Transit Poetry
Transit Poetry
Interview
Irgendwie gibt es keinen Weg an ihm vorbei; jeder der sich in irgendeiner Form ernsthaft mit düster/atmosphärischem Metal auseinandersetzt muss irgendwann auf den Namen Sascha Blach stoßen. Spätestens als er das komplette erste Album seines Soloprojektes ‚Eden weint im Grab‘ zum kostenlosen Download angeboten hatte bin auch ich über ihn gestolpert und hatte kurze Zeit später postwendend ebenfalls mit ‚Despairation‘ und dem elektrometallischem ‚Transit Poetry‘ zu tun. Um den Rest kurz zu fassen: Welchen besseren Grund für ein Interview mit Sascha zu letzterem Projekt gibt es, als die Veröffentlichung des neuen Albums? 😉
Hi Sascha!
Nach dem modernen Darkrocker Eden weint im Grab und der philosophisch komplexen Despairation kommt mit deiner neuen Transit Poetry ein weiteres elektrometallisches Werk raus, das obendrein eine Entwicklung von der musikalischen Vertonung des Elementes Wasser zu dem Gegensatz Feuer beschreibt. Kommt man dabei nicht völlig durcheinander?
Och, ich kann noch klar denken, halbwegs zumindest (grinst). Man sollte bei der ganzen Sache den Zeitaspekt nicht vergessen, denn auch wenn es beispielsweise letztes Jahr relativ zeitgleich Veröffentlichungen von Transit Poetry, Eden Weint Im Grab und Despairation gab, entstanden alle drei Werke doch über einen sehr langen Zeitraum. Das Despairation Album lag vor seiner Veröffentlichung etwa 15 Monate in der Schublade. Somit war die Veröffentlichungspolitik vielleicht nicht die klügste und es mochte der Eindruck entstanden sein, dass ich hier Alben im Akkord raushaue. Das ist aber definitiv nicht der Fall, denn in jedem Werk steckt viel Mühe, Zeit und Idealismus. An „Shamanic Passage Though The Embers“, dem neuen Transit Poetry-Album habe ich beispielsweise ein Jahr lang gesessen und in dieser Zeit standen die anderen Sachen ganz klar hinten an. Ich könnte mir jedenfalls nicht vorstellen, die unterschiedlichen musikalischen Ansätze der drei Bands/Projekte zu einem einzigen zu vereinen, denn sie grenzen sich doch sehr deutlich voneinander ab und sind alle nötig.
Wie vertont man eigentlich Feuer?
Man versucht die Musik schlichtweg etwas feuriger als bei einem Wasseralbum klingen zu lassen… Mehr Leidenschaft, mehr Dynamik, mehr Kraft. Aber das waren eher unterbewusste Ansätze, denn letztendlich entwickeln die Lieder früher oder später ihr Eigenleben, so dass es auch dieses Mal wieder ein breites Maß an Abwechslung gibt und nicht nur typische Feuer-Lieder, die man beim ersten Hören als solche klassifizieren kann. Aber wir machen auch keine Programm-Musik, sondern arbeiten die Elemente vor allem lyrisch auf. Welchem Element man einen Song zuschreibt, liegt wohl auch immer im Auge des Betrachters. Deswegen gibt es da keine starren Regeln. Wichtiger ist mir, ein homogenes und schlüssiges Album abzuliefern.
Und wo wir gerade bei Elementen sind: Wie schreibt man eigentlich Texte zum Thema Feuer? Auffallend ist dabei auch der starke Bezug zur griechischen Mythologie, wie schon beim Opener der sich mit – Goethes? – Prometheus beschäftigt.
