Type O Negative
Type O Negative

Interview

Endlich! Nicht mehr lange und das neue Werk von Type O Negative steht in den Läden. Am 17. Juni melden sich Peter Steele und Co. mit ihrem fünften offiziellen Studioalbum "Life Is Killing Me" zurück. Aufgenommen wie eh und je bei System Two (Brooklyn) und wieder produziert von Peter Steele und Keyboarder Josh Sylver. Nachdem die letzte Scheibe "World Coming Down" aus seiner negativen Grundstimmung so gar nicht herausfand und Mr. Steele sich im Nachhinein fast für die Platte entschuldigte, durfte man gespannt sein, ob den Amerikanern wieder ein Geniestreich wie mit "Bloody Kisses" gelungen ist. Und ja, die Herren haben sich alle Mühe gegeben! Im Juni und Juli kann man Type O Negative bei einigen wenigen Gigs und beim With Full Force auch endlich mal wieder hierzulande live auf der Bühne sehen. Im April waren Steele und Drummer Johnny Kelly auf Promo-Tour in Europa unterwegs und machten auch einen Tag in Hamburg Halt. Grund genug, sich einmal von dem herrlich sarkastischen Humor des Frontmanns selbst ein Bild zu machen. Zwar musste er zwischendurch kurz Kotzen, aber da er mir versicherte, es habe nicht an mir, sondern am Mittagessen gelegen, war das auch kein Problem. Ein wirklich auskunftsfreudiger und sympathischer Mann erzählte anschließend einiges über den Sound des neuen Albums, die Texte, Tourpläne, über den Wunsch nach einer Familie und schwarze Boxershorts mit orangen Streifen… und über vieles mehr. Nicht alles immer ernst gemeint.

Type O NegativeEs gab mehrere Arbeitstitel für das Album, am Ende habt Ihr Euch dazu entschlossen, das fertige Werk „The Dream Is Dead“ zu nennen. Nun hat es sich wieder geändert und es heißt: „Life Is Killing Me“. Beides sind Songs des neuen Albums, aber warum der Sinneswandel?

„The Dream Is Dead“ schien uns ein bisschen zu negativ zu sein. Den Song „Life Is Killing Me“ mag ich auch ziemlich gerne, gerade wegen der Art und Weise, wie er rüberkommt. Denn der Track ist einer der eingängigsten – auch von den Lyrics her. Ich mag einfach diesen typischen Humor von Type O Negative: „Live Is Killing Me“! Es ist ein ironischer Album- bzw. Songtitel. Der Text zu „The Dream Is Dead“ wiederum ist sehr negativ. Es geht um meinen Vater, der am Valentinstag gestorben ist. Der 14. Februar ist seitdem immer ein wirklich toller Tag für mich! Alle gehen mit ihrer Freundin, Verlobten oder Frau aus, unternehmen etwas – ich gehe zum Friedhof.

Ihr habt 15 Songs auf das Album gepackt – das machen nur wenige. Viele CDs haben eine Spielzeit unter einer Stunde. Hattet Ihr so viel gutes Material, dass Ihr gar nicht so viel weglassen konntet oder was ist der Grund?

Ein Freund von mir hat erzählt, dass das neue Linking Park Album gerade mal 36 oder 39 Minuten geht. Ich weiß nicht, ob das zutrifft, aber angesichts der Tatsache, dass man heutzutage ich glaube 80 Minuten auf eine CD packen kann, ist das verdammt wenig. Meine Einstellung war immer: So lange man genauso viel für eine Platte bezahlt, egal ob dort 10 oder 15 Songs drauf sind, gebe ich den Leuten 15. Schließlich sind es unsere Fans, die das Album kaufen und wenn wir so viele Stücke geschrieben haben, kommen die auch auf die Platte. Es ist nicht so, dass wir dachten, die Songs seien alle soooooo großartig, es war eher der Gedanke: Wenn sie den ein oder anderen Track nicht mögen, überspringen sie ihn halt. Sie haben also die Wahl.

