Thunderstorm
Doom im Alltag

Interview

Aus Italien kommt eine neue Doom Hoffnung zu uns. Ich habe mich mit Sänger Omar unterhalten und einiges über seine Sicht der Dinge erfahren. Lest in den folgenden Zeilen, was Doom für Omar bedeutet und wie er seinen Alltag prägt.

Thunderstorm

Norman: Ich steige gleich mal mit der wohl nervigsten Frage für euch ein. Viele vergleichen euch immer wieder mit den großen CANDLEMASS. Was denkst du über diesen allgegenwärtigen Vergleich?

Omar: Also CANDLEMASS sind neben BLACK SABBATH wohl die größten musikalischen Einflussgrößen und es ist eine Ehre mit diesen Namen verglichen zu werden. Wir wollen aber sicher nicht kopieren. Um es mal so zu sagen, es ist unmöglich CANDLEMASS auf irgendeine Weise nachzuahmen. CANDLEMASS sind einzigartig und werden es immer bleiben. Man kann zwar eine Menge von ihnen lernen, aber sie zu kopieren ist unsinnig und vor allem unmöglich.

Norman: THUNDERSTORM hat sich mittlerweile einen respektablen Namen in der Doom Szene erspielt. Wie würdest du die Musik und Intention hinter THUNDERSTORM beschreiben?

Omar: THUNDERSTORM haben sich dem klassischen und epischen Doom verschrieben, der auch gerne Elemente der 70er aufnimmt. Wir wollen nicht nur ein Klon einer bekannten Band sein, sondern unsere Identität entwickeln. Ich bin mir sicher, dass wir auf dem neuen Album letztendlich zu unserer eigenen Identität gefunden haben. Doom ist eben keine leichte Musik, die sich gleich im Ohr festsetzt (und glaub mir, ich will nie, dass es so wird), aber wir haben schon immer versucht, die Musik dem Hörer etwas transparenter zu gestalten. Wir versuchen das vor allem Live, wo man den wirklichen Groove der Band spüren kann. Wir setzen uns keine Grenzen, sondern spielen unsere Musik einfach so, wie wir es für richtig halten. Man könnte das wohl am besten mit Plug and Play bezeichnen (lacht) – Wir wollen einfach Spaß haben und diesen Spaß unseren Fans vermitteln.

Norman: Wenn du einen positiven und einen negativen Moment in der Geschichte von THUNDERSTORM benennen müsstest, wie würden diese jeweils aussehen?

Omar: Die Kariere einer Band besteht aus vielen positiven und negativen Momenten. Aber wenn ich wirklich den schönsten Moment herausgreifen soll, dann ist es wohl unser Auftritt auf dem ersten Doom Shall Rise Festival. Es war das erste wirklich bedeutende Konzert unserer bisherigen Laufbahn. Wir hatten einfach die Zeit uns mit den Fans zu unterhalten und Meinungen auszutauschen. Es war großartig. Der schlimmste Moment innerhalb der Band war sicherlich als uns unser erster Drummer verlassen hat und die Probleme, die wir mit seinem Nachfolger hatten. Es war extrem schwer ein Album („Witchunter Tales“) aufzunehmen ohne eine gefestigte Mannschaft. Zudem hatten wir schon seit Monaten nicht mehr geprobt.

Norman: Was denkst du, ist der Grund dafür, dass die Doom-Szene noch immer so klein ist, wie sie schon seit Jahren ist?

Omar: Ich glaube dafür gibt es keinen speziellen Grund. Eins ist aber sicher, Doom Fans interessiert es kein Stück wie lange die fahren müssen, um ihre Lieblingsband sehen zu können. Sie machen sich einfach keine Gedanken, wie lange es dauert, ihre Band zu treffen. Doom ist eine Art Bestimmung: Entweder du liebst diese Art Musik oder du hasst sie. Doom ist ein sehr komplexes Genre. Man kann ihn nicht nur hören, man muss ihn spüren und erleben. Doom geht direkt in die Seele und hält sich da.

Norman: Was verbindest du mit deinem persönlichen Verständnis von Doom?

Omar: Doom ist eine Ausdrucksform der dunkeln Gefühle deiner Seele. Es ist der obskure Teil deines Egos. Doom lebt genau da, wo kein Licht jemals Zugang finden wird und der Schmerz das Zepter schwingt. Sicher hat jeder von uns eine etwas andere Auffassung dieses Lebensgefühls, aber die tiefe Trauer, die diese Musik portiert, ist schlichtweg großartig.

