Therion
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Interview

In fast akzentfreiem Deutsch überrascht mich THERION-Mastermind Christofer Johnsson an einem Mittwochabend vor Weihnachten am Telefon. Für das Interview greifen wir dennoch lieber auf die englische Sprache zurück. Und Christofer hat einiges zu erzählen. Statt sich Antworten aus der Nase ziehen zu lassen, redet er von sich aus wie ein Wasserfall und schweift dabei auch gerne mal vom Thema ab. Dennoch fühle ich mich nach einem halbstündigen Gespräch mit dem sympathischen Schweden deutlich schlauer und habe befriedigende Antworten auf all meine Fragen bekommen.

TherionHallo Christofer. Zunächst einmal herzlichen Glückwunsch zu einem weiteren THERION-Meisterwerk. Ich denke, „Gothic Kabbalah“ wird eure Fans ziemlich überraschen, denn es klingt ganz anders als eure letzten Veröffentlichungen.
Viele Leute mögen das Album nicht, wenn sie es zum ersten Mal hören, weil sie etwas anderes von uns erwarten. Aber nach mehreren Hördurchläufen fängt es dann an, ihnen zu gefallen. Bei praktisch jedem Album, das THERION veröffentlicht hat, gab es zunächst eine Menge Protest. Wir haben uns gewissermaßen daran gewöhnt. Selbst als wir „Theli“ veröffentlicht haben, gab es massiven Protest. Aber damals waren wir noch eine kleine Band und wir haben inzwischen viele neue Fans gewonnen. Die kritischen Stimmen der alten Fans gehen quasi in der Masse der neuen Fans unter. Es gibt immer diese negativen Reaktionen, wenn wir ein neues Album veröffentlichen und zwei Jahre später heißt es dann: „Oh, das ist ein Klassiker!“ Genauso war es auch bei „Vovin“, das bis heute unser bestverkauftes Album ist. Da hieß es: „Oh nein, jetzt verraten sie ihre Death-Metal-Roots!“
Der große Unterschied ist, dass es heute das Internet gibt. Damals konnten Informationen noch nicht auf diese Weise verbreitet werden. Es ist ein merkwürdiges Gefühl, dass die Fans mittlerweile schon anderthalb Monate vor dem Release über ein neues Album diskutieren. Es macht mir nichts aus, wenn die Leute sich ein Album aus dem Netz herunterladen, um es sich einmal anhören zu können, bevor sie es kaufen. Aber ich mag den Gedanken nicht, dass die Leute sich ein Album bereits anderthalb Monate vor dem Release anhören können. Ich denke, dass Musik als Kunstform nicht in Form von MP3-Dateien über billige PC-Lautsprecher gehört werden sollte, sondern auf einer vernünftigen Stereo-Anlage von einem entsprechenden Musik-Medium, egal ob Vinyl oder CD, mit den zugehörigen Texten und dem Cover-Artwork und allem drum und dran. Ansonsten wird Kunst zu etwas degradiert, was man nur noch konsumiert.

