Valient Thorr
Valient Thorr
Interview
Manchmal haben die Vereinigten Staaten dem alten Europa doch noch etwas voraus. Die nackte, umfassende huldigung einer fantastischen Rockband wie VALIENT THORR zum Beispiel. Drüben eine ganze große Nummer, bei uns eher Geheimtipp. Das haben die Männer um Frontmann Valient Höchstselbst nicht verdient und deswegen legt sich metal.de schwer dafür in’s Zeug, damit sich das ändert. Zu diesem Zweck nehmen wir den gestressten Sänger zwischen Tür und Angel ins Gebet.
Hi Valient! Wie geht’s dir? Da ihr ja offenbar niemals zur Ruhe kommt: wo seid ihr grade und was habt ihr gestern Abend gemacht?
Wir sind in Hossegor, Frankreich, für einen freien Abend. Gestern waren wir in Bilbao. Das war der letzte Abend des Spanien/Portugal-Teil der Tour. Es war wunderbar.
VALIENT THORR sind hier bei uns noch lange nicht so bekannt wie ihr es verdient hättet. Erzähl uns also bitte noch mal so ausführlich wie möglich von euch und eurer Geschichte.
Oh Scheiße. Das würde dauern. Sagen wir einfach, Wikipedia sagt nur die halbe Wahrheit, und das auch nur die Hälfte der Zeit. Ein guter Anfang, aber kein Fleisch auf den Rippen, keine Details. Sie lassen euch denken, wir wären tatsächlich vom Planeten Erde, aber das ist Unsinn. Auf der Erde spielen wir seit fast zehn Jahren zusammen. Wir haben in einem Jahr mehr Konzerte gespielt als die meisten Bands in ihrem ganzen Leben. Kein Scheiß. Ich frage mich oft, wie viele es wirklich waren. Ich weiß, dass es inzwischen über tausend sein müssen. Aber nichts davon hat Bedeutung.
Wir spielen hart und wir spielen schnell. Wir stehen für Frieden und Gleichheit. Wir sind böse Rock’n’Roll-Ärsche. Frag jeden, der uns schon mal gesehen hat, und du wirst verstehen. Es gibt nicht viele Leute die uns nicht lieben, nachdem sie uns mal gesehen und verstanden haben. Wir schreiben und spielen die Musik, die aus unseren Herzen kommt, die von unseren Gewohnheiten, Ansichten und Wünschen beeinflusst wird. Wir schwitzen euch voll und übertreffen die Bands die ihr sowieso schon liebt um längen. Und dazu kommt: Wir sind von einem anderen Planeten. Dem Planeten Venus. Stellt einige Nachforschungen an und findet den Rest selbst raus.
Ich habe euch kürzlich auf dem Serengeti Festival sehen dürfen. Ich habe vergeblich versucht meine Freunde zu überzeugen, mitzukommen, aber die haben mich alle versetzt. Die hatten ja keine Ahnung! Sie haben damit nicht nur die beste Show des ganzen Abends verpasst, sondern auch ein überraschend junges Publikum, das zu eurem, naja, Old-School-Sound abging. Ist euer Publikum immer so jung?
Naja, sie sind nicht so abgestumpft wie ältere Rock-Fans. Rockmusik für ältere Typen ist schon lange tot. Sie wissen noch nicht, dass man das wiederbeleben kann. Die meisten die es versuchen beleben damit auch eine ganze Menge Scheiße mit, also sind die alten immer und immer wieder enttäuscht worden. Wir sind hier, um den ganzen Mist wegzuwischen, wenn sie uns nur lassen.
Wenn ich mir so euren ziemlich beeindruckenden Tourplan ansehe kann ich mir nicht vorstellen, dass ihr sowas wie ein „normales“ Leben habt. Genießt ihr es, kein Teil der arbeitenden Bevölkerung zu sein oder ist auf Tour zu sein für euch einfach ein Job wie jeder andere?
Nun, wie überall sonst auch gibt es da Pros und Contras. Ich mag dieses Leben, aber es gibt natürlich auch Dinge, die ich an meinem alten Leben vermisse: ein Haus zu haben, oder ein Auto, eine Freundin, ein Haustier, oder Besitz. Aber was soll’s. Irgendwann kommt das vielleicht ja auch mal wieder.
Wo wir gerade beim Touren sind: Wie kommen du und deine Bandkollegen noch miteinander klar, obwohl ihr ständig zusammen unterwegs seid? Irgendwelche Tipps für angehende Rockstars?
Ich habe keine Ahnung. Manchmal geraten wir aneinander, aber meistens funktionieren wir als Einheit. Wenn du Teil von etwas bist, das so viel Potenzial hat, groß, richtig und mächtig zu sein (wie es unsere Botschaft sein kann), steigst du einfach ein und gibst dich ihm hin, versuchst dein bestes damit es passiert. An dieser Stelle kommt Respekt ins Spiel. Wir geben einander den Freiraum den wir brauchen. Wir kennen uns sehr gut.
Was war das seltsamste, das euch jemals auf Tour passiert ist?
