Thorngoth
Thorngoth
Interview
THORNGOTH sind ein gern gesehener Interviewpartner und haben bereits zwei Mal unter Beweis gestellt, dass Gespräche mit Bandkopf Sorath interessant und unterhaltsam sind. "Leere" ist das dritte und bisher stärkste Album der Bad Tölzer und somit ein Grund, mal wieder einen Plausch mit Sorath zu wagen, bei dem er auch auf seine Solopläne mit PERDITION’S LIGHT eingeht.
Hallo!
Unser bisheriger Live-Gitarrist Vulgrim wurde als festes Bandmitglied integriert und hat auf „Leere“ die Lead Gitarre übernommen. Sonst blieb alles beim alten.
Okay, dabei fällt auf, dass ihr über Jahre hinweg ein ziemlich konstantes Line-Up habt, wogegen andere Bands fast bei jeder Veröffentlichung neu besetzt sind. Woher kommt bei euch dieser Zusammenhalt?
Es stand nie zur Debatte, dass ein Bandmitglied ausscheidet. Es ist zwar nicht so, dass es bei uns keine Ungereimtheiten oder Streitigkeiten geben würde, aber wir kommen immer auf einen gemeinsamen Nenner, so dass jedes Bandmitglied zufrieden ist.
Abgesehen davon wäre es bei uns in der Gegend schwierig, geeignete Musiker zu finden, die ein Bandmitglied ersetzen könnten.
Das klingt fast so, als wären die Musiker in eurer Gegend rar gesät und der Zusammenhalt eher aus der Not geboren als wirklich aufgrund von persönlichen Freundschaften. Wie sieht der Zusammenhalt denn außerhalb der Band aus, macht ihr auch rein privat vieles zusammen? Zudem würde mich interessieren – im Grunde schreibst du die Songs ja im Alleingang und bist auch für den Sound zuständig und ähnliches – wie viel Mitspracherecht gewährst du deinen Mitmusikern, und geben diese sich wirklich damit zufrieden – nur um es mal böse zu formulieren – Beiwerk zu sein?
Natürlich sind wir miteinander befreundet und verstehen uns. Wir treffen uns privat recht häufig, nicht nur wegen der Musik.
Es ist zwar so, dass die Musiker hier rar gesät sind, aber das ist nicht der Grund, warum alle Bandmitglieder weiterhin in der Band aktiv sind. Jeder macht aus eigenem Interesse mit.
Es war bisher so, wie du das beschreibst: Ich bin derjenige, der mehr oder weniger für alles verantwortlich ist. Man kann sagen, dass ca. 90 % von „Leere“ von mir geschrieben wurden, inklusive Drum-Patterns, Bass-Linien und Texte.
Das möchte ich ab sofort ändern und die anderen Bandmitglieder wieder mehr einbinden. Vor allem Vulgrim soll aktiv am Songwriting teilnehmen. Daher kann man davon ausgehen, dass die zukünftige Ausrichtung der Band wieder etwas anders sein wird als bei „Leere“.
Dass nun bei „Leere“ das Songwriting so stattfand, war mehr oder weniger notgedrungen, aufgrund des Zeitmangels einiger Mitglieder.
Zum Sound: wir haben seit jeher alles selbst aufgenommen. Zu Anfangszeiten der Band hatten wir einfach kein Geld für ein Tonstudio. So habe ich mich intensiv mit Tontechnik und Homerecording beschäftigt. Das Resultat bei „Leere“ kann sich sehen lassen, denke ich.
Damit hast du ja die Steilvorlage zum Übergang zu „Leere“ geschaffen. Dann lass uns doch gleich beim Sound bleiben. Wie du schon sagtest, habt ihr bisher alles selbst gemacht und das hat sich bis heute nicht geändert. Das Resultat konnte sich für meine Begriffe auch bei „Rauhnacht“ schon sehen lassen, doch auch auf „Leere“ ist der Klang wieder ganz anders: Druckvoller, geschlossener, das Schlagzeug erklingt mit genügend „Wumms“. Hast du selbst Fortschritte gemacht, oder war es einfach beabsichtigt und passend, „Leere“ in ein anderes Gewand zu hüllen?
Ich habe definitiv Fortschritte gemacht. Ich habe gelernt, mit den zur Verfügung stehenden Geräten bzw. der Software umzugehen. Dazu kommen noch einige Neuanschaffungen, die einen großen Einfluss auf das Klangbild haben.