Norman: Ist für dich Doom dann eine Art „Way Of Life“, oder wie transportierst du diese Einstellung?

Omar: Ja! Doom ist ganz sicher eine Lebenseinstellung! Aber das heißt nicht, dass ich den ganzen Tag mit gezückter Klinge am Handgelenk herumspaziere. Wie ich schon vorher versucht habe zu erklären, Doom ist eine Art Magie, die jeder in sich trägt. Ich behaupte, dass ich eine wesentlich realistischere Person bin, als jemand, der den ganzen Tag mit einem Lächeln auf den Lippen durch die Welt geht. Er ist eher eine Marionette, mit dem Bestreben sich vor der Welt zu verstecken.

Norman: Wieder etwas zum kommerziellen Aspekt. Doom war aus finanzieller Sicht nie besonders erfolgreich. Was bedeutet erfolg für Euch?

Wir spielen was wir wollen und haben dabei nicht den geringsten Druck. Das ist ein Grund dafür, warum wir allen geregelten Jobs nachgehen. Wir verdienen unser Geld mit normalen Berufen. Das ist zwar nicht wirklich viel, aber wir leben noch (lacht). Klar braucht jeder Geld zum Leben, aber ich würde nie meinen Arsch verkaufen nur des Geldes wegen. Den ganzen Erfolg, den wir bisher hatten, kommt durch unsere Fans. Ich werde niemals aufhören, diesen Menschen zu danken. Verstehst du, wenn die Fans vor dir stehen und dir entgegenjubeln, was kann es Schöneres geben?

Norman: Hmm schön, dass es noch Bands gibt, die das so sehen. Aber sag mal, wie ist es eigentlich um die Doom Szene in Italien bestellt? Beschreib Sie mal ein wenig.

Omar: Haha, naja ich kann schlecht etwas beschreiben, was es in dieser Form nicht gibt. Es gibt keine Szene in Italien. Klar gibt es die eine oder andere Band, die versucht ihre Musik in kleinen verrauchten Clubs zu präsentieren, aber als Szene würde ich das nicht bezeichnen. Ein paar Jahre zuvor war es beinahe unmöglich Auftrittsmöglichkeiten zu bekommen. Jetzt geht es einigermaßen. Höchstens unsere Freunde von DOOMSWORD mit ihrem Gespür für dieses besondere und epische Gefühl kann man mit uns vergleichen. Es sind also nur magere zwei Bands und das ist wie gesagt keine Szene.

Norman: Hast du schon jemals gezweifelt, was deine musikalischen Pläne und deine Musik an sich angeht?

Omar: Wie ich schon sagte, Doom ist ein Gefühl eine Lebenseinstellung. Wenn man es einmal gespürt hat, verlässt es einen nie wieder. Klar ist es manchmal schwer, vor allem dann, wenn man niemanden findet, der an einen glaubt. „But we are still here for dooming new souls!“ (Absichtlich in Originalsprache)

Norman: Dann lass uns mal über euer mittlerweile drittes Album reden, das doch sicher dem Zweck der „Seelengewinnung“ gedacht ist. Wenn du dieses Album mit den bisherigen Veröffentlichungen vergleichst, wie würdest du es beschreiben?

Omar: Nun dieses Album beinhaltet die Melancholie von „Sad Symphony“ und die epische Grundstimmung von „Witchunter Tales“. Ich glaube wir haben unsere persönliche Nische innerhalb des Doom gefunden. „Faithless Soul“ ist „lauter“ und tiefgreifender als die anderen Alben. Aber auch der Marketingaspekt kommt bei diesem Album nicht zu kurz, denn Dragonheart hilft uns dabei, das Album bekannt zu machen. Sie machen wesentlich mehr als Northwinds früher. Um es auf den Punkt zu bringen, es ist in jeglicher Hinsicht einfacher geworden uns zu hören.

Norman: Wie würdest du den typischen Entstehungsprozess eines THUNDERSTORM Albums beschreiben und wer ist daran beteiligt?

