Vengeful
Interview mit Jean-Marie Leblanc zu "Vengeful"

Interview

Vengeful

Die Kanadier VENGEFUL haben mit ihrem selbstbetitelten Doppelalbum Ende 2011 einen ziemlichen Hammer vorgelegt, der einfach alles in Schutt und Asche legt. Keine Frage, dass eine derart saftige Meisterleistung nach einem Gespräch verlangt. Nach einigen Versuchen, einigem Hin und Her mit den Terminen, kam dann doch noch etwas verspätet ein Gespräch zustande, indem sich VENGEFUL-Gitarrist und (einer der) Sänger Jean-Marie Leblanc als äußerst freundlicher und aufgeschlossener Gesprächspartner erwies, der sich und eine Band präsentierte, die noch echte Visionen hat. Here we go…

Hi Jean-Marie. Bevor wir uns in die Materie vertiefen, ist da eine Sache, die mich vorab brennend interessiert: Ihr habt ein weiteres Album in Eigenregie veröffentlicht, ohne Label, ohne finanzielle Sicherheit. Ist, bzw. war dies eine absolut bewusste Entscheidung von euch, inklusive der Gefahr, sich finanziell zu ruinieren, oder eher aus der Not heraus, weil ihr halt kein geeignetes Label gefunden habt?

Hi, also es war eine bewusste Entscheidung von uns, das Album selbst zu veröffentlichen, weil die kleineren Labels sowieso nicht die finanziellen Mittel haben, um dich während des Aufnahmeprozesses vernünftig zu unterstützen. Das ist übrigens der teuerste Part eines Albums. Also haben wir all unsere Knete zusammengekratzt und das Album alleine aufgenommen, vertreiben es nun in kleinem Rahmen über unsere Website und verkaufen es auf unseren Shows. Es ist ein ziemlich einfaches Konzept.

Besteht denn Desinteresse seitens der Labels? Wenn ja, kann ich das echt nicht verstehen.

Klar, da gibt es einiges Interesse aber unsere Musik erfordert einen besonderen Geschmack. Nicht, weil sie zu technisch ist sondern weil sie eine außerordentliche Tiefe besitzt. Das ist der eine Aspekt und die meisten Labels, mit denen wir gesprochen haben, waren zudem gegen ein Doppelalbum.

Vengeful“ kommt aber nicht nur als Doppeldecker, sondern auch in einem hochqualitativen Digipak. Das Album ist in zwei Teile geteilt, wobei „Towards Obliteration“ die völlig kompromisslose Seite VENGEFULs zeigt und „Leaping Through The Void“ mehr zermalmend klingt, mit längeren und abwechslungsreicheren Stücken, die allerdings auch mit Blastbeats angereichert sind. Hattet ihr schon vor Beginn des Kompositionsprozesses entschieden, das Album aufzusplitten oder ist die Idee erst während des Schreibens entstanden?

Als wir fertig waren mit „The Omnipresent Curse“ haben wir uns hingesetzt und begonnen, über das nächste Album zu sprechen. Stücke wie „Decay“, „Delusional“, „Visions“ und „Malice“ waren als Demo fertig und unser damals neuer Gitarrist Emmanuel hatte noch eine Menge mehr Ideen. Wir wussten schnell, dass wir zuviel guten Stoff für eine einzige CD zusammenkriegen würden, also haben wir uns kurzerhand für ein Doppelalbum entschieden.

Und warum habt ihr nicht einfach alle Songs auf eine einzige CD gepackt um ein noch variableres Album zu haben? Ich meine, die Spielzeit beider Parts würde auf eine CD passen. 24:42 + 43:37 = 68:19 Minuten.

Wie bereits gedeutet ist Death Metal eine sehr intensive Form der Musik und manchmal kann es überfordernd sein, wenn man so extremen Stoff länger als durchschnittlich 25 oder 35 Minuten hören muss. Somit wurde uns schnell klar, dass 70 Minuten viel zu lang für ein einziges Album sein würden und so splitteten wir den kompletten Angriff in zwei Teile. Klar, wir hätten die Songs auch einfach mischen können, aber dann hätte es sich wie „The Omnipresent Curse“ Teil 2 und 3 angehört; also dachten wir, dass es viel besser sei, etwas anders an die Sache zu gehen als beim vorigen Mal, vom Hörerlebnis her.

Ich mag die Art sehr, wie ihr die Scheibe veröffentlicht habt. „Vengeful“ ist ein wahres Bombardement! Es besitzt noch mehr Power als „The Omnipresent Curse“, welches ich ebenfalls sehr mag. Nach jenem Album dachte ich erst, dass ihr mit der nächsten Langrille langsamer werden würdet, schwerer und schleppender, aber ich lag komplett falsch! Ihr seid schwerer geworden, ja, aber auch verdammt nochmal noch schneller! Wird es in Zukunft Kompromisse geben oder gibt es weiterhin Blast-Attacken volle Kraft voraus?

Es ist schwierig zu sagen, wie ein zukünftiges VENGEFUL-Album klingen wird, weil wir immer die Ideen sammeln und nehmen, die uns in eben diesem speziellen Moment am besten ausdrücken. Außerdem möchten wir uns und unsere Ideen frisch halten. Es wird auf jeden Fall Death Metal sein, das ist sicher! Kein Core, kein Eierschaukeln und natürlich keine Clean Vocals!

