The Old Dead Tree
The Old Dead Tree
Interview
THE OLD DEAD TREE sind und bleiben ein Garant für schwermütige, höchst melodische, komplexe und Emotionsgeladene Musik fern jeglichem Schubladendenkens. Vor kurzem veröffentlichen die Franzosen ihr drittes Album "The Water Fields", auf welchem sie den eingeschlagenen Weg konsequent fortführen. Wir nahmen die Gelegenheit wahr, mit Sänger und Gitarrist Manuel Munoz folgendes Interview zu führen, in welchem sich der Mann als sehr auskunftsfreudig zeigte und mit intelligenten Antworten glänzte. Doch lasst uns nun ein wenig tiefer in die Wasserfelder eintauchen…
Ich benötige noch mehr Zeit, um zu einer objektiveren Sichtweise über das Album zu gelangen, aber wir sind alle sehr stolz über das Resultat. Ich muss allerdings zugeben, dass der Prozess des Komponierens dieses Mal sehr schmerzvoll war. Innerhalb eines Jahres musste die Band mit dem Abgang eines Bandmitgliedes, dem dazu stoßen eines neuen, zwei Geburten und dem Wechsel unseres Managements umgehen!
Aufgrund all dieser Umstände entstand ein regelrechtes Durcheinander. Nicht nur deshalb klingt unsere neue Platte dunkler und heavier als die Vorgänger. Man kann über die gesamte Albumlänge eine Art von Druck fühlen. Dieses Gefühl rührt einfach von unserem Geisteszustand während des Kompositionsprozesses. Die ersten Reaktionen nun zu „The Water Fields“ seitens der Presse als auch der Fans sind sehr positiv und ermutigend!
Worin siehst du die größten Schritte zwischen „The Perpetual Motion“ und „The Water Fields“?
Wir erreichten mehr Erfahrung und Kenntnisse im Songwriting. Die Songs klingen für mich nun reifer, durchdachter. Wir arbeiteten auch hart daran, viele kleine Details hinzuzufügen. Einige Stücke bestehen aus 60 Spuren, da wir mit zahllosen Gitarren Overdubs und fremden Klängen arbeiteten. Wir versuchten, in jedem Song viele verschiedene Melodielinien übereinander zu legen und wir verwendeten auch neue Elemente wie bspw. klassische Instrumente.
Ich denke, diese Art von Details können den Unterschied ausmachen zwischen einem Album, welches man kurz nach dem Anhören wieder vergisst, und einem anderen, welches für lange Zeit einen Platz im Kopf des Hörers einnimmt.
Bei mir hat es jedenfalls seinen Platz gefunden. Wieder einmal zeichnete sich Andy Classen für die Produktion in seinem Stage One Studio verantwortlich. Natürlich ist er ein hervorragender Produzent und hat auch wieder einen tollen Job hingelegt. Aber hattet ihr nicht auch mal das Bedürfnis, jemand anderes mal zu rekrutieren? Was ist das Besondere an Andy und wie ist es, mit ihm zu arbeiten?
Wie du dir sicherlich vorstellen kannst, war das Leben innerhalb der Band während der Phase des Komponierens nahe dem totalen Chaos aufgrund der ganzen Probleme, welche ich dir schilderte. Andy ist ein Produzent, welchem wir voll und ganz vertrauen. Er kennt die Band wirklich und wir kennen und schätzen ihn.
Wieder zurück in das Stage One Studio zu kehren war auch ein Weg, einen Schutz vor dem Sturm zu finden. Es war definitiv nicht der richtige Moment, etwas zu riskieren. Daher fühlten wir uns durch die Arbeit mit Andy sehr sicher und zuversichtlich über das zu erwartende Resultat, und das war unbezahlbar zu dieser Zeit!
Das klingt verständlich. Worüber handeln die Texte auf „The Water Fields“? Steckt dahinter eine Art Konzept?
Bevor ich die Texte zu „The Water Fields“ schreib, hätte ich sie als einen sehr „selbstsüchtigen“ Weg, um mit meinen persönlichen Fragen und Problemen fertig zu werden, definiert. Aber die Dinge haben sich dieses Mal verändert, da ich versucht habe, mich mehr auf die Leute, welche um mich herum sind, zu konzentrieren: Meine Verwandten, meine Freunde, meine Familie.