Omar: Sonst hat eigentlich alles immer mit den Riffs von Fabio begonnen, auf dem letzten Album war es aber eher eine Koproduktion zwischen meinen Gesangslinien und dem Riffing von Fabio. Aber die wirklichen Songs entstehen erst, wenn wir alle zusammen im Proberaum sind. Jeder tüftelt an den Parts und zelebriert Doom. Die ganzen Arrangements werden von uns zusammengemacht. Ich schreibe zwar die ganzen Texte, für uns ist es aber der beste Weg Songs zusammen zu schreiben.

Norman: Brauchst du eine ganz spezielle Inspiration, um solch intensive Musik schreiben zu können?

Omar: Hmm, ich würde sagen nein. Es gibt jetzt nichts Besonderes, das uns ausschließlich inspirieren würde. Wir schauen einfach tief in uns hinein, dann formt sich der Song schon ganz alleine. Die Lyrics entstehen z. B. so, dass ich die alltäglichen Dinge filtere und aus einer etwas obskuren Sichtweise betrachte. Wir versuchen die Energie aller zu bündeln und in Songs auszudrücken.

Norman: Manchmal kann ich gewisse klassische Heavy-Metal-Elemente in euren Songs ausmachen. Kann es sein, dass ihr eine gewisse Affinität zu dieser Art Metal habt, insbesondere zur NWOBHM?

Omar: Exakt! Du hast den Nagel auf den Kopf getroffen.
Diese Musik ist doch die Basis eines jeden Metal Fans und eines jeden Metal Musikers. Auch wir können diese Einflüsse nicht verbergen. Ein Song im Stile von „Forbidden Gates“ ist ein Kind des Metals der 80ziger. Band wie ANGELWITCH, SAXON, TIGER OF PAN TANG und die ersten IRON MAIDEN Sachen sind sicher große Einflüsse für uns gewesen. Wir wollen nach vorne schauen, aber nie die Vergangenheit aus den Augen lassen.

Norman: Lass uns ein wenig über deine Texte sprechen. Wie wichtig sind die Texte für dich?

Omar: Ich mache mir viele Gedanken über die Texte. Vielleicht gerade eben deshalb, weil ich sie singen muss und sie ein Teil meiner Seele sind. Ein Mittel um all meine Frustration und meine Probleme nach außen zu tragen. Musik und Texte gehören zusammen. Es gibt die richtige Musik für die richtigen Texte und natürlich auch umgekehrt, gibt es die richtigen Texte für den richtigen Rhythmus. Es ist eine Herausforderung an den Musiker, diese beiden Elemente miteinander zu verbinden. Es mag sich vielleicht so anhören, als würden die Worte meiner Fantasie entspringen, aber es ist genau das Gegenteil der Fall, denn wir erleben es jeden Tag, dass es wirklich so ist.

Norman: Wenn du einen Song auf „Faithless Soul“ herausgreifen müsstest um das lyrische Konzept dahinter etwas zu beleuchten, welcher wäre das?

Omar: „All tears of silenc… that flow… slower & deeper in my throat…“. The tears didn’t shade, flowing down your throat like broken glass and sharp blade. Sometimes you cannot show your emotions at all, because you are too proud to cry or just because a man cannot cry. All these repressed feeling burn inside yourself cause they didn’t find a way out, a big barrel full of negativities. What should we do when before the death! Nothing! We can just watch this person becoming part of the earth; the piece of cement with some words on, this is the „final curtain“ of the show called life and it falls for the star and for the figurant, for men and women, for young and old, for enemies and friends. (Textauszug aus „Faithless Soul“).

Norman: „Faithless Soul“ ist für mich ein Ausdruck, der mittlerweile sehr verdorbenen Welt da draußen. Was bedeutet „Faithless Soul“ aus deiner Sichtweise?

Omar: Der Titel ist ein Ausdruck meiner psychischen Verfassung zum Zeitpunkt, als das Album entstanden ist. Eine Seele ohne Hoffnung, ist wie ein Schiff ohne Steuermann. Allerdings denke ich nicht automatisch an Religion, wenn ich von Hoffnung und Seele spreche. Die Seele ist der Ort, an dem wir all unsere Geheimnisse verbergen. Wie würdest du dich fühlen, wenn du eines Tages all diesen Gefühlen beraubt werden würdest. Das ist das Gefühl, welches ich dem Hörer näher bringen wollte. Jemand sagte mir einmal, dass er den Schlüssel zur Glückseligkeit gefunden habe, aber ich glaube nicht daran. Es ist eher so, dass er sich einfach an einem Strohhalm festhält und all seine Probleme vor der Öffentlichkeit versteckt. Das Artwork soll genau dasselbe Gefühl transportieren. Es trägt übrigens den Namen „Temptations Of St. Anthony“ und spiegelt die Versuchungen wieder, den wir täglich ausgesetzt sind.

