Turkish Metal Battle Festival
Interview mit den Veranstaltern Serkan Deniz und Erol Yildiz
Interview
Mit dem Turkish Metal Battle haben sich Ocean Star Productions in Zusammenarbeit mit Triple Six Concerts ein wirklich interessantes Festival einfallen lassen. Nur Bands mit türkischen Wurzeln werden 28. September 2013 im Berliner K17 auf der Bühne stehen. Da das Projekt in vielerlei Hinsicht höchst interessant ist, ist es absolut obligatorisch, die beidenKöpfe hinter Ocean Star Productions, Serkan Deniz und Erol Yildiz (die beiden machen das übrigens rein ehrenamtlich) zum Gespräch über das Festival, türkischen Metal und weitere Pläne zu bitten.
Erstmal Danke für das Interview. Wir bei metal.de fanden die Idee des Turkish Metal Battle sehr interessant und waren ja sofort Feuer und Flamme. Aber nun erzählt doch mal, wie ihr überhaupt auf die Idee kamt dieses Festival zu veranstalten?
Serkan: Als im Dezember CENOTAPH und RAVEN WOODS auftraten, waren wir dabei (beides türkische Bands). Da kam Erol mit der Idee und wir haben beide gesagt, wir machen ein Metal Festival mit rein türkischen Bands. Denn in der Türkei gibt es eine größere Rock/Metal Community als Hip Hop – im Gegensatz zu hier. Warum wir das machen?
Weil wir den türkischen Metal (den aus der Türkei) außerhalb der Türkei bekannt machen wollen, denn bei der Qualität, die so viele Bands zu bieten haben, verdienen sie eine Plattform, um sich auch außerhalb der Türkei beweisen zu können. Dies ist zu unserer Mission geworden. Außerdem möchten wir dadurch das Image der Türken erweitern und vertiefen. Sie hören nicht nur Hip Hop und Arabesk, sondern es gibt, wie gesagt, auch diese – unserer Meinung nach – coole Metal Kultur. Dadurch wird diesen Bands eine Möglichkeit geboten, auf sich aufmerksam zu machen.
Eigentlich wollte ich die Frage erst später stellen, aber du hast dazu ja schon eine Vorgabe geliefert. Sicher ist das Bild der türkischen Bevölkerung Berlins eher vom Hip Hop und weiteren Klischees geleitet, aber ist es tatsächlich so, dass dort kaum Metal gehört wird oder gibt es andere Gründe warum man so wenig Türken auf Metal-Veranstaltungen (in Berlin) sieht?
Erol: In der Türkei existiert eine größere Metal-Society als in Berlin. Das stimmt schon. Und die türkische Hip-Hop-Szene in Berlin (Deutschland) ist größer als in der Türkei. Allerdings gibt es hier in Berlin oder gar in Deutschland eine größere Rock-/Metal-Kultur unter den Türken als man denkt. Sie sind allerdings in der Minderheit verglichen zu den Deutschen in der Metal-Szene und gehen unter.
Okay, dann erst mal zurück zu den organisatorischen Dingen. Ihr seid ja nicht ganz alleine mit der Veranstaltung sondern habt mit Jörg von Triple Six einen erfahrenen Veranstalter mit dabei. Wie kam es denn zu dem Kontakt und welche Vorteile zieht ihr daraus?
Erol: Jörg ist ein ausgesprochen wichtiger und erfahrener Mensch der Berliner Metal-Szene.
Serkan: Wir kennen ihn schon seit Jahren und sind auf die Idee gekommen, uns mit seiner Erfahrung und Expertise zu unterstützen.
Erol: Außerdem hat er ein Label, so dass er die bürokratischen Hürden leichter meistern kann.
Serkan: Dadurch hat sich unsere Bekanntschaft vertieft und in eine Freundschaft verwandelt. So, denken wir, ist glücklicherweise ein Beitrag geleistet worden zur deutsch-türkischen Freundschaft – durch ein TÜRKISCHES Metal Festival in Deutschland. Diese Freundschaft wollen wir beibehalten und weiter vertiefen, denn wir haben noch etwas Größeres vor.
Ihr sprecht den integrativen Aspekt der Veranstaltung schon an. Wie fällt denn bislang die Resonanz seitens der Metal-Community aus? Ich kann mir durchaus vorstellen, dass solch eine Veranstaltung einiges Interesse weckt.
Serkan: Ja, auf jeden Fall! Als wir die Fanpage veröffentlicht haben, ging die Post ab! Und ich wäre fast an einem Herzinfarkt kollabiert.