Da kann ich dir voll und ganz zustimmen. Der Titel eures neuen Albums, „Gothic Kabbalah“, deutet bereits an, dass ihr dieses Mal verstärkt Gothic-Elemente in euren Sound einbringt.
Der Titel ist eigentlich ziemlich irreführend. Eigentlich hat das nichts mit dem zu tun, was heute unter „Gothic“ verstanden wird. Eigentlich ist hier das Wort „gotisch“ viel passender. Die englische Sprache hat dafür keinen wirklich passenden Ausdruck, so dass man „gotisch“ nicht wirklich übersetzen kann. Die offizielle Übersetzung ist eben „gothic“. Deswegen wurde aus der „Gotischen Kabbalah“ eben „Gothic Kabbalah“. Aber bei genauerer Betrachtung machte mir das eigentlich gar nichts aus, denn so ist es ein bisschen provokativ. Wie ich mir gedacht hatte, meinten viele Leute erstmal: „Oh, was ist das? ‚Gothic Kabbalah‘? Das klingt sehr kommerziell.“ Vor allem heute, wo sich Stars wie Madonna intensiv mit der Kabbalah beschäftigen. „Wollen sie jetzt mit dieser Masche mehr Alben verkaufen oder was?“ Aber ich mag es, wenn die Leute etwas haben, worüber sie diskutieren können. Und irgendwann kapieren sie dann, worum es wirklich geht.
Und dann sind da diese drittklassigen Besserwisser, die drei Bücher über das Thema gelesen haben und glauben, alles darüber zu wissen. „Oh, das ist so wichtig zu wissen, ich habe viel über die Kabbalah gelesen und so etwas wie eine „Gothic Kabbalah“ gibt es überhaupt nicht. Blablabla…“ Und dann kannst du solchen Leuten später auf die Finger klopfen und ihnen klar machen, dass es sich um einen schwedischen Ausdruck handelt. Du kannst mich deswegen für pervers halten, aber ich habe richtig Spaß dabei, solchen Leuten ihren Platz aufzuzeigen.
„Gothic Kabbalah“ ist ja mittlerweile auch unser dreizehntes Album. Die meisten Bands haben große Probleme damit, frisch zu bleiben, wenn sie ein neues Album machen. Und wir können nicht nur musikalisch etwas Gutes und Neues bieten, wir haben auch einen Plattentitel über den die Leute reden. Als wir das „Theli“-Album veröffentlichten, haben die Leute heftig über das Cover diskutiert. Eine Menge Leute mochte es nicht, aber jeder hatte eine Meinung dazu, frei nach dem Motto: „Bist du für oder gegen diesen psychopathischen Hund?“ Es gibt nicht sonderlich viele Albentitel und Cover in der Musikgeschichte, über die Grundsatzdiskussionen geführt werden. Es ist also immer gut, wenn du etwas schaffen kannst, worüber die Leute reden. Über die Jahre hinweg wollen wir auch eine sehr lebendige Band sein. Es ist ein echtes Privileg, eine neue Platte aufnehmen zu dürfen, die die Leute so sehr beschäftigt. Und die Tatsache, dass es so heftige Diskussionen über unsere Alben gibt, bedeutet auch, dass die Leute uns als Band gegenüber sehr starke Gefühle entwickeln. Die Leute hören nicht nur einfach unsere Musik, weil sie ihnen gefällt, sondern sie bedeutet ihnen auch wirklich etwas. Und ich denke, dass das sehr wichtig für den Fortbestand der Band ist.
Das schlimmste, was uns passieren könnte, wäre, einfach ein neues Album zu veröffentlichen, wo die Leute dann sagen: „Oh, sie haben ein neues Album gemacht? Naja, vielleicht kaufe ich es mir ja.“ Das wäre schrecklich. Für mich wäre es am allerschlimmsten, wenn wir eine Band wie SAXON oder MOTÖRHEAD wären, die die ganze Zeit über denselben Stil haben und wo das absolute Lieblingsalbum aller Fans bereits vor 15 Jahren veröffentlicht wurde. Ein neues Album zu veröffentlichen ist da doch mehr oder weniger nur eine Entschuldigung, um wieder auf Tour zu gehen und die ganzen Klassiker spielen zu können. Das wäre das schlimmste, was THERION passieren könnte. Und so wollen wir niemals werden, da würden wir vorher die Band komplett auflösen.

