The Vintage Caravan
Völlig surreal - Interview mit Alexander Örn Númason zu "Voyage"
Interview
THE VINTAGE CARAVAN ist derzeit Islands heißester Musikexport: Drei Jungs, zwei davon noch keine zwanzig, die einfach mal alles in Grund und Boden rocken. Die mit ihrem zweiten Album „Voyage“ begeisterte Reaktionen hervorgerufen haben, einen Plattendeal bei Nuclear Blast ergattern konnten und demnächst schon auf dem Roadburn spielen werden. Wer sind diese drei sympathischen Musiker, auf welche Weisheiten vertrauen sie, und warum kaufen sie einem Journalistenkollegen zwei Flaschen Brennivín? Fragen über Fragen – die im folgenden Gespräch mit Bassist Alexander Örn Númason (vielleicht) geklärt werden.
Im Januar habt Ihr eine winzig kleine Tour durch Deutschland und Holland gemacht. Wie hat’s Euch gefallen?
Oh Mann, das war solch ein lustiger Trip. Zum Glück hatten wir ein Navi mit dabei, sonst wären wir vermutlich immer noch damit beschäftigt, die Venues zu finden. Aber ja, wir haben zwei Shows in Deutschland mit ZODIAC gespielt, und danach die Show auf dem Eurosonic in Holland. Es war eigentlich ziemlich lustig, weil die Meute so völlig anders abgeht als in Island. Bei uns zu Hause kommen die Leute, um ordentlich abzufeiern, während Deutsche zu den Konzerten kommen und uns in erster Linie zuhören. Das ist eine völlig neue Erfahrung für uns.
Es scheint, als würdet Ihr das Touren und das Umherreisen lieben. Auf der anderen Seite scheint das Touren aber auch nicht ungefährlich zu sein, wie ein kleiner Zwischenfall letztes Jahr zeigt, wo Ihr in Eurem Hotel in ein paar Bodybuilder-Typen reingerasselt seid. Welche Bedeutung hat Touren für Euch?
Haha, also zunächst einmal sind wir von Anfang an richtig gute Freunde. Das hilft uns wirklich, wenn wir mal wieder für längere Zeit in einem Auto sitzen und zusammen abhängen müssen. Wir haben eigentlich immer eine gute Zeit. Wir versuchen auch, uns an eine Grundregel zu halten, die uns die Jungs von SÓLSTAFIR gelehrt haben: „Flennen ist verboten!“
Was die Sache mit den Typen in dem Hotel angeht, so hätten die uns fast zu Brei geschlagen. Es ist aber nicht das Umherreisen, das so gefährlich ist. Vielmehr ist es das Abfeiern nach einer Show, das schon mal aus dem Ruder laufen kann. Aber wir sind alle sehr friedlich und zetteln auch keinen Streit an.
Ihr habt just ein Killeralbum veröffentlicht, aber eigentlich ist es „nur“ ein Re-Release: „Voyage“ wurde zunächst nur auf Island veröffentlicht und jetzt in einer neuen Auflage über Nuclear Blast. Wie seid Ihr an den Deal gekommen? Und wie fühlt es sich an, bei der Plattenfirma jetzt „dazuzugehören“?
Es ist erstaunlich und gleichzeitig völlig surreal. Ich glaube nicht, daß wir auch nur angefangen haben zu begreifen, was in den letzten paar Monaten mit der Band geschehen ist. Aber das Gute dabei ist, daß wir das, was wir tun möchten, jetzt für ein größeres Publikum und an neuen Orten tun können. Das macht uns innerlich, äußerlich und sonstwo glücklich.
Alles hat damit angefangen, daß wir einen deutschen Journalist trafen, dem unsere Show auf dem Eistnaflug 2012 ziemlich gut gefallen hat. Durch ihn sind wir an einen Verlagsdeal gekommen, und durch persönliche Weiterempfehlung von ihm standen wir plötzlich auf dem Billing vom Roadburn Festival und hatten Gespräche mit Nuclear Blast. Das ist ganz schön surreal.
Die meisten Mysterien des Albums sind ja von Euch bereits gelüftet worden. Wie sieht’s mit „Cocaine Sally“ aus, die Ihr besingt? Irgendein Mädel, das Ihr mal unterwegs getroffen habt?
Cocaine Sally ist fiktional – leider. Aber das Lustige dabei ist, dass ich manchmal bei den vielen Leuten, die wir auf Tour treffen, anfange nach ihr zu suchen. Es scheint tatsächlich so zu sein, daß ich ihr immer näher komme, je mehr Mädels ich treffe, haha!
Zurück zur Kinderstube: Eure Plattenfirma schlägt vor, dass es die geschmacksicheren Plattensammlungen Eurer Eltern gewesen seien, die den Haupteinfluss auf Euch ausgeübt haben. Warum habt Ihr also eine Band gegründet – waren es wirklich die Plattensammlungen Eurer Eltern?
Das war grundsätzlich der Grund, die Band zu starten. Óskar (Sänger und Gitarrist) and Guðjón (Drummer) machen zusammen Musik, seit sie zwölf sind. Sie haben diese Musik wirklich von der Pike auf gelernt, und wir sind immer besser geworden, je mehr wir gehört haben und je mehr Gigs wir zusammen gespielt haben.
