Unleashed
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Interview
“As Yggdrasil Trembles”, das in zwei Wochen erscheinende zehnte Langeisen der schwedischen Death-Metal-Urgesteine UNLEASHED, zeigt die Mannen um Johnny Hedlund auch nach 20 Jahren noch erstaunlich kraftvoll. Der Kopf der Band steht aus diesem Anlass Rede und Antwort, während draußen vor seiner Tür tiefster schwedischer Winter herrscht.
Hallo Johnny, wie geht es Dir? Wie lebt es sich gerade in Schweden?
Mir geht es bestens, aber es ist verdammt kalt hier.
Ist es bei euch etwa noch frischer als bei uns in Deutschland, wo wir einen ungewöhnlich kalten Winter haben?
Außerhalb meines Hauses ist es minus 20° und wir hatten vor zwei Wochen sogar minus 27,5°. Thor hat dieses Jahr etwas Besonderes für uns, soviel ist sicher. Wir haben mehr Schnee, als ich jemals gesehen habe. Mein Großvater ist 95 Jahre alt und sagte, dass er ein kleiner Junge war, als er das letzte Mal soviel Schnee gesehen hat. Aber ja, ich weiß, dass es in Deutschland derzeit auch verrückt ist.
Kommen wir zum neuen UNLEASHED-Album “As Yggdrasil Trembles”. Ich finde es sehr solide und war doch positiv überrascht davon, dass es nach all den Jahren eures Bestehens noch so frisch klingt.
Danke! Das freut mich zu hören. Wir haben sehr hart gearbeitet, um gute Qualität abzuliefern und hoffen, dass uns dies mit jedem Album besser gelingt.
Es ist schon UNLEASHEDs zehntes Studioalbum, hattet ihr dieses Mal eine besondere Intention, als ihr die Scheibe geschrieben und aufgenommen habt? Wie seid ihr an die Arbeiten am Album herangegangen?
Nun, wir haben schon früh mit den Schreiben des Albums angefangen, direkt nach “Hammer Batallion”. Im Entwicklungsprozess war es generell immer wichtig, sich gegenseitig auch kritisieren zu können, sei es jetzt bezüglich der Struktur des Liedes oder wegen des Textes dazu. Auch darf man sich niemals zurücklehnen, man sollte stetig ausprobieren und versuchen, die Dinge zu verbessern.
Ich denke, dass Fredrik insbesondere bei den aktuellen Aufnahmen einige wirklich hervorragende Dinge an seiner Gitarre abgeliefert hat, seien es die Solos oder die ausufernden Melodielinien.
Hast Du denn ein Lieblingsstück auf dem neuen Album?
Ich liebe sie alle und wäre verrückt, wenn ich etwas anderes sagen würde. Würde ich ein Lied schlechter finden als andere, hätten wir das Lied das Klo hinunter gespühlt.
Eine diplomatische Antwort. Kannst Du denn bezüglich der Alben Favoriten nennen? Gibt es solche aus der UNLEASHED-Diskographie, die Du mehr magst als andere? Welches würdest du – neben dem aktuellen natürlich – als das für die Band wichtigste bezeichnen?
Hm, ich denke, “Midvinterblod“ und “Hammer Battalion“ brachten uns wirklich auf eine neue Entwicklungsstufe – dank Fredriks tollem Gitarrenspiel. Aber hättest Du mir die gleiche Frage im Jahr 2001 gestellt, hätte ich die damals aktuellsten Alben genannt. Wieder eine verdammt klassische Antwort, aber es ist die Wahrheit.
Was hat es mit dem deutschen Text zu “Wir kapitulieren niemals“ auf sich? Habt ihr das einfach gemacht, weil ihr den Klang der deutschen Sprache mögt?
Nun, ich denke, dass wir einen Großteil unserer Karriere den Deutsch sprechenden Kriegern zu verdanken haben. Sie waren vom ersten Tag an da und sie werden bis zum Ende bei uns sein – Loyalität, die man nicht hoch genug schätzen kann. Ich dachte, dass das nach 20 Jahren einfach ein besonderes Lied braucht. Das heißt jetzt nicht, dass ich nicht auch eines in Spanisch oder Französisch machen würde…haha…man weiß nie!
Du hast das Gespräch auf die Fans gebracht: Was denkst du, wenn einige alte Fans beklagen, dass das neue Album doch sowieso nicht mehr die Klasse eurer frühen Meisterwerke “Where No Life Dwells” und “Shadows In The Deep” erreicht? Verärgert dich das oder ist es dir schlicht egal?
