Thorngoth
Thorngoth
Interview
Northern Silence Productions mausert sich immer mehr zur schwarzmetallischen Schatzkammer und hat in letzter Zeit nur so mit Juwelen und Glitzersteinchen um sich geworfen. Auch THORNGOTH, vier junge Herren aus dem schönen Bayernlande, haben mit ihrem im März erschienenen Debüt “Thelema Of Destruction” ein kleines, schwarz-glänzendes Schmuckstück erschaffen. Sorath, seines Zeichens Gitarrist im Hause THORNGOTH, sprach mit mir unter anderem über musikalische Vergangenheit und Zukunft, Tücken und Trümpfe des modernen Webs und außermusikalische Inspirationen.
Servus der Herr! Ich erspare Dir an dieser Stelle mal das übliche Biographiegeplänkel und frage lieber direkt, wie Ihr bisher mit den Resonanzen zu Eurem ersten offiziellen Album „Thelema Of Destruction“ zufrieden seid!
Servus! Bisher kann man wirklich zufrieden sein. Es gab bisher eigentlich keine negative Kritik und ein Großteil der Rezensionen ist im Großen und Ganzen sehr positiv ausgefallen.
Im Jahre 2005 erschien Eure in Eigenregie herausgebrachte Demo „Sigillum“, die meines Erachtens vor allem in Bezug auf die Aufnahmequalität deutlich hinter Eurem neuesten Werk liegt. Wo siehst Du selbst die Weiterentwicklung und Verbesserungen bei direkter Gegenüberstellung beider Veröffentlichungen?
“Thelema Of Destruction“ ist wohl in allen Bereichen besser geworden als “Sigillum“. Obwohl wir unser Demo natürlich immer noch schätzen, kann man “T.O.D.“ als deutliche Steigerung zu “Sigillum“ sehen. Beide Veröffentlichungen wurden von mir aufgenommen. Es liegt wohl hauptsächlich an dem technisch hochwertigerem Equipment (Mikros, Mixer usw…), aber auch an meinen expandierten Wissen über Recording, dass der Sound der Demo-CD dem vom “T.O.D.“ Album hinterher hinkt.
In der Retroperspektive kann man “Sigillum“ als musikalische Selbstfindung sehen, auf der wir erst unseren weiteren Weg finden mussten.
Beim Songwritingprozess von “T.O.D.” haben wir wesentlich mehr Wert auf Atmosphäre gelegt, zudem hat wohl jeder von uns seine technischen Fähigkeiten an den Instrumenten noch weiter ausgebaut.
Euer Debüt kam nun im März dieses Jahres auf dem recht namhaften Label „Northern Silence Productions“ heraus. Erzähl‘ doch kurz, wie es überhaupt zu der Zusammenarbeit kam und wie Ihr die Labelarbeit für Euch als Band bewertet.
Nachdem “T.O.D.” fertig aufgenommen und abgemischt war, befanden wir uns auf der Suche nach einem geeigneten Label. Dabei stellte sich die Suche als langwieriger heraus wie angenommen. Ungefähr sechs Wochen nach Fertigstellung der Aufnahmen stieß ich jedoch auf die Homepage von Northern Silence Productions (das Label habe ich zugegebenermaßen davor noch nicht gekannt). Die Aufmachung der Seite sowie die Intention des Labels, nordisch klingenden Black Metal zu vertreten, sprach mich sofort an. Ich schrieb Norgash von NSP an und fragte ihn, ob er denn daran interessiert wäre, unser neuestes Werk unter dem Banner von NSP zu veröffentlichen. Ich schickte ihm das Album. Seine Zusage ließ nicht lange auf sich warten, denn schon nach einem Durchlauf war er von der CD überzeugt.
Wir sind mit der Labelarbeit sehr zufrieden. NSP gab uns die Möglichkeit, das Artwork so zu gestalten, wie wir es uns auch vorgestellt haben. Außerdem können wohl nur wenige Bands von sich behaupten, dass es bei ihrem Debutalbum schon eine Metallbox als Special Edition gab.
