Tronos
Ich bin nie zu alt für einen ordentlichen Blast Beat!
Interview
TRONOS sind ein neues musikalisches Projekt, das nach jahrelangen abendlichen Gesprächen von Gitarrist/Sänger Shane Embury (u. a. NAPALM DEATH, BRUJERIA, LOCK UP) und Produzent (hier Gesang, Gitarre und Synthesizer) Russ Russell (DIMMU BORGIR, AT THE GATES) gegründet wurde. Die beiden Kameraden holten sich noch Schlagzeuger Dirk Verbeuren (u. a. MEGADETH, SCARVE, THE PROJECT HATE MCMXCIX, ex-SOILWORK) dazu, um ein festes Line-Up zu haben. Für das Debütalbum “Celestial Mechanics”, das stilistisch völlig offen zwischen Sludge, Doom und Thrash Metal sowie Industrial pendelt, hat man sich noch illustre Gäste zur Verstärkung geholt: für zusätzlichen Gesang sorgten VOIVOD-Fronter Denis “Snake” Belanger und Erica Nockalls (THE WONDER STUFF), die hier und da auch Geige beisteuert. Bass wurde von Billy Gould (FAITH NO MORE, ex-BRUJERIA), Troy Sanders (MASTODON) sowie Dan Lilker (NUCLEAR ASSAULT, ex-BRUTAL TRUTH, ex-ANTHRAX, ex-S.O.D.) gespielt. Was alles dahintersteckt, klärten wir im Interview mit Shane.
Jeder, der in TRONOS involviert ist, stammt von bekannten, teils sehr beschäftigten Bands. Zu viel Freizeit der einzelnen Bandmitglieder kann also nicht als Grund für die Gründung dieses Projekts sein. Wie und warum kam dieses Projekt zustande?
Das ist ein Projekt, über das ich und Russ Russell bei vielen Gelegenheiten in den mehr als 21 Jahren gemeinsamer Arbeit während diverser Touren und auch im Studio sprachen. Da wir uns beide seit dem ersten Tag kannten, war es klar, dass wir viele gemeinsame Einflüsse uns Vorlieben an musikalischer Inspiration teilen, auch Bücher und Filme. Wir sprachen daher oft darüber, wie es sein würde, alles, was wir lieben, miteinander in einer Band zu kombinieren und etwas aufzunehmen, das hoffentlich keine Beschränkungen hat und sich über die Jahre expandieren kann.
Zunächst begannen die ersten Aufnahmen für TRONOS vor einigen Jahren nur als grobe Gitarrengerüste, und sie blieben so, bis Dirk an Bord kam. Wir ließen ihm freie Herrschaft, das zu spielen, was er fühlte, und das war der Punkt, an dem die Musik einen Neustart bekam. Ich schätze, man könnte sagen, dass TRONOS wie ein neuer Organismus war, der mit dem Hinzukommen von jedem zusätzlichem Musiker und ihrem jeweiligen Geschmack immer weiter wuchs.
Welche Bedeutung hat der Bandname TRONOS?
TRONOS ist Spanisch und bedeutet Thron. Ich ging durch eine Million Bandnamen und wollte etwas haben, das am Ende hoffentlich einfach ist. Wir kamen darauf und mochten es beide. Es ist ziemlich abstrakt, und ich denke, unsere Songtexte sind es genauso, daher passt der Name perfekt.
Worin siehst du selbst die Hauptunterschiede zwischen TRONOS und den vielen anderen Projekten und Bands, in die du involviert bist?
Das ist eine gute Frage. Wir tauchen auf jeden Fall selbst immer vollends in alles ein, was wir tun, aber wir fühlen, dass TRONOS etwas ist, was wir beide wirklich brauchen, nicht nur musikalisch, sondern genauso auch lyrisch sowie künstlerisch, mit Russ und seinem großartigen Coverartwork. Wir sind dicke Freunde und diskutieren über die Bedeutung des Universums und unseren Platz darin, und wir fühlen, dass die meisten unserer musikalischen Freunde genauso wie wir älter werden, wodurch sich viele Fragen ergeben, die es zu stellen gilt! Für uns ist das eine Art Lebenskonzept, das sich selbst einfügt in das, was nach unserem Gefühl TRONOS ist und werden kann. Das ist die einzige Art, wie ich es beschreiben kann. Es hat viel Arbeit benötigt, um dieses Album so klingen zu lassen, wie es rausgekommen ist, und es war eine Arbeit voller Liebe. Wenn es den Leuten gefällt, ist das für uns ein Bonus, aber das war nicht die treibende Kraft, das ist viel persönlicher. Also ist TRONOS für mich auf einer höheren Ebene als alle meine anderen Projekte.
Auf eurem Debütalbum „Celestial Mechanics“ mischt ihr Sludge/Doom Metal mit Thrash Metal und Industrial. Wusstet ihr schon von Anfang an, wie TRONOS klingen würden? Wie hatte sich die Musik entwickelt und was waren eure Einflüsse?
Ich finde, dass einige der Einflüsse, die du genannt hast, tatsächlich nur die Spitze des Eisbergs sind. Einflüsse kommen von allen möglichen Quellen und Richtungen, einige Soundtracks waren ebenfalls inspirierend. Ich fühle, dass TRONOS da hin gehen kann, wohin immer wir auch wollen, und ich bin sehr gespannt und sehne mich bereits nach den nächsten Kollaborationen. Wir haben schon einige Ideen fertig und würden es lieben, später in diesem Jahr noch eine EP zu veröffentlichen.