Was wolltet Ihr nach dem letzten Studioalbum ändern?

Das letzte Studioalbum „World Coming Down“ war glaube ich ein kleines bisschen zu ich-bezogen in einer selbstmitleidsvollen Art und Weise. Es gab nicht wirklich schnelle Songs, nichts, was den Funeral March unterbrach. Dieses Mal wollte ich mehr Unterschiede zwischen den einzelnen Songs haben, Unterschiede in den Musikstilen. Wir haben einige Tracks, die klingen nach den 60ern, andere nach Hardcore, Goth oder Metal. Ich wollte alles, was die Band jemals auf ihren Alben hatte, vereinen.

Wie lange habt Ihr jetzt insgesamt an der neuen Platte gearbeitet?

Etwa zwei Jahre. Ich muss aber dazu sagen, dass wir einige Unterbrechungen hatten. Josh, Johnny und Kenny haben Kinder, meine Mutter liegt wegen ihrer Diabetis im Krankenhaus und dann kamen noch andere Sachen hinzu. Es gab also immer wieder Unterbrechungen – sowohl gute als auch schlechte.

Kannst Du das Album in drei Worten beschreiben? Und sag jetzt nicht Type O Negative…

Hope it sells! Nein, jetzt mal ernsthaft… Punk, Metal, Goth – diese drei Schlüsselworte treffen es wohl recht gut.

Was hältst Du von dieser Beschreibung: Man nehme die melodiöse und eingängige Art und Weise der Beatles-Songs, die Melancholie einiger Black Sabbath Tracks und den Sound der Gitarren von Black Sabbath…

Das ist wahr!

…kombiniert es und überträgt es auf die heutige Zeit. Ich finde besonders „Electrocute“ ist ein gutes Beispiel dafür.

Oh ja! Der Song weist wirklich einen starken Beatles-Einfluss auf, aber eigentlich gibt es bei allem, was wir bisher gemacht haben, diesen Einfluss. Nicht unbedingt in der Art und Weise, wie wir unsere Instrumente spielen, aber hinsichtlich der Frage, wie die Songs geschrieben sind. Was ich bei diesem Album unbedingt stärker einsetzen wollte, waren Instrumente wie zum Beispiel die Sitar und die Tembora. Ich wollte keine Songs f ü r diese Instrumente schreiben, sondern sie alleine aus dem Grund einsetzen, da die Songs dann mehr nach den Beatles und auch psychedelischer klingen.

„Electrocute“ ist ein wenig anders als der Rest, etwas langsamer und…

Ja, das stimmt. Der Song ist von den Lyrics her auch nicht so direkt wie die meisten anderen. Viele haben gefragt: Worum verdammt noch mal geht es da? Die Antwort ist: Ich war lange Zeit mit jemandem zusammen und ein Teil von mir liebt diese Person immer noch, aber ich bin sehr glücklich darüber, dass wir nicht mehr zusammen sind. Denn wenn ich zurück blicke, war sie wirklich „as real as her tits“ (Zitat aus dem Song).

„I Don’t Wanna Be Me“ wird als erste Single veröffentlicht werden. Warum gerade der Track?

Unsere Plattenfirma und das Management haben den Song ausgesucht. Uns wurde nur das Ergebnis mitgeteilt, gefragt wurden wir nicht. Es wird übrigens auch ein Video zu dem Titel geben.

So wirklich begeistert scheinst Du von der Entscheidung nicht zu sein.

Ich glaube nicht, dass der Song das gesamte Album repräsentiert. Ich bin schon der Meinung, dass „I Don’t Wanna Be Me“ ein gutes Lied ist, aber ich möchte nicht, dass die Leute denken, das ganze Album klinge so.

„I like goils“ beziehungsweise „I like girls“ – ein ziemlich gelungener Song wie ich finde und außerdem kommt Deine Art von Humor gut zur Geltung. Eine Frage drängt sich bei den Lyrics natürlich auf: Resultiert der Text aus irgendwelchen persönlichen Erlebnissen? Musst Du oft klarstellen: Sorry, Jungs, ich steh dann doch eher auf Frauen?