Vielleicht ist das ein wenig dämlich, aber nach der Veröffentlichung unseres zweiten Albums „The Perpetual Motion“ realisierte ich, dass zu viele Menschen, welche ich noch niemals getroffen hatte, alles über meine intimen Gefühle und Schmerzen wussten. Daher wollte ich, dass die Texte zu „The Water Fields“ sich eher an „anderen Leuten“ orientieren.
Während ich sie beobachtete, versuchte ich zu analysieren, wie sie auf ernsthafte Probleme reagieren. Ich realisierte hierbei, dass der erste Reflex von vielen Menschen ist, wenn sie mit Schmerz konfrontiert werden, sich versuchen zu verstecken oder davonzulaufen. Dadurch kam ich auf diesen öffentlichen, imaginären Platz, eine Art sicherer Hafen, an welchem wir uns erholen können: „The Water Fields“.
Was sind deine Gedanken, deine Gefühle, während du Musik und Texte erschaffst? Wie entstehen bei euch neue Songs? Musst du in einer speziellen Stimmung sein, um Texte zu schreiben?
Das hängt von den Alben ab. Ich war für unser Debütalbum „The Nameless Disease“ zu 80% verantwortlich. Unser zweites Werk habe ich komplett zusammen mit Nicolas (Chevrollier, ehemaliger Gitarrist von THE OLD DEAD TREE, Anmerk. d. Red.) geschrieben.
Die Songs für „The Water Fields“ wiederum sind wie ein Mix zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Damit meine ich, dass Nicolas und ich daran zusammen arbeiteten, bevor er die Band verließ, ich aber auch einige Stücke alleine schrieb, während die weiteren von mir und Gilles (Moinet, neuer Gitarrist, Anmerk. d. Red.) zusammen komponiert wurden. Dadurch lässt sich auch die Vielfalt des Albums erklären.
Wenn es um die Texte als auch die Gesangslinien geht, so arbeite ich an diesen alleine zu Hause, ohne irgendeinen Einfluss meiner Kollegen. Ich war in einer dunklen Stimmung, da ich mich wie gefangen fühlte zwischen der großen Arbeit mit der Band und anderen persönlichen Verpflichtungen. Ich muss zugeben, dass ich wirklich erschöpft war.
Letztes Jahr verließ Nicolas Chevrollier die Band. Was waren die Gründe hierfür?
Nicolas fühlte sich wirklich müde für längere Zeit als ein Jahr. Das intensive Touren war für ihn nicht einfach. Er beabsichtigte immer, ein ruhiges Leben an einem friedlichen Ort zu führen. Als seine Frau schwanger wurde realisierte er, dass er diese beiden Lebensweisen niemals miteinander verbinden konnte. Es ist ein wichtiger Verlust, da Nicolas ein sehr enger Freund ist und er die Hälfte der Musik der Band komponiert hat.
Als neuer Mann stieß dann Gilles Moinet zu THE OLD DEAD TREE. Hatte er noch großen Einfluss auf die neuen Stücke? Gibt es irgendwelche Unterschiede im Gitarrenspiel und im Songwriting zwischen Nicolas und Gilles?
Gilles war vollständig in das Komponieren involviert, da wir einige Stücke zusammen schrieben. Er brachte viele Ideen mit ein. Gilles ist technisch gesehen ein exzellenter Gitarrenspieler. Er hat ein unglaubliches Feeling und ein tiefes Gefühl für Melodie.
Nicolas konzentrierte sich eher auf Arrangements, auf die Suche nach einem besseren Weg, dass alle Instrumente besser zusammenpassen. Er war auch mehr an der Studioarbeit interessiert. Gilles ist wirklich hoch motiviert und in alle Aspekte der Band involviert.
Von welchen Musikern/Bands ist eure Musik beeinflusst?
