Therion
2020 war das erste Jahr, seit es die Band gibt, in dem wir nicht live gespielt haben.

Interview

Nachdem THERION mit „Beloved Antichrist“ eine imposante, monumentale Rockoper mit drei Stunden Spielzeit rausbrachten und auch den musikalischen Kosmos der Band vollends ausreizten, ist das neue Album „Leviathan“ ganz anders. Mit Absicht wurden kompakte Hitsongs geschrieben, um den Fans einfache Kost zu bieten. Wir sprachen darüber mit Mastermind Christofer Johnsson.

Cover Artwork von THERION „Leviathan“

Mit „Leviathan“ veröffentlicht ihr ein neues Album, das 17. Studio-Werk! Aber dieses ist anders, es ist keine Weiterentwicklung oder Progression eures Stils, es gibt keine neuen Aspekte, stattdessen ist es voll von typischen THERION-Songs, kompakt und eingängig gehalten, mit euren Trademarks. Wie ist die Idee entstanden, ein solches Album zu machen? Was kannst du uns über den Plan dahinter und das Songwriting, erzählen?

Nach all den Jahren, in welchen wir auf unserer musikalischen Entdeckungsreise immer wieder neue Dinge ausprobierten, war dieses Mal die einzige Herausforderung, die übrigblieb, das Einzige zu tun, was wir noch nie getan hatten. Bewusst zu versuchen, den Fans das zu geben, was sie auf einem Album wollen. Wie auch immer, wir waren so produktiv, dass wir genug Songs für 3 Alben geschrieben haben, also wird es eine „Leviathan“-Trilogie!

Soweit ich weiß, waren die Aufnahmen diesmal schwierig, bedingt durch die Corona-Krise. Bitte erzähle uns, wo und wie „Leviathan“ aufgenommen und produziert wurde! Was waren die Herausforderungen und Probleme, denen ihr euch stellen musstet?

Aufgrund der Reisebeschränkungen, sie hatten den Flughafen in Malta, wo ich lebe, geschlossen, musste das gesamte Album auf Distanz aufgenommen werden. Das Album wurde also in Schweden, Malta, Israel, Argentinien, USA, England, Deutschland, Spanien und Finnland aufgenommen.

Hattest du nach der großen Produktion und der opulenten Ausführung von „Beloved Antichrist“ irgendwie das Bedürfnis, alles ein bisschen herunterzufahren, alles wieder etwas kompakter zu halten? Und was denkst du, wie dich die Inspiration in der nächsten Zeit leiten wird? Denkst du, es könnte noch mehr werden, eine weitere Steigerung hin zu etwas Umfangreicherem als „Beloved Antichrist“? Wie beurteilst du das Album aus deiner heutigen Sicht?

Die Sache war die, dass „Beloved Antichrist“ der letzte Traum war, den ich zu erfüllen hatte. Ich fühlte mich also total leer und wusste nicht, was ich als nächstes tun sollte. Bis uns klar wurde, dass wir all die Jahre immer das gemacht haben, was die Band wollte, ohne Rücksicht auf Wünsche von Labels und Fans. Und dass diese Tatsache eine letzte Herausforderung darstellte, ein „klassisches“ THERION-Album zu schreiben und den Fans das zu geben, wonach sie gefragt hatten.

„Beloved Antichrist“ ist kein Album. Es ist der Soundtrack zu einem opernhaften Rockmusical, das immer noch nicht inszeniert wurde. Das ist natürlich eine schwierige Sache für die Fans, aber es gab aus finanziellen Gründen keine andere Möglichkeit, als zuerst den Soundtrack aufzunehmen und zu veröffentlichen. Leider hat das Corona-Chaos die Pläne, das Stück in Mexiko zu inszenieren, über den Haufen geworfen, und niemand weiß, wann es nachgeholt werden kann. Das ist sehr unbefriedigend, denn bevor es nicht inszeniert wurde, hat niemand das Hauptprodukt wirklich erfahren. Es ist, als würde man „Jesus Christ Superstar“ auf CD hören, ohne es live gesehen zu haben.

Es ist eher ein Projekt, das von THERION aufgeführt wird, als ein echtes THERION-Produkt, und die Idee war immer, dass es nach der ersten Aufführung(en) von THERION, an andere Künstler konzessioniert werden sollte.

Auf mich wirkt „Leviathan“ wie eine perfekte Einführung in den Sound von THERION für jemanden, der eure Band noch nie gehört hat. Stimmst du dem zu? 

