Mantar
Nichts an dieser Platte hat Spaß gemacht.

Interview

Über den Titel des Albums müssen wir noch einmal sprechen. „Pain Is Forever And This Is The End“ kann sicherlich unterschiedlich ausgelegt werden. Die Platte bietet einerseits einiges an Experimentierfreude. Damit könnte also das Ende der „alten“ MANTAR-Ära und der Beginn einer neuen musikalischen Entwicklung angedeutet werden. Es könnte aber natürlich auch ein Hinweis darauf sein, dass Ihr Euch jetzt vielleicht doch endgültig auflöst…

Man nimmt seine Weiterentwicklung selbst ja gar nicht so wahr, insofern trifft die erste These überhaupt nicht zu. Es war aber einfach die beste Platte die ich machen konnte. Aber ich hatte schon irgendwie immer im Kopf, dass die Platte anders als die ersten drei werden sollte. Ich wollte mich nicht mehr hinter dem Label Extreme-Metal verstecken. Das machen viele Bands, die überhaupt keine Substanz haben. Nenn mich gerne Pop-Schwein, aber die härteste Währung besitzt für mich immer ein guter Song. Egal in welchem Genre. Also habe ich versucht, sehr songorientiert zu schreiben. Das bedeutet jedoch nicht, dass die alten MANTAR beendet werden. Die gibt es nicht, genauso wie es keine neuen MANTAR gibt. Es gibt halt einfach MANTAR.

Die Frage ob wir nie wieder etwas aufnehmen, hättest Du mir auch schon zu „Death By Burning“ stellen können. Es gibt bei uns keine langfristigen Pläne. Der Albumtitel ist also eher als ironisch, bitterer Kommentar zu den letzten Jahren zu verstehen und nicht als Wegweiser, wie es vielleicht weitergeht. Und ich habe auch gar keine Lust mir den Kopf darüber zu zerbrechen, wie es wann mit der Band weitergeht. Du merkst es ja selber, man kann eh nichts planen.

Ich hätte auch geglaubt, dass mittlerweile alles wieder „back to normal“ ist, aber auch das Live-Geschäft hat einen unheilbaren Schaden genommen. Die fetten Jahre sind vorbei, das ist ein verdammter Fakt. Es gibt natürlich die Bands, denen es egal sein kann, ob sie auf einem Festival nur noch 60.000 € anstatt 75.000 € für ihr Heavy-Metal-Set bekommen. Aber es gibt eben auch Bands wie uns, die davon leben, die aber wie zwei Klempner im Kleinwagen rumfahren und jeden Job mitnehmen. Die Bands, die zwischen 300 und 1200 Leute ziehen, die leiden wirklich am meisten darunter. Du kannst schon davon leben, aber es ist halt auch richtig harte Arbeit und Du musst es machen. Ein Haus baust Du nicht am Schreibtisch und so ist das mit MANTAR eben auch.

In jedem Fall ist „Pain Is Forever And This Is The End“ in einer dunklen Zeit entstanden und ist mit Abstand das schwärzeste und dunkelste Album, dass wir jemals gemacht haben. Trotz der schmissigen Songs.

Fotos von Mantar im Scala Ludwigsburg im Oktober 2019.

Ich habe stellvertretend für das Album, die drei Songs rausgesucht, die bei mir den meisten Nachhall hinterlassen haben („Hang ´Em Low (So The Rats Can Get ´Em)“, „Piss Ritual“, „Of Frost And Decay“). Kannst Du uns bitte kurz etwas dazu sagen?