„Celestial Mechanics“ stellt auch dein Debüt als Sänger dar. Wie fühlt es sich an, nach all diesen Jahren nun auch noch das Singen anzufangen?
Ein wenig verrückt, um ehrlich zu sein. Und das war auch nicht meine erste Wahl. Ich hatte hier und da einige Backings für Barny bei NAPALM DEATH gesungen, aber bei diesem Album gibt es offensichtlich viele verschiedene Stile. Wir sahen uns nach einem Sänger um, der auf dem Album singen sollte, und Denis “Snake” Belanger von VOIVOD singt auf “Premonition” und “Johnny Blade”, aber es tat sich niemand wirklich hervor. Daher dachte ich, da Russ und ich die Wörter schreiben, sollten wir es auch selbst mit dem Singen und den Arrangements versuchen. Je mehr wir verschiedene Ideen ausprobierten, die auch noch funktionierten, konnten wir sie uns dann auch gar nicht mehr anders vorstellen. Russ singt an einigen Stellen, und auch Erica Nockalls fügt ihre magische Stimme mit ein. Aber ich schätze, dass sich all das Brummen für meine kleine Babytochter letzten Endes bezahlt hat, haha!
Ihr habt mit Billy Gould (FAITH NO MORE, ex-BRUJERIA), Troy Sanders (MASTODON) sowie Dan Lilker (NUCLEAR ASSAULT, ex-BRUTAL TRUTH, ex-ANTHRAX, ex-S.O.D.) drei verschiedene Bassisten, die an den Aufnahmen teilnahmen. Was hat euch dazu bewogen, genau diese Künstler auszuwählen?
Diese Jungs sind alle enge Freunde von uns, und ich dachte, dass es langweilig wäre, wenn ich wieder den Bass übernehme, da die Art von Riffs mehr nach etwas Rock orientiertem verlangte. Bill und Troy haben einige unglaubliche Licks hingelegt, und Danny Boy ist einer meiner ältesten Freunde, und er musste natürlich auf dem von CELTIC FROST inspirierten Song spielen! Diese Leute haben ein unglaubliches Leben und sind sehr liebenswert, das sind wichtige Faktoren, weshalb wir sie ausgewählt hatten.
Ihr habt ein Cover des BLACK SABBATH Songs “Johnny Blade” aufgenommen. Weshalb hattet ihr gerade diesen Song ausgesucht? Wart ihr es leid, dass so viele Bands immer nur die sehr bekannten Stücke covern, oder ist das ein Lieblingssong der Band?
Das ist einer der Songs von BLACK SABBATH, die ich immer geliebt hatte, seit ich ein kleiner Junge war. Ich liebe auch “Spiral Architect”. Ich schätze, BLACK SABBATH stießen mit diesen Songs damals auf unbekanntes Territorium, und sie waren sehr mutig zu dieser Zeit, ich kann mich damit heute noch mehr identifizieren. Wieder einmal haben wir das gemacht, was wir fühlten was wir tun wollten, und das ist ein großer Teil von TRONOS, was ich niemals als Inspiration verlieren möchte. Ich bin sehr dankbar, dass Century Media Records die Chance wahrnahmen, unser Album zu veröffentlichen. Aber ich möchte, dass diese Band sich außerhalb des üblichen Rahmens bewegt, den man erwartet.
Wovon handeln die Texte? Es wirkt so, als ob ihr hauptsächlich von H. P. Lovecraft beeinflusst wurdet? Gibt es ein Konzept?
Ich denke, was die bildliche Darstellung anbelangt, kommt einem Lovecraft in den Sinn, aber die Texte sprechen über viele Dinge. Liebe, Tod, die Erde verlassen auf der Suche einer neuen Utopie, sowohl physisch als auch spirituell. Reflektionen unserer Reisen im Leben. Verbindungen, die wir mit verwandten Seelen treffen, denen wir auf unseren Reisen begegnen, und warum sich diese Verbindungen so viel tiefer anfühlen als bei anderen Menschen. Haben wir uns vorher getroffen, haben wir vorher in anderen Inkarnationen gelebt? Fühlt sich jeder so tief mit unserer Erde verbunden, wie es mir in letzter Zeit so scheint?
Als einer der Väter des Grindcore, was fühlst du nach all den vielen Jahren und Veröffentlichungen und weiterer Entwicklungen dieses Musikstils?
Es gibt immer wieder Bands, die von Zeit zu Zeit hervorkommen und mich reizen. Ich bin nie zu alt für einen ordentlichen Blast Beat. Ich habe ein wachsames Auge auf die Szene, und wenn ich etwas höre, das mich zum Grinsen bringt, ist das eine großartige Sache.
Hast du geplant, mit TRONOS einige Shows zu spielen? Was sind deine anderen musikalischen Pläne für die nächste Zukunft?
Wir möchten einige spezielle One-Off-Shows spielen, die visuelle Effekte und Projektionen erfordern. Und nicht nur wie normale Bands touren, da TRONOS meiner Meinung nach experimentell bleiben sollten und die Songs möglicherweise nicht im gleichen Format wie auf dem Album präsentieren sollten, möglicherweise in verschiedene Versionen. Für mich sollte es da immer Freiheit geben. Bei anderen Projekten kann man das manchmal nicht wirklich tun, aber ich glaube, mit TRONOS kann und soll man diesen ursprünglichen Geist am Leben erhalten, von dem Russ und ich ursprünglich als Grundlage für TRONOS gesprochen haben.