Auch wenn wir alle Metal-Bands anhören, wären die Antworten von jedem Bandmitglied verschieden. Für mich selbst würde ich MUSE, JEFF BUCKLEY und PINK FLOYD nennen. Gilles ist ein großer Fan vom Gothic der 80er, Vincent (Danhier, Bassist, Anmerk. d. Red.) würde dafür töten, um zusammen mit MY DYING BRIDE zu spielen und Foued (Moukid, Schlagzeuger, Anmerk. d. Red.) ist sehr in extremen Metal vernarrt. Ich denke, all diese verschiedenen Einflüsse miteinander kombiniert tragen zur Identität unserer Band bei.
Das Cover stammte ja von dem bekannten Künstler Eliran Kantor (MEKONG DELTA, SICKENING HORROR, BISHOP OF HEXEN u.v.w.). Wie kam der Kontakt mit ihm zustande? Bekam er von euch zuerst Texte und Musik, bevor er mit seiner Arbeit begann?
Ich sandte den Titel sowie das generelle Konzept des Albums an viele Designer in der Welt. Wir erhielten daraufhin viele Vorschläge, aber Eliran Kantors Arbeit war definitiv die Eigenständigste und Originellste. Er erschuf eine Art altertümliches Cover, welches sich von den aktuellen Metal Kunstwerken unterscheidet.
All die anderen Designer konzentrierten sich auf die Idee von Wasser. Eliran war der Einzige, welcher versuchte, der wahren Essenz des Konzepts Gestalt zu verleihen. Er stellte sich den Charakter vor, welcher von Problemen umgeben ist, dem täglichen Leben als auch familiären Problemen. Dieser schaut auf einen reflektierenden Boden, welcher für „The Water Fields“ steht. Ich denke, Eliran ist sehr talentiert, er wird eine großartige Zukunft als Designer haben.
Woher stammt eigentlich euer Bandname? Wofür steht THE OLD DEAD TREE?
Ich glaube, dass THE OLD DEAD TREE ein Name ist, welcher im Gedächtnis haften bleibt. Von Anfang an wollten wir einen Bandnamen finden, welcher etwas Spezielles in den Köpfen der Leute hervorruft – ein starkes Bild.
Die Wahl für einen Bandnamen ist sehr wichtig, da man fähig sein sollte, sich vom ersten Mal, an welchem man ihn gehört oder gesehen hat, daran zu erinnern. Das Bild eines alten, toten Baumes kann traurig sein, aber auch ästhetisch wunderschön. Du kannst darin viele verschiedene Interpretationsmöglichkeiten finden, da es an dir selbst liegt, was du damit assoziierst, wenn du ihn siehst. Genauso verhält es sich auch mit unserer Musik, manchmal ärgerlich und heavy, manchmal eher ruhig und atmosphärisch.
Was war der größte Moment in der bisherigen Geschichte von THE OLD DEAD TREE?
Ohne Zweifel würde ich hier die Tour mit PARADISE LOST nennen. Unsere Träume wurden Realität, als wir mit ihnen zusammen Konzerte in Frankreich, Belgien und den Niederlanden spielten. Sie sind immer noch eine meiner absoluten Lieblingsbands und sie haben auch eine bestimmten Beitrag, dass THE OLD DEAD TREE existieren.
Im Dezember werdet ihr zusammen mit DEADSOUL TRIBE auf Tour kommen. Ich habe vor, mir das Konzert in Karlsruhe anzusehen. Was kann ich von einem Konzert von euch erwarten?
Wir arbeiten derzeit sehr hart daran, unsere Songs für die Shows entsprechend zu adaptieren. Da sind so viele verschiedene Melodien und Details in unserer Musik, dass wir manchmal etwas auswählen oder auch Samples verwenden müssen. Wir möchten wirklich, dass unsere Konzerte so perfekt wie auch nur irgendwie möglich sind. Die Leute, welche zu unseren Shows kommen, möchten die gleichen Emotionen fühlen, welche sie auch auf den Alben fühlen. Du kannst eine ehrliche Show erwarten mit einer guten Mischung aus alten und neuen Songs!
Da freue ich mich schon richtig drauf! Gibt es eigentlich auch Pläne für eine DVD?
Es gibt bisher noch keinen Plan für eine vollwertige DVD, aber wir stehen gerade in Kontakt mit dem Regisseur Julien Metternich bezüglich eines Videos für den Song „Dive“. Er hat sich bereits um unsere bisherigen Videos gekümmert und wir vertrauen ihm wirklich. Er kennt die Band bereits seit langer Zeit und er involviert sich selbst in die Arbeit.