Der Bezug zur griechischen Mythologie ist richtig. Statt Goethes Gedicht stand jedoch die mythologische Prometheus-Sage Pate beim Text zu „Retaliation Of Prometheus“. Sie wird allerdings ein paar Stufen weiter gesponnen. Im Mittelpunkt steht der Gedanke, dass Feuer ein Machtinstrument ist und dass die Menschen es missbraucht haben. Deswegen kehrt Prometheus, der dem Menschen einst das Feuer gab, nun zurück, um es wieder in seine Obhut zu nehmen und uns in die Unmündigkeit zurück zu verbannen. Ganz allgemein geht es mir häufig weniger um das konkrete Feuer, sondern um den spirituellen Hintergrund, der die komplette Transit Poetry-Tetralogie durchzieht. Das jeweilige Element ist nur ein Vorzeichen. Wir tauchen quasi unter einem bestimmten Motto stehend tiefer in die Seinswelt ein und versuchen die eigentliche Essenz unserer Existenz zu ergründen. So kann man in wenigen Worten das Ziel des Gesamtkonzepts umschreiben. Das Ganze ist ein stetiger Prozess, eine Art progressive Universalpoesie ohne wirkliches Ende. Wie man Texte schreibt, kann ich schwer erklären. Am besten lässt man es einfach fließen. Wichtig ist mir jedoch auch der lyrische Aspekt, so dass ich diese Ideen aus dem Unbewussten dann mit Einsatz des Verstandes in eine künstlerische Form bringe.
Wie würdest du die Entwicklung von ‚Themes from a desolate Ocean‘ zu ‚Shamanic Passage through the Embers‘ beschreiben?
Nun, auf „Themes From The Desolate Ocean“ gibt es viele Stellen, die mir noch heute eine Gänsehaut verursachen und bei denen ich mich frage, wie ich das nur hin bekommen habe. Allerdings gibt es gerade in Bezug auf die Produktion, den Gesang oder die Intensität der Stücke noch viele Schwachstellen, die ich diesmal ausmerzen wollte. „Themes…“ war also der Grundstein, durch den ich viel lernte, „Shamanic Passage…“ ist die konsequente Anwendung des Gelernten und eine Weiterentwicklung in dem Sinne, dass die Platte kraftvoller und leidenschaftlicher klingt. Ich habe jedoch versucht, das meiner Meinung nach Transit Poetry-Typische beizubehalten, so dass auch das neue Album eine Mischung aus Electronic, warmem Gothic, tanzbaren Elementen und alternativem Gitarren-Rock ist. Das sind meiner Meinung die prägenden Merkmale unseres Sounds und die sollen auch in Zukunft beibehalten werden.
Was dabei etwas aus dem Rahmen fällt ist textlich das französische ‚La Grande Mer Silencieuse‘. Worum geht es in dem Lied – unter der Vorkenntnis dass ich absolut kein Französisch kann -, und warum wurde gerade das der Abschluss des Albums?
Das Lied bildet den Abschluss einer Odyssee durch den Feuer-Kosmos und führt uns zurück in einen eher ruhigen (metaphysischen) Ozean, in dem die Elemente vereint sind. Eine Quelle der Kraft und Ideen. Man hätte diesen Text selbstverständlich auch auf Englisch schreiben können, aber ich mag die französische Sprache, so dass ich seit jeher einmal einen komplett französischen Song machen wollte. Dieses eher ruhige Stück bot sich dafür an und ich bin sehr glücklich, dass es geklappt hat.
Und was für ein Element wird als nächstes vertont?
Das Element Erde. Es gibt sogar schon ein paar neue Texte. Allerdings ist in der Reihenfolge kein tieferer Grund zu sehen, denn kein Element wird dem anderen vorrangig angesehen. Die Dinge passieren einfach.
Wenn man sich die Titel deiner bisherigen Alben ansieht fällt auf dass du den Hörer nach dem kurzen prägnanten ‚Music for the Night‘ wieder mit gewohnten Bandwürmern wie ‚Shamanic Passage through the Embers‘ konfrontierst. Ist das der Versuch den Hörer, der unweigerlich über den Titel nachdenken muss – sofern er des Englischen mächtig ist – schon direkt ins Album hineinzuversetzen ohne dass er überhaupt ein Lied davon gehört hat?
