Velvet Viper
Jeder Gig ist für mich ein Jungbrunnen!

Interview

VELVET VIPER haben ein neues Album namens „Nothing Compares To Metal“ veröffentlicht, das wieder einmal Metal durch und durch ist. Wir sprachen darüber im Interview mit Sängerin Jutta Weinhold und Gitarrist Holger Marx.

Cover Artwork von VELVET VIPER - "Nothing Compares To Metal"

Cover Artwork von VELVET VIPER – „Nothing Compares To Metal“

Ihr veröffentlicht gerade euer neues Album „Nothing Compares To Metal“! Nichts ist vergleichbar mit Metal – erzähle mal bitte, wie ihr auf den Titel gekommen seid, was er für euch bedeutet!

Jutta: 1983 hatte ich keinen Bock mehr auf Rock’n‘Roll Fast Food und ich habe mir überlegt, wohin meine musikalische Reise gehen soll. Ich wollte andere Texte schreiben und der Musik andere Inhalte geben und so kam ich auf die Klassik. Mein Vater war großer Wagner Fan und durch ihn habe ich auch unter anderem den „Fliegenden Holländer“ kennengelernt. Ich war sofort inspiriert und dachte das soll es sein. Und so war mein Weg zum Metal schon beschritten und das war gut so. Also schuf ich dem Fliegenden Holländer eine Tochter und nannte sie ZED YAGO. Sie kommt auf die Erde um die verlorene Phantasie zu suchen, denn ohne Phantasie stirbt die Seele und ohne Seele stirbt der Mensch. Das war das Konzept für die Band und hat mich bis heute begleitet.

Viele Texte aus der Klassik, Literatur, Mythologien, Legenden und Phantasie sind seitdem entstanden. Ich lese sehr viel und befasse mich auch persönlich mit diesen Dingen. Jedermann muss Musik machen, die seiner Mentalität entspricht… die Welt braucht Originale und keine Kopien. Auf unserem neuen Album wollte ich ein Liebeslied für den Metal schreiben und das ist „Nothing Compares To Metal“. Es gibt nichts Besseres, um meine Geschichten unterzubringen. Als ich das Metal-Publikum kennengelernt habe, dachte ich: Ja! Für alle Zeiten.

Seit eurer Reunion legt ihr ein ganz schönes Tempo vor. „Respice Finem“ (2018), „The Pale Man Is Holding A Broken Heart“ (2019), „Cosmic Healer“ (2021) und jetzt „Nothing Compares To Metal“. Wie schafft ihr es, in dieser Zeit schon das vierte Album fertigzustellen?

Jutta: Wir waren eben fleißig. Bei mir hatten sich über die Jahre sehr viele Ideen angesammelt. Ein kreativer Brunnen voll mit Phantasie schöpft sich so schnell nicht leer. Als ich Holger 2015 kennenlernte, kam schon bald die Idee, es noch mal richtig anzugehen. Holger ist ein super Gitarrist und Komponist, ein sehr kreativer Mensch und so haben wir zusammen das gemacht, was uns am liebsten ist: Metal

Holger: Im Prinzip machen wir alle zwei Jahre ein Album, „Respice Finem“ ist schon 2016/17 entstanden, es hat nur etwas gedauert, bis alles fertig war, unter anderem, weil unser Schlagzeuger Bubi (der Schmied) krank wurde und dann ja auch gestorben ist.

Die Corona-Pandemie hatte lange nicht nur auf die Musikszene und Veranstaltungsbranche negative Auswirkungen, am Anfang gab es ja auch rigide Kontaktbeschränkungen. Wie hattet ihr es geschafft, während dieser Zeit motiviert zu bleiben? Welche Erfahrungen habt ihr mitgenommen, wie habt ihr euch als Menschen und als Band verändert oder entwickelt?

Jutta: Das war natürlich eine schwierige Zeit. Wir haben wenig gespielt aber viel komponiert. Das ist schlimm, denn jeder Gig ist für mich ein Jungbrunnen in den ich falle und auch ziemlich lange drinbleibe. Manchmal ist die Welt ein Jammertal, manchmal aber auch nicht. Ich lasse mich auch nicht so schnell unterkriegen und so haben wir auch diese Zeit letztendlich überstanden.

Holger: Mich hat die Zeit leider richtig mitgenommen, auch weil ich Kinder habe, die durch Schul- und Kindergartenschließungen richtig gelitten haben. Da denke ich am liebsten gar nicht mehr drüber nach, das regt mich immer noch richtig auf.