Im Text zu diesem Stück geht es um Homosexualität, und ich denke, dies ist nicht gerade ein einfacher Titel, um damit zu arbeiten.
THE OLD DEAD TREE existieren nun bereits seit 10 Jahren, meinen Glückwunsch zum Jubiläum! Wie fühlt es sich an, bereits seit 10 Jahren mit THE OLD DEAD TREE aktiv zu sein?
Für uns selbst bedeutet diese Band ein fantastisches menschliches als auch musikalisches Abenteuer. Wie du vielleicht weist, erfuhr die Band ein schlimmes Traumata durch den tragischen Verlust unseres ersten Schlagzeugers Frédéric (Guillemot, beging Anfang August 1999 Selbstmord, Anmerk. d. Red.). Aber glücklicherweise ist das Leben von THE OLD DEAD TREE auch voller guter Erinnerungen.
Ich kann mich noch immer an diese unschuldigen ersten Jahre erinnern. Alles wurde dann ernsthafter im Jahr 2003 nach der Veröffentlichung unseres Debütalbums „The Nameless Disease“. Ich muss zugeben, dass ich noch immer stolz bin auf alle unsere vergangenen Arbeiten, und auch vertrauensvoll in die Zukunft blicke.
Was kannst du uns über die französische Metalszene berichten? Ist sie groß, wie ist das Interesse seitens der Medien? Ist Metal populär in Frankreich? Wie gehen die Bands damit um?
Wir wollten es immer vermeiden, uns lediglich auf Frankreich zu limitieren. In der Tat gibt es einen Mangel an Struktur und Kultur für Metal in unserem Heimatland, auch wenn wir feststellen, dass sich diesbezüglich mittlerweile einige Dinge glücklicherweise ändern.
Aus diesen Gründen hatten wir uns dazu entschlossen, bei der internationalen Plattenfirma Season Of Mist zu unterschreiben. Sie gaben uns gleich die Möglichkeit, von internationaler Promotion und internationalem Vertrieb zu profitieren. Gleichzeitig war es uns möglich, diverse Shows und Festivals als Headliner zu bestreiten oder Support zu spielen für Bands wie PARADISE LOST, OPETH, KATATONIA usw.
Aber lass uns hoffen, dass sich die Situation für Metal in Frankreich jetzt rapide verbessert, da das Publikum immer weiter wächst. Und vielleicht werden dann auch endlich die französischen Medien aufgeschlossener anderen Künstlern gegenüber, statt sich nur um Chanson und Hip-Hop zu kümmern.
Welche französischen Bands kannst du empfehlen? Und gibt darunter auch Gruppen, welche französisch singen?
Meiner Meinung nach verbessert sich die Metalszene in Frankreich wirklich, sie wird professioneller und strukturierter! Die größte Metalband ist definitiv GOJIRA, welche bereits zweimal in den USA mit Bands wie LAMB OF GOD und MACHINE HEAD auf Tour waren. Einer ihrer Mitglieder spielt auch Bass im brandneuen Projekt von Max Cavalera (SOULFLY). Ich würde auch DAGOBA erwähnen. Sie eröffneten für SEPULTURA und IN FLAMES auf deren Europatour 2006 und spielten auch schon auf einigen großen Festivals (bspw. das Summer Breeze, Anmerk. d. Red.).
Es gibt auch einige Bands, welche französisch singen, aber es scheint, als würden sie nur in Frankreich sowie die französisch sprechenden Gebiete von Belgien und der Schweiz gehört. Nur MISANTHROPE sind etwas erfolgreich im Ausland.
Vielen Dank für das Interview. Die letzten Worte gehören dir!
Wir möchten uns bei unseren deutschen, österreichischen und schweizerischen Fans bedanken. Ihr werdet von Tag zu Tag immer zahlreicher und eure starke Unterstützung ehrt uns wirklich! Wir können es kaum erwarten, euch endlich im November und Dezember auf der Tour zu sehen! Schaut auf unsere offizielle Internetseite www.theolddeadtree.com für alle Details bezüglich der Tourdaten. DANKE UND BIS BALD!