Naja, eher der Versuch das Album in seiner Gänze zusammen zu fassen und auf den Punkt zu bringen. Ich mag Titel, die etwas über die Inhalte aussagen und nicht nur Pseudo-Titel sind, weil man ein Album ja irgendwie benennen muss. Deshalb wird es bei Transit Poetry auch nie einen Titelsong geben, da alle Stücke gleichberechtigt sind und auch auf diese Weise unter einem großen Dach – dem Titel – stehen sollen. Dass die Titel immer etwas länger sind, als bei anderen Bands hat einerseits ästhetische Gründe, andererseits aber auch damit zu tun, dass derartige Namen meist etwas individueller sind als Ein-Wort-Standart-Titel.
Wie schon bei den Despairation Sonetten tauchen mit ‚Shamanic Invocation‘ und ‚Firefly Garden‘ zwei vertonte Gedichte im sonst eher stimmig tanzbaren Elektrogefüge auf. Gibt es irgendwelche Vorbilder im Bereich der geschrieben Lyrik? Und ist vielleicht mal ein kompletter Gedicht- oder Prosaband geplant?
Ja, ein Gedicht-Band ist schon seit Jahren geplant, aber im Moment wechseln die Prioritäten ständig, so dass das Thema seit langem in der Warteschleife hängt. Außerdem komme ich im Moment kaum dazu, neue Gedichte zu schreiben, da der Großteil meiner lyrischen Energie in die Songtexte für meine drei Bands fließt. Vorbilder gibt es en masse, wobei ich diese lieber als gerne gelesene Dichter bezeichnen würde, denn ich versuche nicht bewusst jemanden zu imitieren oder zu sein wie ein anderer Dichter. Ich habe eigene ästhetische und inhaltliche Ansprüche. Geprägt haben mich aber ganz sicher die Romantiker, ob nun die deutschen wie Novalis, Tieck, Hoffmann, Eichendorff oder ein Brite wie William Blake. Ich würde Transit Poetry ganz klar in der Tradition der romantischen Philosophie sehen, denn – auch wenn dies nie so geplant war – kann man in den Transit Poetry-Texten eine ganz ähnliche Weltsicht wieder finden. Und dass man mit einem ‚Poetry’ im Namen seine Gedichte nicht nur singen darf, sondern auch mal spricht ist doch legitim, oder? Ganz nebenbei fördert es schließlich auch die Dynamik des Albums.
Zum Bonustrack ‚Blueprint‘ wurde letztens ein Video gedreht. Warum hat man sich dafür ausgerechnet das Rainbow Cover ausgesucht, und keine repräsentative Eigenproduktion des Albums? So wie ‚Vanitas‘ mit ihrer ‚Endlosschleife‘?
Der Song ist kein Rainbow-Cover, sondern ein Stück der Rainbirds. [Uh, peinlich… 😉 Anm. des Verf.] Die Coverversion wurde aus pragmatischen, nicht aus künstlerischen Gründen für den Videodreh ausgewählt. Das gebe ich ganz offen zu. Schließlich will man auch, dass sein Video gespielt wird und die Chance ist bei einem Titel, den bereits jeder im Original kennt, größer als bei einem eigenen Song. Auf diese Weise werden vielleicht auch wiederum ein paar mehr Leute auf unsere Eigenkompositionen aufmerksam. Bei solchen Dingen hat schließlich auch die Plattenfirma ein Wörtchen mitzureden und die denken da natürlich etwas praktischer als wir. Aber wir mögen „Blueprint“ auch innerhalb der Band sehr gerne und waren froh, überhaupt mal ein Video drehen zu dürften, so dass es da keine Diskussionen gab.
Beim Vergleich von ‚Music for the Night‘ und den ‚Shamanic Passages‘ fällt auf dass dein Gesang auf letzterer ein gutes Stück dominanter und voluminöser wirkt. Ist das einfach eine künstlerische Verbesserung oder soll es einen weiteren Unterschied zwischen Despairation und Transit Poetry markieren?