Was hat es eigentlich mit Eurem Bandnamen auf sich? Ich vermute doch stark, dass es dabei weniger um dornige Goten geht, sondern eher eine Bedeutung dahintersteckt, die von dieser plumpen 1:1-Übersetzung abweicht…
Natürlich hat der Name nichts mit Dornen, Goten oder dergleichen zu tun. Der Name setzt sich aus zwei Wörtern, die aus Tolkien’s Eldarsprache entstammen, zusammen und bedeutet “Der gehörnte Feind“. Der Name ist in der Zusammensetzung nicht in Tolkien’s Büchern zu finden, es handelt sich also um einen Neologismus.
Wenn Du mich fragst, könnte man „Thelema Of Destruction“ mühelos als schwedisches Klangprodukt verkaufen. Gibt es Bands, die Euch beim Schreiben der Musik unmittelbar beeinflussen oder ist es mehr ein intuitiver, gefühlsmäßiger Prozess, der nur bedingt von Euren persönlichen musikalischen Neigungen geprägt ist?
Letzteres ist definitiv der Fall. Wir versuchen so gut wie nur möglich von anderen Bands unbeeinflusst zu bleiben. Es lässt sich aber nicht vermeiden, unbewusst von der Musik anderer Bands teilweise beeinflusst zu werden. Den Vorwurf einer Kopie kann man uns meiner Ansicht nach nicht machen. Sollte man Parallelen zu skandinavischen Bands finden, sind diese unbeabsichtigt.
Wir haben eben das Pech, als Band nicht schon früher existiert zu haben. Hätten wir zur selben Zeit angefangen wie die großen skandinavischen Bands, würde sich die Frage nach den Einflüssen gar nicht stellen.
Dann würden vielleicht sogar andere Bands danach gefragt werden, ob sie von uns beeinflusst seien, haha.
Ihr habt bereits einige Konzerte in Eurem bayrischen Umfeld gespielt. Plant Ihr demnächst auch Veranstaltungen jenseits des Weißwurstäquators oder fehlt es dazu (noch) an entsprechenden Möglichkeiten?
Im Oktober werden wir eventuell in Sachsen und in der Schweiz spielen. Genaueres steht jedoch noch nicht fest. Ansonsten haben wir außerhalb Bayerns bereits in Innsbruck gespielt, was allerdings auch nicht weit von uns entfernt liegt.
An Möglichkeiten fehlt es, denke ich, nicht. Wir warten auf weitere Angebote. Allerdings spielen wir sicher nicht bei jedem Mist mit. Der Rahmen muss passen, d.h. wir werden bevorzugt nur mit Black-Metal-Bands spielen.
Innerhalb unseres Weißwurstäquators, wie du es ausdrückst, werden wir aber nicht zu oft auftreten, da sonst das Interesse des Publikums verloren geht.
Aber wenn a g’scheits Angebot bei uns eingeht, sind wir keineswegs abgeneigt zu spielen.
Diesbezüglich würde mich außerdem interessieren, wie Ihr dabei die Rolle des Publikums seht. Mir scheint, dass das holde Auditorium in letzter Zeit (vor allem bei eher unbekannten Bands und auch vor allem im Black-Metal-Sektor) immer desinteressierter und leidenschaftsloser geworden ist. Habt ihr ähnliche Erfahrungen gemacht oder seid Ihr ohne größere Umwege auf Begeisterung gestoßen?
Da hast du wohl Recht. Auch wenn wir im Nachhinein oft mitbekommen haben, dass wir gut angekommen sind, haben wir auf der Bühne nicht viel davon gemerkt.
Einige Bands kann man einfach nur in Ruhe ansehen und genießen, wobei man sich als auftretende Band schon mehr aktive Teilnahme vom Publikum wünscht.
Wie genau kann man sich das Vorgehen beim Songwriting vorstellen? Habt ihr gewissermaßen eine musikalische Legislative und Exekutive oder schreibt Ihr alle gemeinsam an den Arrangements?
Die Legislative, wenn man es so ausdrücken will, stellen ich und Akhorahil dar. Bei “T.O.D.“ stammen fast ausschließlich alle Riffs von mir. Akhorahil schrieb alle Texte, bis auf den Text von “Der Übergang“, der aus meiner Feder entsprungen ist. Das Verhältnis kann sich in Zukunft verschieben, d.h. dass Akhorahil mehr zur Musik und ich mehr zu den Texten beitragen werde.
