Undertow
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Interview

Ein kleines, aber feines Tour-Package ist vor kurzem mit Undertow und End Of Green durch unsere Lande gerollt und hat auch in der Münster-Breitefelder Live Arena Halt gemacht. Deswegen ließ ich mir die Gelegenheit nicht nehmen, Tom, seines Zeichens Bassist bei Undertow, in einem gemütlichen Interview ein wenig über die Tour, ihr von mir im Nachhinein mit mindestens einem Punkt zu wenig bedachtes, neues Album "34ce", das Summer Breeze, Schubladendenken und andere Bands erzählen zu lassen. Leider musste die Tour kurz danach wegen einer schmerzhaften und gefährlichen Zahnentzündung von End Of Green-Sänger Mike Huburn abgesagt werden. Auf diesem Wege noch einmal gute Besserung!

UndertowHi Tom! Gib doch mal zu Anfang einen kurzen Abriss darüber, wie die Tour bisher läuft.

Dafür, dass es zwei Bands sind, die sich eigentlich nur im Mittelfeld bewegen, läuft es richtig gut. Wir haben in Stuttgart mit einem Heimspiel angefangen, wo dann auch über 250 zahlende Gäste da waren. Das war schon richtig fett. In Österreich oder unter der Woche in München und Ulm war es auch super. Würzburg war dagegen nicht so der Knaller. Die Leute waren zwar anwesend, sind auch nicht heimgegangen und haben uns nicht bespuckt oder so. Aber sie waren sehr passiv. Am schönsten ist es aber immer, wenn Leute nach der Show kommen und sagen: ‚Hey, ich war nur wegen End Of Green hier, aber ich fand euch supercool!‘ End Of Green kennen wir ja fast von Kindesbeinen an und waren früher schon auf demselben Label bei Sub Zero. Deswegen passt da auch alles.

Schön zu hören. Dann bleibt nur zu hoffen, dass hier in Münster heute Abend auch einiges los sein wird. Es ist ja zum Glück Wochenende, denn unter der Woche geht hier meistens gar nichts.

Das waren auch meine ersten Gedanken. Ich kam hier in den Laden rein und dachte mir: ‚Wow, coole Location!‘ Und mein zweiter Gedanke war: ‚Ein Glück, dass Wochenende ist!‘ Aber im Vorfeld ist bei den Verhandlungen leider nicht alles glatt gelaufen mit dem Veranstalter hier. Und Werbung und Plakate habe ich auch keine gesehen.

Also hast du besimmt auch schon ein paar Geschichten für einen neues Tourtagebuch, dass dann auf eurer Homepage landet, auf Lager, oder?

Ja, ich schreibe schon die ganze Zeit munter im Bus. Diesmal soll es auch relativ zeitig zum Ende der Tour erscheinen. Das Tagebuch zur Crowbar-Tour hatte ich z.B. erst ca. ein halbes Jahr später fertig gemacht. Das soll jetzt nicht passieren. Dafür habe ich mir so richtig old school einen Block Papier gekauft und schreibe da jeden Tag vier bis fünf Seiten rein. Am Ende wird das dann editiert und zusammen geschrieben.

Ihr habt auch jeden Abend einen regionalen Opener dabei, oder?

Das war so geplant, hat aber nicht ganz hingehauen. Es gibt ein paar Clubs, bei denen wir keinen Opener mitbringen können, z.B. beim Underground in Köln. In München haben wir und die Veranstalter irgendwie aneinander vorbeigeredet, sodass der Drummer der geplanten Band auf einmal im Urlaub war. Dann gab es noch Clubs, die die Vorband selbst gebucht haben, wie z.B. heute Abend. Meist sind diese Bands aber Kumpels, die wir über Jahre kennen und die wir toll finden.

Du hast vorhin Crowbar erwähnt. Dieser ewige Vergleich mit dieser Band…stört er euch eigentlich?

Nein, im Prinzip stört er nicht. Ich schreibe selbst auch viel über Musik. Deswegen weiß ich, dass man den Leuten immer etwas geben muss, woran sie sich orientieren können. In unserem Falle wäre das dann halt folgender Text: ‚Undertow sind drei Leute und rangieren zwischen Doom und Thrash.‘ Wenn du da dann noch ein paar vergleichbare Bands dazupacken kannst hilft das den Leuten unglaublich. Crowbar ist dabei zum Glück eine Gruppe, die wir alle drei sehr mögen. Bei Joschi, unserem Sänger, handelt es sich sogar um seine Lieblingsband. Ich selbst mag sie auch sehr gerne und habe alle Platten daheim. Bis vor kurzem dachte ich auch, dass ich sie auf jeder ihrer Tourneen durch Europa gesehen hätte. Nur hat mir dann ein Kumpel gesagt, dass ich wohl eine Tour mit EyeHateGod verpasst habe. Was jedoch stört, sind Behauptungen, dass wir eine Kopie von Crowbar wären. Denn wenn du unsere CDs hörst oder eine Show siehst, merkst du, dass das nicht so ist. Natürlich sind Songs dabei, die ähnlich klingen. Aber ich kann unsere Musik ohnehin nicht objektiv hören. Dabei bin ich im Proberaum immer der Nörgler. Wenn Joschi mit einem Riff ankommt, das z.B. nach Machine Head klingt, sage ich das auch deutlich.