Nein, es soll keinen Unterschied markieren. Auch wenn ich in der Tat bei Despairation mittlerweile etwas höher singe, wohingegen es bei Transit Poetry viel von diesem tiefen Gothic-Gesang gibt und Eden Weint Im Grab überwiegend Death Metal-typische Vocals abbekommt. Aber ich muss ganz ehrlich gestehen, dass ich – und auch der Rest der Band – mit dem Gesang auf Despairations „Music For The Night“ Album ganz und gar nicht zufrieden bin. Das liegt vor allem daran, dass die Despairation-Songs harmonisch teilweise nicht ganz einfach sind und wir im Studio viel zu wenig Zeit hatten, den Gesang für dieses 80minütige Mammut-Projekt in Ruhe aufzunehmen. So wurden leider auch viele Takes verwendet, die tonal halbwegs okay, aber vom Feeling her nicht gerade überragend sind. Transit Poetry nehme ich komplett in meinem eigenen kleinen Studio auf und kann mir deshalb alle Zeit der Welt nehmen. Deshalb klingt es auch viel besser. Wer Despairation schon mal live gesehen hat oder unser „Song Of Love And Redemption“ Album aus dem Jahre 2002 kennt, wird mir hoffentlich glauben, dass der Gesang auf „Music For The Night“ nicht unbedingt repräsentativ ist, sondern eher ein Ausrutscher. Sei es drum, ich kann es nicht mehr rückgängig machen und mit Transit Poetry habe ich nun ja gezeigt, dass es deutlich besser geht.
Direkt auf der Indexseite der Transit Poetry Homepage wird der Leser mit ‚gothic CULTure‘ begrüßt. Inwiefern bildet Transit Poetry einen Teil einer Religion?
Religion? Nun, wir gehören keiner Religion an und predigen auch nichts. Wenn dann geht es eher um spirituelle Selbsterfahrung, aber ist eine sehr individuelle Sache und nichts das auf irgendeine Weise zu organisieren wäre. Das mit dem „Gothic CULTure For A New Age“ hatte ich mir zum ersten Album ausgedacht, um einen markigen Spruch zu haben, der meine Vision von Transit Poetry kurz und prägnant wiedergibt, nämlich Gothic und Kultur zu verbinden. Ob es dann tatsächlich mal Kult oder prägend für ein neues Zeitalter wird, müssen die Hörer entscheiden. Manchmal muss man eben einfach etwas überheblich sein, um sich Gehör zu verschaffen. Ich hoffe, dass es noch klappt (breites Grinsen)…
Wie sieht Transit Poetry live aus? Geht das eher in Richtung ‚Sascha Blach legt auf‘ und die Massen tanzen, oder ist das ein klassisches Gemoshe mit Stage Diving und Haargekreise?
Oh, nein es ist ganz gewiss keine One-Man-DJ-Show! Wir sind eine richtige Rockband mit einem Gitarristen, einer Bassistin, einem Mann für Keyboards und Samples sowie mir als Sänger. Außer dass die Elektronik vom Mini-Disk kommt, spielen wir also wie jede andere Band auch alles live. Ob das Publikum nun eher mosht oder tanzt liegt weniger an uns als am Publikum. Es kommt eigentlich beides vor, wenngleich wir ja trotz harter Gitarren keine Metal-Band sind und die Anzahl kreisender Mähnen sich eher in Grenzen hält.
Kam es schonmal vor dass du Live auch mal Songs von deinen anderen Bands im Set hattest?
Nein, das versuche ich ganz klar auseinander zu halten. Ich habe auch keinen Bock darauf, mit zwei unterschiedlichen Bands am selben Abend zu singen. Eden Weint Im Grab gibt es ja eh nicht live. Meine Transit Poetry Kollegen wollten mich zwar schon öfter überreden, das Ding auf die Bühne zu bringen, aber da weigere ich mich beharrlich, solange es da nicht genau die Möglichkeiten gibt, die meiner Idealvorstellung entsprechen. Zudem glaube ich nicht, dass das Interesse an Eden Weint Im Grab-Livegigs tatsächlich so groß ist, wie mir einige Leute erzählen wollen. Nee, nee, das Projekt soll sich mal schön seine Jungfräulichkeit bewahren.