Nachdem die Playgirl-Ausgabe mit mir rauskam, hatten wir mit der Band einige Autogrammstunden in Plattenläden und andere Promo-Termine. Da kamen eine Menge Leute auf mich zu und haben mich auf diese Playgirl-Ausgabe angesprochen – nicht nur Frauen, sondern auch Männer, was absolut okay ist. Ich fühle mich gleichermaßen geschmeichelt durch Frauen wir durch Männer, aber einige Typen konnten echt penetrant und schon fast aggressiv und sein. Ich hab bloß gesagt: ‘I’m sorry, men… I like girls! I stick to women, okay?!’ Ich habe fünf ältere Schwestern, bin also absolut an Frauen in meiner Umgebung gewöhnt. Ich hab nichts gegen Homosexuelle. Meine Schwester ist lesbisch und das macht nun wirklich keinen Unterschied… Hauptsache, sie ist glücklich!

Mit „Angry Inch“ ist auch ein Coversong auf dem Album – weshalb gerade dieses Lied?

Hast Du schon mal etwas von dem Film „Hedwig And The Angry Inch“ gehört?

Nein, aber es wird Zeit, dass ich ihn mir ansehe, richtig?

Du musst auf jeden Fall versuchen, den Film irgendwoher zu bekommen! Es geht um einen Transvestiten, der eine Geschlechtsumwandlung machen lässt, die leider schief geht. Nachdem sein Penis vorher sechs Inches maß, ist es nun noch ein Inch. Daher auch der Titel „Angry Inch“. Der Song hat nichts mit mir und / oder mit „I like goils“ zu tun – glaub mir! Ich finde den Film großartig. Er hat eine sehr gute Botschaft: Es ist egal, ob Du homo- oder heterosexuell, weiß oder schwarz, klein oder groß bist, so lange Du zufrieden mit Dir selbst und glücklich bist. Das ist alles, was wichtig ist! Ich wollte auf den Film aufmerksam machen, weil er einfach gut ist. Das ganze ist ursprünglich ein Off-Broadway Rock Theatre. Der Soundtrack ist ebenso gut!

„Are a thousand tears worth a single smile?“ Was denkst Du? (Anm.: Textpassage aus „Anesthesia“, einem der Songs des neuen Albums)

Nein, natürlich nicht!

Bist Du wirklich überzeugt davon? Es ist doch so, dass man nicht nur zufrieden oder glücklich sein kann, denn sonst bemerkst Du irgendwann gar nicht mehr, dass es Dir gut geht und Du mit allem zufrieden sein kannst. Beides gehört dazu, so dass man es auch zu schätzen weiß oder überhaupt erkennt, dass man mit seinem Leben oder in der Beziehung glücklich sein sollte. Glaubst Du nicht, dass Tränen und Lachen zusammengehören – Selbst wenn es mehr Tränen gibt?

Ja, es gehört beides dazu. Das stimmt. Beides nimmt seinen Platz und seine Zeit ein. Wenn Du es so siehst, hast Du recht. Ich habe bei der Textzeile aber nicht an Glück und Leid im Leben einer einzelnen Person gedacht. Was ich mit diesen Worten „Are a thousand tears worth a single smile?“ meinte, war, dass man oft selbst leidet, um eine andere Person glücklich zu machen. Und in diesem Fall ist die Antwort auf die Frage ganz eindeutig: Nein! Du solltest dich nicht zurücknehmen oder vielleicht sogar verleugnen und so eigenen Kummer in Kauf nehmen, damit jemand anders glücklich sein kann. Ich denke da an eine bestimmte Person, deren Name ich aber besser nicht sagen sollte.

„Nettie“ ist ein sehr persönlicher Song über Deine kranke Mutter. Ist das der beste Weg, mit der Situation fertig zu werden?

