U.D.O.
Interview mit Udo Dirkschneider
Interview
An sich ist es kein besonderes Mirakel wenn die Rede davon ist, dass der mittlerweile 61jährige Großmeister des deutschen Heavy Metal mit einem neuen Album an den Start geht. Im Gegenteil, man müsste sich wohl ernsthaft Sorgen um den Zustand von Udo Dirkschneider machen, sollte dem einmal nicht mehr so sein, schließlich zählt der „German Tank“ im Gegensatz zu unzähligen Wegbegleitern zu einer Konstanten, die mit seinen Werken auch in richtigen miesen Zeiten für unsere Musik die Szene belebt hat.
Daher dürften sich viele Fans von dem vor wenigen Wochen in die Läden gewuchteten neuen Album mit dem unmissverständlichen Titel „Steelhammer“ wohl in erster Linie das gewohnte Stahlbad erwartet haben. Doch, wie heißt es so schön: „Erstens kommt es anderes und zweitens als man denkt“ und auch besagter „Hammer“, der zwar sehr wohl ein solcher geworden ist, überrascht durch eine unerwartete Vielschichtigkeit und zudem mit jeder Menge an Neuerungen im Camp des Meisters.
Unverändert geblieben ist aber selbstredend die Eloquenz des Herrn Dirkschneider, der sich darüber hinaus auch einmal mehr als überaus auskunftsfreudiger und aufrichtiger Gesprächspartner zeigte als er zum vereinbarten Interview-Termin durchklingelte:
„Steelhammer“ ist zwar eindeutig und sofort als U.D.O.-Album zu erkennen, klingt aber dennoch deutlich anders als die letzten Dreher. War es an der Zeit wieder einmal etwas Neues zu versuchen?
Das kann man zwar an sich durchaus so stehen lassen, aber es waren die Umstände, die uns dazu gebracht haben, Neuland zu betreten. Zunächst einmal war es der Gesundheitszustand von Stefan (Kaufmann – langjähriger Gitarrist bei U.D.O.), der uns keine andere Möglichkeit gelassen hat, als uns in aller Freundschaft von ihm zu trennen. Da seine Rückenprobleme einfach nicht in den Griff zu bekommen waren, war es schon auf den letzten Tourneen immer wieder schwierig durchzuhalten, weshalb wir im letzten September diese Entscheidung treffen mussten. Es blieb uns also zunächst einmal nichts anderes übrig als uns um einen Gitarristen umzusehen und zum Glück kreuzten sich da unsere Wege mit jenen von Andrey Smirnov. Der Knabe ist ein wirklich begnadeter Shredder und konnte sich auch sehr schnell ins Bandgefüge einbinden. So weit, so gut, doch so quasi „nebenbei“ begann sich auch plötzlich unser zweiter Gitarrist Igor Gianola immer weiter von uns zu entfernen. Wir wussten zwar, dass er sich ein wenig mehr um seine Familie und diverse andere private Angelegenheiten kümmern musste, doch als er uns eines Tages auf ein Angebot für eine Festival-Show in Ecuador hin, mitteilte, dass er nicht dazu bereit wäre, mussten wir auch hier einen Schlussstrich ziehen. Ein Glück, dass sich Kasperi Heikkinen bereits zuvor bei uns beworben hatte und wir von seiner Klasse Bescheid wussten, auch wenn er zum Album selbst nichts mehr beitragen konnte.
Die neue Besetzung alleine macht den Unterschied aber nicht aus…
Nein. Die Umbesetzung brachte aber auch mit sich, dass wir uns auch um einen Produzenten umsehen mussten, denn in dieser Sache war Stefan bis zuletzt schlicht und ergreifend DER Mann. Naja, ganz so schlimm war es aber doch nicht, denn ich kann sehr wohl auch auf diesem Sektor auf einen gewisse Erfahrung zurückblicken und habe mich dann, nach einer relativ kurzen Zeit des Überlegens, kurzerhand dazu entschlossen, den Sprung ins kalte Wasser zu riskieren und ein U.D.O-Album selbst zu produzieren.
Dadurch lässt sich zumindest einmal das speziell im Vergleich zu den letzten Werken deutlich natürlichere Klangbild erklären, das auch auf eine Art Rückbesinnung schließen lässt.
So ist es. Dadurch, dass wir auf Stefans Arbeitsweise und seine Art der Produktion nicht zurückgreifen konnten, mussten wir auf uns selbst vertrauen und waren bestrebt die dadurch entstanden Spontanität auch umzusetzen. Aber ich denke mit dem Ergebnis kann man zufrieden sein – zumindest gab es bisher noch kaum negative Kritiken zu hören, das ist ja schon mal ein gutes Zeichen.
Dazu besteht aber auch nicht einmal ansatzweise ein Grund – im Gegenteil, „Steelhammer“ lässt fast vermutet, ihr hättet einen „Jungbrunnen“ entdeckt…
Dazu muss ich erneut Stefan erwähnen, der mir auch als langjähriger Partner zum Schreiben der Songs plötzlich abhandengekommen ist. Doch er war nicht der einzige Songwriter im Team und von daher habe mich für „Steelhammer“ intensiver denn je an Fitty (Wienhold – seit mehr als 15 Jahren als Bassist in Diensten von U.D.O.) gehalten. Es ist wohl dieser Konstellation geschuldet, dass vieles doch vergleichsweise ungewohnt klingt und man sich sowohl an ältere Alben erinnert fühlen wird, dennoch aber auch bis dato von U.D.O. ungewohnte Töne vernehmen kann. Allerdings muss ich schon zugeben, dass es mir nicht ganz einfach gefallen ist all die vorhandenen Ideen auch sofort annehmen zu können. Mitunter habe ich mir gedacht, dass der Kerl jetzt völlig durch den Wind ist, aber im Nachhinein betrachtet, war es gut sich auf die Sache einzulassen.