Die Gitarrenarbeit klingt auch mehr detailliert und zielgerichtet.

Danke, dass du das bemerkt hast. Wir versuchen immer, dass jeder Gitarrenpart passt und für sich herauszuhören ist. Egal, was gerade simultan gespielt wird, ob Rhythmusgitarre, Bass, weitere Gitarrenspuren etc…

Vengeful

Wollt ihr zukünftig noch verstärkter den technischen Weg gehen?

Fürs nächste Album? Ich bin nicht sicher, ob wir noch technischer werden, aber vielleicht wird es etwas weniger geradeaus gehen mit der Instrumentierung; wohl etwas vertrackter…

Was ist denn überhaupt aus deiner Sicht der Hauptunterschied zu „The Omnipresent Curse“?

Rein klangtechnisch ist es dichter und organischer. Unser Mixer Hugues hat nach einem Sound gesucht, der die Trommelfelle angreift und das konstante Gehämmer der Drums und der Gitarren einwandfrei wiedergibt. Zudem hat er Stunden damit verbracht, den richtigen Platz für die Gitarrenspuren auf „Leaping Through The Void“ zu finden. Die Vocals variieren auch mehr als auf unserer vorigen Veröffentlichung, weil wir alle Sänger (ganz besonders Marc-André) vor den jeweiligen Aufnahmen ordentlich hochgepusht haben. Das Album zeigt auch Phil Truesdell endlich als das Monster, das er hinter dem Kit sein kann. Tonnenweise Aggression und Geschwindigkeit aber immer mit viel Groove.
Der Hauptunterschied des Materials ist wahrscheinlich, dass die Zusammenarbeit auf dem „Towards Obliteration“-Teil umfangreicher war als auf jedem unserer vorigen Veröffentlichungen. Zudem haben wir auch versucht, die Stücke griffiger zu gestalten, denn wenn die Songs immer brutaler werden, wird es für den Hörer auch schwieriger herauszuhören, was wir da überhaupt spielen. Das ist übrigens auch der Grund warum wir niemals verstehen werden, warum wir als Tech Death Band gehändelt werden, denn wir versuchen gerade zu erreichen, dass die Leute mehr fühlen, was wir tun, anstatt sie damit zu beeindrucken.

Für das Artwork habt ihr wieder euren Stammzeichner gewonnen…

Ja, der visuelle Aspekt ist ählich dem der vorigen Alben, weil wir wieder Martin Lacroix für uns gewinnen konnten, der eine übergroße Landschaft auf Leinwand gemalt hat. Das Bildnis des Artworks spiegelt perfekt unsere Musik wieder. Er malt zu unserer Musik seit wir 2004 unser jetziges Bandlogo entwickelt haben.

Vengeful

Eure Liednamen bestehen immer nur aus einem Wort. Warum? Ist ein Wort genug, um einen Song zusammenzufassen und auszudrücken?

Der Titel ist immer ein Ausdruck des lyrischen Inhalts des jeweiligen Stückes oder die Ein-Wort-Beschreibung des Gefühls, welches wir mit dem Song verbinden.

Worüber handeln denn die Texte genau? Gibt es Hauptthemen bei euch oder variiert das?

Das variiert. „Karma“ handelt über die Selbsttötung oder jemand anderen umzubringen und mit den Konsequenzen klarzukommen; halt ziemlich Death Metal. „The Omnipresent Curse“ beinhaltet eine fiktive Story über einen Typen, der bei der Geburt von seinem Zwillingsbruder getrennt wurde. Dieser sucht ihn später auf und zwingt ihn, unschuldige Leute zu quälen und zu ermorden. Die aktuelle Scheibe hat mehr persönliche Texte, die philosophische Ansätze mit dem Metal-Kontext verbindet („Towards Obliteration“). „Leaping Through The Void“ ist über die Stagnation, das Gefangensein in einer Depression und der Kampf damit, aus diesem Strudel herauszukommen.

Inhaltlich also auch sehr heftiger Stoff. Wie sieht es denn mit Live-Aktivitäten aus? Habt ihr in absehbarer Zeit die Chance nach Europa oder sogar nach Deutschland zu kommen? Wäre schon geil miterleben zu können, wie ihr unsere Bretter zerlegt...

Auch wenn wir natürlich auf der Bühne explodieren würden, wenn wir nach Europa kommen könnten, haben wir leider keine Angebote erhalten. Wir wissen, dass wir die meisten Anhänger in Europa haben, aber uns trennt halt ein Ozean…

Wo kann euer Album bestellt werden, nur auf eurer Website?

Ja, auf unserer Website

Ich hoffe, von VENGEFUL noch viel zu hören in der Zukunft. Eure Musik regelt. Danke für das Interview!

Wir danken dir dafür, dass du dir die Zeit genommen hast, dich mit unserer Musik auseinanderzusetzen und uns mit diesem Interview zu unterstützen. Es tut immer gut von den Leuten da draußen zu hören, die auf unsere Musik stehen. Bleibt am Ball!

Discography:

Vengeful „Tragedy Lies Ahead…“ EP | 2005

Vengeful „Karma“ Album | 2007

Vengeful „Tempted By Nightmares“ EP | 2008

Vengeful „The Omnipresent Curse“ Album | 2009

Vengeful „Vengeful“ Album | 2011

05.05.2012

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