Todtgelichter
Interview mit Floris zu "Rooms"

Interview

Todtgelichter

Bereits mit ihren vorherigen Alben „Angst“ und „Apnoe“ hatten TODTGELICHTER Genregrenzen regelrecht niedergerissen. Nun erscheint Ende Februar „Rooms“, mit runderneuerter Besetzung und einem offenen Stilmix zwischen den ursprünglichen Black-Metal-Wurzeln, Avantgarde, Ambient, Gothic Rock und melodischem Progressiv-Post-Metal. Was dahintersteckt, erklärt Gitarrist Floris, welcher seit 2013 Teil von TODTGELICHTER ist.

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Euer neues Album „Rooms“ erscheint auf Supreme Chaos Records. Wie kam der Plattenvertrag zustande bzw. was gab den Ausschlag dort zu unterschreiben?

Nach „Apnoe“ lief der Vertrag mit Code666 aus, also haben wir natürlich versucht uns Labeltechnisch zu verbessern. Es gab es einige Interessenten, darunter Robby von Supreme Chaos Records. Sein Enthusiasmus, der unkomplizierte Kontakt zu ihm und seine Arbeit mit unseren Freunden und nun auch Labelmates von AGRYPNIE, NOCTE OBDUCTA und VYRE haben uns letztendlich überzeugt bei SCR zu unterschreiben.

Ursprünglich war die Veröffentlichung von „Rooms“ für Ende letzten Jahres angekündigt gewesen. Wie kam es zu der Verzögerung bzw. wie lange habt ihr insgesamt an dem Album gearbeitet?

Durch die verschiedenen Studios und die damit verbundene Terminlogistik; sowie die Mix – und Mastersessions hat sich der Aufnahmeprozess etwas länger als sonst gestaltet. Wir haben in einzelnen Aufnahmesessions in den Studios gearbeitet, somit konnten wir während der einzelnen Aufnahmen immer fokussiert dem jeweiligen Bestandteil die Aufmerksamkeit widmen, die benötigt wurden. Darüber hinaus haben wir uns mit erst etwas später als geplant auf ein Label festgelegt, was aber an uns lag. Nachdem wir uns in der neuen Besetzung gefunden hatten, begonnen wir im Juni 2014 mit dem komponieren der Songs, den Aufnahmen der Vorproduktion sowie dem Feinschliff. Circa ein Jahr später ging es dann ab ins Studio, insgesamt von Juni bis September.

Als dann alles im Kasten und fertig gemixt sowie gemastert war, ging es dann noch ums Artwork. Mit Truls Espedal – dem Haus-und-Hof-Coverzeichner von ENSLAVED – haben wir einen Künstler an der Seite, der sich direkt in das Konzept einfühlte und ein Covermotiv entwarf, was perfekt zur Gesamtkomposition passt. Am Ende mussten wir natürlich auch noch entsprechend den Promo und Produktionsvorlauf mit einplanen, bei einem Release Ende Dezember mit den Feiertagen dazwischen immer etwas ungünstig. Von daher haben wir uns dann für Februar entschieden und so passt es auch perfekt, dass wir den Releasegig für „Rooms“ einen Tag nach dem offziellen Release in Hamburg feiern können. Also alle am 27.Februar in der Hamburger Markthalle erscheinen!

Es gab ja einige Veränderungen im Line-Up von TODTGELICHTER. Bitte erzähle uns, was da passiert ist und welchen Einfluss all das auf „Rooms“ hatte! Wer hatte alles Anteil am Komponieren der neuen Songs?

Ja zuerst einmal natürlich der Weggang von Claudio – er hatte sich musikalisch weg vom Metal umorientiert und arbeitete mich direkt ins alte Material ein. Mittlerweile ist er so etwas wie ein passives Mitglied, er feiert noch immer mit uns und trägt auch auf „Rooms“ seinen Teil bei. Ich kann mich noch erinnern, dass wir gerade begonnen hatten, fürs anstehende Ragnarök Festival 2014 zu proben und nebenher so langsam in den Songwritingprozess einzusteigen. Ich glaube das war der Punkt, an dem sich klar herauskristallisierte, dass Frederic und Tobias in zwei unterschiedliche Richtungen starten wollten. In dem Zusammenspiel funktionierte das dann so nicht mehr. Im Zuge der Selbstfindungsphase nach Tobias‘ Weggang ging dann auch Chris. Wir waren damals reduziert auf die Gründungsmitglieder, inklusive mir. Das war aber auch der Startschuss für TODTGELICHTER 2.0, sozusagen. Kurze Zeit später fanden wir Guntram als neuen Bassisten und Frieder als Organisten/Keyboarder.

