Vanitas
Vanitas
Interview
Die Dark Metaller von Vanitas sind schon lange kein Geheimtipp mehr. Einige Monate nach der Veröffentlichung des aktuellen Albums ‚Lebenslauf‘ wurde zu dem Song ‚Endlosschleife‘ ein überraschend professionell wirkendes Video gedreht und auf der offiziellen Homepage http://www.vanitas.at zum download angeboten. Andreas, Kopf und Sänger der Band beantwortete uns zu diesem Zweck einige Fragen über Schlachthöfe, David Lynch und die russischen Fans…
Hi Andreas! Der Release von ‚Lichtgestalten‘ ist nun auch schon einige Zeit her; wie sind denn die allgemein die Kritiken ausgefallen?
Eigentlich haben wir überall recht gute Kritiken bekommen. Vor allem bei den Internet-Magazinen, die sich scheinbar auch ein wenig Zeit nehmen die Musik anzuhören. In manchen großen Printmagazinen haben wir eher mittelmäßig abgeschnitten, da viele meinten, wir seien eine weitere 08/15 Gothic Metal Band. Aber ich habe es aufgegeben mich darüber zu ärgern. Die meisten Kritiken bescheinigen uns gerade das nämlich nicht, sondern betonen unsere Eigenständigkeit. Wer sich unsere Musik in Ruhe und ohne Vorurteile anhört, wird sehr schnell merken, dass unsere Stärke gerade darin liegt, dass wir in keine Schublade passen.
Vor kurzem habt ihr zu meinem persönlichen Lieblingssong ‚Endlosschleife‘ auch ein Video gedreht und kostenlos auf der offiziellen Homepage zum Download angeboten. Wer hatte die Idee dazu? Gerade im Metalbereich ist die Chance im Fernsehen gespielt zu werden ja seit jeher gleich Null.
Wir tragen die Idee schon sehr lange mit uns herum. Ausschlaggebend, dass wir es jetzt tatsächlich durchgezogen haben, war ein zufälliges Treffen mit einem alten Bekannten von Hannes (unserem Keyboarder), der als Regisseur arbeitet. Ich habe dann ein Drehbuch geschrieben und er war sofort davon begeistert es umzusetzen. Er hatte glücklicherweise auch ein tolles Filmteam bei der Hand und das nötige Equipment, um einen ordentlichen Clip zu drehen. So ein typisches „Band spielt – Livepublikum bangt“-Video wollten wir auf keinen Fall machen. Durch den Einbau der schauspielerischen Parts, die ja relativ abstrakt und surreal sind, gelingt dies meiner Meinung nach recht gut. Die Szenen im „Red Room“, der an „Twin Peaks“ von David Lynch angelehnt ist, erzielen genau diese „kranke“ Wirkung, wie wir es gewünscht haben. Ob das ganze im TV mal zu sehen ist, wage ich zu bezweifeln. Wir bieten es jetzt mal zum Download auf unserer Website an und schauen was passiert.
Warum eigentlich ‚Endlosschleife‘ und kein anderer Song vom neuen Album? Aus ‚Missverstanden‘ hätte man ja auch ein schönes Video schnipseln
können…
„Endlosschleife“ eignet sich daher recht gut, weil es eingängig ist und auch von der Länge her ideal für eine visuelle Umsetzung passt. Auch vom Text her gibt es sehr viel Interpretationsfreiraum, den wir auch im Video nutzen konnten. Es hätte natürlich auch „Missverstanden“ sein können, aber im Endeffekt sind wir mit der Wahl sehr zufrieden.
Wo wurden die Dreharbeiten gemacht?
In einem alten Schlachthof in einem Ort in der Nähe von Wien. Wir hatten dort wirklich optimale Räumlichkeiten. Vor allem die Fließenräume, die wir ja auch am CD Cover schon hatten, waren einfach herrlich. Auch die Szenen in dem Raum mit dem roten Vorhang haben wir dort gedreht. Die ganze Location war einfach ideal.
Die alte Streitfrage: Manche Leute finden Musikvideos gut weil sie die Musik in andere Sphären übertragen, andere sehen das eher pessimistisch weil sie glauben dass die Bilder vom eigentlichen Lied ablenken. Wo ordnest du dich eher ein?
