Ville Valo
Interview zum ersten Soloalbum "Neon Noir"
Interview
Ville Valo und das Heartagram sind zurück. Seit der Bestattung der Düsterrocker HIM nach einer gefeierten Abschiedstour im Jahre 2017, verschwand der charismatische Finne zum Großteil von der Bildfläche. Zwischendurch gab es zwar immer mal wieder kurze Lebenszeichen in Form von Gastbeiträgen und Nebenprojekten, aber eine wirkliche Rückkehr auf die große Bühne blieb leider aus. Das soll sich nun ändern. Anfang 2022 gab es erste musikalische Lebenszeichen in Form von Trailern und ersten Singleveröffentlichungen zum ersten Soloalbum „Neon Noir“. Das Werk soll am 13.01.2023 erscheinen und eine anschließende Tour wurde ebenfalls bekanntgegeben. Somit wollen wir Ville zu seinem großen Comeback auf die Bühne gratulieren und mit ihm über sein neues Album, HIM und musikalische Einflüsse schnacken.
Hey Ville, schön dich wieder musikalisch so aktiv zu sehen. Nach der Auflösung von HIM wurdest du in der Musikwelt schon sehr vermisst und ein paar Leute (mich eingeschlossen) haben sich ein bisschen Sorgen gemacht, dass du zusammen mit der Band verschwinden könntest.
Ich war mir da sogar selbst nicht so sicher. Ich denke nämlich, dass man in der Welt der Musik nie genau wissen kann, ob die Inspiration zuschlägt, oder nicht. Es ist wie Roulette spielen. Ich habe gehofft, dass in mir noch ein bisschen Musik steckt, aber ich war mir nicht sicher. Es hat eine Weile gebraucht, aber ich hätte es respektlos gefunden, wenn ich direkt mit meinem eigenen Kram weitergemacht hätte. Ich dachte, dass die Sache erst zur Ruhe gebettet werden muss. Das klingt so, als würde man durch eine Scheidung gehen (lacht).
Wenn man das Album hört, wird aber auch schnell klar, dass in dir noch eine Menge Musik steckt.
Vielen Dank. Nett von dir, dass du das sagst. Ich habe ein gutes Gefühl bei dem Album. Es war ein schöner Prozess daran zu arbeiten, da ich so etwas noch nie alleine gemacht habe. Ich habe Demos und hier und da ein paar Dinge aufgenommen und es war so eine unterschiedliche Vorgehensweise. Ich denke, dass das auch beeinflusst hat, wie die Musik klingt. Es passieren viele seltsame Dinge, gerade in den längeren Songs im späteren Teil des Albums. Ich liebe das.
Also war es sehr ungewohnt für dich, an einem Soloalbum zu arbeiten, statt mit einer kompletten Band?
Weißt du, das Coole daran mit einer Band zu arbeiten ist, dass du dir Ideen zuwerfen und brainstormen kannst. Und du kannst einfach zusammen abhängen und Freunde sein. Aber andererseits, kann das auch manchmal der Musik in die Quere kommen (lacht). Es war gut alleine zu arbeiten, weil ich so mit niemandem kommunizieren musste. Aber ich denke, der wichtigste Faktor ist, dass ich durch die Arbeit mit HIM so viel gelernt habe. Wir haben Alben mit so vielen super Produzenten wie John Fryer, Tim Palmer und vielen anderen gemacht. Und ohne meine Erfahrungen mit HIM wäre ich nicht dazu fähig gewesen „Neon Noir“ zu machen. Es war alles Teil einer einzigen Reise.
Das kann ich mir vorstellen. HIM existierten ja eine lange Zeit und bei einer Reise wie dieser, macht man viele Erfahrungen und wächst als Künstler.
Genau, du wächst auf sehr viele Arten. Am wichtigsten ist aber weiter zu wachsen und etwas zu machen, dass sich frisch und neu anfühlt. Und das Lustige daran ist: So frisch und neu sich „Neon Noir“ auch für mich anfühlt, hat es mehr Ähnlichkeiten mit den frühen HIM-Alben statt Unterschiede. Es war interessant herauszufinden, was ich als nächstes machen soll und mich dabei letztendlich mehr oder weniger am selben Ort zu befinden.
Als ich das Album hörte, konnte ich die Parallelen zu HIM auch klar heraushören. Besonders zu Alben wie „Love Metal“ oder „Deep Shadows And Brilliant Highlights“. Ich denke, das liegt wohl an deiner einzigartigen Stimme und Art Songs zu schreiben. Aber es klingt auch ein bisschen anders. Vielleicht ein wenig leichter, als ob etwas Gewicht von deinen Schultern genommen wurde. Geht es dir da genau so?