Die Plattensammlungen unserer Eltern sind alle sehr unterschiedlich, aber sie haben alle solche Klassiker, wie CLAPTON, HENDRIX, DEEP PURPLE, KING CRIMSON, FRANK ZAPPA und so weiter. Also sind wir musikalisch gut aufgewachsen.
Habt Ihr denn großen Respekt vor diesen ganzen 70er-Jahre-Rockgiganten? Ich meine, zuviel Respekt kann ja auch lähmend wirken …
Na klar lieben wir diese Bands. Aber das heißt nicht, daß wir uns nicht weiterentwickeln könnten. Wir mögen es wirklich, diese ganze alte Musik zu nehmen und etwas Neues draus zu machen. Ich denke, diese ganzen Classic-Rock-Einflüsse werden auf dem nächsten Album nicht mehr so offensichtlich sein – jedenfalls, wenn ich die Songs zum Maßstab nehme, die wir jetzt schon fertig haben.
Was ist der Haupteinfluss für Euch als Musiker?
Nun, unsere Eltern unterstützen uns sehr, und das inspiriert uns. Aber am meisten inspirieren wir uns gegenseitig. Wir lieben es, zusammen zu spielen, und es spornt uns an die gemeinsame Liebe zur Musik zu teilen und uns immer weiter zu verbessern.
Die Magazine und Medien sind wegen Eurer Platte ziemlich aus dem Häuschen – was war das ungewöhnlichste Kompliment, das Ihr für „Voyage“ erhalten habt?
Haha, ein paarmal habe ich gelesen, dass unsere Musik gut sei, um Drogen dazu zu nehmen. Ich dachte dann immer, daß das ein verrücktes Kompliment ist. Aber was wir wirklich nicht erwartet haben, war das, was im Terrorizer stand: „Ein absolut notwendiges Album, eins von dem wir dachten, daß es niemand mehr aufzunehmen wagt.“ Das war wirklich sehr unerwartet, aber für uns auch sehr herzerwärmend. Dass die Leute unser Album mögen, ist für uns wirklich Ansporn, noch mehr Musik zu machen, jeden Gig zu spielen, und jeden Gig so zu spielen, als wäre er unser letzter.
Wie sieht es mit der Durchschnittspresse in Eurer Heimat aus?
Haha, nun, das ist etwas kompliziert. Wir sind in Island ziemlich bekannt, vor allem als gute Liveband. Aber in der isländischen Musikkultur erwartet man von jeder Band, daß sie irgendwelche komplett neue Musik erfindet. Etwas, das nicht zu einhundert Prozent „original“ ist, wie beispielsweise unsere eigenen Einflüsse, hat einen kleinen Makel. Der Markt in Island ist auch ziemlich klein, weswegen die Mainstream-Presse sehr gemischt auf uns reagiert hat. Die Leute, die uns als Band schon kannten, liebten das Album, aber ich glaube, die anderen haben einfach nicht richtig reingehört. Die meisten Musikrezensenten in Island machen keinen besonders guten Job.
Als wir aber bei Nuclear Blast unter Vertrag standen und die Leute Wind davon bekommen haben, dass wir auf Festivals und Touren spielten, sind alle schnell sozusagen auf den Vintage-Caravan-Zug aufgesprungen. Es ist hier immer so, daß eine Band nur wenig gilt und nicht sehr weit kommt, bis sie im Ausland wahrgenommen wird. Eine ziemlich verrückte Situation, wenn du mich fragst.
Im Video zum Song „Expand Your Mind“ ist Gummi (Guðmundur Óli Pálmason, Drummer von SÓLSTAFIR) zu sehen. Habt Ihr ein gutes Verhältnis zueinander? Und wie sieht das generell in der isländischen Musikszene aus?
Jepp, wir stehen uns alle sehr nahe. Wir kennen die Kerle von SÓLSTAFIR ziemlich gut und teilen uns mit SKÁLMÖLD den Manager. Der Typ, der in der Szene mit Gummi auftaucht, spielt bei AGENT FRESCO, einer ziemlich bekannten Band. Die sind wirklich großartig, hört da mal rein.
Es ist schon ein kleines Land für solch eine große Szene, so daß irgendwie jeder schon mal mit jedem zusammengestoßen ist. Und die Leute sind sehr nett, weshalb die isländische Szene sehr lustig und energiegeladen ist. Aber bei einem solch kleinen Land macht es natürlich wenig Sinn, immer und immer wieder nur hier zu touren.
Im April spielt Ihr zusammen mit zahlreichen Killerbands auf dem Roadburn Festival in Tilburg. Worauf freut Ihr Euch darüber hinaus am meisten?
Kurz vor dem Roadburn gehen wir zusammen mit GRAND MAGUS und AUDREY HORNE zusammen auf Tour. Wir sind aber auch für das Wacken, das Summer Breeze, das Stoned From The Underground und viele andere bestätigt, weshalb dieses Jahr einfach großartig werden wird.
Keine Widerworte. Danke für das Interview!
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Stile | Classic Rock, Progressive Rock, Psychedelic Rock |
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