Undertow
Tom spricht über Don't Pay To The Ashes
Interview
Mit ihrem neuen Album „Don’t Pray To The Ashes…“ ist dem schwäbischen Trio UNDERTOW ein echtes Meisterwerk gelungen. Dabei ist schon die stilistische Einordnung kaum möglich, doch wen schert schon musikalisches Schubladendenken angesichts dieses höchst abwechslungsreichen, intensiven Hörerlebnisses? Höchste Zeit, dass eine breitere Öffentlichkeit in diesen Genuss kommt. Was hinter dem Werk steckt, erfahrt ihr von Bassist UnderTOM!
Hallo Tom! Erst einmal Glückwunsch zum absolut gelungenen neuen Album „Don’t Pray To The Ashes…“! Das ist ja mal echt ein verdammt starker Brocken! Wie sind denn bisher so die Reaktionen? Wie ich gesehen habe, ist die Platte sogar Album des Monats im Rock Hard geworden!
Also der Hammer mit dem „Album des Monats“ im Rock Hard ist an sich schwer zu toppen, insofern war es vielleicht gar nicht so gut, dass das direkt die erste Platzierung war, von der wir erfahren haben. Im Metal Hammer 02/10 landen wir wohl auf dem dritten Platz im Soundcheck, was wir so auch nicht erwartet hätten. Ansonsten haben wir noch gar nicht so viele Reaktionen, denn auch wenn das Album in wenigen Tagen in die Läden kommt, so wurde die große Masse der Promos wohl erst dieser Tage an die Mags verschickt. Klingt erst mal nach suboptimaler Promo, aber das hat gleich zwei Vorteile. Erstens erscheinen somit nicht alle Reviews in einem sehr engen zeitlichen Rahmen, sondern es wird alles mehr gestreut. Zweitens ist das Album wohl seither nicht im Internet als illegaler Download zu haben.
Ach ja, im Legacy und im Heavy kriegen wir auch sehr gute Reviews. Und vor allem freuen wir uns über die vielen positiven Reaktionen von Fans und anderen Leuten, die das neue Material schon gehört haben. Die Releaseparty war ja schon Mitte Dezember, bei Myspace kann man sich einen Song komplett anhören und es gibt zudem ne Mini-Site mit Snippets aller Tracks.
Wer hat denn die Klavierparts in „Smoke Garden“ eingespielt?
Die Passage ist von Alex Schmidt. Auch so jemand, den wir schon lange kennen, den aber im Endeffekt unser Produzent Roger Grüninger ins Spiel gebracht hat. Das war ne sehr coole Sache, wir hatten beim Werkeln am Song die Idee zu dieser Passage, Alex kam dazu und hat dann mal eben auf Zuruf diverse Variationen und Improvisationen zu dem Thema aus dem Ärmel geschüttelt. Wir haben ein paar davon aufgenommen, und später die optimale ausgewählt – wenn nur alles immer so stressfrei laufen würde!
Sehr gut gefällt mir das Duett mit Gastsänger Michelle Darkness von END OF GREEN bei „Beyond Dreaming“! Seine Stimme ist ein schöner Kontrast zu gewaltigen Organ von Joschi!
Tja, das ist das sprichwörtliche Gefäß aufs Gesäß. Uns verbindet ja eine sehr lange Freundschaft, wir sind in der Geschichte der Bands viele Wege gemeinsam gegangen und haben uns auch immer wieder mal „besucht“. Michelle war ja vor Jahren schon auf unserem Album „UnitE“ am Start. Nur ist die Aufnahme damals aus technischen Gründen etwas unglücklich gelaufen. Auf dem letzten END OF GREEN-Album hatte Joschi dann bei einem Song seine Finger im Spiel usw. Es hat sich einfach so angeboten und das Resultat jagt mir beim Hören immer noch Schauer über die Haut.
Ich empfinde „Don’t Pray To Ashes…“ nochmals eine ganze Spur abwechslungsreicher, härter und gerade gegen Ende hin flotter als „Milgram“. Worin siehst du selbst die Unterschiede, und hattet ihr in irgendeiner Form einen Plan, ein bestimmtes Ziel, welches ihr mit den neuen Songs erreichen wolltet?
Dieses Analysieren des eigenen Materials fällt mir recht schwer, erst recht, wenn wir über das gerade aktuelle Album sprechen, da fehlt noch Distanz denke ich, insofern kann ich jetzt noch nicht mit Unterschieden und Abgrenzungen zu früheren Alben dienen. Härter und flotter hab ich jetzt schon ein paar Mal so gehört, da scheint also etwas dran zu sein. Abwechslungsreicher? Ich weiß es nicht.