Es war meine Absicht, „Leere“ professioneller klingen zu lassen. Bei einer räudigen Produktion hätten die Songs nicht dieselbe Durchschlagskraft und ihre Charakterstärke würden verloren gehen. Es wäre schade um die Songs gewesen, wenn sie nicht so klingen würden, wie es jetzt der Fall ist.
Das eindeutig, aber mit einem Label im Rücken wäre doch sicherlich ein Studioaufenthalt drin gewesen. Stand das nie zur Debatte oder gab und gibt es Überlegungen, das doch mal zu versuchen?
Ein Label wie Folter hat nicht die Finanzkraft, uns einen kompletten Studioaufenthalt zu finanzieren, da hätten wir einiges dazuzahlen müssen. Ich bin der Meinung, dass es mehr Sinn macht, in Aufnahme-Equipment zu investieren und die Aufnahmen selber durchzuführen, anstatt ein teures Studio zu bezahlen. Vorausgesetzt, man hat die Fähigkeiten und Möglichkeiten dazu.
Ein großer Vorteil dabei ist, dass man nicht unter Zeitdruck steht und sich beliebig lange mit den Aufnahmen beschäftigen kann. Das ist auch mit der Hauptgrund, warum ich weiterhin auf Eigenproduktionen setze.
Es ist aber dennoch durchaus möglich, dass wir in Zukunft irgendwann einmal in einem Tonstudio aufnehmen werden.
Okay, dann wieder zurück zu „Leere“: Das Cover hat wieder A.S. gezeichnet, grandios wie ich finde, und es scheint ziemlich gut zum Titel zu passen, da es nach deinen Angaben entstanden ist. Würde mich interessieren, was du/ihr damit zum Ausdruck bringen wolltet?
Auf dem Cover ist ein menschenähnliches Wesen zu sehen, das aber nicht irdisch wirkt. Es scheint aus dem Gehölz herauszuwachsen und nicht lebendig zu sein.
Es drückt durch seine abstoßende Art Entfremdung und drohenden Untergang aus, die Themen, die musikalisch und textlich bei „Leere“ ausgedrückt werden.
Das klingt, wie auch schon die Titel, die doch recht simpel durchnummeriert sind, nach einem Konzept, oder liege ich da falsch? Was genau bedeutet bei dir „Leere“ und welche Formen der Leere werden thematisch in den Stücken abgehandelt?
Ich denke, man kann es nur bedingt als Konzept betrachten. Die Texte entstanden erst nachdem alle Songs fertig komponiert waren. Sie handeln mehr oder weniger von demselben Thema, weswegen wir das Ganze unter dem Titel „Leere“ zusammengefasst haben.
Die Texte stehen auf einer abstrakten Ebene, direkt werden wir dabei nicht. „Leere“ ist ein Spiegelbild der Gesellschaft. Leere kann in verschiedenen Formen auftreten, seelischer Leere, emotionaler Leere zum Beispiel.
Musikalisch vollzieht ihr meiner Meinung nach ein Kunststück, das vielen Bands nicht gelingt. Auch auf „Leere“ klingt ihr wieder anders, das war meiner Meinung nach schon im Schritt von „Thelema Of Destruction“ zu „Rauhnacht“ zu beobachten. Dennoch erkennt man dabei eine typische THORNGOTH-Handschrift, die einen Wiedererkennungswert trotz aller Entwicklung schafft, worin liegt das Geheimnis? Ich lese oft von schwedisch inspiriertem BM, das kann man – denke ich – unterschreiben, aber trotz allem finden sich viele eigene Ansätze in eurem Schaffen. Woher stammen die Einflüsse und wie bekommt ihr das alles zu einer homogenen Einheit verarbeitet?
Das stabile Line-Up trägt wohl dazu bei, dass wir trotz leichter stilistischer Änderungen immer nach THORNGOTH klingen.
Diesen schwedischen Einfluss kann ich nicht wirklich erklären. Ich höre zwar viele Bands aus Schweden, doch auch nicht mehr als Bands aus anderen Ländern. Wir machen einfach die Musik, die uns am besten gefällt. Wenn dabei „Schwedensound“ rauskommt, dann ist es eben so.
Weiterentwicklung muss sein. Sonst ist es überflüssig, neues Songmaterial aufzunehmen und zu veröffentlichen.