Für mich hört sich das Album nicht unbedingt leichter an. Es klingt wie das Album einer Person, die sich nicht unbedingt beweisen muss. Natürlich muss ich mir selbst beweisen, dass ich hoffentlich gute Songs und ein gutes Album schreiben kann, aber mich fühlt es sich relaxt an. Es klingt nicht gezwungen, übereilt oder prätentiös. Es hat nicht diesen jugendlichen Übermut. Was eine gute und eine schlechte Seite hat.
Die Sache ist, dass ich keine junge Person mehr bin und es albern von mir wäre so zu tun, als ob ich noch 18 wäre. Und die Leute, welche den jungen Übermut mögen, haben immer noch die alten Alben. Die Musik auf dem neuen Album klingt für mich sehr einladend. Es besitzt Zärtlichkeit und ist nicht aggressiv und schlägt dem Hörer den Kopf mit der Gitarre ein. Es trägt ein bisschen mehr PINK FLOYD in sich und klingt vielleicht ein wenig erwachsener.
Das beschreibt es vielleicht perfekt. Das wollte ich vielleicht auch beschreiben, als ich leichter sagte. Fühlst du dich jetzt künstlerisch freier, als zuvor?
Ich habe ja nur HIM zum Vergleich, weil ich nie in vielen verschiedenen Bands war. Es gab so viele großartige Dinge an HIM, dass es schwierig ist, beides miteinander zu vergleichen. Was ich an der momentanen Situation genieße und was mich glücklich macht ist, dass ich die Chance bekommen habe, das Album zu machen und dass ich nicht aufgegeben habe. Es war schon etwas hart alleine an dem Album zu arbeiten. Vor allem in der Zeit der Pandemie. Weil niemand wusste, was die Zukunft bringt. Niemand wusste, ob es jemals wieder Live-Musik geben wird. Die Musik half mir durch das Schlimmste.
Ich mag es, dass das Album als eine Art Beweis des Lebens existiert. Aber ich möchte nicht beides miteinander vergleichen und sagen, dass ich jetzt freier bin. Ich musste auf eine andere Art arbeiten. Ich weiß nicht, ob das jetzt besser oder schlechter ist, aber ich genieße es so, wie es jetzt ist. Aber ich bin mir nicht sicher, ob ich das Album auf diese Art noch mal ganz alleine machen würde. Es war schon sehr anstrengend, um ehrlich zu sein. Eine Menge schlaflose Nächte (lacht).
Ich finde es cool, dass du so offen über deine ehemalige Band sprichst. Manche Künstler reden nach einer Trennung ja nicht so gerne darüber. Aber du scheinst mit deiner Vergangenheit mit HIM ja recht im Reinen zu sein. Und in dem Teaser, welcher Anfang letzten Jahres erschien, sah man dich in einem Kino sitzen und ein paar deiner alten Musikvideos ansehen.
Ja, aber um ehrlich zu sein, ist das nicht, wie ich meine Freizeit verbringe (lacht). Ich dachte, es wäre eine großartige Art zu sagen, dass ich wieder auf Tour gehe und auch Musik von HIM spielen werde. Das bin nicht einfach ich, wie ich versuche, mich von meiner Vergangenheit zu befreien. Es geht darum die Vergangenheit und die Zukunft gleichermaßen zu schätzen. Dafür braucht es keine Worte, also dachte ich, dass das eine lustige Idee wäre. Dass andere Bands nicht gerne über die Vergangenheit reden, könnte daran liegen, dass sie nicht im Gutem auseinander gegangen sind uns es viele Kämpfe gab.
Worüber ich bei HIM wirklich glücklich bin ist, dass wir es sehr oft durch die schwersten Zeiten in unserer Karriere geschafft haben. Ich bin stolz darauf, dass wir das Ganze früh genug beendet haben, als wir noch Freunde waren und miteinander abgehangen haben. Wir haben es auf eine gute und glückliche Art beendet.
Ja, ich finde, dass sich so alle Bands trennen sollten, wenn die Zeit gekommen ist.
Einfacher gesagt, als getan. Ich verstehe, dass es sehr viele Dinge gibt, die schief gehen können. Natürlich gibt es bei uns auch schlechte Erinnerungen. Aber ich denke, die Band HIM endete mit einer Art Würde. Das ist sehr selten in der Musikwelt, speziell im Rock ’n’ Roll. Wo Temperate hochkochen und Leute manchmal durchdrehen. Gleichzeitig fühle ich mich aber auch nicht danach, die Jungs zu fragen, ob sie in den Proberaum kommen wollen und wir wieder zusammen „Wicked Game“ spielen sollen. Das ist momentan keine interessante Idee für mich.
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Band | |
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Stile | Gothic Rock, Melodic Rock, Pop |
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