Offen gesprochen kann ich wirklich glücklich sein: In den letzten sechs oder sieben Jahren habe ich diesen Kommentar nur einige wenige Male gehört. Das zeigt mir, dass die Zufriedenheit bezüglich unserer letzten vier Alben doch groß ist.
Wir haben sowohl alte als auch neue Krieger, die das Hammer Battalion verstärken. Das ist ein tolles Gefühl und der Grund, warum wir weiterhin das tun, was wir tun. Natürlich ist die Herangehensweise mittlerweile ein wenig anders: Es ist einfach ein Unterschied, ob es nun 1991 ist, man mit 19 Jahren gerade “Where No Life Dwells” gekauft hat und dann zum Konzert kommt und sich wie ein Verrückter die Rübe vom Kopf schraubt, oder ob es 2010 ist und man eine Frau, zwei Kinder, verschiedene Jobs und ein Haus hat, das es abzuzahlen gilt.
Es ist einfach normal, dass man mit einem gewissen nostalgischen Gefühl auf die Alben in seiner Sammlung blickt. Wie schauen wir etwa auf “Welcome To Hell”? Ja, eine gewisse Nostalgie ist angebracht. Und wenn Du heute, im Jahre 2010 19 Jahre alt bist, dann wirst Du 2030 genau so nostalgisch sein, wie wir heutzutage.
Ich denke übrigens, dass Bands wie MOTÖRHEAD und einige wenige mehr nach all den Jahren immer noch großartige Musik produzieren, deshalb ist Nostalgie nicht immer der einzige Grund, weswegen man eine Show besucht.
Das war eine lange Antwort auf eine kurze Frage, aber die Antwort ist “Nein”. Es stört mich nicht, wenn einige alte Fans so denken, denn ich weiß, dass die Mehrheit auch unser aktuelles Material schätzt und uns auch in Zukunft treu sein wird.
Du bist seit mehr als 20 Jahren in der (Death-)Metal-Szene, sahst Moden kommen und gehen – sind Deine generellen Gedanken über die heutige Szene da tatsächlich so positiv? Glaubst Du wirklich, dass es genug junge Metalheads gibt, die mit ganzem Herzen bei der Sache sind?
Auf jeden Fall! Ich denke, dass sich die ganze Metal-Szene entwickelt und auch ständig weiterentwickeln wird. Neue Stile und Bands kommen und gehen, aber das Beste davon bleibt. Die Szene steht niemals still, es kommen stetig einige sehr interessante junge Bands nach und das ist doch fantastisch – das Internet hat natürlich in den letzten zehn Jahren viel für junge Bands getan.
Das Einzige, was ich mir nur schwer vorstellen kann, ist eine neue Metal-Band, die so gut ist wie MOTÖRHEAD, SAXON und ähnliche. GRAND MAGUS kommen zwar nah dran, aber so jung sind die ja auch nicht mehr haha. Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass da etwas nachkommt.
Macht es Dich traurig, dass wir vielleicht in einigen Jahren überhaupt keine LPs und CDs mehr haben werden, weil alles nur noch als mp3 heruntergeladen werden wird? Oder glaubst Du, dass die Metaller auch in Zukunft den klassischen Formaten die Treue halten werden?
Haha, nun Nuclear Blast sagten kürzlich, dass sie auch eine LP-Version von “As Yggdrasil Trembles” veröffentlichen werden. Somit gibt es all unsere zehn Alben auch auf LP und man müsste sich eigentlich keine Gedanken machen.
Aber auch ich denke, dass in fünf Jahren nur noch wenige Leute Geld für eine CD ausgeben werden, es wird andere Formate geben. Und diejenigen, die überhaupt nichts mehr in den Händen haben wollen, werden zum Konzert kommen und ein Shirt oder etwas anderes als Erinnerung an eine tolle Erfahrung kaufen. Kann man die Erfahrung eines intensiven Konzerts kopieren? Herunterladen? Wenn du betrunken werden und mit deinen Kumpels headbangen und Spaß haben willst, dazu vielleicht noch die Chance hast, ein hübsches Mädel in schwarz mit nach Hause zu nehmen – das kannst Du nicht herunterladen. Nicht jetzt und auch nicht in 15 Jahren.
Du teilst also auch die Ansicht, dass Konzerte zukünftig einen noch größeren Stellenwert einnehmen und das finanzielle Überleben der Bands sichern werden?