Wir wollten die Songs so detailreich gestalten, um sie interessant zu machen. Dass es dabei dennoch eingängig wirkt, ist auf die langjährige Banderfahrung zurückzuführen, auf die mittlerweile alle Bandmitglieder zurückgreifen können.
Machen wir es mal ganz kurz und knackig, was ist alles neu auf „Leere“, denn einige Details, wie z.B. klar gesprochene Passagen und ähnliches habe ich so nicht in Erinnerung, verleihen dem Ganzen aber etwas mehr Stimmung.
Neu sind der eben von dir angesprochene „Clean“ Gesang sowie viele Parts, bei denen Synthesizer eingesetzt werden. Synthesizer hatten wir zwar auch schon bei den Vorgängeralben benutzt, jedoch nicht in dem Umfang wie bei „Leere“.
Die Cleangitarren zwischen den Songs kamen in der Form auch noch nicht vor. Am Schluss von „Leere VIII“ hört man zum Ausklang des Albums Akustikgitarren. Akustikgitarren wurden bei THORNGOTH davor noch nie verwendet.
Wir hatten uns mal über den Begriff „Black Metal“ unterhalten, da sagstest du, dass THORNGOTH immer weniger nach Black Metal klingt. Worauf führst du das musikalisch zurück? Und zum anderen betonst du eigentlich regelmäßig, dass ihr keine BM-Band im herkömmlichen Sinne seid und auch zu der so genannten „Szene“ wenige Kontakte hegt und euch das eher wenig interessiert, wie kommt’s?
Wir haben zwar immer noch hauptsächlich Black-Metal-Einflüsse in unserer Musik, entfernen uns aber zunehmend davon und nehmen einige Dark- und Death-Metal-Einflüsse auf. Eine mit uns befreundete Black-Metal-Band sah uns noch nie wirklich als Black-Metal-Band. Da stellt sich die Frage, wie man BM definiert: Dem Deibel waren wir nie zugetan. Wenn es nach engstirnigen BM-lern geht, wären wir allein deswegen schon keine BM-Band.
Was die Szene betrifft, meinte ich damit eher die Gestalten, die man auf Konzerten antrifft. Da sind sicher einige Leute dabei, die ok sind. Aber es fallen einem immer eher die negativen Dinge auf.
Mit den meisten Musikern kommen wir allerdings gut aus und haben zueinander Kontakt.
Gehen wir mal eben weg von THORNGOTH, du hast ja noch ein Soloprojekt mit Namen PERDITION‘S LIGHT ins Leben gerufen, von dem bisher nur ein Song in Rohfassung zu hören ist. Dabei kann man auf eine beinahe schon soundtrackartige Mischung aus Dark Ambient und Black Metal treffen. Da THORNGOTH ja im Prinzip dein Baby ist, warum hast du noch ein anderes Projekt, sind das gänzlich andere Ideen oder was darf man davon erwarten?
Der Hauptgrund, warum ich PERDITION’S LIGHT ins Leben gerufen habe, ist, dass die Ambient-Elemente, die ich seit längerem schon gerne mal in meine Musik einbauen würde, mit THORNGOTH nicht vereinbar sind.
Außerdem will ich wie vorhin schon erwähnt meine Alleinherrscherrolle bei THORNGOTH an den Nagel hängen und das künftige Songwriting gemeinsam bestreiten.
So bleibt genügend Freiraum, meine musikalischen Ergüsse auf PERDITION’S LIGHT zu lenken. Wie PERDITION’S LIGHT aussehen wird, bleibt abzuwarten. Ich befinde mich immer noch in der Songwriting-Phase, wobei ich seit ca. sechs Monaten nicht mehr an der Musik gearbeitet habe. Dafür wird es demnächst eine Myspace-Seite geben, auf der ich das Projekt präsentieren kann.
Bei PERDITION’S LIGHT werde ich viel rumexperimentieren, insofern weiß ich selbst noch nicht, was dabei rauskommt. Ein starker Metal-Anteil wird aber definitiv enthalten sein. Einige Gastsänger werden auf dem kommenden Tonträger zu hören sein, das ist auch schon sicher.
Hast du dir denn selbst ein Ziel gesetzt, wann du mit den Stücken fertig sein willst und gibt es konkrete Pläne, ob du das selbst rausbringen oder über ein Label vermarkten willst? Oder siehst du das ganz entspannt und machst erstmal in Ruhe?
