Turbobier
Expertengespräch mit Dr. Marco Pogo
Interview
TURBOBIER heißt die Band. „Das Neue Festament“ lautet der Titel des Albums. Marco Pogo, seines Zeichen Gründervater der BPÖ und unermüdlicher Pionier der Bieristischen Glaubengemeinschaft, ist unser Interviewpartner. Vollkommen klar, dass sich die metal.de-Redakteurin Nadine Schmidt schon am frühen Nachmittag mit zwei Bieren versucht, auf das Level des Gesprächspartners zu süffeln. Und dann antwortet der freche Pogo-Doktor, der sich schon verdächtig nüchtern am Telefon meldet, auf die erste Frage nach der Anzahl der heute bereits genehmigten Biere mit: „Um der Wahrheit die Ehre zu geben, noch keines.“
Oh, sehr ernüchternde Eröffnung, im doppelten Sinne. Allerdings war das Interview über „Das Neue Festament“, die ‚TURBOBIER on ice‘-Revueshow in der Lugner City in Wien, die Vorteile des Amadeus Awards und die ausfuchste Taktik, das Trinkertum gleichzeitig in politischer und spiritueller Hinsicht nach vorn zu bringen, dann doch ganz leiwand. Pogo eben.
Der Pogo ist nicht ganz bei der Sache, wird zu Anfang unterbrochen und muss erstmal klar stellen, dass es sich hier jetzt um ein Interview handelt.
Verzeihung, jetzt bin ich ganz bei dir, wir haben da gerade was gezählt.
Was habt ihr denn gezählt? Garantiert euer vieles Geld.
Na ja, sagen wir mal so… da ist noch Luft nach oben (lacht).
Ist ja immer.
Ja, es ist immer Luft nach oben, da geht mehr.
Da wir zum ersten Mal die Ehre haben, musst du uns ganz zu Anfang erklären, wer TURBOBIER überhaupt sind. Was wollte ihr von uns und was macht ihr überhaupt?
Wir sind TURBOBIER aus dem schönsten Wiener Gemeindebezirk, den es gibt auf der ganzen Welt – Wien Simmering. Wer schon mal dort war, weiß, warum wir so einen extremen Lokalpatriotismus an den Tag legen, denn nur Simmering kann es mit Städten wie Florenz oder Barcelona aufnehmen. Jetzt mal nur von der Schönheit her. Das mal zu unserer Herkunft. Wir haben uns 2014 am Schnellimbiss Helga eben dort formiert, um gemeinsam zu musizieren, um unseren ausschweifenden Bierkonsum auf Dauer finanzieren zu können.
Das war die Taktik; möglichst viel zu spielen, um dadurch möglichst viel Bier von den Veranstaltern zu kriegen. So, das ist die Motivation. Was wir machen, ist laute Gitarrenmusik im breitesten Wiener Dialekt, den man mitunter auch in nördlichen Teilen Wiens nicht mehr richtig versteht. Aber darum geht es auch nicht, denn Musik ist eine Emotion und Bier trinken ist eine Leidenschaft. Wenn beides aufeinander trifft, dann kommt TURBOBIER raus. Da muss man nicht unbedingt Wiener sein, um es zu verstehen.
Du hast jetzt gar nicht das Wort Punk verwendet, siehst du euch als Punks?
Jello Biafra (Anmerkung d. Red.: Sänger der legendären Punk-Band DEAD KENNEDYS) hat 1982 was Schönes gesagt, warte, das habe ich irgendwo… (fängt an zu kramen)
…hast du es irgendwo tätowiert?
(lacht) Ja, ja. Nein, das ist wirklich sehr schön und zwar „Punk ain’t no religious cult, Punk means thinking for yourself“. So gesehen sind wir sicher Punk, wenn jetzt die Punk-Polizei kommt und sich beschwert, wir seien keine Punks, ihr habt euer Debütalbum bei einem Majorlabel veröffentlicht… Bla Bla Bla, Punk ist, was man daraus macht, wie man damit umgeht. Punk ist natürlich auch das zu tun, was man will.
Das Debüt kam auf einem Majorlabel, aber „Das Neue Festament“ erscheint auf deinem eigenen Label Pogo’s Empire. Warum hast du gleich ein Label gegründet?
Na ja, wir sind in den Kinderschuhen und wachsen. Das ganze Ding hat gute Ausmaße angenommen, und dann ergreift man die Möglichkeit beim Schopfe und macht es einfach selber.