Welches deiner Projekte scheint eigentlich relativ gesehen den größten Absatz zu finden? Um mal ein paar Zahlen zu nennen: Unser Eden weint im Grab Review wurde durchschnittlich etwa dreimal so oft gelesen wie die entsprechenden Despairation und Transit Poetry Rezensionen… Wobei man da selbstverständlich noch beachten muss dass man sich über eine Band natürlich lieber informiert wenn man die entsprechenden Lieder kostenlos bekommen kann – und wir von metal.de natürlich eine der wenigen Onlinemags sind die ‚Trauertrophäen toter Traumtänzer‘ im Archiv haben – was ich natürlich nicht sage um anzugeben sondern allein der Relativierung willen! (Allgemeines Gelächter) Wie kommt der ganze Trubel bei dir rüber?
Soweit ich das einschätzen kann, findet Eden Weint Im Grab den größten Zuspruch. Einzelne Songs des Albums wurden alleine bei www.mp3.de nun schon von fast 6.000 Menschen herunter geladen – zusätzlich habe wir das Album auch bei anderen Plattformen angeboten – und auch im Gästebuch gibt es nahezu täglich neue Einträge. Das finde ich schon beachtlich und ich hätte wahrlich nie mit einem derart großen Erfolg gerechnet. Ursprünglich war Eden Weint Im Grab nur eine kleine Zwischenbeschäftigung. Ich wollte lediglich ein Demo machen, da ich sehen wollte, was dabei herauskommt, wenn ich harte Musik mit deutschen Texten auf meine Weise kombiniere und daraus wurde schließlich ein ganzes Album, da die Ideen nur so flossen. Es gratis online anzubieten war eine recht spontane Aktion, da ich keinen Bock hatte, das Ding wieder über irgend so ein Winzig-Label zu veröffentlichen, so dass dann wieder kaum jemand da draußen Notiz davon nimmt. Das tut immer sehr weh. Da habe ich lieber auf die 3 Euro 50, die ich vielleicht mal eines Tages für ein paar verkaufte CDs bekommen hätte, verzichtet und jedem, der das will, die Chance gegeben es zu hören. Momentan arbeite ich an einem zweiten Album, da mich der ganze Zuspruch enorm motiviert hat und auch wieder jede Menge neue Ideen da sind. Es brennt mir schon regelrecht unter den Fingern. Mal davon abgesehen, dass die Gratis-Download-Möglichkeit viel mit dem großen Interesse zu tun hat, wird sicher auch der Name Eden Weint Im Grab eher mal jemanden zu einem Klick auf ein Review verleiten, als beispielsweise Despairation, da er leichter neugierig macht. Dieser ausgefallene Name dürfte also ein großer Glücksgriff gewesen sein. Hinzu kommt, dass es die Art von Musik und Texten so noch nicht gab. Sicher mögen oberflächliche Hörer Parallelen zu anderen Gothic/Death/Black-Metal Bands sehen, aber EwiG ist meiner Meinung nach viel verklärter, tiefsinniger und ästhetischer, würde ich sagen. Da den Menschen die Musik gefällt, erzählen sie ihren Freunden davon und so verbreitet sich der Name. Aber letztendlich lassen sich solche Dinge nicht steuern und auch wenn Transit Poetry oder Despairation weniger Leute hören wollen – oder können, weil es die Platten nur zu kaufen gibt und keine große Promotions-Maschinerie dahinter steht – steckt von meiner Seite doch das selbe Herzblut darin.