Die Resonanz war so groß, dass wie im Live-Ticker eines News-Magazins die Likes runter prallerten. Und mit der Zeit kommen immer mehr Unterstützer! Es sind sowohl Türken als auch Deutsche sowie Menschen aus verschiedenen anderen Ländern, die ihre Unterstützung bekunden.
Erol: Es ist ja für mich und für Serkan, meinem neuen türkischen Metal-Freund, unser „Erstes Mal“ :-), dass wir solch ein Projekt, welches weltweit eine Premiere darstellt, zusammen gestalten.
Serkan: Eigentlich ist das auch ein interessantes Projekt für diverse Stiftungen und Vereine hier in Deutschland, da es sich ja um eine Kulturveranstaltung handelt, die sich für interkulturelle Verständigung einsetzen soll.
Das wäre meine nächste Frage gewesen. Erhaltet ihr von offizieller Seite Unterstützung? Das Projekt als solches dient ja sicherlich auch der Zusammenführung von Menschen mit verschiedener Herkunft bzw. Kultur.
Erol: Wir wollen die Regierung aus der Sache raushalten.
Die Politik sollte bei solch einer Veranstaltung nicht involviert werden.
Serkan: Wir würden durchaus gerne mit privat geförderten Kulturvereinen bzw. Stiftungen zusammenarbeiten.
Aber konkretes gibt es in diesem Fall noch nicht?
Erol: Solche Events brauchen durchaus jegliche Förderungen, und das ist sehr zeitintensiv. Wir hoffen in naher Zukunft, Förderungen jeglicher Art dankenswerterweise zu erhalten. Wir arbeiten auf Hochtouren daran.
Dann lasst uns endlich zur Musik kommen, denn die sollte ja schlussendlich doch die Hauptrolle spielen. Wenn ich so überlege würde mir in Bezug auf Metal aus der Türkei nur MORIBUND OBLIVION einfallen und auch in meiner Zeit als Redakteur sind mir bislang vielleicht zwei bis drei weitere Bands begegnet. Welche Bands könnt ihr denn noch besonders empfehlen und welche haben denn außer den bereits genannten MO eurer Einschätzung nach schon eine gewisse Größe?
Serkan: SOUL SACRIFICE ist derzeit ein großer Name, der große Achtung verdient. DU kennst bestimmt PENTAGRAM, aber aktuell sind neben SOUL SACRIFICE, HECATOMB, BLACK OMEN, ANOREKSI, SIRANNON (reine Ladies Band), UCK.
RAVEN WOODS ist stark am Kommen, CENOTAPH haben wir auch schon erwähnt; die waren vor Jahren auch schon in Deutschland und haben gespielt. AEGNOR sollte erwähnt werden, DUNGEON OF WIZARD ebenfalls. Und es gibt noch dutzende andere Bands, die hier eigentlich aufgelistet werden müssten. Es sind überwiegend Black-Metal-, Death-Metal- und Grind-Bands. SUICIDE, einer der Bands unseres Festivals, sind Veteranen des klassischen Death Metals. Auch die Folk Metaller YABGU verdienen große Beachtung. Aber es gibt auch viele andere wie MODERN RITUEL. Newcomer wie die pure Black Metaller BLASTRAUMA, von denen man in der Zukunft viel hören wird. Bands, die wir hier nicht mehr erwähnt haben, mögen es uns verzeihen.
Stimmt. SOUL SACRIFICE habe ich gerade komplett vergessen. Aber da sind ja noch eine ganze Menge an Namen gefallen. Könnt ihr euch erklären, weshalb die Bands hierzulande bislang kaum bzw. gar keine Aufmerksamkeit bekommen haben?
Serkan: JA, das KÖNNEN WIR! Uns ist bei der Organisation während dieses Festivals genau dieser Aspekt aufgefallen: Die Bürokratie und das Visum ist eine große Hürde für die Bands! Des Weiteren werden sie mit Vorurteilen konfrontiert, da sich die Leute leider oft nicht vorstellen können, wie klasse Metal aus der Türkei eigentlich ist! Ich höre seit meiner Pubertät Metal, aber auch türkische Musik, und ich muss sagen, da sind enorm viele Parallelen in der Melodieführung und in der Intensität der Songs. Außerdem ist das Finanzielle leider immer ein viel zu großes Handicap!
Erol: Ich kann sicher sagen, dass alle Bands in der Türkei die Absicht haben, in Europa aufzutreten. Es scheitert an der Finanzkraft der Bands und an bisher nicht vorhandenen privaten Leuten, die diese Bands einladen. Aber nun gibt es uns zwei hardcore Metalheads, die das verändern werden. Größere Projekte sind am Start, und wir werden viele türkische Bands nach Europa einschließlich Deutschland holen.