Ein Zeitlimit setze ich mir dabei sicher nicht. Es ist dann fertig, wenn ich damit zufrieden bin. Was Halbfertiges werde ich nicht veröffentlichen.
Über die Art der Veröffentlichung werde ich mir erst dann konkret Gedanken machen, wenn die Aufnahmen im Kasten sind bzw. kurz davor. Ich werde eventuell einen kleinen „Versuch“ mit der ersten Veröffentlichung wagen: das komplette Album inklusive Artwork hochzuladen, zum kostenlosen Download verfügbar. Dazu würde ich dann einen Link zu meinem PayPal-Account hinzufügen. So kann jeder, dem mein Projekt zusagt, freiwillig einen beliebigen Betrag „spenden“, oder auch nicht.
Wobei mir ein materieller Tonträger mit gedruckten Artwork schon lieber wäre. Aber mal abwarten, das steht noch in den Sternen.
Okay, lass uns noch mal kurz zurück zu THORNGOTH kommen. Eure Live-Auftritte sind recht rar gesät und die beiden Male, die ich euch gesehen habe, fand ich den Auftritt sowohl intensiv als auch – im Gegensatz zu vielen BM-Konzerten – recht spaßig (also nicht so unglaublich ernst, wie bei vielen Bands dieser Zunft). Warum spielt ihr so selten live und was für Erwartungen habt ihr an einen Live-Auftritt THORNGOTHs?
Wir kümmern uns nicht wirklich um Auftritte. Uns ist es zu blöd, Konzertveranstalter anzubetteln, uns doch bitte spielen zu lassen.
Es ist zudem recht schwierig, einen Termin zu finden, an dem jedes Bandmitglied Zeit hat. Alle Bandmitglieder außer mir haben einen Full-Time Job und unterschiedliche Arbeitszeiten. Ich studiere und arbeite nebenbei, viel Zeit hab ich also auch nicht. Es ist teilweise schon schwierig, sich regelmäßig zur Bandprobe zu treffen.
Angebote kommen auch nicht allzu oft herein. Die letzten größeren Konzerte haben Folter Records für uns arrangiert. Mal schauen, wie’s nach der Veröffentlichung von „Leere“ sein wird. Vielleicht schneien dann ein paar Konzertangebote herein.
Wir erwarten von uns, einen guten Gig abzuliefern. Also möglichst fehlerfrei zu spielen und eine gute Show abzuliefern. Vom Konzert erwarten wir, dass es einigermaßen gut besucht ist und die Rahmenbedingungen passen.
Dann lass uns zur letzten Frage kommen, gibt es denn schon konkrete Pläne, wann ihr die Songs von „Leere“ live auf der Bühne spielen werdet?
Zum ersten Mal kann man einige neue Songs am 26.06.10 im Titanic City in München hören (Das Interview wurde bereits vor dem Konzert geführt. Anm.d.A.) Ich hoffe, bis dahin auch schon die fertige CD dorthin mitnehmen zu können.
Im Gespräch sind momentan Gigs in Berlin und Hamburg im Oktober. Da steht aber noch nichts fest.
Außerdem wird es demnächst wieder ein Proberaumkonzert bei unserem Proberaum geben.
Dabei darf man sich das nicht als Gedrängel in einem kleinen Raum vorstellen. In unserem Proberaumgebäude gibt es einen Bar-Raum mit Bühne, der die Ausmaße eines kleinen Clubs mit Platz für ca.150-200 Besucher hat.
Das Konzert werden wir wieder mit LOST LIFE und AMYSTERY bestreiten. Eventuell kommen sogar noch einige Bands hinzu. Das kommt ganz darauf an, wie wir das planen werden. Sollte es etwas größer werden, könnten wir ein kleines Indoor-Festival dort etablieren. Letztes Jahr war unsere Veranstaltung bereits sehr gut besucht.
Sobald wir mit der Planung fertig sind, wird es genauere Infos geben.
Sorath, ich danke dir für das Interview und gratuliere zu „Leere“, welches in meinen Augen eines der stärksten Alben in diesem Jahr ist. Viel Erfolg weiterhin und natürlich gebühren die letzten Worte dir!
Ich danke dir und Metal.de für den Support!
Besorgt euch „LEERE“ und saugt die Vertonung derer in euch auf!