Oh man, eine von diesen Fragen. Scheiße, allein darüber nachzudenken würde lange dauern. Uns kommen viele Dinge gar nicht mehr komisch vor, auch wenn ein normaler Mensch denken würde „Was zum Henker..?!“
Schlägt man euch auf Metal-Archives.com nach, steht in der „Lyrical Themes“-Spalte „Politics“. Würdest du das so unterschreiben oder kommt es dir etwas eindimensional vor? Worum geht es bei VALIENT THORR wirklich?
Naja, das war mal richtig, aber inzwischen geht es bei unserer Musik, wie du schon sagst, um wesentlich mehr. Klar, soziopolitische Angelegenheiten nehmen wir auf, aber unsere neuen Sachen beschäftigt sich mit den Dingen, die uns beschäftigen. Dinge die uns fertig machen, die uns glücklich machen und Dinge, die uns traurig und wütend machen. Wir sind darüber hinweg, darüber zu meckern, wie scheiße die Dinge sind. Jeder weiß, dass die Dinge scheiße sind.
„Stranger“ ist das erste Album das ich jemals von euch gehört habe und es hat mich total begeistert. Natürlich werde ich mir alles von „Stranded On Earth“ bis „Immortalizer“ anhören müssen. Was würdest du einem Neuling wie mir sagen, ist der Unterschied zwischen euren früheren Alben und der letzten Veröffentlichung?
Nun, es fing an als MC5-mäßige Band, dann wurde es härter, dann noch viel härter und dann haben wir das alles miteinander vermischt. Ich glaube das neue Material ist deutlich durchdachter. Und ich bin stolz sagen zu können, dass wir mit jeder Veröffentlichung besser werden. Man kann anhand unserer Diskographie eine Entwicklung nachvollziehen.
Was ist euch wichtiger: Neue Alben veröffentlichen oder Konzerte spielen?
Ich weiß es nicht. Ich liebe es auf Tour zu gehen. Alle sagen, wir seien eine „Liveband“. Aber für uns ist unsere Musik eine Botschaft. Unsere Musik ist ein Kunstwerk, wir wollen dass die Aussagen und Ideen unsere sterblichen Körper überleben, also ist es sehr wichtig, unseren Ideen Raum zu geben und aktuell zu bleiben, solange wir leben. Dabei machen wir keinen Unterschied zwischen visueller Kunst, akustischer Kunst oder was auch immer.
Anstatt das das offensichtliche zu tun und etwas über Gesichtsbehaarung zu fragen, versuchen wir es mit etwas ähnlich wichtigem: Glaubt ihr, dass es unter Musikern os etwas wie einen Gesinnungswandel gibt? Mehr und mehr Musiker sprechen sich für das Downloaden von Musik aus und konzentrieren sich auf Dinge, die man nicht digital reproduzieren kann, wie Konzerte und Merchandise. Was ist die Einstellung deiner Band zu diesem Thema?
Wenn es nicht verfügbar ist, scheiß drauf. Wenn ihr es wollt, holt es euch. Aber wenn eine Band eine Platte draußen hat die man einfach kaufen kann, und sei es durch das Internet, dann tut es. Vor allem, wenn ihr ein Fan der Band seid. Wenn ihr nur rein hören wollt, ladet euch das Zeug aus dem Netz und guckt, ob ihr es mögt – kein Problem. Aber wenn ihr drauf steht, gebt ihnen etwas zurück. Es kostet Geld, eine Platte aufzunehmen. Es kostet Geld, sie zu promoten, es kostet Geld, sie zu verschicken. Und so weiter.
Die Leute kaufen nach wie vor Platten, aber vielleicht ein fünfzigstel derer, die es früher getan haben. Vielleicht ein hundertstel. Das ist traurig. Wir können nicht umsonst arbeiten und vielleicht können es sich Bands dadurch nicht mehr leisten, zu rocken.
In einem älteren Interview hast du gesagt, dass du deine Ernährung zugunsten eines gesünderen Lebenswandels umstellen möchtest, weil der Alltag als Rockmusiker so anstrengend ist. Hälst du dich immer noch daran? Keine Cheeseburger?
Nein, damals musste ich fit werden um meinem Vater eine Niere zu spenden. Ich esse immer noch schlechtes Essen. Ich versuche aber trotzdem, etwas gesünder zu leben… Aber das ist ziemlich schwer, hahaha.
Gibt es etwas, das du mit VALIENT THORR noch nicht erreicht hast, aber unbedingt tun willst?
Nach Australien und Südamerika gehen!!
Welche Platten hörst du im Moment? Was sind deine Lieblingsbands diesen Monat?
Hm. ELOY, ROY ORBINSON, HÜSKER DÜ, ONE LAST WISH, SACCHRINE TRUST, GUIDED BY VOICES, CAPTAIN BEEFHEART und THE WIPERS.
Das war‘s soweit. Danke für deine Zeit und die Beantwortung meiner Fragen. Ich wünsche euch alles Gute. Letzte Worte, bitte!
Keine letzten Worte bevor ich sterbe!
Valient Himself
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Stile | Hard Rock, Rock, Rock'n'Roll |
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