Das neue Album ist wieder typisch VELVET VIPER. Klassischer epischer Metal in eurem eigenen Stil. Wie beurteilt ihr selbst „Nothing Compares To Metal“ im Vergleich zu euren vorherigen Alben, wie seht ihr eure Entwicklung?

Jutta: Das ist immer schwierig zu beschreiben. Ich finde die Platte super gelungen. Mir geht es wahrscheinlich so wie vielen Fans. Es gibt immer mal ein Highlight und dann die, die vielleicht nicht so hoch steigen. Mit Michael Ehré haben wir eine richtig gute Zusammenarbeitet gehabt. Ein toller Mensch und ein super Musiker.

Holger: Die Produktion ist sehr stimmig und wir haben auch systematischer gearbeitet als zuvor, zum Beispiel auf allen Songs die gleichen Kombinationen aus Verstärker und Gitarre. Und wir haben dieses Mal noch weniger stilistische Ausreißer. Das Album ist auch durch die Mitwirkung sehr homogen geworden.

In der Vergangenheit habt ihr in den Texten oft Bezug genommen auf die Artus-Sage oder die Nibelungen, natürlich perfekter Stoff für packenden Heavy Metal. Was hat euch zu den Texten von „Nothing Compares To Metal“ inspiriert?

Jutta: Wir haben uns dieses Mal vom „Der Zauberlehrling“ von Johann Wolfgang von Goethe inspirieren lassen. „Speak Truth To Power“ ist sehr poetisch und fordert auf zum Lesen und zur Kreativität. „Rise From The Fallen“ streift die Schlachten der Römer in Germanien. „The Fourth Part“ widmet sich einer Story aus meinem Buch, die Geschichte vom Hammerhaus im vierten Teil der Erde, der Hölle, das ich 2012 veröffentlicht habe mit dem Titel: „Die Tochter des Fliegenden Holländers auf der Suche nach der verlorenen Phantasie“. Nicht zu vergessen: „Urd Wardande Skula“ die Bewahrer des Lebensbaumes Yggdrasil aus den Wikinger Sagen.

Holger: Ich kriege die Texte halt auf den Schreibtisch und denke mir dazu Gitarrenparts aus. Jutta hat in dem Bereich alles im Griff, hihi.

Gibt es noch Themen oder Geschichten, die ihr gerne mal angehen würdet?

Jutta: Oh ja, da gibt es bestimmt noch viel, über das sich lohnt zu singen. Warten wir mal ab, was die Zukunft bringt.

Ein Novum für VELVET VIPER – „Es kommt die Zeit“ ist in Deutsch! Wie kam es zu der Idee?

Jutta: Ich werde immer wieder gefragt: Jutta sing doch mal einen deutschen Text. Gesagt, getan. Ich habe dieses, ursprünglich ein Gedicht, zu einem Text geändert. Nach so vielen Jahren mit der Musik macht man sich schon mal Gedanken, wieso weshalb warum, wie lang… Da ich nie über Privates gesungen habe, gibt es bei „Es kommt die Zeit“ eine Ausnahme und ich singe ihn in Deutsch.  Interessant für mich ist, wie anders meine Stimme in Deutsch klingt.

Holger: Der Song war eine schwere Geburt. Wir hatten eine ganz andere Version schon mal 2017 für „Respice Finem“ aufgenommen, aber dann nicht auf das Album gepackt, weil er uns nicht recht gefallen hat. Jetzt haben wir es nochmal ganz anders versucht und dieses Mal gefällt mir das Stück richtig gut. Juttas Art zu singen in Kombination mit der deutschen Sprache hat etwas sehr Eindringliches, das finde ich sehr interessant. Aber es wird vermutlich die absolute Ausnahme bleiben.

Epic Metal / Heavy Metal lebt vom Zusammenspiel klassischer, martialischer aber auch kulturell wichtiger Literatur und Sagen mit harten Gitarren und schweren Rhythmen. Was macht die Faszination für euch aus?

Jutta: Diese Faszination von Tiefgang und Botschaften gibt es nur beim Heavy Metal. Diese Musik ist einzigartig und mit nichts vergleichbar.