Arrangiert wird alles durch die komplette Band im Proberaum, wobei das Schlagzeug eine große Rolle spielt. Die Ausarbeitung der Schlagzeugparts nimmt wohl, bis auf das Schreiben der Texte, beim Songwriting am meisten Zeit in Anspruch. Das Schreiben der Gitarrenriffs geht eher leicht von der Hand.
An dieser Stelle nun mal ein knapper Blick in die Zukunft: Gibt es schon Ideen und Konzepte für ein neues Werk? Wenn ja, was kann die musiklüsterne Meute vom kommenden THORNGOTH-Material erwarten?
Wir haben bereits ein paar Monate vor der Veröffentlichung von “T.O.D“ angefangen, neue Songs zu schreiben. Die Hälfte der Songs steht bereits fest. Wir planen, im dritten Quartal 2007 die Aufnahmen für’s nächste Werk zu beginnen. Dabei wird es natürlich wieder um eine Eigenproduktion handeln. Die Produktion wird also roh, wenn auch höchstwahrscheinlich etwas besser als auf “T.O.D.“ ausfallen.
Das neue Songmaterial wird wohl brachialer sowie etwas moderner wirken. Dennoch bleibt der nordische Klang durch melancholische und hymnische Parts erhalten. Alles in allem wird die nächste Veröffentlichung recht abwechslungsreich, wie gehabt.
Selbstredlich gibt es neben der Musik auch viele weitere Ausdrucksformen, die einen Künstler in seinem Dasein und seinen Kreationen beeinflussen. Welche Rolle spielen Literatur, Bildkunst oder Philosophie in Eurem Leben – sowohl in Bezug auf die Band als auch für Euch als Privatpersonen?
Bezüglich der Band keine so große Rolle wie für uns privat. Obwohl man sich gelegentlich auch davon inspirieren lässt, vor allem was Texte schreiben angeht.
Generell interessieren uns in der Literatur folgende Themenbereiche: germanische, griechische und babylonische Mythologie, Magie, Fantasy (H.P. Lovecraft, Clive Barker, Stephan King und J.R.R. Tolkien), Religionen und deren Enstehung usw.
Quasi das Standardprogramm eines Black Metallers, wobei wir uns sicher nicht nur oberflächlich damit beschäftigten (bzw. damit beschäftigt haben). Nebenbei liest man eben noch einige andere (z.B. wissenschaftliche) Berichte aus dem Alltag, die nichts mit den oben genannten Themen zu tun haben
Ich persönlich habe keinen allzu großen Bezug zur Bildkunst, Akhorahil als praktizierender Künstler jedoch sehr wohl. Akhorahil ist unter anderem von H.R. Giger’s Werken fasziniert.
Bezüglich der Philosophie kennen wir uns hauptsächlich mit Nietzsche’s Werken aus. Von anderen Autoren haben wir eher nur Auszüge gelesen.
Bedingt durch unsere modernen Zeiten und „Web 2.0“ vermarkten sich Bands immer mehr über das Internet und stützen ihre ganze Präsenz fast ausschließlich auf dieses Medium. Was hältst Du von MySpace.com & Co., aufwändigen Flashseiten und ähnlichen Entwicklungen? Stehst Du dem Ganzen eher kritisch gegenüber oder bist Du vielmehr dankbar für die Möglichkeiten der gegenwärtigen Technik?
Ich halte nicht viel von MySpace. Für mich ist das nur ein Trend, bei der momentan viele Bands meinen, mitmachen zu müssen. Von Thorngoth wird es jedenfalls nie eine (von uns persönlich) eingerichtete MySpace-Seite geben.
Flashseiten und derartiges halte ich ebenso für unnötig. Eine gängige Homepage, auf der die Band mit Infos und Fotos präsentiert wird und man zudem Songs im MP3-Format downloaden kann, reicht vollkommen aus. Videos sind, sofern sie dem Genre entsprechend passend gemacht sind, auch noch vertretbar.
Einen klaren Nachteil des Internets stellt wohl die Tatsache dar, dass sich jede Band, egal wie untalentiert sie auch sein mag, über dieses Medium präsentieren kann. Bei den Massen an eher unterdurchschnittlichen bis schlechten Bands geht das Interesse der Allgemeinheit an neuen Bands verloren. Es sollte jedoch jeder fähig sein, die Spreu vom Weizen zu trennen.
