Vampire
Vampire aus dem Schlund der Unterwelt

Interview

„Ich bin ein Nachtvogel – tagsüber nicht zu gebrauchen“, verkündete dereinst Graf von Krolock in Roman Polanskis Film „Tanz der Vampire“. Dieses Bild im Kopf, verwundet es dann schon ein wenig, VAMPIRE-Gitarrist Black String tagsüber anzutreffen, um mit ihm über das neue, tolle Album „With Primeval Force“ zu sprechen. Zwar nicht bei gleißender Mittagssonne, aber Mitternacht ist weit entfernt. Aber nicht nur das Interview-Setting überrascht, auch zeigt sich der Gitarrist bestens informiert in Genres, die mit VAMPIRE eher weniger zu tun haben.

Black String, erzähl uns doch mal etwas über …

 

… die Bands, die Euch beeinflusst haben

Unser Sänger Hand Of Doom hat uns sicherlich zu Bands wie AUTOPSY und NECROPHAGIA hingeführt, während ich eher auf MORBID ANGEL und SLAYER stand. Und ein bisschen CELTIC FROST vielleicht. Wir haben bei unseren Lieblingsbands aber auch eine Menge Überschneidungen, gerade hinsichtlich Südamerika: SEPULTURA, SARCOFAGO und VOLCANO. Wir verstanden, dass wir mit VAMPIRE einen ziemlich primitiven Sound haben wollten. Anfangs spielte unser Sänger noch Schlagzeug, und auch wenn er gut ist, war er doch nie ein besonders technischer Drummer. Das hat aber dazu beigetragen, dass wir mit einem recht primitiven Sound angefangen haben, und da sind die südamerikanischen Bands natürlich ganz vorne mit dabei.

… Euer Logo (das wie ein ganzes Kompendium an Verweisen wirkt)

Der Zweck war, ein klassisches Death-Metal-Logo zu haben. Es sollte Elemente der Bands beinhalten, die wir mögen. Bei den Fledermausflügeln denke ich an MAYHEM, MORBID oder NIFELHEIM, beim Teufelsschwanz an POSSESSED. Es geht in erster Linie darum, eine Kontinuität mit der Musik zu symbolisieren. Aber auch unsere Texte liegen ja in einer guten Horrorfilmtradition. All das verkörpert unser Logo auf eine sehr gute Art.

… die DISSECTION-Verweise zu Beginn des neuen Albums „With Primeval Force“

Der erste Song hört sich tatsächlich in gewisser Weise schwedisch oder sogar göteborgisch an. Er hat einen sehr melodiösen Klang. Hand Of Doom hat an diesem Song ziemlich lange gewerkelt, während ich einen Großteil der anderen Sachen geschrieben habe. Ich selbst habe mich an DISSECTION etwas satt gehört, aber es gibt noch einige andere tolle Bands aus dieser Periode: MIDVINTER oder SACRAMENTUM, die eher in Vergessenheit geraten sind, mich aber recht stark beeinflusst haben.

… Vintage-Equipment und Experimente im Studio

Als wir unser erstes Album aufgenommen haben, haben wir sehr viele Siebziger-Jahre-Instrumente eingesetzt. Im Studio lagen ziemlich viele Instrumente kunterbunt durcheinander. Ein Akkordeon und ein Fender Rhodes waren dabei, das Studio war für uns wie ein Spielhäuschen.

Das Studio, wo wir „With Primeval Force“ aufgenommen haben, ist demgegenüber sehr viel kleiner, und sie haben auch nicht so viele ausgefallene Instrumente. Wir haben ein paar analoge Keyboards und Synthesizer eingesetzt, was wir so vorher noch nicht gemacht hatten. Dafür kann man bei ihnen ganz herkömmlich auf Band aufnehmen, und sie haben ein richtig großes Mischbord aus den Sechzigern.

… Zeitdruck im Studio

Wir hätten auf „With Primeval Force“ gerne noch mehr ausprobiert, um beispielsweise atmosphärische Passagen noch atmosphärischer auszuarbeiten. Es ist dann aber der Faktor Zeit, der einem im Nacken sitzt. Man hat nur ein paar Tage Zeit, aber dann frisst alles schon mehr Zeit, als man denkt, und so kommt eins zum anderen. Beim ersten Album waren wir Monate im Studio und haben teilweise dort auch die Lieder ausgearbeitet. Aber wenn man weniger Zeit hat, muss man vorher besser vorbereitet sein.

… Veränderungen im Bandsound

Der Bandsound hat sich im Laufe der Zeit etwas gewandelt. Als wir unsere allerersten Lieder geschrieben haben, waren die eher groovy, ja fast Punk. Sie waren sehr viel einfacher und nicht so dicht arrangiert. Mit der Zeit sind wir aber besser an unseren Instrumenten geworden und spielen sehr viel tighter zusammen. Zu gleichen Teilen ist unsere Musik aber auch kälter geworden, weil wir stilistisch nicht solche Schlangenlinien fahren. Ich habe mir aber auch selbst zum Ziel gesetzt, dass VAMPIRE härter und kälter klingen sollten. Diese Entwicklung kann man ganz gut vom Debüt über die EP „Cimmerian Shade“ bis jetzt auf „With Primeval Force“ verfolgen.