Norman: Ihr habt mit „In A Gadda Da Vida“ gleichzeitig ein sehr bekanntes und schwer umzusetzendes Cover auf „Faithless Soul“ gewagt. Warum fiel die Entscheidung zugunsten des IRON BUTTERFLY Songs?

Omar: Die Idee entstand schon recht früh, als wir gerade mit begonnen hatten Songs für das neue Album zu schreiben. Aber wir wussten einfach nicht welchen Song wir für das geplante 60er/70er Cover verwenden sollten. Naja es war dann so, dass Fabio und ich in einem kleinen Pub waren und das eine oder andere Bier getrunken hatten (es war wohl eher das eine oder andere Bier zu viel – haha). Nachdem ich versucht habe ihm den Song vorzusingen, fragte ich ihn, wie der Song von IRON BUTTERFLY denn heißen würde. Nach einer Pause, die wohl durch den Alkoholgenuss hervorgerufen wurde, sagte er „In A Gadda Da Vida“. Ja, so war dann das Cover geboren. Wir haben ihn noch ein paar Mal geprobt, bis dann klar war, dass es dieser Songs ein würde. THUNDERSTORM danken dem guten alten Bier für diese Inspiration.

Norman: Mit dem neuen Album habt ihr auch das Label gewechselt. Was hat sich verändert und was ist jetzt anders für euch?

Omar: Zuerst muss ich mal sagen, dass die Promoarbeit einfach hervorragend läuft. Ich bin begeistert. Wir haben mehr Interviews und auch in den Magazinen und sogar im Radio bekommen wir mehr Platz als je zuvor. Die CD ist mittlerweile auch überall zu kaufen und wir müssen und nicht mehr enttäuschte Fans anhören, die sich beschweren, dass sie unsere CDs nirgendwo kaufen können. Der Deal mit dem alten Label ist ausgelaufen und daraufhin haben uns Dragonheart gefragt. Wir haben uns dieses Mal für ein professionelles Label entschieden. Wir hatten zu keinem Zeitpunkt Druck, sondern haben das gemacht, was wir wollten.

Norman: Ihr werdet im nächsten Jahr schon zum zweiten Mal auf dem Doom Shall Rise spielen. Was erwartet ihr von diesem Konzert?

Omar: Großartige Musik, großartige Menschen, Bier und einfache eine gute Zeit! Ich Bilder der neuen Location gesehen und ich bin begeistert. Es ist genau der richtige Ort für diese Musik.
Die Fans sind dort einfach Doom. Wir freuen uns schon sehr, dort spielen zu können.

Norman: Wie würde dein bevorzugtes Package für eine Tour aussehen?

Omar: Naja über Bands kann ich so nichts sagen, aber ich glaube jede Tour bringt gewisse Probleme mit sich, da jeder ein Individuum ist und seine eigenen Vorstellungen hat. Ein perfektes Package ist somit eine Utopie. Wir werden einfach sehen, was die Zeit für uns bereithält. Wichtig ist, dass man Zeit zum Entspannen hat. Bisher war es immer so, dass wir fertig waren und gegangen sind. Ich meine mit Zeit auch, dass wir uns mit den Fans unterhalten können und das Land kennen lernen in dem wir spielen. „It’s a long way to the top if you wanna rock and roll!“

Norman: Lass uns noch etwas an den Zukunftsplänen der Band teilhaben.

Omar: Spielen, spielen und nochmals spielen! Das ist unser vorrangiges Ziel. Wie wollen den Samen des Doom verteilen, wo auch immer wir sind. Wir werden das Album promoten, so gut wir können. Im Moment arbeiten wir nicht an neuen Stücken und wir denken auch an kein neues Album.

Norman: Vielen Dank Omar für das Interview! Deine letzten Worte?

Omar: Ich habe dir zu danken, vor allem für die Fragen, die nicht wie all die anderen waren. Ich mag so was. Vielleicht sehen wir uns auf dem Doom Shall Rise. LET THERE BE DOOM!

16.12.2004

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