Allerdings haben wir uns anfangs auch über Internetforen auf uns aufmerksam gemacht, und es liegt schließlich am Ohr der Hörers, was hörenswert ist und was nicht.
Dennoch überwiegen meiner Meinung nach die Vorteile des Internets: Online-Magazine sind wohl im Vergleich zu den bekanntesten Print-Zines wesentlich objektiver und geben neuen Bands, deren Werke über Undergroundlabels veröffentlicht werden, auch ohne finanzielle Spritze eine Chance. Die, wie ich finde, besten Online-Zines sind Myrrthronth (speziell für den Black-Metal-Bereich) und Metal.de, deren Reviews oft mit meinem Geschmack übereinstimmen. Die meisten Internet-Magazine verlinken ohne dabei Umstände zu machen die Mp3s der Bands, während man übertrieben viel Geld zahlen müsste, um auf den Sampler eines großen Print-Zines zu kommen. Es kostet ebenso eine Menge Geld, auch nur eine halbe Seite in einem solchen Magazin zu bekommen (wobei es sehr fraglich ist, ob man damit auch wirklich Aufmerksamkeit erregt). Das steht in keinem Verhältnis.
Auch hier sind Internet-Mags für unbekanntere Bands die eindeutig bessere Alternative.
Gewaltverherrlichungen, Kriegsfantasien, (Selbst-)Vernichtung oder heidnisches Gedankengut – die Black Metal „Szene“ bringt immer mehr konzeptionelle Auswüchse hervor und der ursprüngliche satanische Kurs gabelt sich auf in neue, zum Teil sehr sonderbare Richtungen. Seht Ihr Euch als Teil einer „Szene“ oder betrachtet ihr diese Entwicklungen mehr aus der Distanz?
Zur Musik:
Stagnieren sollte die “Szene“ nicht. Ich kann Neuerungen nur gut heißen, so lange man sicht nicht zu weit vom BM entfernt, wie es z.b. beim “Halmstad“ Album von Shining der Fall ist (was aber nicht heißt, dass ich das Album schlecht finde).
Reine Darkthrone- & Burzum-Kopien braucht man nicht mehr. Es ist allerdings etwas schwierig, im eng gesteckten Black-Metal-Bereich zu bleiben, aber dennoch nicht auf Altbewährtes zurück zu greifen
Zu dem lyrischen Inhalt (und deiner eigentlichen Frage):
Ich kann bei vielen Bands mit den Texten nicht besonderes viel anfangen, nicht unbedingt wegen der Thematik, sondern wegen der Umsetzung. Gerade bei Alben wie “Panzer Divison Marduk“ (bzgl. Kriegsfantasien) ist das eher zweitrangig ist. Es zählt in erster Linie die Musik.
Ansonsten sehe ich das genauso wie bei der Musik: erweiterte Themenbereiche können nur förderlich sein. Wie man Texte über Gewaltverherrlichungen, Kriegsfantasien usw. in deren direkten Aussage auffassen soll, ist bei einigen Bands sowieso fraglich.
Wir sehen uns nicht unbedingt als Teil einer Szene. Wir machen einfach das, wonach uns ist. Wie man uns zuordnen soll, ist jedem selber überlassen
Wie steht Ihr selbst zu oben genannten ‚Strömungen‘? Haltet Ihr eine gewisse Radikalität und damit einhergehende Provokation in Bezug auf Black Metal für akzeptabel oder nimmt das Ganze (besonders hinsichtlich Politik und entsprechender Propaganda) mittlerweile zu extreme Ausmaße an?
Politik hat im Black Metal nichts verloren. Sollten die Texte in politische Extreme abdriften, ist meine Toleranzgrenze überschritten. Rechtes Gedankengut hat den Black Metal eh schon viel zu sehr infiltriert. Provokation außerhalb des politischen Bereichs gehört mit dazu. Black Metal ist eben nichts “Schönes“. Man grenzt sich ja damit bewusst von der “normalen Gesellschaft“ ab.
Obwohl es Gorgoroth mit ihrem Gig in Polen eindeutig übertrieben haben…
Vielen Dank für das Interview! Die letzten Worte sind selbstverständlich Eure!
Wir bedanken uns ebenfalls für das Interview. Erwartet unsere nächste Veröffentlichung!
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