… das Coverartwork zu „With Primeval Force“

Das Coverartwork hat Nick Keller aus Neuseeland gestaltet. Vor ungefähr einem Jahr haben wir uns Gedanken gemacht, wer das Cover gestalten könnte, und da bin ich im Internet in Nick Kellers Portfolio über dieses Bild gestolpert. Es stellte sich raus, dass er es anderweitig noch nicht benutzt hatte, und damit war der Weg frei, es selbst zu verwenden. Wir haben jetzt bei jeder Platte einen anderen Künstler eingebunden und eine andere Richtung eingeschlagen. Das ist in meinen Augen wichtig, dass man etwas untypische Sachen macht und man als Hörer vorher nicht weiß, was man bekommt.

… die Entscheidung, einen zweiten Gitarristen in die Band zu nehmen

Es war eigentlich immer so, dass wir immer nur mit mir als einzigem Gitarristen geprobt, live aber einen zweiten Gitarristen mit an Bord hatten. Wir hatten zwei Gitarristen an der Hand, die eingesprungen sind, wenn es ihr Zeitplan hergegeben hat.

Dann haben wir durch Zufall unseren neuen Gitarristen getroffen. Wir standen vor einem Konzert von TRIBULATION in einer Schlange vor dem Geldautomaten und sind ins Gespräch gekommen. Dann zeigte sich, dass er wusste, wer ich bin, und dass wir gemeinsame Bekannte haben. Eine Woche später kam eine E-Mail von ihm, wo er sich als fester Gitarrist von VAMPIRE beworben hat. Wir haben ihn angetestet und in die Band aufgenommen.

… die Wahl des neuen Drummers

Unser alter Drummer Ratwing konnte immer seltener zu den Proben kommen und hatte terminliche Probleme, die Konzerte zu bestreiten, die gerade anstanden. Wir sind dann übereingekommen, dass wir einen anderen Schlagzeuger suchen würden. Der erste Drummer, der bei uns vorspielte, war zufällig der Bruder von Sepulchral Condor. Die beiden hatten schon zuvor in anderen Bands zusammen gespielt. Wir dachten sofort, dass diese Konstellation perfekt ist, da er als Person sehr gut zu uns passt. Wir haben natürlich auch auf den Rat von Sepulchral Condor gehört, denn wer könnte einen besser beurteilen als der eigene Bruder?! (lacht)

… ellenlange Listen mit Vorschlägen für den Albumtitel

Dadurch dass wir uns schon recht früh für dieses Bild entschieden hatten, mussten wir einen Titel finden, der zum Umschlag und zur Musik passt. Bei den Platten davor war das genau umgekehrt – da hatten wir erst den Titel und konnten den Künstler genau instruieren, was wir uns vorgestellt haben. Jetzt hatten wir eine ellenlange Liste mit 50 bis 100 möglichen Titeln und Massen von Kombinationen. Am Ende haben wir uns für eine Kombination entschieden, die von Hand Of Doom und mir stammt. „With Primeval Force“ passt aber perfekt zum Gemälde. Und ich glaube, man versteht den Titel auch direkt.

… Deine Einflüsse als Gitarrist

Ich bin ja am ehesten ein Rhythmusgitarrist, aber es gibt viele Gitarristen, die einen Einfluss auf mein Spiel gehabt haben. Es gibt viele interessante Rhythmusgitarristen, die auch gute Songschreiber sind: James Hetfield beispielsweise, und die beiden SLAYER-Gitarristen Kerry King und Jeff Hannemann waren zusammen eine perfekte Kombination. In Schweden gibt es natürlich auch sehr gute Gitarristen, die ihren Stempel aufgedrückt haben, wie zum Beispiel David Parland (aka Blackmoon, NECROPHOBIC und DARK FUNERAL). Jon Nötveidt gehört mit seinem ganz eigenen Sound dazu. Beide waren wiederum sehr stark von GARY MOORE beeinflusst.

Und YNGVIE MALMSTEEN natürlich. (lacht) Er ist schon ein guter Gitarrist, aber er übertreibt es eigentlich ständig mit allem. Ich habe mich auch noch nicht an seine Autobiografie herangetraut. Die ist, glaube ich, genauso übertrieben wie seine Spielweise, aber es muss dennoch etwas interessantes daran zu finden sein.

… die Autobiografie des ehemaligen EUROPE-Gitarristen Kee Marcello

Kee Marcellos Autobiografie hat in Schweden einige Aufmerksamkeit erregt. Ich glaube, die meisten haben nicht gewusst, dass EUROPE zu ihrer Zeit so rumgesaut haben. Man hat sie sich immer als Traum aller Schwiegermütter vorgestellt, was so ein bisschen typisch schwedisch war in den Achtzigern – dass alles unschuldig ist, dass es keine Drogen gibt und auch nicht bis zum Umfallen gefeiert wird. Ich glaube, dass EUROPEs Geschichte in Schweden so gut wie unbekannt war – bis eben Kee Marcellos Biografie rauskam. (lacht)

21.05.2017

- Dreaming in Red -

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