Heutzutage, wo all diese Pop-Bands ständig Alben veröffentlichen, die immer gleich klingen, braucht es aber auch jede Menge Mut, ein Album zu veröffentlichen, dass sich von den Vorgängern so stark unterscheidet.
Das haben wir aber schon immer gemacht. Als wir „Theli“ veröffentlicht haben, unser fünftes Album im neunten Jahr unseres Bestehens, war das unser erster großer Erfolg. Natürlich war die Versuchung groß, das Konzept einfach zu kopieren. Stattdessen sind wir mit „Vovin“ in eine ganz andere Richtung gegangen. Wir haben auf meine Gesangsstimme verzichtet, eine sauberere Produktion gefahren, die Lieder mehr geradeaus – nenn das „poppig“ oder „kommerziell“ oder wie immer du willst, aber sie waren definitiv leichter an den Mann zu bringen als „Theli“. Aber ich habe eben einfach die Stücke geschrieben, die ich mochte.
Als wir dann den Gipfel unserer Karriere erreicht hatten, wäre es natürlich ideal gewesen, Martina in der Band zu behalten, denn die Leute waren der Meinung, dass sie gut aussah, und irgendwas in der Art von NIGHTWISH zu machen. Ich will jetzt wirklich nichts schlechtes über NIGHTWISH sagen, sie sind eine großartige Band, die ich sehr schätze, und sie verdienen den Erfolg, den sie haben. Aber es gibt einfach verschiedene Wege, wie man Dinge angehen kann. Man kann es kommerzieller angehen oder man kann es etwas schwieriger und künstlerischer angehen. Wir haben „Deggial“ gemacht, mit einem merkwürdigen Albumcover, einer sehr seltsamen Liedreihenfolge, ohne weibliche Leadvocals, ein Album das überhaupt keine kommerziellen Hit-Songs enthielt, stattdessen klassischer und mit vielen längeren Stücken. Natürlich sind da die Verkaufszahlen ziemlich zurückgegangen, aber ich habe dieses Album nie bereut. Und bei „Secret Of The Runes“ war es nicht anders. Da sind die Verkaufszahlen noch weiter zurückgegangen, weil es ein noch ungewöhnlicheres Album war, mit nur klassischen Sängern, ohne irgendeinen Metal- oder Rock-Sänger, mit schwedischen Texten und solchen Sachen. Natürlich verkaufte sich das nicht so gut. Wir haben das gemacht und ich bereue es überhaupt nicht. Ich würde dasselbe wieder tun, auch wenn es höchstens die Hälfte der Verkaufszahlen von „Vovin“ erreichte. „Lemuria“ und „Sirius B“ haben sich wieder etwas besser verkauft, ungefähr so wie „Theli“ und „Deggial“. Es scheint so, als hätten wir momentan den „THERION-Medium-Level“ erreicht, womit ich superglücklich bin.
Es liegt in der Natur von THERION, immer wieder Risiken einzugehen und neue Dinge zu versuchen. Deswegen kann man nie sagen, ob sich das neue Album gut verkauft, oder eher ein Ladenhüter wird. Wenn wir uns nächstes Mal unterhalten, werden wir es wissen.

Du hattest eben NIGHTWISH erwähnt. Auf eurem neuen Album setzt ihr auch verstärkt weibliche Lead-Vocals ein. Kannst du dir vorstellen, eine Sängerin fest in die Band zu integrieren?
Nein, wir werden nie einen festen Sänger in der Band haben. Aber ok, was ich an THERION mag: Sag niemals nie. Ich habe schon bei so vielen Dingen gesagt, dass ich das niemals tun werde, und ich habe es dennoch getan. Dennoch scheint mir das momentan sehr unwahrscheinlich. Ich mag den Gedanken, keinen Sänger in der Band zu haben. Wir sind eine Band ohne Sänger und können mit verschiedenen Sängern zusammenarbeiten. So klingen wir vielfältiger und es ist leichter für uns, originell zu sein, als für andere Bands, denn wir sind nicht auf einen Sänger beschränkt. Wir können unseren Sound radikal ändern, indem wir mit verschiedenen Sängern zusammenarbeiten.

Und wer wird bei euren kommenden Live-Shows singen?
Das werden dieselben Leute sein, die auf dem Album gesungen haben, bis auf Hannah, eine der Sängerinnen. Sie konnte es nicht einrichten. Stattdessen haben wir Lori Lewis von AESMA DAEVA dabei. Ich weiß auch noch nicht, mit wem wir das nächste Album aufnehmen. Aber das wird ohnehin nicht vor 2009 passieren.