Wir erfinden uns zwar nicht mit jedem Album neu, wollen aber auch nicht auf der Stelle treten und sind generell offen für neue Ideen – ob nun ne Sitar oder einen kleinen Drumausflug in jazzige Gefilde… Einen Plan oder ein bestimmtes Ziel hatten wir noch nie – echt jetzt. Wir machen an sich nur worauf wir Bock haben und was sich entwickelt. Schön ist es immer, wenn sich mit einem neuen Album wieder Sachen ergeben, die wir früher noch nicht hatten. Ob nun musikalisch, oder andere Sachen wie jetzt dieses „Album des Monats“ im Rock Hard-Ding.
Setzt ihr euch selbst irgendwelche musikalischen Grenzen, oder ist alles erlaubt, was gefällt? Wie entstehen bei euch in der Regel neue Stücke?
Grenzen gibt es an sich nicht, aber auch ohne Rücksprache mit den Jungs kann ich mich hier wohl soweit aus dem Fenster lehnen zu sagen, dass wir auf dem nächsten Album wohl keine Eurodance- oder Grindcore-Passagen einflechten werden. Neue Song fußen immer auf einer Grundidee von Joschi. Die stellt der dann in einer Probe in den Raum, beschreibt, wie er es sich in etwa gedacht hat, und dann kauen wir alle drauf herum. Da wird dann schon auch mal genörgelt und sich gerieben, aber das ist gut fürs Resultat. Wenn der Song dann annährend fertig ist, schreibt entweder der Joschi oder ich einen Text dazu, und im Studio packen wir dann evtl. noch zweite Stimmen und/oder Gitarren dazu.
In diesem Zusammenhang, was hat es mit dem Hidden Track in Form der Akustik-Ballade „Everything“ auf sich, welcher doch schon deutlich aus dem Rahmen fällt?
An sich ist der Song gar nicht für UNDERTOW gedacht gewesen, sondern ein recht privates Ding von Joschi. Er hat uns den Song dann aber mal vorgespielt und wir waren sofort begeistert. Wir haben ihn dann auch schon bei der Vorproduktion, wo wir schon vor über einem Jahr sechs der Songs semiprofessionell im Proberaum aufgenommen haben, auf dem Schirm gehabt, und uns für den Song im Studio so einiges einfallen lassen. Da war ne Cellistin am Start, wir haben mit Sampels, Sounds und Keyboardflächen rumexperimentiert; am Schuss war aber die Version von der Vorproduktion, wo man nur Joschis Stimme und die akustische Gitarre hört, immer noch die intensivste. Und deswegen wollten wir die dann auch auf dem Album haben, weil anderer Sound und doch etwas sehr anders gelagert dann eben ungelistet und mehr oder weniger versteckt.
Welche Bedeutung steckt hinter dem Albumtitel?
Ich hab vor einigen Monaten mal ein Zitat von Gustav Mahler gelesen, wo es um Tradition ging. Und die ist laut Mahler eben nicht die Anbetung der Asche, sondern das Weitergeben der Flamme. In Bezug auf UNDERTOW wird da so ein Schuh draus, dass in der Szene ja schon gerne an Bewährtem festgehalten wird (True Metal etc.), dass wir aber immer Probleme hatten, uns einem gewissen Subgenre zuzuordnen. Wir vereinen vieles in uns, ob nun Thrash, Doom, Hardcore, Grunge, Alternative, Stoner, Modern Metal, ja meinetwegen sogar New Metal. Diese Zuweisungen, Grenzen und Regeln waren uns aber an sich immer schnuppe, wir machen leidenschaftlichen Metal – den Rest sollen andere entscheiden.
Ihr habt „Don’T Pray To The Ashes…“ selbst finanziert, ohne ein Label im Rücken zu haben. Veröffentlicht wird das Album nun über Prevision Music, ein Sublabel von Supreme Chaos Records. Was gab den Ausschlag, dort zu unterschreiben?
Zum einen war es wichtig, wieder ein ernstzunehmendes, professionell arbeitendes und erfahrenes Label zu finden, das auch über einen guten Vertriebspartner verfügt. Denn wir können unseren Job noch so gut machen, wenn das Label seinen Job nicht erledigt, wenn also niemand von dem Album erfährt und es nirgends zu haben ist, dann verpuffen unsere Anstrengungen und sind für die Katz. Und bei dem Aufwand, den wir betreiben, damit wir die Band trotz einnehmender Jobs, Familie und diverser anderer Hürden, am Laufen halten, wäre das fatal. Zum anderen – und das ist mindestens genauso wichtig – ist der Chef des Labels genauso Musikbesessen wie wir. Wir sind uns in den letzten Jahren immer wieder über den Weg gelaufen, es war von Anfang an viel Sympathie im Spiel und wir haben auch ein paar gemeinsame Helden.