Serkan: In Zukunft werden wir auch die Vielfalt innerhalb der Türkei bei der Auswahl der Bands berücksichtigen, indem wir auch kurdische oder armenisch-stämmige Metalbands im Line-Up auflisten werden.
Das klingt wirklich nach großen Plänen. Wird es sich denn weitestgehend auf den türkischen Raum beschränken oder schmiedet ihr auch Pläne, weitere Festivals mit Bezug auf andere Länder zu gestalten? Ich bin mir sicher sowohl im asiatischen als auch im afrikanischen Raum gäbe es da noch Interessantes zu entdecken …
Erol: Ich bin ja von Studien wegen Zentralasien-Experte.
Ich kann mir sehr gut vorstellen, Bands aus Turkmenistan, Usbekistan (meine Frau ist Usbekin), Kasachstan, Kirgisistan sowie aus Tadschikistan nach Deutschland zu holen.
Außerdem möchten wir in naher Zukunft Projekte mit israelischen und palästinensischen Metalbands auf EINER Bühne veranstalten.
Serkan: Eine unsere Bands, PERVERSION, sind aus Dubai – eine hervorragende, technisch brillant spielende Death-Metal-Band. Ihr Gitarrist, Mahmud Gecekusu, ist türkischen Ursprungs.
Erol: Es gibt eine super große Anzahl an nordafrikanischen Metalbands – in Algerien und in Ägypten gibt es eine Metal Community, die ziemlich groß ist. Auch hier planen wir Projekte.
Das klingt wirklich fantastisch. Wird sich das alles rein auf die Musik konzentrieren oder gibt es auch Ideen das Ganze eventuell mit Workshops zu verknüpfen? Eine andere Idee/Frage in diesem Zusammenhang wäre ja auch, das mit traditionellem Essen der jeweiligen Herkunftsländer zu verbinden o.ä. Könnt ihr euch so etwas auch vorstellen?
Serkan: Soweit haben wir noch nicht gedacht. Klingt aber lecker.
Allerdings überlegen wir uns schon für unsere Projekte, diese in einen Rahmen mit Podiumsdiskussionen zu packen. Das könnte zum Beispiel in Zusammenarbeit mit Stiftungen geschehen.
Erol: Es wäre doch schön, wenn eine israelische Band und eine palästinensische Band vor oder nach einem Gig zusammenkommen und eine gemeinsame Message vortragen.
Kurz vor Schluss noch die Frage nach euren musikalischen Präferenzen. Was hört ihr im Privatleben vorzugsweise an Bands?
Serkan: Ich gehe eher in Richtung Melodie und rhythmische Mucke. ICED EARTH, IMMORTAL, AMON AMARTH, MORIBUND OBLIVION, SOUL SACRIFICE etc. Es muss schon wuchtig sein. Erol mag oft meine Mucke nicht so, weil …
Erol: … ich mehr die brutalere Variante des Metal präferiere wie zum Beispiel CANNIBAL CORPSE, SUICIDE SILENCE, CENOTAPH, RAVEN WOODS, MARDUK, KRISIUN und viele andere Bands, die derartige weltuntergangsstimmige Mucke propagieren. Serkan mag rachebedingt meine Mucke nicht.
Serkan: MARDUK kann ich sogar auch hören.
Unsere musikalischen Unterschiede zeigen sich auch in unserer Arbeitsweise…
Ich, auch jobbedingt (Project Coordinator beim British Council), bevorzuge Projektpläne und gediegene Arbeitsweisen, wobei Erol mich dabei immer auslacht, der das Chaos zelebriert. Aber im Grunde sind wir beide lieb und chaotisch – das Eine mehr und das Andere weniger …
An dieser Stelle vielen Dank an euch für das Interview. Wir sprechen uns mit Sicherheit noch einmal nach der Veranstaltung. Die letzten Worte gehören selbstverständlich euch.
Serkan: Wir möchten an dieser Stelle uns sehr bei Joerg Schröder von Triple Six Concerts bedanken, mit dem wir eine tolle Zusammenarbeit genießen. Ebenso muss unbedingt …
Bahadir Uludaglar, der Sänger und Gitarrist von unserem Headliner MORIBUND OBLIVION, erwähnt werden, der die wunderbaren, professionellen Artworks ohne Zähneknirschen bewerkstelligt. Bald kommt ein Teaser, der von dem genialen Benny Kaya (KEYCUT Productions) produziert werden wird.
Und Jan, wir bedanken uns auch herzlichst für Deine Zeit und dieses sehr nette Interview!
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