Warum müssen die Fans so lange auf euer nächstes Album warten? Du wirst doch nicht etwa alt, oder?
Naja, zumindest zu alt, um die ganze Zeit durchzuarbeiten. Ich bin nun schon seit meinem fünfzehnten Lebensjahr als Musiker tätig. Das sind nun schon zwanzig Jahre. In dieser Zeit habe ich 13 THERION-Alben veröffentlicht, plus die DVD, plus ein Live-Album, sowie noch einige kleinere Geschichten mit anderen Bands. Insgesamt dürften das mehr als zwanzig Alben in zwanzig Jahren gewesen sein. Dieses Tempo kann ich definitiv nicht mehr halten. 35 mag in biologischer Hinsicht noch kein hohes Alter sein, aber im Hinblick auf meinen Lifestyle und darauf, wieviel Musik ich in dieser Zeit gemacht habe, muss ich sagen, dass es ein verdammt hohes Alter ist. Ich fühle mich sehr alt, wenn man die ganzen Erfahrungen betrachtet, die ich über die Jahre hinweg gesammelt habe. Deswegen werden nun die Abstände zwischen den einzelnen Releases größer werden. Ich will zwischendurch auch mal Urlaub machen.
Mein Plan ist, dass wir 2007 viel touren werden und 2008 werde ich mir dann eine Auszeit gönnen. Vielleicht werden wir da das ein oder andere Sommer-Festival spielen, aber ich will da keine längere Tour mehr machen oder schon mit den Aufnahmen für das nächste Album anfangen. Aber 2009 werden wir dann mit der nächsten Produktion beginnen. Wenn du dir andere Bands und Künstler anschaust, die schon länger im Geschäft dabei sind, dann stellst du fest, dass die auch nicht mehr jedes zweite Jahr ein neues Album veröffentlichen. Ozzy Osbourne bringt vielleicht noch alle fünf Jahre ein neues Album heraus. MANOWAR haben während der gesamten Neunziger Jahre nur zwei Alben gemacht. Bei anderen funktioniert das also ganz gut und ich sehe keinen Grund, warum das bei uns anders sein sollte.
Natürlich gibt es immer auch Bands wie IRON MAIDEN, die einige schlechte Jahre hinter sich hatten und nun wieder bessere Zeiten erleben. Gerade sind sie wieder sehr produktiv und veröffentlichen jede Menge Zeugs. Das ist auch in Ordnung so, denn das neue MAIDEN-Album ist wirklich gut. Aber wenn du schon viele Alben veröffentlicht hast und lange im Musikbusiness dabei bist, willst du in der Regel einen Rhythmus finden, der es dir ermöglicht, über die Jahre hinweg Qualität zu produzieren. Der Spaß darf dabei auch nicht auf der Strecke bleiben. Wenn man irgendwann in die Falle gerät, das Ganze nur noch als einen Job zu sehen, ist das schrecklich.

Lass uns nochmal auf euer aktuelles Album zurückkommen. Das Album handelt von dem schwedischen Mystiker Johannes Bureus. Handeln alle Stücke auf dem Album von dessen Geschichte oder gibt es auch welche, die nichts damit zu tun haben?
Nein, es ist ein echtes Konzeptalbum. Es gibt fünfzehn Runen in dem von ihm begründeten Runensystem und auf dem Album sind deswegen auch genau fünfzehn Stücke. Die Stücke behandeln sowohl seine Ideen in esoterischer Hinsicht, als auch Ereignisse aus seinem Leben, die ihn auf diese Ideen gebracht haben. Es ist also kein Konzeptalbum, dass sich nur auf einen bestimmten Teil von Bureus‘ Leben konzentriert, sondern es gibt sehr verschiedenartige Texte. Das Gesamtkonzept handelt von Bureus als Person und seinen Lehren, sowie Dingen, die ihn dahin gebracht haben und die er erschaffen hat. Nimm zum Beispiel das Stück „Mitternachtslöwe“, das eigentlich auf einer Prophezeiung von Paracelsus basiert. Aber Bureus hat diese Prophezeiung aufgegriffen und sie war sehr bedeutungsvoll für ihn und seine Ideen. Es ist insgesamt ein sehr weitgefasstes Konzept, deswegen hatten wir keine Problem, fünfzehn Stücke dazu zu schreiben.

War Thomas Karlsson erneut für die Texte verantwortlich?
Ja, er schreibt mittlerweile alle Texte für THERION und für mich ist das sehr angenehm. Es ist ein Luxus für mich, mich einfach zurücklehnen zu können und zu sagen „Mach dies und jenes“ und jemand anders erledigt die Arbeit für mich. Ich wünschte, ich könnte dasselbe mit der Musik machen. (lacht) Ich interessiere mich sehr für die textliche Seite, aber ich habe einfach nicht dasselbe Talent beim Schreiben von Texten wie beim Schreiben von Musik. Ich musste mich immer sehr anstrengen, um Texte zu verfassen, und diese waren immer sehr persönlich. Mir sind aber Texte lieber, die nicht so persönlich sind, sondern eher einen akademischen Ansatz haben. Und Thomas ist dafür der perfekte Mann. Er ist momentan Doktorand und sein Spezialgebiet ist Johannes Bureus. Über ihn wird er seine Doktorarbeit schreiben. Es könnte also nicht besser passen. Er hat vor einiger Zeit ein Buch über Bureus geschrieben, das bald ins Englische, Deutsche und Italienische übersetzt wird.