Beide Ansichten haben etwas Wahres an sich. Mir ist z.B. beim ersten Mal durchsehen die Musik überhaupt nicht aufgefallen, weil im Video eben relativ viel passiert. Das kann aber natürlich auch daran liegen, dass ich es mit anderen Augen sehe / höre. Wir haben versucht das Video so zu machen, dass es die Musik unterstützt. Das heißt aber sehr wohl auch, dass die visuelle Umsetzung besonderen Stellenwert hat. Wir wollen einfach zeigen, dass wir auch in diesem Bereich etwas Besonderes schaffen können. Das Stück klingt aber definitiv mit Bildern unterlegt anders, als „nur“ auf dem Album. Das macht meiner Meinung nach ein gutes Video aus.
War der Clip eine einmalige Sache oder dürfen wir jetzt bei jedem neuen Album ein Video erwarten?
Nachdem die Zusammenarbeit mit dem Filmteam rund um Philipp Hochhauser so toll geklappt hat und auch das Ergebnis absolut zufrieden stellend ist, werden wir mit ziemlicher Sicherheit auch beim nächsten Album ein Video drehen. Ideen dazu schwirren schon in meinem Kopf herum. Wir werden sehen.
Was allgemein bei ‚Lichtgestalten‘ auffällt (um das Gespräch mal von den Videos weg zu kriegen…) ist, dass es eine kompositorische Trennung der Songs gibt. Da sind zum einen die relativ kurzen eingängigen Moshgaranten wie oft erwähnter Opener, ‚Missverstanden‘ oder ‚Relatives Freisein‘ und zum anderen die etwas epischeren verkniffelten Stücke wie ‚Lebenslauf‘ oder ‚Kontrollverlust‘, in denen die Strophen meist doppelt so lang herziehen wie in den Vierminütern. War das ein bewusster Kompositionskniff oder eher zufällig entstanden?
Eigentlich ist das eher zufällig entstanden. Die Lieder entwickeln sich beim Schreiben meist recht schnell in die eine oder andere Richtung. Als ich am Computer nach ein paar Bierchen am späten Abend mal das Riff zu „Endlosschleife“ aufgenommen habe, war mir klar, dass dies eher ein kurzer, eingängiger Song werden wird. Bei „Tausende Quadrate“ im Gegensatz hat sich schnell herausgestellt, dass dieses Stück eine längere Spielzeit und viele verspielte Parts erfordert. Aber wie gesagt, meist entsteht das eher spontan. Wobei der angesprochene Song „Kontrollverlust“ im Nachhinein betrachtet seinem Namen alle Ehre macht. In dem Lied haben wir tatsächlich die Kontrolle über den Song verloren und ein wenig übertrieben 😉 Bei den anderen Stücken bin ich aber sehr zufrieden mit dem Aufbau und den Arrangements. Es ist einfach der typische Vanitas-Stil zu erkennen. Eingängig, melodiös, teilweise sogar „happy-parts“ wechseln sich mit kranken, harten, metaltypischen Teilen ab. Das macht unseren Stil aus.
Hat sich schon abgezeichnet welche Songs bei den Fans live, bzw. auf der Platte am besten ankommen?
Das merken wir immer relativ schnell, wobei man sich hier immer die Frage stellen muss: kommen die Lieder so gut an, weil wir sie immer live spielen oder spielen wir sie deshalb live, weil sie gut ankommen? Eine gewisse Vorauswahl treffen wir ja selber. „Endlosschleife“ „Missverstanden“ und „Lebenslauf“ sind aber von der aktuellen CD sicher die am besten geeigneten Livenummern.
