The Black Dahlia Murder
"Es gibt eine Lücke in den Metalmedien"
Interview
Kinder, wo ist die Zeit geblieben? 2020 feiert die nach dem Mord an Elizabeth Short benannte (Melodic-) Death-Metal-Band THE BLACK DAHLIA MURDER bereits ihr 20-jähriges Jubiläum! Je nach angelegter Zeitrechnung des Gründungsjahres zumindest. Etwas besonderes geplant angesichts dieses geschichtsträchtigen Datums ist bislang trotzdem nicht, erfährt man von einem sichtlich gut aufgelegten Trevor Strnad via Skype. Warum er immer noch dankbar dafür ist, Musik machen zu können, wie die Idee zu der limitierten Edition mit Dungeons and Dragons-Game kam und warum Klischees für ihn nichts schlimmes sind, erfahrt ihr im Folgenden. Zu Teil I des Interviews geht es hier.
metal.de: Ich weiß, dass du ein großer Fan vom Death-Metal-Underground bist. Du hast ja auch deine eigene Kolumne auf Metal Injection „The Obituarist“. Wie ist es dazu gekommen? Und woher nimmst du die Zeit, all diese Bands zu hören?
Trevor: Ja, genau. Ehrlicherweise habe ich das ein wenig eingestampft, ich habe die langen Beiträge bei „The Obituarist“ zu Spotifyplaylisten gekürzt. Es ist in gewisser Weise ein Pussymove, ein „Cop-Out“, da ich mir einen gewissen Standard gesetzt habe, aber 30 neue Bands im Monat zu hören und einen Paragraph zu jeder zu schreiben, ist einfach unheimlich anstrengend. Tag ein, Tag aus nur neue Musik hören geht einem auf die Nerven und nach einer Weile fühlt es sich mehr nach Pflicht an und es macht keinen Spaß mehr, weißt du? Dann möchte man vielleicht lieber was anderes hören. Aber ich liebe es trotzdem.
Ich liebe die Szene, ich liebe es den Untergrundbands zu helfen und sie ins Spotlight zu bekommen. Ich denke, es gibt eine Lücke in den Metalmedien. Es gibt so viele gute Bands von denen man nirgendwo ließt, die irgendwo unterm Radar der Leute fliegen und nirgendwo gute Presse bekommen, die ich aber feiere und den Leuten zeigen will. Deshalb habe ich diese Kolumne gestartet, um die Bands, die ich persönlich mag, einer weiteren Masse zugänglich zu machen. In gewisser Weise gibt THE BLACK DAHLIA MURDER der Szene, in der wir aufgewachsen sind, wieder etwas zurück. Ich trage immer auch Shirts von neuen, guten Bands, um die Szene auf sie aufmerksam zu machen, schlage in Interviews neue Bands vor und so weiter. Ich kaufe schon gefühlt Millionen CDs im Jahr. Wenn ich unsere Bekanntheit dafür nutzen kann, andere hervorzuheben, fühlt sich das einfach gut an.
metal.de: Zurück geben ist immer gut, denke ich. Aber man muss sich Unterstützung auch leisten können. Wenn ich alle Alben physisch kaufen würde die mir gefallen, wäre ich wahrscheinlich bankrott.
Trevor: Ich habe das große Glück, dass nach der Kolumne Labels und Bands auf mich aufmerksam geworden sind und mir mittlerweile frei Promo und auch Merch und so weiter zur Verfügung stellen können. Du hast Recht, es ist ein teures Hobby und mir geht es genauso. Hätte ich das Geld für jede Platte, die ich mag, würde ich auch alle kaufen und nicht nur auf Spotify hören. Ich glaube, das steckt einfach in mir, ich hab einen gewissen Hunger für neue Bands und neue Musik, es macht mich auch gespannt auf neue Dinge, die wir mit unserer Band machen können. Eine Art Inspirationsquelle ist das, ein positiver Feedback-Loop.
metal.de: Du sagtest in einem Interview, dass „Verminous“ als Begriff für die Metalheads angesehen werden kann. Heutzutage ist Metal so groß wie nie, es gibt viele Bands die es bis in den Mainstream geschafft haben, Metalkreuzfahrten und so weiter, denkst du, dieses Bild ist noch akkurat?