Das gilt jetzt aber erstmal nur für TURBOBIER, du hast nicht vor, andere Bands über das Label zu veröffentlichen und aufzubauen? In erster Linie geht es darum, eure Unabhängigkeit zu sichern.
Absolut, ja. Das heißt aber nicht, dass in weiterer Folge nicht auch befreundete Bands oder befreundete Künstler auf Pogo’s Empire rauskommen können. Da gibt es natürlich Überlegungen.
Gibt es denn schon einige Bands, die du uns hier in Deutschland empfehlen könntest?
Als nächstes werde ich ziemlich sicher das Debütalbum meines Freundes Axel One, der Bassist von WE BUTTER THE BREAD WITH BUTTER, veröffentlichen. Wenn er eins macht, dann mach ich’s.
Das ist cool, da werde ich mal bald nachhaken, um welche Art von Album es sich da handelt. Ich vermute mal was Softes.
Ja, wer ihn kennt… also ich rechne mit Kuschelrock, eine Neuauflage, sowas in die Richtung (lacht).
Man liest ja häufig von dir auch als Dr. Marco Pogo, in welcher Fachrichtung hast du denn den Doktortitel erlangt?
Partyologie und weiterführende Bier..äh… also man sagt am besten einfach Partyologie.
Mit Auszeichnung nehme ich an?
Natürlich. Ich habe für meine Erkenntnisse im Bereich der Bierforschung auch den goldenen Ehrenring der Republik Österreich erhalten, wo ich auch sehr stolz darauf.
Dafür natürlich an der Stelle auch ganz herzlichen Glückwunsch.
Danke (lacht), ich war schon stolz drauf, muss man sagen. Aber ich hab ihn leider verloren… na ja.
Jetzt reden wir mal über „Das Neue Festament“. Du kriegst das sicherlich auch mit, die ganzen Bands, die gerade zuhauf aus Österreich herüberkommen, den sogenannte Austropop spielen und für ihren krassen Dialekt gelobt werden, die sind nichts gegen euch. Den richtigen Dialekt lernt man doch bei TUROBIER, aber eines ist immer noch etwas unklar. Was ist denn jetzt ein Kiwara?
Das ist ein Exekutivbeamter. Ein Polizist, ein Bulle.
Und nicht als Schimpfwort, sondern einfach als Beschreibung?
Also, jein. Es hat was dezent abwertendes, aber nur ganz dezent, es ist eigentlich süß. Die Kiwara reden von sich selber auch als „Ich bin Kiwara“.
Also wenn ich jetzt mal nach Wien Simmering kommen würde und würde einen Polizisten so ansprechen, dann würde der mir nichts tun?
Also prinzipiell, die Menschen, die in Wien-Simmering über die Straße laufen, sind sehr friedliebende Menschen, und es würde dir sowieso niemand was tun. Wenn du jetzt an den Falschen gerätst und sagst „Ey Kiwera draa di um“, dann könnte es natürlich passieren, dass es sagt „Was is? Bissd deppert?“. Das wäre aber auch schon das Schlimmste.
Wenn du in deinem Heimatbezirk spazieren gehst, wie reagieren die Leute auf dich, und was kann man da Tolles machen?
Also besonders hervorzuheben ist die Kneipendichte, das ist schon gut. Und wenn ich da durch die Straßen laufe, dann kann man sich das so vorstellen, wie damals als Rocky Balboa durch Philadelphia lief und die Leute ihm zugewunken haben, wie bei einer Straßenparade. Die Leute winken und schreien meinen Namen, und ich winke zurück, mit einem Bierglas in der Hand. Das ist so mein Alltag. Da spielt sich das Leben noch auf der Straße ab.
So wie in Berlin-Kreuzberg oder noch cooler?
Joah (zögert), es ist mehr so Köpenick. Aber schöner.
Und in dem Video zu dem Lied „Verliebt In Einen Kiwara“ sieht man auch eine gewisse Barbara Pogo. Ich will dir nicht zu nahe treten, aber die sieht dir etwas ähnlich. Bestehen da verwandtschaftliche Verhältnisse?
Da müssen wir noch den Mantel des Schweigens darüber hüllen… oder sagen wir mal so: Sie ist meine Cousine. Ich wollte es nicht sagen, aber es gab schon Gerüchte im Internet, sie sei meine Ex-Frau. Und das ist keine Verflossene.
Und am Ende ist es dann auch etwas billiger, wenn man Verwandtschaft beschäftigt, oder?
Ja gut, sie ist eine Schauspielerin von Weltformat und das war jetzt nicht unbedingt ein downgrade für mich.
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