Mögt ihr Machine Head?

Ja, schon. Aber das muss ich hier trotzdem etwas relativieren. Die erste Machine Head ist Gott. Das war damals eine Offenbarung. Es war hart und trotzdem modern. Die zweite fand ich dann nicht mehr so gut, weil sie kein Entwicklungsschritt war, sondern einfach nur der Versuch, härter zu sein, ohne etwas Neues in den Sound zu integrieren. „The Burning Red“ habe ich wieder sehr gemocht, obwohl sie viele hassen. Zu dieser Zeit habe ich dann aber fürs Legacy ein Interview mit Robb Flynn gemacht, in dem er sich aufgeführt hat wie das letzte Arschloch. Wenn eine Band für dich lange Zeit ganz oben gewesen ist und du lernst dann jemanden von ihr kennen, der sich absolut scheiße verhält, macht das viel kaputt. Zu „The Burning Red“ ist parallel von unseren damaligen Labelmates Dryrot ebenfalls ein Album rausgekommen, auf dem auch eine Coverversion von „Message In A Bottle“ war, was ich als kleine Tatsache nebenbei mit in das Interview habe einfließen lassen. Daraufhin wurde er voll stinkig so nach dem Motto, dass ich ihm unterstellen würde, nicht kreativ zu sein. Im Gegensatz dazu waren z.B. ihr alter Gitarrist Ahrue Luster (jetzt bei Ill Nino, Anm. d. Verf.) oder Bassist Adam Duce immer voll cool drauf.

Komisch, bei meinem Interview, das ich kürzlich mit Robb geführt habe, war von Arroganz oder sonstigem nichts zu erkennen.

Das freut mich zu hören. Vielleicht habe ich damals einfach nur einen schlechten Tag erwischt. Wenn ein Interview cool verläuft, macht es sowieso immer mehr Spaß. Letztens habe ich z.B. mit Ill Nino’s Sänger Cristian Machado gesprochen, der mich komplett überrascht hat. Im New Metal-Bereich rechnet man ja nicht unbedingt damit, dass jemand einen fundierten Metal-Background hat. Aber er kannte wirklich die ganzen alten Sachen. Wir haben so eine kleine Track Attack gemacht. Es hat keine zwei Sekunden gedauert und er hatte jeden Song.

Kommen wir mal auf Schubladendenken zu sprechen. Ihr als Band steht da nicht so drauf, oder? Zumindest macht dies in der Labelinfo den Anschein.

Das Problem ist, dass unser Label (Silverdust Records, Anm. d. Verf.) ein überschaubares Label ist. Unser Labelboss ist halb mit mir „verwandt“, weil unsere Freundinnen Schwestern sind. Deswegen schreibe ich auch sehr viel für Silverdust, stelle News auf die Homepage, verfasse den Summer Breeze-Bericht, etc. Also sollte ich letztens auch die Labelinfo über uns schreiben. Es ist verdammt schwierig, etwas über die eigene Musik zu schreiben. Ehrlich! Und genauso schwierig ist es, dann zu sagen, wir machen Thrash oder wir machen Doom oder wir machen Alternative oder wir benutzen Harcore- und New Metal-Elemente. Aus diesem Grunde hat die Bandinfo diesen Anti-Schubladen-Unterton.

Aber wenn du selbst Schreiberling bist, weißt du ja ganz genau, dass es einfacher ist, wenn man Musik anhand von bestehenden Begriffen wenigstens grob einordnen kann.

Ja, aus diesem Grunde habe ich ja in der Info auch ein wenig unser musikalisches Aufwachsen beschrieben. Wir haben mit alten Metallica angefangen, dann kamen diese neueren Bay Area-Thrash-Sachen und Prong oder Helmet, die auf jeden Fall Metal waren, aber nicht im Sinne von Heavy Metal-Spandexhosen und Ich-bin-ein-so-geiler-Gitarrist-Soli.

Du hattest auch schon das Summer Breeze angesprochen. Ist ziemlich gut gelaufen für euch, oder?

Aber hallo! Aber ich muss das generell sagen: Wer da spielt und keinen Spaß hat, ist wirklich selbst Schuld. Wenn wir nicht spielen, arbeite ich mit wie dieses Jahr auch an allen drei Tagen auf der Pain Stage, wo ich für den korrekten Ablauf gesorgt habe. Wir regen uns immer auf, wenn irgendwelche Bands kommen, die Möglchkeit haben, vor tausenden von Leuten zu spielen und dann auch noch rumnörgeln, dass sie lieber fünf Minuten länger spielen würden oder zu früh in der Running Order angesetzt worden sind. Für uns war es dieses Jahr sehr cool. Wir haben später gespielt als jemals zuvor. Wir hatten unglaublich gute Presseechos auf die Platte, was mich bis heute noch total plättet. Wir haben bisher immer Platten gemacht, auf die wir stolz waren und von denen wir selbst dachten, dass sie supercool seien. Die Presse hat aber immer nur geschrieben, dass sie ganz ok wären. Das war diesmal anders. Im Hammer landeten wir auf Platz 2, in der Rock Hard bei 10x Dynamit. Eine einhellige Meinung von diesen beiden Mags zu bekommen, ist schon sehr erfreulich.