Ich denke, dass in fünf Jahren nur noch wenige Bands von der Musik und ihrem Verkauf leben können. Stattdessen wird es denke ich so kommen, dass man beispielsweise das neue Lied einer bekannten Band bei einem bestimmten Konzert oder Festival hören können wird, wobei Band vertraglich daran gebunden sein wird, das Stück dann auch das erste Mal zu spielen. Deswegen werden die Preise für gute Shows weiter steigen. Der Preis für den bloßen Erwerb von Musik wird fallen, abgesehen von Sammlerstücken.
UNLEASHED jedenfalls werden noch lange da sein, egal was passiert. Ich werde wohl noch erleben, was tatsächlich eintritt und möglicherweise Lügen gestraft haha.
Du hast eben schon MOTÖRHEAD genannt, gibt es noch andere Rock- und Metal-Bands, die Dich aktuell besonders interessieren?
Natürlich! Derzeit höre ich besonders häufig GRAND MAGUS, MOTHER OF ALL BOMBS, IMMORTAL, BELPHEGOR, AC/DC, DIE APOKALYPTISCHEN REITER und etliche mehr.
Gab es auch einmal einen Punkt in der Vergangenheit, an dem Du die Schnauze davon voll hattest, Death Metal zu spielen? Einen Moment, in dem Du darüber nachgedacht hast, die Band in eine andere musikalische Richtung zu steuern?
Vor der Pause im Jahre 1997 war ich von der gesamten Musikindustrie sehr angewidert, aber der Musik selbst war ich niemals müde. Der große Unterschied ist: Ich war müde davon, dass Century Media Records all das Geld genommen hatte, das wir verdient hatten. Wir hingegen konnten nach Hause gehen und mit beschissenen Jobs die nächste Tour finanzieren. Auch heutzutage ist das für viele Bands noch bittere Realität, da sich die Musikindustrie oft einen Dreck um die Künstler schert. Ich bin mit der Situation, die wir mit unserem aktuellen Label haben, zufrieden, aber wir sind über einen steinigen Weg und durch viel Mist dahin gekommen, wo wir heute sind.
Du hast es gerade angesprochen, ihr wurdet kürzlich von Nuclear Blast Records unter Vertrag genommen. Was versprecht ihr euch von dieser Zusammenarbeit? Bestehen eurerseits keine Ängste, dass solch ein relativ großes Label versucht, auf Sound und Image der Band Einfluss zu nehmen?
Das würden sie niemals tun, dafür sind sie zu erfahren. Sie machen ihre Arbeit bereits seit langer Zeit, genau wie UNLEASHED. Nuclear Blast ist ein professionelles Label, bei dem man weiß, wie man das Schiff vorwärts bewegt. Zudem würden wir auch niemals unseren Stil markant verändern. Niemals! Wenn jemand in der Band ein Projekt hat, das sich stilistisch unterscheiden sollte, dann wird dies auch ganz sicher immer klar von UNLEASHED getrennt laufen. Was meine Erwartungen an das Label betrifft: Die werde ich einzig mit mir selbst ausmachen.
Ihr werdet einige deutsche Festivals in diesem Sommer spielen, gibt es auch schon Pläne für eine komplette Tour in Europa?
Ja, wir haben für den Herbst etwas ins Auge gefasst, aber bisher ist noch nichts fest.
Am Ende ist wie so oft noch ein kleiner Ausblick erwünscht: Habt ihr bereits Ideen für euer elftes Album?
Oh ja. Und sogar schon für das zwölfte Album. Die ersten drei Stücke auf “As Yggdrasil Trembles” markieren den Beginn einer vorher noch nie erzählten Geschichte, mehr dazu gibt es im Booklet des neuen Albums zu lesen. Diese Stücke sind nur der Anfang und die Geschichte, über die ich rede, wird erst mit dem folgenden Album bekannt werden. Es wird eine lange Geschichte sein, an der ich schon mehr als fünf Jahre arbeite, aber nun beginnt es.
Platte Nummer elf wird somit eine Art Konzeptalbum sein, aber jedes Lied natürlich einzeln hörbar. Ich bin sicher, dass der Inhalt dieser Geschichte neu ist, insofern ist das alles auch für mich sehr spannend. Das elfte Album wird ein offenes Ende haben, woran dann Album Nummer zwölf anschließen wird.
Wir sind gespannt, Johnny. Ich danke Dir für Deine Zeit und überlasse Dir die letzten Worte an unsere Leser.
Danke für das nette Gespräch und lasst uns wissen, was ihr da draußen über unser neues Album denkt. Heil Odin!
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