Ihr werdet häufig mit CROWBAR verglichen. Nerven dich solche Vergleiche eher, als dass sich dich erfreuen? Wie wichtig empfindest du deren Musik für euer Schaffen, und für dich persönlich?
CROWBAR. CROWBAR… ist lustig, den Namen hör ich immer wieder, die sind aus den USA, nicht? Die kenn ich gar nicht! Nee, Quatsch – SCHERZ! Die Vergleiche nerven nicht, das ist ne coole Band und wir sind ja bis zu einem gewissen Grad auch selbst schuld, wären wir halt mal nicht mehrfach mit denen auf Tour gegangen und hätten ihren Sänger auf einem Album von uns singen lassen. Mich langweilt es nur bis zu einem gewissen Grad. Ich hab den Eindruck, dass viele Presseleute dieses Label „Die deutschen CROWBAR“ vor vielen Jahren mal mit uns in Verbindung gebracht haben und wir das wohl auch in den nächsten zehn Jahren nicht mehr los werden – egal ob wir objektiv gesehen überhaupt so viele Gemeinsamkeiten haben. Vielleicht sollten wir doch mal über diese Eurodance-Passagen nachdenken?
Trotz hervorragender Alben und auch entsprechender Reviews ist euer Bekanntheitsgrad bisher leider noch nicht so groß, wie er meiner Meinung nach aufgrund der wirklich starken Musik sein sollte. Worin siehst du hierfür die Gründe?
Zunächst mal vielen Dank für Deine Einschätzung und: Dein Wort in Gottes Ohr! Ich vermute wir sind einfach zu hässlich? ;o) Nicht evil genug? ;O)) Keine Ahnung, woran so was liegt. Es gibt ja viele Bands da draußen, die völlig ohne eigene Identität und Originalität sehr viel Erfolg haben, fette Festivals spielen und wohl auch ganz gut was verdienen. Es ist also wohl nicht notwendigerweise so, dass eine eigene musikalische Identität und dann auch noch Anerkennung von der Fachpresse automatisch auch zum breiten Erfolg führen. Dieses latente „zwischen den Stühlen sitzen“, weil wir eben wie gesagt gar viele Genres touchieren, mag eine Erklärung sein.
Bereits im November 1993 gegründet, seid ihr ja auch schon sehr lange aktiv. Was waren aus deiner Sicht die bisherigen Höhepunkte eurer Karriere? Gab es auch richtige Tiefs?
Es gab so viele coole Sachen, ob nun Shows mit persönlichen Helden, große Festivals, kleine, aber saugeile Shows, wo man so richtig eins mit dem Publikum war, Touren im Nightliner, der ganze Spaß on the Road und nach den Shows mit Fans und Bands… Tiefs würden mir spontan nur zwei einfallen: Als vor sechs Jahren unser damaliger Drummer ausgestiegen ist, hatte ich schon Sorgen, dass wir niemand Passendes finden würden. Und als Silverdust nach langen Jahren der Zusammenarbeit gesagt haben, dass sie das nächste Album nicht mehr machen würden, war das schon auch ne Schrecksekunde.
Bitte nenne uns deine drei Lieblingsbands aus dem „Ländle“!
Fiese Frage. Wenn ich nur drei nennen darf, dann sind das in alphabetischer Reihenfolge BRESCHDLENG, END OF GREEN, HACKNEYED und LOONATIKK – vier Bands wolltest Du, oder?
Sind in nächster Zeit irgendwelche Live-Aktivitäten geplant?
Da wird einiges passieren. Bereits Ende des Monats spielen wir mit END OF GREEN im Stuttgarter LKA. Im März dann ein kleines, aber feines Festival mit u.a. DISBELIEF und SILENT OVERDRIVE und eine Headlinershow in einem unserer Stammclubs, dem JuHa Kloster in Weil der Stadt. Es sind auch schon einige, sogar richtig fette, Festivals bestätigt, allerdings dürfen wir das jetzt noch nicht rauslassen. Wir werden mit dem neuen Album aber auf jeden Fall ne Menge live unterwegs sein und würden im Herbst gerne eine kleine Tour spielen.
Vielen Dank für das Interview! Die letzten Worte gehören dir!
Selbst nach über 16 Jahren: Letzte Worte gibt’s von uns noch lange nicht! Nehmt Euch das Album vor, lasst uns Eure Meinung über unsere Homepage, Myspace oder auch Facebook wissen und schaut auch unbedingt live vorbei!
DANKE FÜRS INTERVIEW!!!