Ich habe den Song geschrieben, weil ich nach dem Tod meines Vaters etwas realisiert habe: Ich wünschte, ich hätte ihm noch so viele Dinge gesagt – einige gute, andere weniger gute. Ich würde einfach gerne mit ihm über alles ehrlich gesprochen haben. Ich hoffe, dass meine Mutter eines Tages den Song hören und verstehen wird. Ich würde gerne wissen, was sie zu dem Track sagt. Einmal habe ich ihr das Demo Tape bereits vorgespielt. Es ging ihr zu dem Zeitpunkt aber nicht sonderlich gut, so dass ich nicht glaube, dass sie realisiert hat, um was und vor allem um wen es bei dem Lied geht.

Kannst Du Dir die Inspiration für die Lyrics aus allem ziehen, was um Dich herum passiert oder waren es bei diesem Album immer wieder ganz bestimmte Gefühle, Erlebnisse etc., die Du verarbeitet hast?

Das war bei jedem Song anders. Ich würde sagen, die Hauptinspiration ist der Versuch, aus nichts einen Song zu kreieren, denn zu Hause führe ich ein ziemlich langweiliges Leben; aus dem Haus gehe ich nicht wirklich oft. Ich verbringe meine Zeit damit, das Haus sauber zu machen und an meinem Auto herum zu werkeln. Wenn ich diese Dinge tue, denke ich mir: Ich weiß, ich habe ein Album zu schreiben. Also worüber verdammt noch mal soll ich schreiben? Ich nehme mir ein Thema wie bei „Nettie“, schreibe etwas über meinen Vater, suche mir etwas wie „I Don’t Wanna Be Me“ oder schreibe wie bei „Life Is Killing Me“ über Ärzte und versuche etwas Interessantes daraus zu machen, das nicht bloß meine Sicht der Dinge widerspiegelt, denn das kümmert die Welt wenig, sondern versuche zugleich Songs zu schreiben, die musikalisch gelungen sind und textlich die Dinge etwas überspitzen, so dass die Leute Text und den gesamten Track im Gedächtnis behalten.

Type O Negative existieren nicht erst seit gestern und Du kannst auch nicht sagen, dass Ihr keinen Erfolg hattet. Was ist der Anreiz für diese neue Scheibe gewesen?

Mein Ziel war es, finanziell unabhängig zu sein und das bin ich zu diesem Zeitpunkt nicht. Finanziell unabhängig bedeutet für mich, genug Geld zu haben, um alles haben zu können, was ich möchte und nicht mehr arbeiten zu müssen. Dem ist definitiv nicht so. Denn ich habe vor 19 Jahren einen lausigen Deal mit einer Plattenfirma unterschrieben. Das ist der Grund, weshalb ich hier sitze und Interviews gebe. Das gehört zu meinem Job, aber… ich weiß auch nicht… ich bin 41 Jahre und verhalte mich immer noch wie ein 17-Jähriger.

Du willst mir also erzählen, Du hättest das Album nur wegen des Geldes gemacht?

Nein, ich habe es aufgenommen, weil ich gerne Songs schreibe und es mag, diese aufzunehmen. Live spiele ich jedoch nicht so gerne. Ich mag es auch nicht unbedingt, Interviews zu geben, denn ich glaube nicht, dass ich etwas wirklich Relevantes zu erzählen habe. Aber das ganze gehört natürlich dazu, wenn man sein Geld mit der Musik verdient. Selbst wenn ich finanziell unabhängig wäre, weil ich ein bisschen mehr als der Rest der Band verdiene, da ich die Songs schreibe, spielte das Geld eine Rolle. Schließlich haben die anderen Frau und Kinder. Aber ich muss noch sagen, dass ich einen Teil des Geldes mit den anderen teile. Es sind schließlich meine Freunde. Wir versuchen also, eine Menge Spaß dabei zu haben, unser Geld zu verdienen. Einer der Schlüssel zum Glück ist, Freude an seinem Job zu haben. Denn schließlich verbringen wir 1/4 unseres Lebens mit Arbeit.