Als wir uns so eingegrooved hatten, war ein neuer Drive zu spüren und wir erlebten uns (endlich) wieder als eine Einheit, was somit auch während des Songwritingprozesses von „Rooms“ beflügelnd wirkte. Laut Frederic und Tentakel ging das alles schleichend schon seit der „Angst“ etwas schief, von daher war die Neustrukturierung wohl notwendig. Am Komponieren der Songs waren alle Mitglieder beteiligt (bis auf wenige Ausnahmen arrangieren TODTGELICHTER seit jeher immer zusammen im Proberaum), wobei die finale Kontrolle immer bei Frederic lag (schließlich waren seine Melodien immer extrem wichtig für die Band, egal in welcher Phase).
In Rückschau betrachtet waren all diese Neuerungen sicherlich auch Einfluss für „Rooms“, gerade da es viel um die Vergangenheit und Veränderung ging.

Marta hat inzwischen den kompletten Gesang übernommen. Wie kam es dazu?

Marta ist ja bereits seit dem Demo dabei und auf der „Schemen“ bereits am Gesang zu hören. Nach Tobis Weggang haben wir uns kollektiv für Marta als alleinige Spitze entschieden. Sie kann nun ihr gesamtes Spektrum des Gesangs zeigen sowie live frei agieren, was TODTGELICHTER mehr als gut tut. Sie arbeitete mit Siegmar zusammen im Dying Lizard Studio nochmal Aspekte und Feinheiten am Gesang heraus, die das Album dann letztendlich vollständig gemacht und veredelt haben.

Weiter hielten 70er/80er Synthesizer als auch Kirchenorgel Einzug! Was kannst du uns über diese Entwicklung sowie die Umsetzung erzählen?

Angefangen hat es eigentlich damit, dass wir nach Chris‘ Weggang einen neuen Basser gesucht haben – Frieder war einer der Interessenten für diesen Posten. Nachdem wir uns allerdings für Guntram entschieden hatten, verriet Frieder uns, dass die Keys eigentlich sein Hauptinstrument seien. Wir blieben weiter mit ihm in Kontakt und nach und nach erwuchs daraus die Idee, doch ein paar Hammond-Untermalungen in den Songs auszuprobieren. Im Endeffekt fügten sich Frieders Ideen so gut ein – mehr noch, sie prägten das Songmaterial maßgeblich; so dass schnell klar wurde, dass sie eine deutlich größere Rolle spielen würden, als zuerst angenommen. Das führte dazu, dass Frieder festes Mitglied von TODTGELICHTER werden musste, um seiner Beteiligung gerecht zu werden. Da er sich auch zur Zeit gerade zum Organisten weiterbildete und somit auch den Zugang zu einer großartigen Kirchenorgel hatte, waren wir alle begeistert von der Idee, diese Teile unserer Songs einfließen zu lassen.

Die Aufnahmen waren natürlich etwas ganz Besonderes für uns alle, wann hat man schonmal die Möglichkeit eine Kirchenorgel in ihrer ganzen Opulenz für seine Songs zu nutzen? Es war schon gewaltig, diese Akustik und die gesamte Atmosphäre, die zu den Orgelaufnahmen in der Kirche herrschte. Aufgenommen wurde das ganze dann von Alex Henke, Bassist von DARK AGE und mittlerweile Daniel Wirtz (live), der außerdem noch sein eigenes Studio hat (Monochrom Studio), mit nur 4 strategisch platzierten Raummikrophonen. Mehr brauchte es bei dieser großartigen Akustik nicht. Martas Gesang bei „Lost“ wurde direkt von der Empore aus in den Raum hinein gesungen und gleichzeitig mit der Orgel aufgenommen, direkter geht’s nicht.

Was kam zuerst, die Musik oder die Texte? Da steckt ein Konzept dahinter, richtig?

Du liegst vollkommen richtig, wie ja im Vorfeld angekündigt, ist „Rooms“ ein Konzeptalbum, was sich mit dem Vergangenem und Erinnerungen daran beschäftigt. Die „Räume“ sind ein Sinnbild für verblichene Erinnerungen an Menschen und erlebte Situationen. Menschen verändern sich, ziehen weiter, sterben – und die Räume verändern sich mit ihrem Weggang, werden ausgeräumt, umgestellt.
Nichts ist für ewig, einzig die Erinnerungen bleiben. Die Räume sind physisch noch betretbar, jedoch haben sie ihren Charakter geändert. In gewisser Weise also geht es auch um Nostalgie und Veränderung.

Was die Musik angeht, so haben wir die Songs immer zuerst geschrieben und dann gegebenenfalls leicht angepasst, wenn der Text dann endgültig feststand. Die Stimmung und somit auch die Richtung, in die es sowohl musikalisch als auch textlich gehen soll, hat sich innerhalb der Schaffensphase immer mehr herauskristallisiert und als dann der Albumtitel feststand, war es quasi ein Selbstläufer. Wir alle haben uns in die Stimmung eingefühlt und ich finde, das hört man dem Album auch an.

Angefangen mit dem Album „Angst“ hielten englische Texte bei euch Einzug. Wie kam der Sinneswandel, teilweise auf Englisch zu singen?