Okay, Zeit für einen angeregten Redakteur-Musiker Plausch… Das Jahr 2004 ist relativ mittelprächtig zuende gegangen und war eher für den Prog als für den Dark Metal Fan eine Offenbarung. Die langerwartete neue Eisregenscheibe war überdurchschnittlich, aber unter den Erwartungen; stattdessen haben die Veröffentlichungen von Lacrimas Profundere, Nocte Obducta und Cradle of Filth ziemlich überzeugt; und irgendwo dazwischen hat sich noch die neue Slipknot eingebuddelt. Was waren denn deine Alben des vergangenen Jahres, und hast du irgendwelche Ergänzungen zu meiner schnell runtergeleierten Liste? Gerade über Eisregen lässt sich ja ziemlich streiten…
Also über Eisregen kann ich eigentlich gar nicht viel sagen. Wir werden zwar relativ oft mit ihnen verglichen, aber ich kenne nicht wirklich viel von Eisregen. Die paar Nummern, die ich gehört habe, haben mich eher wenig überzeugt. Ihre Art der Provokation ist mir ehrlich gesagt ein wenig zu plump. Ich bin mehr ein Fan von versteckten Anspielungen. Musikalisch haben sie allerdings ein paar Eigenheiten, die mir schon recht gut gefallen.
Einzelne Alben aus dem letzten Jahr zu nennen, fällt mir jetzt auch eher schwer. So absolut 100% hat mich nichts überzeugt, vor allem im Bereich des Düstermetalls. Ein absolutes nicht-metallisches Highlight war meiner Meinung nach „Absolution“ von „Muse“. Einfach göttlich. Aus dem Metal-Underground-Bereich fallen mir spontan zwei österreichische Bands ein, die absolute Topwerke veröffentlicht haben. Zu einem „No Pride“ mit „Der Quell des Lebens“ (www.nopride.at) und die neue von Third Moon.
In meinem bisher einjährigen Redaktionsdasein ist mir bisher tendentiell aufgefallen dass Dark Metal Bands irgendwie die sympathischsten Interviewpartner sind… Hast du da irgendeine Erklärung dafür? 😉
Danke 😉 Ich habe mittlerweile einige Musiker aus dem Dark Metal Bereich kennengelernt und kann das nur bestätigen. Ich glaube es liegt vor allem daran, dass wir uns alle weitaus weniger ernst nehmen, als uns das von Außenstehenden immer vorgeworfen wird. Erst kürzlich hab ich wo gelesen in einem Forum „Vanitas ist mir zu depressiv, das sind wohl alles sehr deprimierte Leute“. Mit dieser Einschätzung liegt man allerdings total daneben. Das gilt wohl für sehr viele Bands dieses Genres.
Vor kurzem wurde Lichtgestalten auch in Russland veröffentlicht – da steckt bestimmt eine spannende Geschichte dahinter… 🙂
Auch unsere ersten beiden Alben wurden über Lizenzverträge in Russland veröffentlicht. „Lichtgestalten“ ist erst vor kurzem erschienen, die
bisherigen Reaktionen sind aber recht gut. Das Video zu „Endlosschleife“ trägt da natürlich ein wenig zur Promotion bei. Wir sehen zumindest, dass sehr viele Leute aus Russland das Video runterladen. Es ist in jedem Fall ein sehr interessanter Markt.
Wie sieht die Zukunft von Vanitas aus? Vor kurzem ist ja eure Frauenstimme Maria aus der Band ausgestiegen – wird man in Zukunft komplett auf Frauengesang verzichten? Wie wird das neue Album aussehen?
Mit Maria ist das so eine Sache. Sie hat auf Grund ihres Einstieges ins Berufsleben nicht mehr die Zeit, um immer bei den Livegigs dabei zu sein. Allerdings hilft sie uns bis jetzt immer aus, wenn wir spielen. D.h. es hat sich nicht wirklich viel verändert. Mal sehen, was die Zukunft bringt. Ich kann mir mittlerweile durchaus vorstellen, dass sie weiterhin bei Vanitas singt, wenn sie Zeit hat. Mal sehen.
Gut, danke für das Interview, und die letzten Worte gehören dir! 🙂
Danke auch für das Interview. Noch einmal der Aufruf. Ladet euch unser Video von unserer Seite www.vanitas.at herunter und verbreitet es in eurem Freundeskreis. Endlich mal ist hier alles gratis ohne rechtliche Bedenken. Ansonsten sehen wir uns hoffentlich mal irgendwo bei einem unserer Konzerte. Bis dann 🙂
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