Euer aktuelles Album ist ein gutes Stichwort. Was bedeutet der Titel „34ce“?

Das heißt ausgesprochen „Three Force“ und ist auf uns bezogen, weil wir eben drei Leute sind. Da ist aber auch einiges nach hinten losgegangen. EMP hat z.B. ewig auf der Homepage „35ce“ stehen gehabt, was ja nun überhaupt keinen Sinn ergibt. Der Titel lässt sich aber auch noch etwas weiter interpretieren, was bei unseren alten Alben „Unit E“ und „Harm On E“ auch der Fall gewesen war: 3 für drei offizielle Alben bei einem richtigen Label, 4 wenn du unsere Eigenproduktion mitzählst.

Wie läuft denn die Platte bisher?

Zahlen weiß ich keine definitiven. Unser Labelboss, der auch im Moment unser Tourmanager ist, hat aber zu uns gesagt, dass wir schon nach zwei Monaten so viel verkauft haben wie von der „Unit E“ insgesamt, die nicht so ganz optimal gelaufen ist. Wir reden mit dem Label schon wieder über die nächste CD. Also scheint es glücklich mit den Verkaufszahlen zu sein. Dann sind wir das auch.

Gibt es schon konkrete Pläne für das nächste Album?

Wir werden wohl wieder mit demselben Produzenten zusammen arbeiten, weil wir endlich jemanden gefunden haben, der uns einen guten Sound zaubern kann, uns versteht und uns davon abhält, zu viele Fehler zu machen. Wir selbst sitzen im Proberaum und machen unser Zeugs. Aber es ist immer gut, wenn man eine objektive Person dabei hat, die einem auch mal nahe legt, den einen oder anderen Teil wegzulassen, weil er einfach Ballast ist. Das ist zwar einen Moment lang schmerzhaft, aber Roger (Grüninger, Anm. d. Verf.) ist kein Diktator. Er hat Ahnung. Er ist selbst jahrelang mit Die Allergie durch die Lande gezogen und hat jetzt noch eine andere Band am Start. Zudem hört er auch viel Musik, was ihn zu einem aktiven Produzent macht. Früher sind wir da an passivere geraten, die uns die Grundeinstellungen gemacht, mich und Joschi dann aber quasi alleine gelassen haben. Mit Roger verstehen wir uns gut, wir können konzentriert zusammen arbeiten und diese Mischung ist offensichtlich produktiv gewesen. Ins Auge gefasst haben wir Anfang 2005 als VÖ-Datum für die nächste Platte. Ende nächsten Jahres wollen wir sie aufnehmen. In Joschis Kopf sind wohl schon vier Songs.

Und eure Marschrichtung werdet ihr beibehalten?

Na klar. Wir wollen und können uns gar nicht verbiegen. Wir werden garantiert nicht anfangen mit Electro-Beats, Frauengesang oder Keyboards. Keine Angst.

Und was steht jetzt direkt nach der Tour an?

Wir werden alle daheim viel zu tun haben, weil jetzt natürlich viel liegen geblieben ist im Job. Joschi wird demnächst Vater. Deswegen hat er uns auch erstmal zwei Monate Auftrittsverbot auferlegt, was natürlich jeder absolut versteht. Zwischen Weihnachten und Neujahr ist bei uns in Aalen ein Gig mit Koroded in Planung. Das wird sozusagen unsere 10-Jahres-Feier, weil wir im November vor zehn Jahren zum ersten Mal in der Undertow-Grundformation, also Joschi und ich, geprobt haben.

Diese Feier geht dann aber ohne Polizeiunterbrechung, wie noch auf der Release Party zur letzten CD ab, oder?

In diesem Club werden wir nie wieder spielen. Im Prinzip kann man es dem Club gar nicht vorwerfen und es hat auch keine spezielle Person verbockt, aber es war natürlich so ein Gefühl, wie wenn es beim Sex klingelt. Wir hatten uns eine coole Setlist zusammengestellt und dann kommen auf einmal die Herren in Grün und stellen sich in die erste Reihe. Und zwar nicht als Fans. Das war schon für’n Arsch. In Stuttgart konnten wir das dann eine Woche später mit End Of Green bei deren Release Party alles etwas nachholen.

Da passt doch das Motto ‚Ende gut, alles gut‘ mal wieder wie die berühmte Faust auf’s Auge. In diesem Sinne bedanke ich mich für das Gespräch. Rock the house tonight! (Was die Jungs trotz einer mal wieder vorherrschenden Live Arena-Minuskulisse auch gemacht haben!)

Galerie mit 16 Bildern: Undertow - Rock am Härtsfeldsee 2023
10.10.2003

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