Trevor: Metal ist definitiv im Aufwind, aber ich fühle mich immer noch als „Weirdo“. Metalheads werden immer noch ein wenig abschätzend gesehen in meinen Augen. Schwarzgekleidete Leute, die voll auf diese Totenmusik abfahren und so weiter. Ich wollte mit diesem Begriff aussagen, dass Death Metal die Krankheit ist und wir als Fans ein wenig die Tiere, die die Krankheit übertragen. Die Band ist definitiv populärer geworden, aber ich denke wir haben unseren Kern nie verleugnet. Wir sind nicht kommerzieller oder einfacher zu hören geworden, um einem breiteren Publikum zugänglich zu sein. Ich denke, wir sind uns treu geblieben. Gleichzeitig gibt es immer noch den Untergrund der Szene, den die meisten, denen auch Metal was sagt, eben NICHT kennen und es ist ein bisschen diese versteckte Tür zu dunklen Geheimnissen. Sobald du einmal drin bist, wirst du einfach vollkommen davon eingenommen und es übernimmt dich. Du bist wie besessen davon. Deshalb mach ich ja solche Sachen wie „The Obituarist“, um das Death-Metal-Virus weiter zu verbreiten. Das ist unsere Mission.
metal.de: Ich denke, das stimmt gerade in Bezug auf Bands wie euch, die ununterbrochen am Touren sind und nebenbei auch noch Alben aufnehmen. Es braucht eine gewisse Personalität von Mensch, um die Strapazen davon durchzuhalten, man muss für seine Musik brennen, um mit den Entbehrungen klar zu kommen, ein Maniac sein.
Trevor: Es braucht jedenfalls große Opferbereitschaft, auch im Privatleben, da die Band immer Priorität hat. Touren ist sehr anstrengend, ständig früh aufstehen, hin und her fliegen, oder die klaustrophobische Enge eines Vans als dein Zuhause für mehrere Wochen bis Monate zu haben. Touren hat ziemlich viel mit Camping gemein, wenn du mich fragst. Es ist nicht glamourös oder einfach. Aber letztlich geht es ja darum, täglich aufzustehen und das zu machen was du liebst: Musik spielen, dich mit so komischen Leuten wie dir selbst treffen. Es gibt einem unglaublich viel zurück.
metal.de: In einem anderen Interview von dir, dass nicht allzu lange her ist, sagtest du, du würdest ein wenig die Frischheit eurer frühen Tage vermissen. Heutzutage, mit den vielen Touren, muss sich vieles nach Routine anfühlen. Denkst du immer noch so?
Trevor: Ja, damals war es noch ein großes Risiko, da wir nicht wussten, wie es sich entwickelt. Wir haben noch die kleinen Siege gefeiert, wie eine volle Show oder gute Reviews. Ich vermisse ein wenig das Überraschungsmoment von früher. Du wusstest nicht, was dich erwartet. Übernachten bei wildfremden Leuten nach Shows war da eher drin als Hotel oder Van heute. Manchmal hat das super gepasst, manchmal nicht. Manchmal hat man lebenslange Freunde dadurch gefunden. Heutzutage sind wir natürlich sehr gesegnet von unserem Erfolg und ich würde mir diesen Erfolg nicht wegwünschen, aber damals gab es noch eine gewisse Spannung und Aufregung in unserer unschuldigen Anfangsphase. Wir hatten nicht richtig eine Ahnung, was wir da machen und wo das alles hinführen soll, ob sich die Band überhaupt rentiert. Wir waren jung und hatten einen Traum. Ich vermiss diese Zeit ein wenig, aber bin genauso glücklich über den Erfolg den wir heute haben, der sich nun durch mein gesamtes Leben zieht. Mein Traum ist also wahr geworden.
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Stile | Melodic Death Metal |
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