Holger: Heavy Metal war ja schon immer eine eigene Kultur mit eigener Ästhetik, die für Außenstehende auch oft schwer zu begreifen ist. Man muss dann immer aufpassen, dass man nicht in Klischees versinkt, um ja dem wahren Metal zu huldigen, aber man kann schon recht viel einfließen lassen, damit es immer interessant bleibt.

Wie unterscheidet sich eure Arbeit am Songwriting heute im Vergleich zu damals in den frühen Neunzigern?

Jutta: Na ja, in den Achtzigern mit ZED YAGO traf man sich im Übungsraum. Man hatte einen Textvorschlag und eine Melodie und jeder hat versucht mit seinem Instrument etwas dazu zu machen…Wir haben damals jeden Tag geprobt von 12 -15 Uhr. Das war Pflicht. Und das war gut so.

Holger und ich treffen uns und komponieren bis alles zusammen passt bis es uns gefällt. Dann erst treffen wir uns im Proberaum mit Micha Fromm und Johannes Horas Möllers und arbeiten gemeinsam am Arrangement.

Um einen weiteren Vergleich zu eurer Vergangenheit zu ziehen, wie unterscheidet sich das Feeling innerhalb der Band heute zu früher?

Jutta: Das Feeling ist damals und heute wichtig. Wenn vier Leute sich zusammentun, dann muss das stimmen mit Schwingungen und Spirit. Wenn man jung ist, dann kann man sich ausschließlich der Musik widmen. Wenn dann später eine Familie mit Kindern dazu kommt, dann wird es schon schwieriger sich einer einzigen Band zu widmen, denn es soll ja auch finanziell stimmen. Bei uns ist es so, man trifft sich für die Gigs und freut sich aufeinander.

Holger: Unsere derzeitige Besetzung, die ja schon einige Jahre konstant ist, passt menschlich richtig toll zusammen, anders ginge das auch nicht. Heute spielt man ja leider selten richtig viele Shows am Stück, aber wenn wir zusammen auf die Bühne gehen, entsteht immer sofort unser spezieller VELVET VIPER-Groove, das ist schon was ganz Besonderes. Manchmal trete ich da richtig weg oder schreie rum; da muss ich immer aufpassen, dass ich noch mitkriege, wo wir gerade im Song sind. Das hat man echt nur bei Heavy Metal mit lauten Verstärkern.

Eine Frage an Jutta – du bist inzwischen schon 75 Jahre alt, was man dir aber weder ansieht noch hört. Woher nimmst du all die Kraft, was hält das Feuer in dir am Brennen?

Jutta: Ich habe ja nie etwas Anderes gemacht und liebe mein Leben mit der Musik. Ich kann und konnte mir nichts Anderes vorstellen und bin dafür auch jedes finanzielle Risiko eingegangen. Take it or leave it. Etwas dazwischen geht für mich nicht. Also kompromisslos und konsequent. Alles was ich anfange, wird zu Ende gebracht. Ich habe schon erwähnt, dass jeder Gig mein Jungbrunnen ist. Ein begeistertes Publikum, Menschen die bemerken, dass ich nicht nur ein Ticket verkaufen will, sondern dass ich einen Teil von mir gebe. Ich finde jede Musik, egal ob Blues, Rock oder Metal, muss eine Botschaft haben. Musik ist immer mehr als nur Party und Unterhaltung.

Holger: In 30 Jahren kann ich da auch was zu sagen…

Was habt ihr in nächster Zukunft geplant?

Jutta: Am 03.08. spielen wir in Wacken. Am 04.08. sind wir im Pressezelt auf Wacken und promoten unser neues Album und dann geht es weiter mit Gigs., Gigs, Gigs….

Holger: Genau, die neuen Songs wollen ja gespielt werden. Ein paar haben wir schon ausgesucht, das wird spannend.

Vielen Dank für das Interview! Die letzten Worte gehören euch!

Jutta: An die Fans und Freunde: kauft euch weiter CDs oder LPs, geht in die Clubs und feiert auch die Bands, die nicht zur 1. Liga gehören. Vielleicht sehen wir uns auf einem VELVET VIPER Konzert in diesem Leben oder im nächsten.
Let metal be your master, cause nothing compares to metal.

Gruß an alle Leser, Jutta

Galerie mit 15 Bildern: Velvet Viper - R-Evolution Of Steel – Battle Of Metal 2023
20.07.2023

Geschäftsführender Redakteur (stellv. Redaktionsleitung, News-Planung)

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