Also war da definitiv ein Experte am Werk. Die Promo-Kopie von „Gothic Kabbalah“ passt auf eine einzelne CD. Aber das Endprodukt erscheint als Doppel-CD. Habt ihr noch Platz für Bonus-Tracks gebraucht oder warum habt ihr das Album geteilt?
Auf der Promo fehlen ungefähr fünf Minuten. Aus Kostengründen mussten wir das so machen. Aber bei den Dingen, die gekürzt wurden, handelt es sich hauptsächlich um Teile, die wiederholt werden. In einem Stück haben wir auch ein Solo entfernt. Es handelt sich also nicht um wichtigere Songparts. Wir konnten eben nur soviel auf die Promo packen, wie eben auf eine einzelne CD passt. Wir haben darüber nachgedacht, vielleicht eines der Stücke wegzulassen, damit das ganze Album auf eine CD gepasst hätte, aber wir wollten keine Kompromisse eingehen. Außerdem sind es ja fünfzehn Runen und dementsprechend sollten es auch fünfzehn Lieder sein. Deswegen haben wir uns dazu entschlossen, es so zu machen.
Das fertige Album wird übrigens auch ein anderes Mastering haben als die Promo, denn es ergaben sich Verzögerungen und wir mussten schnell die Promos versenden. Deswegen haben wir für die Promos ein eigenes Mastering in Schweden in den Polar-Studios gemacht. Das ist im Grunde auch voll in Ordnung, denn es entspricht in etwa dem, wie die meisten Alben heutzutage gemastert werden. Aber das Endprodukt haben wir bei Sterling-Sound in New York mit George Marino gemastert. Die Leute denken nicht groß über denjenigen nach, der ein Album mastert, aber dennoch macht es einen großen Unterschied. Und dieser Typ ist quasi der Bob Rock das Mastering, der beste auf diesem Gebiet. Daher gibt es einen hörbaren Unterschied im Mastering. Das ist kein Unterschied im Sound-Charakter, es ist der gleiche Sound, aber man hört alles soviel deutlicher. Das ist so eine Art Gefühl in der Magengegend, das ich nicht erklären kann. Es kostet ungefähr das dreifache, es dort zu mastern, als irgendwo anders. Und ich kann nicht erklären warum, aber das ist es definitiv wert. Wenn man sich das fertige Album anhört, hat man ein ganz anderes Bauchgefühl.

Vor kurzem habt ihr ein großes Konzert in Bukarest gespielt, mit einem Orchester und insgesamt rund 170 Leuten auf der Bühne. Was war das für eine Erfahrung, so eine große Show zu spielen?
Es war ein unglaubliches Gefühl. Besonders weil wir die Gelegenheit hatten, Stücke von Richard Wagner, Verdi, Dvorak und vielen anderen Komponisten, deren Stücke mich inspiriert haben. Ok, vielleicht hat Verdi keinen so großen Einfluss auf meine Musik, aber ich mag seine Stücke einfach. Und diese Stücke für THERION zu arrangieren, mit Gitarren, Bass und Drums, war eine echte Erfahrung. Das Ganze stellte sich als unglaublich schwierig heraus und es war ein gewaltiges Projekt. Die Proben waren ein absoluter Alptraum. Ich habe während dieser Zeit nicht viel geschlafen. Ich weiß nicht, wie man unsere erste Probe beschreiben könnte, aber es war weit von dem entfernt, was ich Musik nennen würde. Es war das totale Chaos. Wir mussten wirklich das Unmögliche möglich machen. Letztendlich gab es ein paar Fehler seitens des Orchesters, es war also keine perfekte Show, aber wir sind sehr stolz darauf, dass wir das durchgezogen haben. Und wenn alles gut klang, klang es sehr gut. Ich denke, wir haben dabei etwas einzigartiges und besonderes geschaffen.