Es ist ein guter Einstieg, weil alle Songs sehr direkt, eingängig und wie Hitsongs sind. Aber „Vovin“ ist auch ein guter Einstieg, da es unser mit Abstand bestverkauftes Album ist, sowohl damals als auch heute, wenn es gestreamt wird. Da es so viel populärer ist, muss es etwas Besonderes sein, denke ich.

Was kannst du uns über die Texte des neuen Albums erzählen? Eine Art Gesamtkonzept oder Hauptthema, da es „Leviathan“ nach dem großen Seeungeheuer der jüdisch-christlichen Mythologie benannt ist?

Es ist wie ein typisches THERION-Album; die Texte beschäftigen sich mit Mythologien und esoterischen Systemen aus der ganzen Welt. „Leviathan“ ist nur der Titeltrack, es ist in keinster Weise ein Konzeptalbum.

Es ist bekannt, dass du in deiner Jugend einen klassischen Heavy Metal-Background hattest. Welche Bands hatten damals den größten Einfluss auf dich und was hat sie für dich so besonders gemacht?

ACCEPT und JUDAS PRIEST waren meine größten Idole, aber auch IRON MAIDEN, W.A.S.P., MOTÖRHEAD und andere Bands waren ein wesentlicher Teil meiner jüngsten Jahre. Und ich liebe sie heute, über 37 Jahre später, immer noch, haha!

Hatten diese Bands auch einen Einfluss auf euch, als ihr mit THERION angefangen habt, oder war es von Anfang an der Death Metal, der zu der Zeit, als THERION anfing, die Szene beherrschte?

Von Anfang an, als wir die Band 1987 gründeten, waren wir von SLAYER und METALLICA beeinflusst. Death Metal kam ein Jahr später, hauptsächlich mit CELTIC FROST als Einfluss, und wir änderten den Namen in THERION. Einige Jahre später kehrten die Heavy-Metal-Einflüsse zurück und auf unserem dritten Album von 1993 ist klassischer 80er-Jahre-Heavy-Metal eingeflossen. Ich glaube, wir waren vielleicht sogar die erste Death-Metal-Band, die das gemacht hat.

Was denkst du über die aktuelle Metalszene? Entdeckst du noch neue Bands und Alben?

Ich denke, es gibt eine Menge guter Bands, aber es gibt nicht viele neue Sounds. Ich kann mich an keine einzige neue Band in den letzten 10 Jahren erinnern, die wirklich originell war. Daran ist aber nichts falsch, es gibt tonnenweise tolle neue Musik, die geschrieben, aufgenommen und veröffentlicht wird. Ich neige dazu, Retro-Bands wie MANSION und PURSON, die sich leider aufgelöst haben, zu bevorzugen.

Was macht dir am meisten Spaß: Songs zu komponieren, zu jammen, aufzunehmen oder zu touren?

Komponieren macht 50% des Vergnügens aus, Aufnehmen 25% und live spielen 25%. Ich glaube, ich habe seit Anfang der 90er Jahre nicht mehr mit einer Band gejammt, im wahrsten Sinne des Wortes. Oder wenn du proben meinst, dann mag ich das nicht so sehr, es ist einfach etwas, das man tun muss, bevor man Live-Shows macht.

Seit Anfang 2020 zieht die Corona-Krise ihren Schatten über uns alle. Wie ist denn die aktuelle Situation für dich und THERION, wie gehst du damit um? Musstet ihr einige Gigs verschieben? Was denkst du, wie diese Krise die Musikszene und unser Leben verändern wird?

Für THERION ist es kein großes Problem. Wir konzentrieren uns einfach auf das Schreiben und Aufnehmen von Musik, wenn wir nicht live spielen können.

Der gesamte Festivalsommer 2020 wurde verschoben, also war auch THERION davon betroffen. 2020 war das erste Jahr, seit es die Band gibt, in dem wir nicht live gespielt haben.

Das ist ein großer Schlag für das gesamte Ökosystem rund um das Live-Spielen. Tourbus-Unternehmen, Veranstaltungsorte, Booking-Agenturen, Road-Crew, Merchandise-Firmen usw. Es wird viele Jahre dauern, bis sich die Dinge wieder normalisiert haben.

23.02.2021

Geschäftsführender Redakteur (stellv. Redaktionsleitung, News-Planung)

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