Die Klangfarbe einer anderen Sprache. Tentakel wollte einfach noch weitere sprachliche Bausteine nutzen können, da er sich im Deutschen lange genug ausgetobt hatte. Außerdem sind die Lyrics auch nicht ganz unwichtig für den Rest der Musik, damals schon gab es auch durchaus viele internationale Fans. Ins Englische können so halt viel mehr Leute eintauchen. Aber das Deutsche verliert für uns auch in Zukunft seinen Reiz nicht, das wird es immer auf den Alben geben.

Was waren für dich die fünf besten Alben des vergangenen Jahres?

Puh, es ist immer so schwierig, sich auf nur fünf Alben festzulegen, gerade da das vergangene Jahr so viele großartige Veröffentlichungen hatte, aber hier fünf Alben, die mich begeistert haben:

CHELSEA WOLFE – „Abyss“
ENSLAVED – „In Times“
LEPROUS – „The Congregation“
DEAFHEAVEN – „New Bermuda“
PLANKS – „Perished Bodies“

Welchen Stellenwert hat für euch musikalische Weiterentwicklung?

Ich könnte es nun kurz machen und sagen: Stillstand ist der Tod, aber so einfach will ich es mir auch nicht machen, vor allem, da das so ja auch nicht so ganz stimmt. Ich denke es ist durchaus legitim und mag auch jedem selbst überlassen bleiben, wenn man einen bestimmten Stil gefunden hat, in dem man sich musikalisch zuhause fühlt und diesen dann über die gesamte Bandgeschichte hindurch spielt. Jedoch wird mir sicher der  ein oder andere Musiker beipflichten, wenn ich sage, dass es man irgendwann das Gefühl bekommt, dass es da doch noch so viel mehr gibt.

Ich möchte nicht sagen, dass man unbedingt gelangweilt wird, wenn man über die Zeit nichts am Stil ändert, doch verschließt man sich damit so viel guter Musik und anderer Einflüsse, die zuerst von außen vielleicht befremdlich wirken mögen, jedoch die Musik so enorm bereichern und zu einem interessanten Gesamtkunstwerk werden lassen. Wir können und wollen uns nicht wiederholen, das war aber schon immer so und ich denke die Alben – die ich als Hörer vor meinem Einstieg natürlich kannte – spiegeln das auch über die Jahre wieder.

Welchen Bezug habt ihr heutzutage noch zum Black Metal?

Im Grunde haben wir alle in unterschiedlicher Ausprägung noch Bezug zum Black Metal – natürlich in Form von klassischen Black Metal Bands, die der ein oder andere von uns auch gerne ab und an noch hört, als auch von bestimmten Elementen, die sich in unserer Musik wiederfinden lassen wenn man es denn will. Seien es die hier und da eingestreuten Sechzehntelpassagen in den Gitarrenriffs, die Blastbeats, die immer mal wieder aufblitzen, die Screams von Marta oder auch die dunklen Riffs. Aber so was gibt es im Death Metal auch, mit Black Metal hat unser Stil deswegen noch lange nichts zu tun. Elemente ja – Stil nein. Soviel zum musikalischen Bezug. Weiteren Bezug gibt es bei TODTGELICHTER jedoch schon lange nicht mehr. Die Band leugnet ihre musikalischen Wurzeln nicht, hat sich jedoch weiterentwickelt.

Was habt ihr in nächster Zukunft alles geplant?

In der nächsten Zeit haben wir so einiges an Konzerten geplant, angefangen mit dem Releasegig für „Rooms“ am 27. Februar in der Hamburger Markthalle, dann geht’s im April wieder aufs Ragnarök Festival und Ende Mai dann die Wachkoma-Tour mit unseren Kollegen von AGRYPNIE und ANOMALIE.

Mit dem „Autumn Souls Of Sofia“ haben wir dann im Herbst noch ein weiteres interessantes Festival auf dem Plan. Soweit zu den bisher feststehenden Gigs. Das Jahr ist ja noch jung und mit ELD EVENTS haben wir eine Bookingagentur, die sich absolut reinhängt – somit ist die Planung für dieses Jahr keineswegs abgeschlossen. Darüber hinaus arbeiten wir nebenher auch schon an Material fürs nächste Album, einen Titel gibt’s auch schon, der aber natürlich noch nicht verraten wird. Bleibt gespannt…

Vielen Dank für das Interview! Die letzten Worte gehören dir!

Gerne, ebenfalls danke für’s Interview. Checkt unsere Internetpräsenzen www.facebook.com/todtgelichter und in Kürze auch wieder www.todtgelichter.de. Ab dem 26. Februar werden die Türen von „Rooms“ geöffnet…!

Galerie mit 20 Bildern: Todtgelichter - Folter Records 30 Years Anniversary
21.02.2016

Geschäftsführender Redakteur (stellv. Redaktionsleitung, News-Planung)

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