Wie sind die Reaktionen auf das Werk bislang denn generell ausgefallen?
Durchwegs gut, wobei vor allem der Sound schon mehrfach als größte Überraschung angemerkt worden ist. Aber auch was die Songs selbst betrifft, ist das Echo darauf bislang recht positiv ausgefallen. So etwas ist immer wieder fein und steigert meine Ambitionen zusätzlich. Überhaupt muss ich zugeben, dass ich es spannend finde, wie sich das Schreiben von Songs in Zukunft gestalten wird, denn ich habe zwar schon einige Idee des neuen Gitarrenduos gehört, bislang aber noch nicht an Songs mit den beiden arbeiten können. Und ich freu‘ mich wirklich schon jetzt darauf!
Nachvollziehbar – ein wenig Zeit dürfte bis dahin aber doch noch verstreichen.
Damit muss man rechnen, schließlich will ja zunächst einmal der „Steelhammer“ auch live präsentiert werden und zwar in jenem Umfang, wie es bei U.D.O. immer schon üblich gewesen ist.
Das heißt wohl, dass ihr in Kürze wieder auf Tournee gehen und überall dort spielen werdet, wo man die Band eben sehen will und da zählen auch Regionen dazu, die man üblicherweise nicht gerade zu den Hochburgen für Heavy Metal rechnet.
Korrekt, wobei wir uns momentan schon mitten in der Festival-Saison befinden, die wir selbstverständlich nicht auslassen können und gewissermaßen als „Probezeit“ für Andrey und Kasperi angedacht haben. Ab September geht es dann auf ausgedehnte Europa-Tournee, wobei wir in Russland starten werden und danach einige Shows im Baltikum absolvieren, ehe es über Schweden und Norwegen nach Deutschland gehen wird. Das ist auch schon fixiert und dauert bis in den November hinein. Danach stehen dann noch Gigs in Österreich, der Schweiz, Belgien und Holland, aber auch in Spanien auf dem Plan, die sind allerdings noch nicht fixiert und zwar deshalb nicht, weil wir eventuell noch vor dem Jahreswechsel in die Staaten gehen können. Aber egal, fix ist, dass wir wieder eine umfangreiche Gastspielreise absolvieren werden, die uns von Mitte September bis kurz vor Weihnachten auf der Straße halten wird und nach einem kurzen Päuschen rund um den Jahreswechsel geht es in dieser Tonart auch gleich weiter, und zwar in Südamerika und danach in Asien.
Respekt! An Motivation hapert es definitiv nicht. Interessant empfinde ich auch die Vorbereitungsphase dafür, denn wo auch immer ein Proberaum oder dergleichen auch aufzutreiben sein sollte, den logistischen Aufwand muss man auch erst einmal bewältigen.
Ich weiß, wie Du das meinst, zumal man ja eigentlich bei U.D.O. längst nicht mehr von einer deutschen Band sprechen kann. Mittlerweile besteht die Band ja aus Fitty und mir als Exil-Spanier, einem Italiener, einem Finnen und einem Russen. Dennoch haben wir nach wie vor eine Art „Zentrum“ in Deutschland, wo wir auch einen Großteil unser es Equipments lagern und wir uns immer wieder mal für derlei Vorbereitungsaktivitäten treffen können. Aber allzu viele Probeläufe sind ohnehin nicht nötig, auch deshalb nicht, weil Kasperi und Andrey Vollprofis und obendrein noch eingefleischte U.D.O.-Fans sind und die Songs ohnehin aus dem Effeff beherrschen.
Bleibt nur noch die Frage nach dem „akuten Anlass“ der Neuauflagen der früheren U.D.O.-Alben:
Dafür gibt es mehrere Gründe, einer davon ist auf jeden Fall, dass wir jetzt endlich wieder einen vernünftigen Vertrieb in den Vereinigten Staaten haben, der sich nun auch um unsere älteren Alben kümmern wird, die dort zum Teil überhaupt nicht zu bekommen waren. Von daher machte es wirklich Sinn diese Re-Release-Geschichten durchzuziehen und weil es momentan in den Staaten generell wieder besser läuft, natürlich umso mehr. Mit „besser laufen“ meine ich, dass momentan wieder vermehrt Interesse an Heavy Metal generell besteht und wir erst vor kurzer Zeit einige Gigs drüben absolvieren konnten, die wir im Zuge einer Art Promo-Tour organsiert haben. Das Ergebnis war wirklich beeindruckend, denn immerhin haben U.D.O. seit mehr als zehn Jahren nicht mehr die Chance erhalten in den USA live zu spielen! Und so wie es aktuell aussieht, könnte da schon bald die nächste Reise angesagt sein!
Da wünschen wir jetzt schon mal schönen Aufenthalt, hoffen aber natürlich, dass sich auch in unserer Nähe noch das eine oder andere Konzert in diesem Jahr ausgehen wird.