Mit diesem fünften Studioalbum habt Ihr den Vertrag mit Roadrunner erfüllt. Wie geht es jetzt weiter? Neues Label oder altes Label mit neuem Vertrag?

Ich weiß es nicht. Ich habe mich in der langen Zeit sehr an Roadrunner gewöhnt. Es ist bloß… Ich bin mit unserem Vertrag nicht sonderlich glücklich. Ich würde gerne bei dem Label bleiben, wenn wir den Vertrag überarbeiten. Das setzt natürlich voraus, dass Roadrunner uns überhaupt behalten will. Wenn nicht – ja, wir haben andere Angebot, aber ich denke, alles hängt vom Erfolg der neuen Platte ab. Das werden wir dann Mitte Juni herausfinden.

Du hast letztes Jahr zusammen mit Doro einen Song – „Descent“ – für ihr Album „Fight“ aufgenommen. Wie war die Zusammenarbeit?

Zuerst muss man sagen: Sie ist eine sehr, sehr nette Frau und sie ist natürlich sehr attraktiv. Ich mag ihre Musik und habe mich geehrt gefühlt, als sie fragte, ob ich einen Song mit ihr zusammen aufnehmen möchte. Sie hat mir sehr viel Freiheit bei der Arbeit gelassen und so konnte ich eigentlich machen, was ich wollte. Ich war ein wenig besorgt, weil sie gar nicht vor Ort war, als ich die Vocals eingesungen habe. Ich habe drei verschiedene Versionen gemacht und Doro entscheiden lassen, welche der drei es am Ende sein soll. Ich mag den Song so, wie er sich letztendlich anhört und vielleicht kann ich mal wieder mit ihr zusammen arbeiten. Es war eine wirklich positive Erfahrung.

Ist irgendetwas anderes geplant? Ich meine hinsichtlich einer Zusammenarbeit mit anderen Musikern?

Zur Zeit nicht. Die volle Konzentration gilt der Band und dem neuen Album. Promo-Termine, der Videodreh… Mitte Juni kommen wir wieder nach Europa, um einige Shows zu spielen und bei ein paar Festivals aufzutreten. Vorher sollten wir noch ein bisschen Proben, denn wir haben eine lange Zeit nicht live gespielt. Wir müssen uns dann entscheiden, was wir auf der Bühne spielen wollen. Mittlerweile haben wir die Auswahl zwischen Songs von fünf oder wenn Du „The Least Worst Of“ mitzählst, von sechs Alben. Das wird keine leichte Entscheidung! Es wird Gigs geben, bei denen wir nur eine halbe Stunde zur Verfügung haben, andere, bei denen wir 90 Minuten haben. Was bleibt, was geht? Ich weiß es nicht!

Wird es noch eine größere Tour vielleicht ab Ende des Jahres geben?

Ja! Wenn wir irgendwann im Juli aus Europa zurück in den Staaten sind, werden wir hoffentlich dort touren. Im nächsten Herbst würde ich gerne in Europa auf Tour gehen und dann auch im Norden Deutschlands spielen, was wir im Sommer nicht tun werden. Außerdem in Frankreich, Portugal, Spanien, Süditalien, Griechenland und dann möchte ich auch in Australien und Süd-Amerika auf der Bühne stehen… Länder, in denen wir noch nie waren. Ich denke, das es gegenüber unseren Fans unfair ist, dass wir an bestimmten Orten noch nie gespielt haben. Manchmal fragen mich Leute aus Brasilien, Australien oder auch Portugal: Warum mögt Ihr uns nicht? Warum kommt Ihr nicht auch zu uns? Und ich kann nur antworten: Es ist leider nicht alleine meine Entscheidung. Ich hasse zu sagen, dass Geld eine Rolle spielt, aber so ist es. Denn es ist einfach in bestimmten Ländern teurer zu spielen, als in anderen. Australien und Süd-Amerika sind einfach extrem teuer für uns. Mir macht es nichts aus, ohne Geld wieder nach Hause zurück zu kommen, so lange die Fans zufrieden sind, aber wenn das Management und die Booking Agentur kein Geld dabei machen… Wenn sie Geld verdienen, indem sie uns an andere Orten schicken, tun sie das natürlich. Das ist es, was wir Kapitalismus nennen.

