels Keyboards, um alles noch größer wirken zu lassen, auch Synthesizer-Themen zu benutzen. Außerdem liebe ich Björns Vocals, er ist in Sachen Gesang definitiv einer meiner größten Einflüsse. Da haben wir doch eine kleine Gruppe von Bands (lacht).
Ja, das erklärt auf eine gewisse Art und Weise den recht einzigartigen VOLA-Stil. Ihr habt Eure Roots im Metal, benutzt aber auch viel Elektronik, manchmal fast schon poppigen Klargesang und natürlich findet sich in Euren Songs auch viel Prog-Rock wieder. Macht es das manchmal schwierig für Euch Shows zu buchen, weil die Leute einfach nicht wissen, wo sie Euch einordnen sollen, beispielsweise auf ihrem Festival Billing?
Ich denke wir sind in der glücklichen Lage, dass wir beides spielen können, Prog Festivals, sogar alternative Festivals wie beispielsweise das ArcTanGent in Großbritannien, aber auch ganz klassische Metal-Festivals wie Graspop, Bloodstock oder CopenHell. Es sieht also so aus, als ob wir überall ein bisschen den Fuß in der Tür haben und an allen diesen Orten akzeptiert werden. Ich bin ziemlich glücklich darüber und hoffe, dass es so weiter gehen wird.
Ihr seht das also nicht als eine Bürde oder sowas?
Nein, nicht so lange uns Festivals nicht ausschließen. Aber ich habe noch keine Anzeichen dafür gesehen, dass sie das tun werden.
Ich habe Euch zumindest noch nicht so häufig auf den Billings der klassischen Metal-Festivals in Deutschland gesehen, aber ich würde auch sagen, dass die oft ganz schön konservativ sind, was das Booking angeht. Ich würde Euch in jedem Fall gerne öfter dort sehen.
Klar, dass wäre auf jeden Fall eine gute Sache.
Ihr seid tatsächlich schon die zweite dänische Band, die ich innerhalb einer Woche interviewe. Die andere war IOTUNN, die auch gerade ein absolutes Killer-Album in der Pipeline haben. Was denkst Du, ist die dänische Metalszene wieder im Aufwind innerhalb der letzten Jahre?
Für mich gab es so etwas wie ein „goldenes Zeitalter“ in den 2000ern, als wir beispielsweise MNEMIC hatten. Natürlich gab es da auch noch RAUNCHY, MERCENARY und HATESPHERE, für die es alle sehr gut lief. Ich denke seitdem hat es sich nicht mehr ganz so wie eine Bewegung angefühlt. Aber wir haben definitiv eine Menge großartiger Bands. Vielleicht bin ich wenig blind dafür, da ich selbst ein Teil davon bin. Es ist wahrscheinlich einfacher, das von außen zu beurteilen. Natürlich haben wir VOLBEAT als DIE große Band und dann muss man ganz weit nach unten gehen, um den Rest von uns zu finden (lacht), einfach was die reine Größe angeht.
Danke Dir vielmals für Deine Zeit, Asger – ich freue mich schon darauf, Euch bald auf Tour zu sehen.
Wir auch, ich danke Dir!
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Stile | Djent, Modern Metal, Progressive Metal |
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