Mal ganz hypothetisch: Angenommen du wachst eines morgens auf, wirst von einer genialen musikalischen Idee befallen und hast nach mehreren Stunden Komponierens am Abend ein kleines beklemmendes Klavierstück im Stile von Schubert – was machst du dann damit? Wird das irgendwie für Despairation oder Eden weint im Grab in ein modernes Gewand umgeschrieben, oder wäre das für dich ein Grund für ein neues Solo Projekt? (grinst)
Na, die Gefahr besteht nicht, weil sich meine Klavierkünste im Vergleich zu von Schubert doch in Grenzen halten. Aber prinzipiell lässt sich ein derartiges Stück bei allen drei Bands unterbringen. Bei Despairation hatten wir ja schon mal ein rein klassisches Piano-Stück auf der „Music For The Night“ und auch bei EwiG würde sich das gewiss gut machen als Auflockerung zwischen all dem Lärm (grinst). Ganz allgemein kann ich sagen, dass mir die drei Bands momentan vollkommen reichen und ich nicht das Gefühl habe, mir fehle noch ein weiteres Projekt, um mich in meiner Gänze ausdrücken zu können. Despairation, Transit Poetry und Eden Weint Im Grab lassen allesamt genug Platz für Experimente und ich scheue mich auch nicht davor, mal etwas Neues zu versuchen, denn gerade das macht es doch spannend. Aber es ist gut möglich, dass meine Weiterentwicklung eines Tages verlangt, dass ich wieder neue Wege gehe und dafür alte verlasse. Aber das wird die Zeit zeigen.
Und jetzt noch ein kleiner Themensprung: Während die politischen Vertreter Deutschlands aus aktuellem Anlass in ihren Wahlkampfprogrammen jeden ökonomischen Unterpunkt mit penibelster Genauigkeit ausdiskutieren, kommt bei allen Gruppierungen das Thema ‚Kunst‘ zu kurz, und wer ernsthaft Kunst schaffen will, muss das wie schon seit 2000 Jahren ’nebenberuflich‘ machen, oder sich irgendeinen Sponsor suchen. Wie betrachtet man so etwas als Mensch, der mit vollstem Herzblut – und immerhin 3 Bands (grinst) – in der Kultur des Landes veranktert ist?
Oh ja, dem stimme ich ganz ausdrücklich zu, die Themen Kunst und Kultur kommen in unserem Land ganz eindeutig zu kurz. Wenn man sich die Wahlkampfdiskussionen ansieht, dreht sich immer alles nur um die Wirtschaft und den Kapitalismus – unter dem Deckmantel der Arbeitslosigkeitsbeseitigung natürlich… Mich nervt es schon lange, dass in unserer Gesellschaft scheinbar nur noch das Geld zählt und für künstlerische oder geistige Werte überhaupt kein Mensch mehr eine Lanze bricht. Selbst Themen wie Umwelt- oder Tierschutz, die mir am Herzen liegen, sind absolut unterrepräsentiert. Nahezu alle Parteien passen sich dem „Geld regiert die Welt“ Prinzip an, gucken fast ausschließlich auf den neuen Gott, die Wirtschaft, und sehen tatenlos zu, wie der Mensch seine Mitgeschöpfe die Tiere ausbeutet, quält und ausrottet, die Natur zerstört und sich letztendlich sein eigenes Grab gräbt, ohne es zu merken. Ich glaube, wenn die Menschen spirituellen Grundsätzen wieder mehr Wert zumessen und alles Leben gleichermaßen wertschätzen würden, anstatt ausschließlich vergänglichen, materiellen Werten verhaftet zu sein, würden sich viele Probleme unseres Landes ganz von alleine lösen. Aber da sind sowohl die Politiker als auch der Großteil der Bevölkerung scheinbar zu beschränkt und zu weit entfernt vom Sinn des Lebens. Ich für meinen Teil sehe den Sinn meines Lebens in meiner Kreativität, die sich überwiegend durch Musik äußert. Aber das schätzt unsere Gesellschaft allenfalls als Hobby, nicht als Leidenschaft und Lebenselixier…
Okay, dann betrachten wir das als Schlusswort und kommen zur Ruhe. Ich bedanke mich für die immer gut gelaunte und lebhafte Interviewbereitschaft und hoffe demnächst wohl auch mal ein Live-Review anhängen zu können. Die letzten Worte gehören natürlich dir!
Klar, Live-Reviews sind immer willkommen. Ich bedanke mich für die klugen Fragen und die Möglichkeit hier überhaupt etwas sagen zu dürfen. Wie immer gilt der Hinweis auf unsere Homepage www.transitpoetry.de für alle die mehr wissen wollen. Ich hoffe man hört sich…
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