Werden die Fans, die nicht in Bukarest dabei sein konnten, eine Chance haben, in den Genuss dieses Konzerts zu kommen? Solche besonderen Konzerte werden von anderen Bands ja normalerweise wenig später auch auf DVD veröffentlicht. Können wir also mit einem baldigen Nachfolger der „Celebrators Of Becoming“-DVD rechnen?
Die Show wurde vom rumänischen Fernsehen aufgezeichnet, aber wir müssen erst einmal abwarten, wie das Ergebnis aussieht und klingt. Wir waren in den Fernsehstudios und konnten dort bereits einen kurzen Blick auf das Material werfen. Und das, was wir dort gehört haben, klang sehr gut. Aber wir müssen uns zunächst eine richtige Kopie davon anschauen und dann werden wir sehen, ob es genug Material für eine DVD ist. Bei jeder Show macht man Fehler, was auch ok ist, das ist Rock’n’Roll. Du bist da, trinkst dein Bier und genießt die Show. Aber wenn du eine DVD hast, wirst du dir diese immer wieder anschauen. Da können selbst kleine Fehler auf Dauer ziemlich ärgerlich sein. Es ist wie bei einem Album. Man hinterlässt eine Art Fingerabdruck in der Musikgeschichte. Das kann ein kleiner oder, wenn man Glück hat, ein großer Fingerabdruck sein. Und genauso wie man auf einem normalen Album keine Fehler haben möchte, will man auch keine Live-Alben oder DVDs mit größeren Fehlern veröffentlichen. Deswegen müssen wir uns das Material, das wir haben, sorgfältig angucken, um zu entscheiden, was wir davon auf einer DVD haben wollen, mit der wir auch in fünfzig Jahren noch leben müssen.

Aber es wurde doch auch langsam Zeit, dass ihr ein solches Konzert mit Orchester spielt. Denn wenn man heute über orchestrale Elemente im Metal spricht, kommt man unweigerlich auf THERION.
Wir wollten so etwas schon immer machen, aber es sind zwei Faktoren, von denen das Ganze abhängt: Geld und jemand, der so etwas organisieren kann. Wir hatten eine Menge Angebote aus Lateinamerika. Dort sind wir sehr berühmt und hätten auch definitiv genügend Geld zur Verfügung gehabt. Aber so sehr ich es auch liebe in Mexiko zu spielen, weil es dort ein wundervolles Publikum gibt und es ein tolles Land mit netten Leuten und sogar gutem Essen ist, aber das Chaos dort ist einfach zu groß. So eine Show lässt sich in Lateinamerika organisatorisch nicht auf die Beine stellen, außer vielleicht, wenn man METALLICA ist und alles, was man vor Ort braucht, einfliegen lässt und vielleicht 10 Millionen Euro in so ein Projekt investieren kann. Aber für einen ersten Versuch in dieser Richtung, stand das völlig außer Frage.
Wir hatten auch ein Angebot aus Russland, aber letztendlich haben wir als Band und der Promoter sich nicht darauf einlassen wollen, weil es zu kompliziert gewesen wäre. In Deutschland haben wir beispielsweise sehr gute Kontakte und wir hätten es technisch zweifelsohne gut über die Bühne bringen können, wir haben hier eine Menge gute Organisatoren. Aber aus finanziellen Gründen haben wir es nicht in Deutschland versucht. Diese Show hat in Rumänien etwa 110.000 Euro gekostet. Du kannst dir vorstellen, dass es in Deutschland ein bisschen teurer geworden wäre. Ich denke, wir könnten so etwas auch in Deutschland mit kommerziellem Erfolg durchziehen. Besonders wenn wir es im Ruhrgebiet machen würden, denn dort leben eine Menge Leute und es ist nicht weit von Frankreich, Holland oder Belgien entfernt, von wo bestimmt Leute anreisen würden. Aber irgendjemand muss dafür das Geld auf den Tisch legen. Ohne so etwas zuvor woanders zu machen und zu zeigen, dass wir es können und dass genug Leute zu der Show kommen, hätten wir keine Chance gehabt, hier Unterstützung dafür zu finden. Mal sehen, was nun passiert.
Wenn wir Glück haben, wird diese Show mehr Veranstalter dazu inspirieren, uns für so eine Show zu engagieren. Und ich denke, es wird jetzt leichter, Einladungen zu bekommen, so etwas zu machen. Dieses Mal ging das Ganze zugunsten krebskranker Kinder. Wir sind mittlerweile sehr vorsichtig damit, wofür wir unser Geld ausgeben, denn es sollte möglichst einer guten Sache zugute kommen, da stellt man auch weniger Ansprüche. Aber wenn es sich um eine rein kommerzielle Show handelt, dann würden da natürlich ganz andere Bedingungen gelten, dann gäbe es da einen Vertrag, was wir alles benötigen und so weiter. Das würde die Sache sehr vereinfachen.
Natürlich haben wir bei dieser Show auch unglaublich viel dazugelernt. Ich habe eine Menge gute Ratschläge von Uli Jon Roth, unserem Special Guest bei diesem Event, bekommen. Er hat schon eine Menge Erfahrungen in diesem Bereicht und er war uns eine große Hilfe dort.