Fangen wir mal von hinten an. „Of Frost And Decay“ ist eigentlich ganz einfach. In der zweiten Strophe heißt es: „People are strange, when they searching for their gods. People get cold, when they find out who they are.“ Die Leute wollen gern Teil von etwas sein und übernehmen ungern die Verantwortung für sich selbst. Jeder möchte einfache Antworten auf komplexe Fragen und deshalb suchen die Leuten links und rechts nach politischen Extremen, nach Kirche, nach Göttern… Nach Antworten, die sie sich selbst nicht geben können oder wollen. Wenn sie dann aber herausfinden, wer oder was hinter diesen Antworten steckt, wird es oft ganz bitter. Darum haben wir übrigens dieses Artwork gemacht. Das sieht aus wie ein Flyer von der Scientology. Das drückt Dir jemand in die Hand und verspricht Dir, alle Antworten und einen sicheren Hafen zu bieten. Und das ist es, was Du bekommst (Hanno klappt das Gatefold-Cover auf, wobei wir an dieser Stelle die Gestaltung des Innen-Covers noch nicht verraten). Der Mensch hat einen angeborenen Selbstzerstörungsmechanismus. Man tut jeden Tag so viel dafür, dass es einem schlecht geht. Obwohl man es eigentlich besser weiß. Wenn ich mich dabei erwische, wie ich alle fünf Minuten auf mein Handy schaue und die Band-Social-Media checke und die ganze Scheiße auch noch lese… Sowas hat doch überhaupt keinen Wert, nichts davon. Außer ein Gespräch, so wie zwischen Dir und mir jetzt gerade, auf Augenhöhe und Respekt. Und vielleicht die Gesundheit und Liebe, die unser aller Motor sein sollte. Das klingt jetzt total hippiemäßig und ich könnte nicht weiter davon entfernt sein ein Hippie zu sein. Aber man beschäftigt sich jeden Tag wissentlich mit so einer Scheiße und man hört einfach nicht auf.

MANTAR war aber noch nie eine politische oder sozio-politische Band, weil ich liefere ja keine Verbesserungsvorschläge oder Antworten. Ich sehe und berichte. Mehr ist nicht dahinter. Und das tue ich zum Beispiel mit „OF Frost And Decay“.

„Piss Ritual“ ist vielleicht noch am ehesten eine Brücke zu unseren früheren Sachen. Das ist halt einfach reines Geprolle und Geprotze (lacht). Es gibt ja von NIRVANA den Song „Territorial Pissings“ und der Grundgedanke bei „Piss Ritual“ ist sehr ähnlich dazu. Es ist wie bei einem Schwanzvergleich. Du kommst auf ein Festival und da sind Bands, die haben alle die selben Effect-Boards und alten Orange Amps. Das Merch sieht immer gleich. Dieses ganze Doom- und Sludge-Zeug finde ich so lächerlich und es langweilt mich über alle Maßen. Weißt Du, jede Band kann laut spielen. Und jede Band kann auch ganz viel Equipment auf die Bühne stellen. Aber mach mal geile Songs, die den Test der Zeit bestehen. Also ist „Piss Ritual“ vielleicht so etwas, was man als Diss-Song verstehen könnte. Aber ich nehme mich da natürlich nicht zu ernst und wir hauen uns ja auch immer gerne selbst in die Pfanne. Deshalb waren und sind wir wahrscheinlich auch ein Teil des Problems.

„Hang ´Em Low“ ist textlich auch ein Song der alten Schule. Dunkle Schlachten, mit dunklen Gestalten in dunklen Wäldern. As black as Black Metal can get. Auf die alte skandinavische Schule stehe ich. Ich meine gar nicht den Satanismus-Blödsinn. Aber ich mochte immer schon dieses Mittelalterliche, so im Game-Of-Thrones-Stil. Schwerter, Äxte und Wikinger-Kram. Das mag ich total gerne. So ist der Text auf „Hang ´Em Low“ auch eher eindimensional. Aber es gibt auch Songs wie „Egoisto“ oder eben „Of Frost And Decay“ da achte ich schon darauf, dass die Lyrics etwas aussagen sollen. Aber hier geht es nur um den Spaß an der Zerstörung und die Punchline ist einfach geil, bei allem Respekt. „Hang ´Em Low So The Rats Can Get ´Em“, da bin ich schon ein bisschen stolz drauf (lacht). Aber machen wir uns nichts vor, die Klammern im Songtitel sind natürlich reine Wichtigmacherei. Das ist wie ein Buch mit dem Titel „Der letzte Tag im Frühling (Oder wie ich das Flugzeug erfand)“. Ein kläglicher Versuch, sich wichtig zu machen.

Galerie mit 22 Bildern: Mantar - Easter Cross 2024

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13.07.2022

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