Grüne Hose, schwarzer Pulli – das war noch nie anders, höchstens schwarze Hose und grüner Pulli. Oder hast Du mittlerweile doch mal etwas Rotes oder Weißes im Kleiderschrank? Ich meine jetzt mit Ausnahme Deiner schicken weißen Tennissocken…

…ich hab zu viele Löcher in meinen grünen Socken. Sorry! Aber etwas anderes als grün oder schwarz? Nein. Ich packe meinen Koffer nie ordentlich und ich kann Dir mal was zeigen. Ich war nämlich gezwungen, mir Unterwäsche zu kaufen!

Er steht also auf und …nein, lässt nicht die Hose fallen… macht die obersten Knöpfe seiner Hose auf, so dass seine schwarze Boxershorts zum Vorschein kommt…

Orange!

…mit einem dünnen orangen Streifen!

Oh mein Gott!

Das war alles, was ich am Flughafen finden konnte.

Kommst Du damit klar – ich meine mit dem orangen Streifen?

So lange er verdeckt ist: ja! Ich mag Farben, fühle mich in grün und schwarz aber einfach am wohlsten. Ich habe aber gelernt, niemals nie zu sagen – alles ist möglich.

Wann werden wir denn eine Biographie von Dir zu lesen bekommen? Mit Deinem oft sarkastischen Humor könnte das eine kurzweilige Angelegenheit sein!

Ich würde gerne irgendwann eine schreiben. Es gibt viele, viele lustige Sachen, die mir und der Band im Laufe der Zeit passiert sind. Viele seltsame, verrückte, interessante oder auch traurige Dinge. Ich bin jetzt 41 Jahre alt und habe noch eine ganze Menge zu erleben und ich möchte es nicht so machen wie Marylin Manson – nicht, dass ich ihn schlecht machen will, auf keinen Fall, aber eine Biographie zu schreiben, wenn Du gerade mal die Hälfte Deines Lebens hinter Dich gebracht hast, macht keinen Sinn, da es nur die halbe Geschichte ist.

Also fängst Du an, wenn Du…

wenn ich 42 bin! Ich weiß nicht, alles ist möglich. Vielleicht sollte ich dann jedes Jahr mit einem Update auf den Markt kommen?! Mal abwarten, es kann nächstes Jahr passieren, in fünf Jahren oder auch gar nicht.

Du hast mal gesagt, dass Du ein wenig eifersüchtig auf Deine Bandkollegen bist, weil sie Kinder haben, eine Familie.

Das ist wahr. Ja, ich bin eifersüchtig, denn man kann ihnen ansehen, wie glücklich sie sind. Glück und Freude – das ist es, was ihnen diese Entwicklung gebracht hat und genau danach sehne ich mich. Nach Hause kommen, wo jemand auf Dich wartet, eine Tochter oder einen Sohn haben, die oder der auf dich zu gerannt kommt… Ich war lange Zeit mit jemandem zusammen und das ganze endete nicht gerade schön. Ich hatte jetzt ein paar Jahre, um mir Gedanken zu machen. Ich kann von niemandem erwarten, mit mir zusammen sein zu wollen und mich zu lieben, bevor ich mich selbst nicht lieben kann. Ich bin weit davon entfernt, perfekt zu sein und ich möchte für die Person, die ich liebe, so perfekt wie möglich sein. So lange ich nicht alles aus mir herausholen kann, bleibe ich alleine.

Dann ich hoffe, Dir gelingt das eines Tages.

Ja, das wünsche ich mir auch.

01.06.2003

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