Lass uns noch kurz über euer sogenanntes „Album Z“ sprechen. Seit dem Release von „Lemuria“ und „Sirius B“ warten eure Fans nun schon auf den dritten Teil dieser Trilogie. Mit „Gothic Kabbalah“ unterbrecht ihr diese Trilogie nun. Werdet ihr „Album Z“ nun 2009 als nächstes Studioalbum aufnehmen?
Mit den Aufnahmen zu „Album Z“ wollen wir in der Tat 2009 beginnen. Wann es veröffentlicht wird, kann ich noch nicht sagen. Hoffentlich kommen wir mit den Aufnahmen gut voran und können es noch Ende 2009 veröffentlichen, aber nicht später als 2010. Und ich bin schon sehr gespannt darauf, denn zuerst hatte ich den Eindruck, „Album Z“ direkt nach „Lemuria“ und „Sirius B“ aufzunehmen wäre ziemlich vorhersehbar gewesen. Vielleicht nicht für die Fans, aber auf jeden Fall für uns selbst. Wir hätten quasi genau gewusst, was wir tun müssen, aber wir brauchen die Spannung, damit THERION funktioniert. Es war also eine wichtige Entscheidung, „Gothic Kabbalah“ dazwischen zu schieben, und wenn wir jetzt zu den „Album Z“-Stücken zurückkehren, werden diese wie ein alter Wein sein, der im Keller gereift ist.
Wenn man sich vorstellt, wir hätten einige der THERION-Klassiker, wie „To Mega Therion“ oder „Rise Of Sodom And Gomorrah“, damals nicht aufgenommen, sondern sie aufgehoben und erst jetzt aufgenommen hätten – wäre das nicht ziemlich interessant gewesen? Wie würde ich diese Kompositionen wohl interpretieren, wenn ich heute daran arbeiten würde? Und genau das wird bei „Album Z“ der Fall sein. Einige der Stücke sind schon sehr alt und wurden direkt nach „Deggial“ geschrieben. Und meiner Meinung nach haben wir definitiv die besten Stücke aufgehoben. Wir sind also im Moment in der komfortablen Situation, dass wir wissen, wir haben bereits unser bestes Album geschrieben und es wartet nur noch auf uns. Wir können es aufnehmen und veröffentlichen, wann immer wir dafür Zeit haben und uns danach fühlen. Das ist eine sehr angenehme Situation für mich.

Also müssen wir uns leider noch mindestens bis 2009 gedulden, bevor wir diese Stücke hören können.
Besonders für die Leute, die Stücke wie „Adulruna Rediviva“, „The Wonderous World Of Punt“ oder „Via Nocturna“ mögen, diese längeren und komplizierteren Kompositionen, denen kann ich in diesem Jahr bereits jetzt ein zweites Weihnachten versprechen.

Dann freue ich mich jetzt schon auf „Album Z“. Zuvor werden wir uns aber vielleicht noch im Februar auf eurer Tour mit GRAVE DIGGER sehen.
Die solltest du auf keinen Fall verpassen. Wir haben dieses Mal eine spezielle Bühne dabei, für die wir einen eigenen Truck benötigen. Es hat uns also viel Geld und Energie gekostet, eine spannende Szenerie für unsere Shows zu kreieren, was wir zuvor noch nie gemacht haben. Wir haben schon viele Leute mitgenommen und uns auf der Bühne den Arsch abgerockt, aber dieses Mal haben wir uns gedacht, wir machen etwas anderes und bauen eine besondere Bühne für diese Tour. Das wird also etwas ganz besonderes.

Vielen Dank für das Gespräch, Christofer. Ich wünsche euch noch viel Erfolg mit eurem neuen Album und auf Tour.

Galerie mit 14 Bildern: Therion - Therion Tour 2016
12.01.2007

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